Provokation: Rösler kommt nicht zu Aigners Gen-Gipfel
Gestern wollte Landwirtschaftsministerin Aigner mit ihren Ministerkollegen über Gentechnik reden. Doch Wirtschaftsminister Rösler sagte kurz vor dem Gen-Gipfel einfach ab. Jetzt kommt das Thema voraussichtlich in den Koalitionsausschuss. Die Ministerin liegt mit der FDP bei wichtigen Fragen im Clinch. Denn während Aigner den gentechnischkritischen CSU-Wähler/innen gerecht werden will, sind Rösler, Hapach-Kasan und Co offene Befürworter […]
Gestern wollte Landwirtschaftsministerin Aigner mit ihren Ministerkollegen über Gentechnik reden. Doch Wirtschaftsminister Rösler sagte kurz vor dem Gen-Gipfel einfach ab. Jetzt kommt das Thema voraussichtlich in den Koalitionsausschuss.
Die Ministerin liegt mit der FDP bei wichtigen Fragen im Clinch. Denn während Aigner den gentechnischkritischen CSU-Wähler/innen gerecht werden will, sind Rösler, Hapach-Kasan und Co offene Befürworter der Risikotechnologie. Röslers Provokation bedeutet, dass die Parteien voraussichtlich auf ihren gegensätzlichen Positionen beharren werden, bis sie eventuell zu einer Einigung im Koalitionsausschuss kommen.
Das sind die Streitpunkte: Die CSU will, dass die Bundesländer höhere Sicherheitsabstände von Gen-Anbauflächen zu anderen Äckern bestimmen können. Für Bayern würde eine solche Regel das Aus für den Anbau von Genpflanzen bedeuten. Da die Ackerflächen dort verhältnismäßig klein sind, kommen hohe Sicherheitsabstände einem Verbot von Gentechnik auf dem Acker gleich. Doch es steht im Koalitionsvertrag, dass die Abstände eingehalten werden sollen. Und so wirft Frau Aigner der FDP eine Blockade ihres Gesetzesvorschlags hierzu vor, der seit Mai auf dem Tisch liege.
Der zweite Streitpunkt ist: Anders als die FDP setzt sich Aigner gegen Spuren illegaler Gentechnik in Lebensmitteln ein. Sie hatte sich vor wenigen Wochen öffentlich gegen ein Aufweichen der Nulltoleranz für ungeprüfte Gentechnik in Lebensmitteln stark gemacht und dafür Kritik von FDP- und CDU-Politikern geerntet.
Geht es nach dem Willen der EU-Kommission, sollen zukünftig Lebensmittel als gentechnikfrei verkauft werden, die mit bis zu 1 Promille mit gentechnisch manipulierten Pflanzen ohne Zulassung in der EU verunreinigt sind. Damit würde Gentechnik auf unsere Teller geschummelt, die weder von der EU geprüft, noch als solche gekennzeichnet wäre. Das Schlimmste daran: Wir würden noch nicht einmal erfahren, dass Gentechnik auf unserem Teller gelandet ist. Aigner darf in diesem wichtigen Punkt der FDP nicht nachgeben, denn Risikosaat auf dem Teller betrifft uns alle.
In einem weiteren Punkt können wir nicht einmal auf Frau Aigner zählen: Aus Brüssel drohen in den kommenden Monaten weitere Zulassungen für Genkonstrukte zum Anbau. Dem Anbau der Genkartoffel Amflora hatte Aigner zugestimmt, bis die Pleitekartoffel zusammen mit BASF von selbst von unseren Äckern verschwand.
Etwa 17 Sorten liegen der EU-Kommission vor, die von der Lebensmittelbehörde EFSA schon grünes Licht bekommen haben. Darunter auch der in Deutschland verbotene MON810, dessen Zulassung abgelaufen ist. Wird sie verlängert, wäre das deutsche Verbot nicht mehr gültig. In einem Brief an Umweltverbände bestätigte Frau Aigner allerdings kürzlich, dass die Risiken des Genmaises immer noch bestehen. Das deutet darauf hin, dass sie wahrscheinlich erneut ein Verbot aussprechen wird. Ihre Ablehnung anderer Genpflanzen ist noch unsicherer.
In den kommenden Monaten wird es in Brüssel um neue Zulassungen gehen. Da die Kommission die ablehnende Haltung mehrerer EU-Länder kennt, hatte sie es lange nicht mehr gewagt, den Ländern diese Sorten zur Abstimmung vorzulegen. Erst sollte geprüft werden, ob nicht nationale Anbauverbote gestärkt werden könnten. Dabei schwang wohl bei der Kommission das Kalkül mit, dass die Länder kein Veto mehr einlegen würden, hätten sie erst die Möglichkeit, Gentechnik auf ihren Feldern zu verbieten. Vor wenigen Wochen scheiterte aber der Prozess zur Stärkung nationaler Verbote, weil sich die Länder nicht einigen konnten. Als Konsequenz liegt es nahe, dass die Kommission jetzt nach und nach die rund 17 Genpflanzen zur Abstimmung vorlegt. Landwirtschaftsministerin Aigner darf dann nicht zustimmen oder sich enthalten. Um die Genpflanzen zu stoppen, braucht es das klare Nein von Deutschland!
Bei den Themen Spuren illegaler Gentechnik im Essen und Sicherheitsabstände muss Aigner in den kommenden Monaten stark bleiben. Der FDP gegenüber darf sie nicht einknicken. Dafür verdient sie unsere Unterstützung. Was Aigners Abstimmungsverhalten zu neuen Gensorten in Brüssel betrifft, müssen wir sehr wachsam bleiben. Wir werden der Ministerin deutlich machen, dass sie nicht zu Hause gegen Gentechnik reden und in Brüssel für die Risikosaat die Hand heben darf. Machen wir uns gefasst auf neue Auseinandersetzungen rund um die Gentechnik!
- Märkische Oderzeitung. Aigner rüffelt FDP wegen Haltung zur Gentechnik
- Welt Online: Streit um Gentechnik könnte Thema für Koalitionsausschuss werden.
- Spiegel: Aigner lädt Ministerkollegen zu Gen-Gipfel
- Tagesschau.de: Ministerin Aigner gegen Lockerungspläne der EU-Kommission. Nulltoleranz für unsichere Gentechnik in Lebensmitteln
- Aigners Brief zu Anbauzulassungen an den BUND
ich habe gehört, dass gentechnisch angebautes Soja, sich in (fast) jeder
Schokolade befindet. Können Sie darüber etwas sagen/herausfinden?