Erfolg: Vermittlungsausschuss kippt Datenkraken-Gesetz
Im Streit um das neue Meldegesetz hat sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat gestern auf einen Kompromiss geeinigt. Die Widerspruchsregelung, gegen die im vergangenen Sommer ein Sturm der Empörung losbrach, findet sich darin nicht mehr wieder. Ein Erfolg für den breiten Bürgerprotest gegen das Datenkraken-Gesetz! Künftig dürfen Meldebehörden Daten von Bürger/innen zu Zwecken der […]
Im Streit um das neue Meldegesetz hat sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat gestern auf einen Kompromiss geeinigt. Die Widerspruchsregelung, gegen die im vergangenen Sommer ein Sturm der Empörung losbrach, findet sich darin nicht mehr wieder. Ein Erfolg für den breiten Bürgerprotest gegen das Datenkraken-Gesetz!
Künftig dürfen Meldebehörden Daten von Bürger/innen zu Zwecken der Werbung und des Adresshandels nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person herausgeben. Ebenfalls verbessert wurde die sogenannte „Zweckbindung“ bei Melderegisterauskünften. Adressdaten müssen nun nach Erfüllung des Übermittlungszwecks gelöscht werden. 2015 soll das neue Gesetz in Kraft treten.
Letzten Sommer sah es noch ganz anders aus: Ursprünglich wollte der Bundestag Adresshändlern und Werbetreibenden die Abfrage von Meldedaten nämlich grundsätzlich erlauben. Bürger/innen sollten zwar die Möglichkeit bekommen, der Herausgabe ihrer Daten zu widersprechen, doch ein zusätzlicher Passus im Gesetz machte diese Widersprüche praktisch unwirksam. Daraufhin brauch ein Sturm der Entrüstung von allen Seiten über den Bundestag herein. Den Online-Appell auf der Campact-Seite unterzeichneten mehr als 200.000 Menschen. Mit mehreren Aktionen machten wir gemeinsam mit unseren Bündnispartnern (*) auf der Straße Druck, zum Beispiel Ende September mit einer riesigen Datenkrake auf der Jagd nach Meldedaten. Mit Erfolg: Der Bundesrat stoppte das Gesetz und rief den Vermittlungsausschuss ein. Gestern legte das gemeinsame Gremium von Bundestag und Bundesrat seinen Kompromissvorschlag vor.
Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck wagt sich in die Fänge der Datenkrake und nimmt rund 200.000 Unterschriften gegen das Meldegesetz entgegen.
Ein Manko bleibt jedoch: Die Einwilligung in die Herausgabe von Meldedaten kann auch von demjenigen Unternehmen eingeholt werden, das die Meldedaten anfordert. Ob eine Einwilligung aber tatsächlich vorliegt, müssen die Meldebehörden lediglich stichprobenhaft kontrollieren. Damit bleibt eine Hintertür für missbräuchliche Datenabfragen offen – nämlich wenn Einwilligungen schlicht behauptet oder zum Beispiel über komplizierte und versteckte Klauseln in den AGB erschlichen werden. Bereits letzten Herbst machten wir gemeinsam mit unseren Bündnispartnern mit einer Pressekonferenz auf diese Lücke aufmerksam.
Das Nebeneinander von Willenserklärungen bei Meldeamt und Unternehmen kann außerdem dazu führen, dass irgendwann jeglicher Überblick verloren geht, wem man eine Einwilligung erteilt oder entzogen hat. Im Gesetz ist nicht geregelt, welche davon in Zweifelsfällen gelten soll. Ein Beispiel: Rita Müller willigt bei der Meldebehörde generell in eine Datenweitergabe ein. Später erlaubt sie auch einem Unternehmen die Datenabfrage, widerruft diese nach einiger Zeit aber wieder. Geht dann die generelle Einwilligung bei der Behörde dem Widerruf beim Unternehmen vor? Oder muss das Unternehmen die Abfrage unterlassen? Der Vorschlag des Vermittlungsausschuss lässt diese Frage offen.
Insgesamt ist die vorgeschlagene Regelung durch das Einwilligungsprinzip ein großer Fortschritt – mit den beschriebenen Mängeln. Im nächsten Schritt müssen Bundestag und Bundesrat den Vorschlag des Vermittlungsausschusses diskutieren. ZEIT online zufolge haben Mitglieder von Bundestag und Bundesrat bereits signalisiert, dass sie die Vorgaben des Ausschusses übernehmen und umsetzen wollen. Wir schauen ihnen dabei auf die Finger!
UPDATE 4.3.2013: Das ging fix: Bundestag und Bundesrat haben dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses Ende vergangener Woche bereits zugestimmt. Damit beenden wir auch unsere Kampagne. Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich daran beteiligt haben!
(*) Das Bündnis „Meine Daten sind keine Ware!“ wird getragen von Campact, dem Verbraucherzentrale Bundesverband, dem Datenschutz- und Bürgerrechtsverein Digitalcourage (vormals FoeBuD) und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz.
Hallo Leute
Was für ein Wirbelsturm um das Meldegesetzt, AGB, und ihre Auslegungen dazu.
