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2011 wurde erstmals mehr Ökostrom als Atomstrom erzeugt

2011 wurde in Deutschland erstmals mehr Strom aus Wind, Sonne und Wasser produziert als aus Atomkraft. Ermöglicht wurde dies durch das im Jahr 2000 von Rot-Grün beschlossene Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Doch Bundeswirtschaftsminister Rösler (FDP) will die Solarförderung drastisch kürzen. Dabei wurde die Einspeisevergütung für Solarstrom in den letzten zweieinhalb Jahren bereits fast halbiert.

Im Jahr 2011 stieg der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung in Deutschland auf 20 Prozent. Damit überrundeten die Erneuerbaren Energien erstmals die Atomkraft (18 Prozent) und die Steinkohle (19 Prozent). Lediglich die Braunkohle trug mit 25 Prozent noch etwas mehr zur Stromversorgung bei als die Erneuerbaren Energien. Öl, Pumpspeicherkraftwerke und andere Quellen kommen, laut der Statistik des Branchenverbandes BDEW, auf einen Anteil von fünf Prozent.

Allein Dezember 2011 wurden 8,5 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Windkraft produziert, so viel wie noch nie in einem einzigen Monat. Auch der Boom beim Solarstrom ging trotz der Kürzungen bei der Solarförderung weiter: Die installierte Leistung der Photovoltaikanlagen stieg 2011 um 7500 bis 8000 Megawattstunden. Der Anteil Solarstromanteil liegt damit im Jahresdurchschnitt bei vier Prozent. Die Bundesregierung hatte für für 2011 nur einen Ausbau von 3500 Megawatt angestrebt.

Ermöglicht wurde der Boom bei den Erneuerbaren Energien durch das im Jahr 2000 von Rot-Grün beschlossene Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). 370.000 Arbeitsplätze wurden durch die Erneuerbaren Energien geschaffen. Doch Bundeswirtschaftsminister Rösler (FDP) legt die Axt an dieses erfolgreiche Gesetz: Der bekennende Kohlekraft-Fan will den Ausbau der Solarenergie deckeln und stattdessen den Neubau von Kohlekraftwerken subventieren. Dabei wurde die Solarförderung in den letzten zweieinhalb Jahren schon fast halbiert. Und nach dem im letzten Jahr beschlossenem „atmenden Deckel“ für den Solarstrom wird die Einspeisevergütung im Sommer 2011 und im Januar 2013 erneut sinken. Da die Kosten für Solarmodule stark gesunken sind, ist es durchaus vernünftig die Solarförderung maßvoll zu kürzen, damit die EEG-Umlage, die alle Stromverbraucher bezahlen müssen, nicht zu stark steigt. Doch Röslers Vorschläge pro Jahr nur eine bestimmte Maximalzahl Photovoltaikanlagen zu fördern, würde wahrscheinlich zu einem Zusammbruch des deutschen Solarmarktes führen, weil kein Hausbesitzer mehr wüsste, ob seine Anlage noch gefördert wird oder nicht.
Anders als Rösler will Bundesumweltminister Röttgen (CDU) am atmenden Deckel festhalten, durch den die Solarförderung automatisch sinkt, wenn der Anteil der Solarstromes stärker wächst. Die Solarbranche hatte dieser Regelung im letzten Jahr zugestimmt.

