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Tonnenweise Kohle: SPD verpasst eine zukunftsweisende Energiepolitik

Mit einem Vorstoß hatte Bundesumweltminister Gabriel in seiner SPD eine heftige Debatte angezettelt: Soll die SPD in ihrem Wahlprogramm für die kommenden Jahre einen Neubaustopp für Kohlekraftwerke beschließen? Nach einigem Hin und Her, einem offenen Brief zahlreicher Umweltverbände sowie der Klima-Allianz und 18.672 Unterzeichnern unter unserem Appell an den Vorstand hat die SPD heute ihr […]

Mit einem Vorstoß hatte Bundesumweltminister Gabriel in seiner SPD eine heftige Debatte angezettelt: Soll die SPD in ihrem Wahlprogramm für die kommenden Jahre einen Neubaustopp für Kohlekraftwerke beschließen? Nach einigem Hin und Her, einem offenen Brief zahlreicher Umweltverbände sowie der Klima-Allianz und 18.672 Unterzeichnern unter unserem Appell an den Vorstand hat die SPD heute ihr Regierungsprogramm verabschiedet – begleitet von einer Campact-Aktion.

Es ist ein futuristisch anmutendes Gebäude in Berlin Neukölln, in dem sich die SPD zu ihrem außerordentlichen Parteitag trifft. Wer von der S-Bahn den Kanal überquert sieht ein Tagungshotel der Sonderklasse auftauchen: Wie eine Mischung aus Pyramide und Segelschiff liegt die Fassade aus Glas und Stahl in der Sonne. Die roten Parteifahnen und ein überdimensionaler Würfel mit den drei weißen Buchstaben der Partei machen weithin deutlich, was hier heute stattfindet.

Den Gegensatz zur zukunftsgewandten Fassade stellt die Energiepolitik der Partei dar – und die verdeutlichen Campact-Aktive direkt an der Südspitze des Gebäudes: Mit sechs Tonnen Kohle in Säcken und einem fünf Meter hohen Kühlturm zeigen sie, wofür die SPD in der Vergangenheit stand. Schmutzige Kohlesäcke formen eine Sackgasse, an deren Ende ein Banner am Kühltrum fragt „SPD: Kohlestrom statt Klimaschutz?“ In eine solche energiepolitische Sackgasse hat sich die SPD in der Vergangenheit manövriert, weil sie immer weiter auf die veraltete, ineffiziente und klimaschädliche Technologie Kohlekraft setzte.

Doch heute will sich die Partei für die Zukunft aufstellen: Mit einem Wahlprogramm möchte sie den Weg für eine künftige Regierungsbeteiligung freimachen. Hierfür kursierte in den letzten Wochen ein Änderungsantrag, der einen faktischen Neubaustopp von Kohlekraftwerken für die kommenden zehn Jahre bedeutet hätte. Es kommt selten genug vor, dass sich die Umweltverbände in einer Sache völlig einig sind, aber in diesem Fall machen sie mit einem offenen Brief gemeinsam klar: Wer heute neue Kohlekraftwerke baut, verhindert, dass die Erneuerbaren Energien sich durchsetzen können – denn Kohlemeiler lassen sich nicht flexibel an die schwankende Stromerzeugung aus Sonne und Wind anpassen. Gestern erschien der Brief in der Süddeutschen Zeitung – heute verteilen Campact-Aktive ihn an die Delegierten des Parteitags.

Während die einen noch Kohlesäcke wuchten, dass es nur so staubt, gesellt sich zu den anderen, die Flugblätter verteilen, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: Mit überdimensionaler Maske und ausgestopftem Bau ist er gut zu erkennen, als er die Delegierten begrüßt und ihnen auf einem Schild die gleiche Frage entgegenhält, die auch auf dem Kühlturm zu lesen ist: „Kohlestrom statt Klimaschutz?“ Als er in Richtung Tagungshotel aufbricht, stoppt ihn die Polizei – der „echte Minister“ sei schon drin. Doch während er sich draußen für einen konsequenten Klimaschutz einsetzt, redet er drinnen neuen Kohlekraftwerken das Wort.

Doch die Delegierten reißt er damit nicht von ihren Sitzen: Sie haben tags zuvor die halbseitigen Anzeigen in der Süddeutschen Zeitung oder der Frankfurter Rundschau gesehen, haben gehört, dass über 18.000 Menschen an den Parteivorstand appelliert haben und wissen, dass sie so keine glaubwürdige Klimaschutzpolitik machen können. Einerseits haben sie das Ziel, bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen um 80-95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken; andererseits trauen sie sich nicht anzuerkennen, dass dieses Ziel mit neuen Kohlekraftwerken – wahren Klima-Killern – nicht zu machen sein wird. Die Stimmung bleibt verhalten, als dieser Punkt für das Parteiprogramm diskutiert – und der alte Kohlekurs abgenickt wird.

Unterdessen ist die Stimmung unter den Umweltpolitikern der Partei verhältnismäßig gut, wie zu hören ist. Denn es ist das erste Mal seit langem, dass die SPD sich wieder ausführlich mit einem umweltpolitischen Thema befasst. Und die Diskussion zeigt: Die Kohle-Lobby sitzt nicht mehr so fest im Sattel, wie in der Vergangenheit – ein Schritt auf einem langen Weg zu mehr Klimaschutz in der SPD!

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