Angra 3: Entwicklungsminister Niebel verweigert Annahme von 125.000 Unterschriften
Mit tatkräftiger Unterstützung der örtlichen Initiativen hat Campact heute versucht Entwicklungsminister Niebel 125.000 Unterschriften gegen eine deutsche Bürgschaft für den Bau des brasilianischen AKWs Angra 3 zu überreichen. Aktion vor der IHK in Saarbrücken – Foto: Fernando Iannone Mit einer Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro will die Bundesregierung den Bau des AKWs absichern. Ohne diese […]
Mit tatkräftiger Unterstützung der örtlichen Initiativen hat Campact heute versucht Entwicklungsminister Niebel 125.000 Unterschriften gegen eine deutsche Bürgschaft für den Bau des brasilianischen AKWs Angra 3 zu überreichen.
Aktion vor der IHK in Saarbrücken – Foto: Fernando Iannone
Mit einer Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro will die Bundesregierung den Bau des AKWs absichern. Ohne diese Bürgschaft wäre Brasilien wahrscheinlich nicht in der Lage, den Reaktor zu errichten. Das Perfide an diesem AKW ist, dass es konstruktiv und sicherheitstechnisch dem bayerischen AKW Grafenrheinfeld gleicht. Grafenrheinfeld soll nach den Plänen der Bundesregierung im Jahr 2015 abgeschaltet werden – just in jenem Jahr, in dem Angra 3 angefahren werden soll.
Zu unserer Überraschung kamen, nach Polizeiangaben, 63 Menschen zu unserer kleinen Aktion vor der IHK des Saarlandes. Doch auch die, für die Spontaneität, große Aktion konnte den Entwicklungsminister nicht umstimmen. Niebel hatte im Vorfeld nicht auf ein Schreiben von uns reagiert und ließ uns dann vor Ort ausrichten, dass er die Unterschriften nicht entgegennehmen würde.
Niebel war nach Saarbrücken gekommen, um bei einer Veranstaltung unter dem Titel wirtschaft. entwickelt. global für ein stärkeres Engagement des Mittelstands in Entwicklungsländern zu werben. Bevor Niebel sein Amt antrat hat er sich massiv dafür eingesetzt, das Entwicklungsministerium mit dem Wirtschaftsministerium zusammenzulegen und damit eine lange, erfolgreiche Tradition hierzulande zu beenden. Das hat nicht geklappt und so wurde er vom Bock zum Gärtner gemacht. Wir fassten das Veranstaltungsmotto und seine Arbeitsweise in dem Slogan wirtschaft. entwickelt. global – ohne Moral zusammen.
Die wirtschaftliche Sichtweise, die moralische Aspekte außen vor lässt, spiegelt sich auch in einer Passage zu Angra 3 im Interview des Saarländischen Rundfunks mit Niebel vom 2. August wider. Dabei zieht er sich komplett auf den Standpunkt Rechtssicherheit garantieren zurück.
aktueller bericht: Jetzt wenn wir den Beitrag sehen, da gab es eine Kritik daran, dass Sie zum Beispiel auch in Brasilien investieren in Atomkraftwerke. Ist das auch eine Art von Entwicklungspolitik, wenn wir hier abschalten und da investieren?
Niebel: Nein, das Entwicklungsministerium hat noch niemals einen einzigen Cent in kerntechnologische Anlagen investiert. Es geht hier wahrscheinlich um die Hermes-Bürgschaften. Das ist im Bereich des Wirtschaftsministeriums angesiedelt. Ein Thema, das im interministeriellen Ausschuss behandelt wird. Wo natürlich auch geprüft werden muss, ob das Vertrauen in die Rechtssicherheit von Entscheidungen, die die Bundesregierung in der Vergangenheit getroffen hat, in der Zukunft weiter gilt. Aber der Verkauf von Kernkraftwerken ist kein Bestandteil der Entwicklungskooperation.
Dabei ist der Weg aus der bisher für die Hermes-Bürgschaft ausgesprochenen Grundsatzzusage so einfach wie nie: Normalerweise folgt die Bewilligung der Bürgschaft nach einem weiteren Antrag des Unternehmens automatisch aus der Grundsatzzusage. Doch dieser Antrag muss innerhalb einer bestimmten Frist gestellt werden. Diese Frist läuft nun ab und die Bundesregierung muss darüber entscheiden, ob sie die Grundsatzzusage verlängert. Gleichzeitig kann die Bundesregierung den Automatismus verlassen, wenn sich Grundlegendes geändert hat. Und wer würde das nach Fukushima und dem deutschen Atomausstieg verneinen?
Aktion vor der IHK in Saarbrücken – Fotos: Fernando Iannone
In der Sendung saarland aktuell des SR vom 2. August wird ab Minute 2:12 über unsere Aktion berichtet.
Wir werden weiter versuchen, an Herrn Niebel heranzukommen. Auch an seine für die Bürgschaft mitverantwortlichen Ministerkollegen Wirtschaftsminister Rösler, Finanzminister Schäuble und Außenminister Westerwelle werden wir bei entsprechenden öffentlichen Terminen versuchen, die Unterschriften zu übergeben.
