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FDP gibt Blockade auf: Kommt jetzt die Finanztransaktionssteuer?

Offenbar haben sich Regierung und Opposition heute darauf geeinigt, die Finanztransaktionssteuer auch dann einzuführen, wenn nicht alle 27 EU-Staaten mitmachen. Die FDP scheint endlich einzulenken und ihre Blockade gegen die Spekulationssteuer aufzugeben. Doch der Teufel steckt auch hier im Detail. Die Finanztransaktionssteuer darf kein Placebo sein. Und die Einnahmen aus der Steuer müssen auch in die Bekämpfung der weltweiten Armut fließen.

Endlich! Bereits in den letzten Tagen zeichnete sich ab, dass die FDP einlenkt und ihre Blockade gegen eine Finanztransaktionssteuer aufgeben könnte. Heute kam dann die Nachricht, die Regierungskoalition habe sich mit SPD und Grünen auf Eckpunkte für eine Finanztransaktionssteuer geeinigt. Die Steuer auf Spekulationsgeschäfte soll selbst dann eingeführt werden, wenn nicht alle, sondern nur ein Teil der 27 EU-Staaten mitziehen. Vor allem dagegen hatte sich die FDP bisher gesperrt. Mit ihrem Einlenken will die schwarz-gelbe Koalition SPD und Grünen eine Zustimmung zum umstrittenen EU-Fiskalpakt ermöglichen. In Medienberichten war davon die Rede, Regierung und Opposition wollten eine Steuer mit einer „breiten Bemessungsgrundlage“ und einen niedrigen Steuersatz. Doch viele wichtige Details sind noch unklar. Am Montag und am Mittwoch soll es weitere Gespräche zwischen Regierung und Opposition geben.

Eine Steuer auf Finanztransaktionen wäre ein wichtiger Schritt, um die ausufernde Spekulation an den Finanzmärkten einzudämmen und Banken und Spekulanten als die Verursacher der Finanzkrise an deren Kosten zu beteiligen. Besonders dem äußerst problematischen Hochfrequenzhandel an den Börsen könnte mit der Steuer Einhalt geboten werden. Unser Kooperationspartner Attac kämpft bereits seit über zehn Jahren für diese Steuer und sogar danach benannt: Attac ist nämlich die Abkürzung von „association pour la taxation des transactions financières et pour l’action citoyenne“, zu deutsch „Vereinigung für die Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger“. Über 100.000 Menschen haben einen gemeinsamen Appell von Campact, Attac, Oxfam und dem Bündnis „Steuer gegen Armut“ an FDP-Chef-Rösler unterzeichnet, er solle seine Blockade gegen die Finanztransaktionssteuer aufgeben. Mit dem Einlenken der FDP zeigt sich wieder einmal, dass sich behaarliches politisches Engagement auszahlt. Einen Erfolg, den wir ohne die Unterstützung der vielen Campact-Aktiven niemals hätten erringen können!

Allerdings steckt auch bei der Finanztransaktionssteuer der Teufel im Detail. Nur wenn wirklich alle Spekulationsgeschäfte besteuert werden, kann die Steuer ihren Zweck erfüllen. Unklar ist auch noch, wofür die Einnahmen aus der Steuer verwendet werden. Die Kampagne
„Steuer gegen Armut“ fordert, dass die Mittel zur Abfederung der Krisenfolgen hierzulande, zur Bekämpfung von Armut weltweit und für den Klimaschutz in armen Ländern eingesetzt werden.

Jetzt müssen Regierung und Opposition ihren Ankündigungen Taten folgen lassen und die Finanztransaktionssteuer endlich einführen. Und wenn nicht alle 27 EU-Staaten mitmachen, dann eben in einer „Koalition der Willigen“ mit möglichst vielen anderen Ländern.

Autor*innen

Yves Venedey war Campaigner im Kampagnen-Team 1, verantwortlich für Klima-Themen. Er war schon Marktforscher, Briefträger, Geschäftsführer, Journalist und Pressesprecher. Yves Venedey ist Autor des Buchs "Abschalten", das 2011 im Fischer Verlag erschienen ist. Alle Beiträge

4 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Die Begeisterung für eine Finanztransaktionssteuer kann ich nicht nachvollziehen. Warum sollte es gerecht sein, dass die Höhe der Steuer nicht nach der Höhe des Einkommens, sondern nach der Anzahl der Finanztransaktionen bemessen werden soll? Jemand, der 1 Million mit 10 Transaktionen verdient, soll also weniger Steuer zahlen statt jemandem, der nur 1.000 Euro mit 20 Transaktionen verdient? Was ist daran bitte gerecht?

    Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht diesem ganzen Spektakel bald einen Riegel vorschiebt und die FTT als verfassungswidrig, weil mit der Orientierung an der Leistungsfähigkeit des Steuerzahlers unvereinbar, verwirft. Bei Steuern muss es immer auf die Höhe des Einkommens ankommen und auf nichts sonst, nicht auf Hautfarbe, Beruf, Geschlecht und auch nicht auf die Zahl der Finanztransaktionen.

    Es wäre gut, wenn das Heer der Befürworter dieser Steuer, die wohl größtenteils nur die Lebenserfahrung haben, sich stets pünktlich per Hartz IV, über Beamtengehälter oder per Abgeordnetenbezügen aus Steuergeldern alimentieren zu lassen, mal ein halbes Jahr lang den Lebensunterhalt mit dem Handel mit Finanztransaktionen verdienen müsste. Dann würde hoffentlich die unerträgliche Hetzjagd auf Menschen, die mit hohem Risiko nur knapp über dem Existenzminimum überleben können, endlich einmal aufhören. Es sollte nicht immer nur auf die Meinung der Kostgänger dieser Gesellschaft gehört werden, sondern auch auf die, die wirklich etwas leisten. Sie sind es schließlich, die das aufbringen müssen, was andere nur unter sich aufteilen wollen.

  2. Das ist doch Augenwischerei und kalter Kaffee, denn inhaltlich sind die Punkte längst auf der europäischen Ebene vorbereitet. Es sieht danach aus, dass SPD und Grüne mal wieder nur nach PR für die Zustimmung sind. Leute laßt Euch nicht täuschen, genau hinsehen und nachdenken.
    Mehr zum Inhalt auf http://www.nachdenkseiten.de/?p=13468

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