„Wir dürfen die solaren Märkten nicht den Chinesen überlassen“
So oder so bleibt die Lage der deutschen Solarbranche äußerst kritisch. Vor allem die Konkurrenz aus China machen der deutschen Solarindustrie zu schaffen. Unternehmen wie Q-Cells, Conergy oder Solon kämpfen ums Überleben. „Die Chinesen schmeißen immer günstigere Produkte auf den Markt und damit die deutschen Firmen aus dem Markt“, sagt Professor Eicke Weber, Leiter des ISE in Freiburg, des weltweit führenden Instituts für Solarforschung. „Die Kosten der Solarzellen sind keine Frage der Arbeitskosten. Denn die machen heute nur noch vier Prozent der Produktionskosten aus“, sagt Weber. Der Vorteil der chinesischen Solarbranche beruhe vor allem auf zinsgünstigen Staatskrediten. „Solarfabriken sollten die gleichen Hilfen bekommen wie Offshore-Windparks. Dann hat die europäische Solarindustrie eine glänzende Zukunft“, schreibt Weber in der von der Deutschen Umwelthilfe herausgegebenen Zeitschrift Zeo2. „Wir dürfen die solaren Märkte nicht den Chinesen überlassen“, meint Weber.

Würden Röslers Pläne Wirklichkeit werden, wäre das ein wahrer Schildbürgerstreich. Noch ist unklar wer sich im Streit um die Solarförderung durchsetzen wird, Kohlefreund Rösler oder Umweltminister Röttgen. Die CSU hat sich auf ihrer Klausur in Wildbad Kreuth hinter Röttgen gestellt. Wir werden die Lage weiter beobachten und gegebenenfalls kurzfristig eine Onlineaktion dazu starten.

Autor*innen

Yves Venedey war Campaigner im Kampagnen-Team 1, verantwortlich für Klima-Themen. Er war schon Marktforscher, Briefträger, Geschäftsführer, Journalist und Pressesprecher. Yves Venedey ist Autor des Buchs "Abschalten", das 2011 im Fischer Verlag erschienen ist. Alle Beiträge

4 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. wer hat Infos zu dem Problem, dass die Bundesregierung zusammen mit Automobilindustrie und den Energieversorgern (aus dem Pro- und Anti-Atomlager!!) etc. in dem sog. “Schaufensterprojekt” per eMobility den Stromverbrauch ankurbelt, obwohl es völlig klar ist, daß bestenfalls in Deutschland und einigen Teilen Europas evtl. der Strom aus zusätzlichen Erneuerbaren kommen kann … In Indien, China, Frankreich, Polen etc. bauen wir m.E. mit Greenpeace-Energy-Hilfe und Ökoverbändehilfe gerade die Atomkraft aus – oder sehe ich da was falsch?

  2. Die Solarförderung zeichnet sich seit Jahren durch eine extreme Fehlsteuerung aus – 50 Prozent der Förderung erzielen nur 2 Prozent der Energieerzeugung. Darüber können auch die bescheidenen Kürzungen der Förderbeträge nicht hinwegtäuschen. Die ungeheuren Summen, die in die Photovoltaik gepumpt werden, landen nämlich fast ausschließlich in der Produktion und nur zu einem sehr kleinen Teil in der Forschung und Entwicklung von Neuerungen. So konnte kein technischer Vorsprung erhalten werden. Deshalb profitieren inzwischen auch chinesische Hersteller mehr als deutsche von diesen Subventionen, die den Investoren 12 Prozent Rendite sichert. Das Ergebnis ist, wie wir nun sehen: ein Solarunternehmen nach dem anderen gerät in Schwierigkeiten. Wir unterstützen die kritische Überprüfung und weitere Kürzung der Förderung, die Bundeswirtschaftsminister Rösler jetzt fordert, weil durch die Solarförderung im EEG der Strompreis der Industrie und des kleinen Mannes massiv verteuert wird.

  3. Ich sage nur:
    Neoliberalismus, wenn ich an FDP und an Herrn Rösler u.ä. denke …
    Er schadet nur dem weiteren Ausbau der EE.
    Es ist bestimmt längst nicht alles QUALITATIV gut, was aus China kommt!
    Dies sollten die Verbraucher sich genau überlegen, wenn sie eine Solaranlage anschaffen. – – –

  4. Energie aus Kohle und Röslers FDP Auftritt wirkt mittlerweile wie ein Film aus vergangenen Zeiten und hat in der Gegenwart keine Zukunft mehr.

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