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Rot-grün beugt das Recht für E.on – neuer Vorstoß zum Weiterbau des Kohlekraftwerks Datteln

Protest für Zukunft statt Kohle vor dem Ruhrparlament: doch in der Abstimmung stimmen sogar die Grünen für die Fortsetzung des Regionalplanänderungsverfahrens zugunsten des umstrittenen E.On-Steinkohlekraftwerks Datteln 4. Damit brechen die Grünen ihr Wahlversprechen und das Ruhrparlament macht sich zum Erfüllungsgehilfen für E.on. Die Auseinandersetzung um den Klimakiller in Datteln geht in die nächste Runde.

„Politiker sind keine Superhelden. Wir haben kein Lichtschwert, mit dem wir die politische Übermacht hinwegfegen können.“ Mit diesen Worten kapituliert Sabine von der Beck, Vorsitzende der Grünen im Regionalverband Ruhr, vor Koalitionspartner und Wähler/innen gleichermaßen. In der folgenden Abstimmung stimmen die Grünen für die Fortsetzung des Regionalplanänderungsverfahrens zugunsten des umstrittenen E.On-Steinkohlekraftwerks Datteln 4. Damit brechen die Grünen ihr Wahlversprechen und das Ruhrparlament macht sich zum Erfüllungsgehilfen für E.on. Die Auseinandersetzung um den Klimakiller in Datteln geht in die nächste Runde.

2009 hatten Gerichte den Bau des E.on-Kraftwerks weitgehend gestoppt. Das Oberverwaltungsgericht hatte schwerwiegende Planungsfehler sowie Verstöße gegen das Umweltrecht festgestellt. Die Richter erklärten das Kraftwerk zum Schwarzbau. Dennoch sind derzeit 700 Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt – E.on schafft illegal weiter Fakten. Jetzt wird der Konzern dabei auch noch von allen politischen Parteien mit Ausnahme der Linken unterstützt. Der Energieriese stellte einen Antrag an den Regionalverband Ruhr, nachträglich ein Verfahren zur Änderung des Regionalplans einzuleiten. Damit will der Konzern seinen Schwarzbau nachträglich legalisieren und verhindern, dass er ihn auf eigene Kosten wieder abreißen muss. Die rot-grüne Koalition im Regionalverband Ruhr hätte diesen Vorschlag von E.on einfach abweisen können. Stattdessen ebnete sie heute mit der Fortsetzung des Verfahrens zur Regionalplanänderung den Weg für eines der größten Kohlekraftwerke in Europa.

Rund 30 Bürger/innen aus Essen und der Umgebung um den Kraftwerkstorso in Datteln hatten sich heute morgen vor dem Regionalverband Ruhr eingefunden. Vier Freiwillige schlüpften in Hemd und Anzug um Vertreter der vier Parteien zu mimen, wie sie ein zwei Meter großes Paragraphenzeichen biegen und beugen. Mit Bannern in den Händen und Sprüchen wie „Zukunft statt Kohle“ auf den Lippen begleiteten die Kraftwerksgegner das Schauspiel. In einem Demozug gingen die Aktivist/innen von Campact und BUND anschließend vor den Sitzungssaal und bildeten ein Spalier für die eintreffenden Politiker/innen. Obwohl sich die Vorsitzenden von SPD, FDP und Grünen im Vorfeld zu einer kurzen Diskussion bereit erklärt hatten, erschien nur die Grünen-Vorsitzende Sabine von der Beck. Die übrigen versteckten sich vor den Argumenten der Bürger/innen und den Kameras der Presse. Wir gaben der Grünen-Vorsitzenden ein großes Paragraphenzeichen mit auf den Weg in die Sitzung, um sie daran zu erinnern, keine Rechtsbeugung für E.on zu betreiben.

Übergabe an Grünen-Vorsitzende von der Beck

Frau von der Beck war sichtlich nervös, als sie im Gespräch mit uns unter den Kraftwerksgegner/innen auch Grüne der Gemeinde Waltrop erkannte. Leider konnte sie uns die Zustimmung der Grünen nicht erklären: Wie sie dieses Verfahren einleiten und dennoch gegen den Kraftwerksbau sein können, wo das Verfahren doch die erste wichtige Hürde ist, ohne die E.on seinen Kraftwerksbau endgültig begraben müsste. Das erfuhren wir auch nicht in der Rede von der Becks in der anschließenden öffentlichen Sitzung, zu der sie das Paragraphenzeichen vor das Rednerpult stellte. Dort erklärte sie allen Ernstes, dass die Grünen mit ihrer Zustimmung nur den Gesetzen gehorchen, ja gar keine andere Möglichkeit hätten zu handeln. Bezeichnenderweise kippte das Paragraphenzeichen während ihrer Worte um.

Mit dem heute eingeleiteten Verfahren wird es in den kommenden drei Monaten für Bürger/innen, Kommunen und Interessenverbände die Möglichkeit geben, Einwände einreichen. Danach entscheidet das Ruhrparlament, wie weiter vorgegangen wird. Wahrscheinlich wird dann ein Zielabweichungsverfahren eingeleitet. Zu einem solchen Verfahren der Landesplanung müsste aber die Landesregierung zustimmen. Täte sie das, bräche sie den Koalitionsvertrag. Denn dort steht schwarz auf weiß, dass die Landesregierung „Landesrecht zu Gunsten begonnener Projekte nicht verbiegen“ wird.

Wir werden die Ereignisse in den kommenden Monaten genau verfolgen und zu den nächsten politischen Entscheidung zu Protestaktionen aufrufen. Es gibt gute Chancen, den Klimakiller zu stoppen: vor Ort, auf Ebene der Landesregierung und über die Gerichte. Im Ringen um die CO2-Schleuder werden noch mehrere Runden eingeläutet werden. Und es wäre nicht das erste Mal, dass Anwohner/innen und Umweltverbände den längeren Atem beweisen.

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

11 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. @ Uwe
    Ein modernes Gaskraftwerk?
    Dann informiere dich doch bitte mal genauer. Es wird nur vermutet, dass es hier Gasvorkommen gibt. Und wenn man erfahren will, ob es genügend davon gibt, muss man zunächst erst mal in große Tiefe bohren und dann Chemikalien und Sand dort hinein befördern. Und es ist genug davon berichtet worden, dass das für das Grundwasser nicht gerade förderlich ist. Aber, wo es Kohle gibt, das weiß man. Und deshalb kann ich Comtessa Autoleycos und Ehrengard nur voll zustimmen.

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