In anderen Ländern gibt es z.B. gar keine Meldepflicht. Das hat man uns seit 1934 aufs Auge gedrückt und ist eigendlich ein altes Nazi- Gesetz. Laut Grundgesetz sind alle Nazi- Gesetze verboten. Welche Firmen sind da eigendlich immer gemeint? Meint man damit vielleicht den Ottoversand oder Neckermann? Oder meint man z.B. die Argentur für Arbeit, AOK, sog.Forstwirtschaftsamt, Gerichtsvollzieher und wie sie alle heißen. Sprich alle ehemaligen komunale Ämter, die man privatisiert hat und in Zukunft noch privatisieren will?
Ich persönlich will, das gar keine Daten von mir weitergegeben werden. Es reicht schon das z.B. die AOK auf meinem Privatkonto herumschnüffeln darf, oder?
Es ging hier bis jetzt primär um Adresshändler und Werbetreibende. Mich interessiert die rechtliche Situation bei der privaten Anfrage eines Stalkers: Zum Beispiel ein – nicht als solcher erkannter Stalker – möchte die Adresse seiner „geliebten“ Person von der Meldebehörde wissen und begründet dies mit „persönlichem Interesse“, weil er der Person „ein geliehenes Buch zurückgeben möchte“ oder ihr „noch Geld schulde“ etc.
Kann er nach der Gesetzesänderung die Adresse erhalten?
Würde er sie erhalten, wenn er behauptet, ihm läge eine Einwilligung der Person vor ?
Wie kann sich ein Bürger gegen die Herausgabe der eigenen Adresse schützen?
Muß er dies – wie bisher – gegenüber der Meldebehörde extra begründen?
Grundsätzlich darf die Meldebehörde nach dem neuen Gesetz Auskunft über folgende Daten geben: „1. Familienname, 2. Vornamen, 3. Doktorgrad und 4. derzeitige Anschriften sowie, 5. sofern die Person verstorben ist, diese Tatsache“. Nur für die Zwecke Werbung und Adresshandel gelten die oben beschriebenen Regelungen, nach denen künftig, also ab Inkrafttreten des Gesetztes 2015, eine Einwilligung vorliegen muss.
Nach § 51 kann Auskunftssperre beantragt werden, wenn „der betroffenen oder einer anderen Person durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen“ droht. Lassen Sie sich dazu am Besten von einem Rechtsanwalt oder von Ihrem Meldeamt beraten!
Hallo ,
Welche strafen sind vorgesehen für Firmen
die nur vorgeben die Erlaubnis bekommen zuhaben,
diese aber nicht bekommen oder niemals versucht haben zu bekommen.
Liebe grüße Friedhelm
Bei Verstößen sollen Bußgelder fällig werden. Dafür muss allerdings erst noch ein Bußgeldkatalog erstellt werden, das ist im Gesetz nicht im Detail geregelt.
Wie kann ich denn als normale Bürgerin w i r k s a m verhindern, dass meine Daten durch die Meldebehörde versehentlich wegen unzulänglicher Kontrolle herausgegeben werden?
Als erstes natürlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) genau lesen, bevor man etwas unterschreibt. Karin Schuler von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD) empfiehlt weiterhin, das Meldeamt davon in Kenntnis zu setzen, wenn man die Abfrage seiner Daten nicht erlauben möchte. Ob das tatsächlich funktioniert, ist unklar. Das Gesetz schafft hier tatsächlich (leider!) einige Verwirrung. Sie hätte vermieden werden können, wenn die Einwilligung nur bei den Meldeämtern möglich gewesen wäre.
Die Einwilligung in die Herausgabe von Meldedaten kann auch von demjenigen Unternehmen eingeholt werden, das die Meldedaten anfordert.
Die Hintertür besteht nicht darin, dass das Unternehmen eine Einwilligung einholen kann, sondern darin, dass gegenüber dem Meldeamt die Behauptung des anfragenden Unternehmens zureichend ist, es läge ihm eine Einwilligung vor. Das ist auch nicht bloß ein Manko, sondern genau die von der Industrie gewünschte Öffnung des Datenbestands.
Im übrigen würde ich gern wissen, was die hinreichende Bedingung dafür ist, dass ein Meldeamt Auskunft gibt. Die Erlaubnis ist nur eine notwendige Bedingung, sie kann aber ein stets mit Kosten für das Amt verbundenes Tätigwerden nicht erklären.
Falls das Gesetz so zu verstehen ist, dass beim Vorliegen oder beim behaupteten Vorliegen einer Einwilligung das Meldeamt Auskunft erteilen muss, dann wäre im Gesetz nicht nur ein Auskunftsrecht des Meldeamtes sondern sogar eine Auskunftspflicht festgeschrieben worden. Ich bitte um Aufklärung!
Im betreffenden Paragraph 44 zu „einfachen Melderegisterauskünften“ steht nicht, dass die Meldebehörde verpflichtet ist, Auskunft zu geben. Da für Melderegisterauskünfte aber eine Gebühr erhoben wird, ist dies für die Kommunen auch eine Einnahmequelle. Bei einer Anfrage muss die Identität der gesuchten Person eindeutig feststellbar sein, und der Zweck muss angegeben werden. Will der/die Anfragende die Daten für Werbung oder Adresshandel verwenden, muss eine Einwilligung vorliegen. Weitere Vorgaben macht das Gesetz hier nicht.