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Baustopp für Stuttgart 21

Ein Etappensieg für das Aus von Stuttgart 21: Zwei Tage nach der Landtagswahl verhängte die Deutsche Bahn einen vorläufigen Bau- und Vergabestopp. Nun muss sich zeigen, ob die künftige grün-rote Regierungskoalition den Ausstieg aus dem Milliardenprojekt umsetzen kann.

Heute hat die Deutsche Bahn verkündet, weder zu bauen noch neue Aufträge für Stuttgart 21 zu erteilen, bis die neue Landesregierung im Amt sei. Der erste Schritt für das späte Aus von Stuttgart 21 ist damit getan. Mitte Mai wird sich die neue Regierung vermutlich unter dem ersten grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gebildet haben. Sie sollte den Baustopp dann unverzüglich verlängern. Jetzt muss die kommende grün-rote Regierung in ihren Koalitionsverhandlungen den bisherigen Worten Taten folgen lassen. Beide Parteien sprachen sich bislang für einen transparenten Stresstest des umstrittenen Bahnprojekts aus. Die Ergebnisse sollten im Sommer vorliegen. Danach würden sie einen landesweiten Volksentscheid in die Wege leiten.

Dennoch könnte Stuttgart 21 zur Zerreißprobe für die künftige Landesregierung werden. Denn während die SPD am Projekt festhalten will, haben sich die Grünen als treibende Kraft des Protests gegen Stuttgart 21 gefeiert. Sie müssen nun im Sinne ihrer Wähler/innen den Ausstieg aus dem Prestigeprojekt umsetzen. Das könnte teuer werden. Denn neben den Ausstiegskosten von über einer Milliarde Euro kann sich die Deutsche Bahn weigern, die Mittel für andere Bahnprojekte im Land umzuwidmen. Die SPD wird hier nicht mitziehen. Lässt die Regierung die Baden-Württemberger selbst entscheiden, kann sie ihrem internen Konflikt aus dem Weg gehen. Der Volksentscheid wird im Konflikt um Stuttgart 21 daher eine zentrale Rolle einnehmen.

Stuttgart ist im vergangenen halben Jahr zur Protesthauptstadt geworden, weil die Interessen der Menschen bei dem Bauvorhaben nicht gehört wurden. Stattdessen zog ihr Ministerpräsident vor den Massenprotesten seinen „Fehdehandschuh“ und ließ und die Wasserwerfer anrücken. Die künftige Regierung muss nun unter Beweis stellen, dass sie Bürgerbeteiligung und Demokratie ernst nimmt. Dabei werden auch wir sie kritisch beobachten.

Die Proteste gegen Stuttgart 21 gehen derweil in Jubel über. Am Wahlabend feierten etliche Menschen vor dem Stuttgarter Bahnhof eine „Mappschiedsparty“. Am Montag ging es mit der nächsten Kundgebung weiter, zu der Tausende kamen. Heute sagen die S21-Gegner/innen „TschüsS21“ und begehen ein spontanes Freudenfest anlässlich des Baustopps. Mit dem Bau- und Vergabestopp zeigt sich, dass ein lang anhaltender Bürgerprotest Erfolge erzielen kann. Den unermüdlichen Stuttgartern gilt unser Dank für diesen ersten großen Erfolg. Aber auch Aktionstage im ganzen Ländle, Schwabenstreiche in etlichen Städten und die bundesweite Unterstützung von knapp 100.000 Menschen, die sich hinter den Campact-Appell für einen Baustopp und Volksentscheid stellten, haben dazu beigetragen. Vielen Dank!

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

10 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ich find es eher interessant wie emotional und stark die Aussagen letztes Jahr von der Bahn noch waren.
    Nun auf einmal ist ein Baustopp anscheinend ganz problemlos möglich.
    Was nun wirklich passieren wird ist eigentlich noch völlig unklar und man kann nur abwarten wie die neue Landesregierung mit dem Thema S21 umgehen wird. Von einer besseren Begründung der Notwendigkeit von S21 bis hin zu einer Abkehrh von der Idee eines Durchgangsbahnhofes ist sicher alles möglich.

  2. Für nur 7,00 € kann man beim PapyRossa-Verlag alles zum Thema „schlichter Spruch“ von Heiner Geißler nachlesen. Kann ich jedem nur empfehlen, da wird der ganze Wahnsinn deutlich und die Interessen einiger weniger aufgezeigt.

  3. Wenn die Bahn gegen den Bürgerwillen bauen will,
    wird sich der Bürgerwille gegen sie wenden –
    boykottieren Bürger die Bahn!
    versprochen!

  4. @ MICHAEL HEMBERGER:

    Wo ist beim Kopfbahnhof denn das „Problem“? Er ist leistungsfähiger, als es S21 je sein wird, und das bei derzeit, wenn ich mich recht entsinne, gerade mal 60% Auslastung.
    Ein Durchgangsbahnhof durch Stuttgart macht durch die geographischen Begebenheiten keinen Sinn.

    S21 heisst: Geld in den Sand setzen, das anderswo verkehrspolitisch viel besser eingesetzt worden wäre, ein hohes Risiko für die Mineralquellen Stuttgarts (das zweitgrößte Vorkommen nach Budapest in ganz Europa ist damit gefährdet), Gefährdung der dortigen Bauten wegen Gipskeuper,… ich könnte ewig aufzählen. Ich rate aber lieber, erst mal zu informieren, bevor Sie ein Loblied auf eine (nicht gegebene) „Notwenidgkeit“ eines Stuttgarter Durchgangsbahnhofes singen.

  5. Das Problem des Stuttgarter Kopfbahnhof ist schon sehr lange bekannt. Tatsache ist, daß die in der Tat ein Durchgangsbahnhof sinnvoll ist. Das wurde aber schon in den 50ziger und 60ziger diskutiert. Die derzeitige Schnellbahntrasse aus Mannheim kommend läßt auch einen zusätzlichen Durchgangsbahnhof in der Flughafennähe zu. Dann allerdings wäre eine Lösung, die etwa der in Kassel gleicht, wo der Bahnhof Wilhelmshöhe gebaut wurde.
    Diese Lösung ist ungleich billiger und würde der notwendigen Süd-Ost-Magistrale gerecht.

    Michael Hemberger

    • Zwar sprach die Bahn gestern von einem Bau- und Vergabestopp und wird so auch in den Medien ztiiert. Allerdings will sie nun doch „kleinere Baumaßnahmen“, in dem Umfang wie sie auch während der Zeit der Schlichtung akzeptiert wurden, fortführen. Der Baustopp bleibt ein sehr positives Zeichen, aber doch eher ein „Baustöpple“.

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