Die Unterschriftensammlung wird bis zur Beendigung der kompletten Kampagne weiterlaufen.
@Thomas Reinhart 9 August 2011 at 19:49 Dein Kommentar ist gestrig. Es geht nicht um die Wahl zwischen Kriegen aufgrund des Klimawandels oder AKW-Gau, sondern um die Umstellung auf Wind- Wasser- und Sonnenenergie.
Die Klagen über „Keine Moral, Doppelmoral usw“, zeigen nach meiner Ansicht die falsche Erwartung viele ProtestlerInnen. Ausbeutung von Mensch und Natur, in gigantischen Ausmaß, Vertreibung, Mord, und Krieg sind der Normalfall, zum Zweck der Profitmaximierung. Es ist ja nett gegen zwei bis drei
Sauerreien zu protestieren, nur soll Mensch nicht vergessen woher all das kommt. Dann kann man sich doch nicht wundern
über die alltäglichen Perversitäten des Systems.
Tatsächlich ist man grundsätzlich hilflos, wenn man den Hebel an der falschen Stelle ansetzt und die Diener und Garanten des
Profits (für wenige) um „Vernunft“ anfleht. Die sind schon vernünftig, denn sie schaffen es Macht, Standort und Profit
voranzubringen und gleichzeitig als „Vetreter des Volks“ zu
gelten.
Wenn Deutschland aus der Kernenergie aussteigt, kann es doch nicht Bürgschaften für Kernenergie im Ausland übernehmen ! Immer diese Doppelmoral ! Auf dieser Welt muss man immer fünf mal nachkontrollieren bis endlich das Übel ausgemerzt ist und gute Früchte wachsen können.
Mit genervten Grüssen
Torben Bund
Warum gleich vors Verfassungsgericht? Man kann ja den Petitionsausschuss auffordern, sich dafür einzusetzen, dass Niebel die Unterschriften entgegennimmt. Absurd, aber einfach.
Sicherlich stellt sich hierbei unter anderem auch die Frage welche Alternativmöglichkeiten in Sachen Energiegewinnung die Menschen
in Brasilien haben. Wäre ich ein Mitglied der deutschen Regierung, würde ich versuchen eine Technologie der Erneuerbaren Energieanlagen nach Brasilien zu exportieren. Wenn die Brasilianische Regierung jedoch wichtige Verträge zur Errichtung des Angra 3 – Reaktors unterzeichnet hat, dann ist das bereits beschlossene Sache und wir sollten uns hier als Atomgegner nicht über die innere Politik von Brasilien hinwegsetzen. Natürlich können wir unseren Mißmut über die bevorstehende Inbetriebnahme eines weiteren Kernreaktors auf der Welt demonstrativ zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig sollten wir aber Alternativen der Energiegewinnung aufzeigen, die für das brasilianische Volk mindestens genau so gut sind. Die erwähnte Unterschriftenliste sollte zu einem großen Teil auch brasilianische Namen beinhalten, sonst laufen wir Gefahr daß man uns vorwirft wir würden uns in die inneren Angelegenheiten eines fremden Landes einmischen. Entwicklungsminister Dirk Niebel geht meiner Ansicht nach mit diesem Campact – Anliegen beispielhaft um, nämlich wie ein klassischer Technokrat.
Wird nicht immer und überall von Politikern betont,dass Großprojekte nicht einfach mehr so durchgedrückt werden können,da sie dem Bürger nicht mehr vermittelbar sind?
Kann es trotzdem sein,dass dieses Einbinden und Mitnehmen der Bürger letztlich nichts weiter als Politikerphrasen sind,und der Politik einfach nur daran gelegen ist,uns alle mit solchen frommen Sprüchen insoweit zu befrieden,dass den meisten Bürgern die Lust an langatmigem Debatten verloren geht und die Politiker dann die lapidare Feststellung treffen können,dass die Bürger gar nicht beteiligt werden wollen?
Ok, in Angra ist die Katastrophe nahezu unvermeidbar. Wenn der Guido da etwas zu bestimmen hat, dann macht Euch mal keine Hoffnung auf eine 180 Gradwende der Regierung. Der merkt doch nichts mehr und hierzulande ist doch jeder froh, wenn der gaaaaaanz weit weg ist und die Klappe hält. Also ehrlich, Ihr glaubt doch nicht, campact könnte einen Niebel, Schäuble oder Westerwelle in irgend einer Weise beeindrucken. Ellenbogen raus und jedes Hindernis zermalmen. Weltverbesserer finden da kein Gehör. Und da 3 Jungs zu schicken ist ja schon arm. Überhaupt finde ich die Beschönigung der Campact-Aktionen eine Unverschämtheit. Spenden abkassieren, drei (oder waren es 5?) Leute da hinschicken und mit einem DIN-A4-Zettel als Plakat getarnt hinstellen und dann noch groß tönen: „in dem Beitrag ist die DEMO von Campact zu sehen“ (Zitat aus dem Gedächtnis). Also von mir gibts höchstens noch meine Unterschrift. Geld spende ich lieber da, wo es auch ankommt.