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Provokation: Rösler kommt nicht zu Aigners Gen-Gipfel

Gestern wollte Landwirtschaftsministerin Aigner mit ihren Ministerkollegen über Gentechnik reden. Doch Wirtschaftsminister Rösler sagte kurz vor dem Gen-Gipfel einfach ab. Jetzt kommt das Thema voraussichtlich in den Koalitionsausschuss. Die Ministerin liegt mit der FDP bei wichtigen Fragen im Clinch. Denn während Aigner den gentechnischkritischen CSU-Wähler/innen gerecht werden will, sind Rösler, Hapach-Kasan und Co offene Befürworter […]

Gestern wollte Landwirtschaftsministerin Aigner mit ihren Ministerkollegen über Gentechnik reden. Doch Wirtschaftsminister Rösler sagte kurz vor dem Gen-Gipfel einfach ab. Jetzt kommt das Thema voraussichtlich in den Koalitionsausschuss.

Die Ministerin liegt mit der FDP bei wichtigen Fragen im Clinch. Denn während Aigner den gentechnischkritischen CSU-Wähler/innen gerecht werden will, sind Rösler, Hapach-Kasan und Co offene Befürworter der Risikotechnologie. Röslers Provokation bedeutet, dass die Parteien voraussichtlich auf ihren gegensätzlichen Positionen beharren werden, bis sie eventuell zu einer Einigung im Koalitionsausschuss kommen.

Genfood nein danke! Agrardemo 2010, Campact

Das sind die Streitpunkte: Die CSU will, dass die Bundesländer höhere Sicherheitsabstände von Gen-Anbauflächen zu anderen Äckern bestimmen können. Für Bayern würde eine solche Regel das Aus für den Anbau von Genpflanzen bedeuten. Da die Ackerflächen dort verhältnismäßig klein sind, kommen hohe Sicherheitsabstände einem Verbot von Gentechnik auf dem Acker gleich. Doch es steht im Koalitionsvertrag, dass die Abstände eingehalten werden sollen. Und so wirft Frau Aigner der FDP eine Blockade ihres Gesetzesvorschlags hierzu vor, der seit Mai auf dem Tisch liege.

Der zweite Streitpunkt ist: Anders als die FDP setzt sich Aigner gegen Spuren illegaler Gentechnik in Lebensmitteln ein. Sie hatte sich vor wenigen Wochen öffentlich gegen ein Aufweichen der Nulltoleranz für ungeprüfte Gentechnik in Lebensmitteln stark gemacht und dafür Kritik von FDP- und CDU-Politikern geerntet.

Geht es nach dem Willen der EU-Kommission, sollen zukünftig Lebensmittel als gentechnikfrei verkauft werden, die mit bis zu 1 Promille mit gentechnisch manipulierten Pflanzen ohne Zulassung in der EU verunreinigt sind. Damit würde Gentechnik auf unsere Teller geschummelt, die weder von der EU geprüft, noch als solche gekennzeichnet wäre. Das Schlimmste daran: Wir würden noch nicht einmal erfahren, dass Gentechnik auf unserem Teller gelandet ist. Aigner darf in diesem wichtigen Punkt der FDP nicht nachgeben, denn Risikosaat auf dem Teller betrifft uns alle.

In einem weiteren Punkt können wir nicht einmal auf Frau Aigner zählen: Aus Brüssel drohen in den kommenden Monaten weitere Zulassungen für Genkonstrukte zum Anbau. Dem Anbau der Genkartoffel Amflora hatte Aigner zugestimmt, bis die Pleitekartoffel zusammen mit BASF von selbst von unseren Äckern verschwand.

Ballon-Aktion im Regierungsviertel, Campact

Etwa 17 Sorten liegen der EU-Kommission vor, die von der Lebensmittelbehörde EFSA schon grünes Licht bekommen haben. Darunter auch der in Deutschland verbotene MON810, dessen Zulassung abgelaufen ist. Wird sie verlängert, wäre das deutsche Verbot nicht mehr gültig. In einem Brief an Umweltverbände bestätigte Frau Aigner allerdings kürzlich, dass die Risiken des Genmaises immer noch bestehen. Das deutet darauf hin, dass sie wahrscheinlich erneut ein Verbot aussprechen wird. Ihre Ablehnung anderer Genpflanzen ist noch unsicherer.

In den kommenden Monaten wird es in Brüssel um neue Zulassungen gehen. Da die Kommission die ablehnende Haltung mehrerer EU-Länder kennt, hatte sie es lange nicht mehr gewagt, den Ländern diese Sorten zur Abstimmung vorzulegen. Erst sollte geprüft werden, ob nicht nationale Anbauverbote gestärkt werden könnten. Dabei schwang wohl bei der Kommission das Kalkül mit, dass die Länder kein Veto mehr einlegen würden, hätten sie erst die Möglichkeit, Gentechnik auf ihren Feldern zu verbieten. Vor wenigen Wochen scheiterte aber der Prozess zur Stärkung nationaler Verbote, weil sich die Länder nicht einigen konnten. Als Konsequenz liegt es nahe, dass die Kommission jetzt nach und nach die rund 17 Genpflanzen zur Abstimmung vorlegt. Landwirtschaftsministerin Aigner darf dann nicht zustimmen oder sich enthalten. Um die Genpflanzen zu stoppen, braucht es das klare Nein von Deutschland!

Bei den Themen Spuren illegaler Gentechnik im Essen und Sicherheitsabstände muss Aigner in den kommenden Monaten stark bleiben. Der FDP gegenüber darf sie nicht einknicken. Dafür verdient sie unsere Unterstützung. Was Aigners Abstimmungsverhalten zu neuen Gensorten in Brüssel betrifft, müssen wir sehr wachsam bleiben. Wir werden der Ministerin deutlich machen, dass sie nicht zu Hause gegen Gentechnik reden und in Brüssel für die Risikosaat die Hand heben darf. Machen wir uns gefasst auf neue Auseinandersetzungen rund um die Gentechnik!

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

1 Kommentar

Kommentare sind geschlossen
  1. ich habe gehört, dass gentechnisch angebautes Soja, sich in (fast) jeder
    Schokolade befindet. Können Sie darüber etwas sagen/herausfinden?

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