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TTIP-Reiseverbot: US-Botschaft zündet Nebelkerzen

Möglicherweise ging die US-Botschaft bei ihrer Entscheidung am Mittwoch davon aus, dass die davon Betroffene diese stillschweigend hinnehmen würde: Einreiseverbot für meine Kollegin Maritta Strasser, die zum NGO-Treffen der TTIP-Gegner in Washington wollte.

Doch über Twitter verbreitete sich die Nachricht gestern wie ein Lauffeuer – und die Botschaft reagierte mit einer Nebelkerze.


Zu Deutsch: „Wir haben die Ablehnung ihr gegenüber begründet – sie weiß, dass die Gründe nichts mit ihrer politischen Aktivität zu tun haben. Und sie weiß, dass die Botschaft aufgrund konsularischer Regeln der USA zum persönlichen Datenschutz diese Gründe nicht veröffentlichen kann.“ Doch Tatsache ist: Die dürren Worte auf diesem blauen Zettel sind alles, was Maritta von der Botschaft an „Begründung“ bekommen hat.

Die Ablehnung eines Visums nicht zu begründen: Das ist nicht nur seitens der USA, sondern auch bei EU-Botschaften durchaus üblich. Eine kritikwürdige Praxis – zumal wenn klar ist, dass von der abgelehnten Antragstellerin keinerlei Gefahr ausgeht und einzig politische Gründe der Abweisung zugrundeliegen können. Die dreiste Lüge der Botschaft geht aber noch einen Schritt weiter – sie zielt darauf, Maritta als Person zu diskreditieren. Das lassen wir nicht zu.

In einer von Kafkas düsteren Allegorien auf die moderne Bürokratie wird einem Menschen ein Prozess gemacht, ohne dass er je erfährt, was ihm überhaupt vorgeworfen wird – und dessen Versuch, sich gegen die ihm unbekannte Anklage zu verteidigen, deshalb zum Scheitern verurteilt ist. Kafka beschreibt eindrucksvoll die tiefgreifende Verunsicherung, die in der dem „Apparat“ ausgelieferten Person entsteht. Eine ähnliche Verunsicherung will offenbar die US-Botschaft erzeugen, indem sie versucht, durch frei erfundene Behauptungen Marittas Glaubwürdigkeit infrage zu stellen – und sich dann hinter dem Verweis auf Datenschutzauflagen verschanzt, um den Gegenbeweis unmöglich zu machen.

Verunsicherung, Misstrauen, Unfrieden in unliebsamen politischen Netzwerken schüren – dass zumindest der britische Geheimdienst mit illegalen Mitteln darauf zielt, wissen wir dank Edward Snowdens Veröffentlichungen. Und nach allem, was über die Kooperation der Geheimdienste – insbesondere von NSA und GCHQ – inzwischen bekannt ist, wäre es geradezu erstaunlich, wenn amerikanische Dienste nicht ebenfalls die „Zersetzung“ ihrer Kritiker betreiben würden.

Aber sorry, US-Behörden: Anders als Kafkas „Herr K.“ ist Maritta Strasser nicht allein. Hinter Maritta stehen viele, sehr viele – und wir lassen uns nicht durch eure miesen Spielchen blockieren, manipulieren, spalten oder gegeneinander aufhetzen.

Maritta hat das Auswärtige Amt aufgefordert, bei der US-Botschaft gegen das Reiseverbot zu intervenieren. Wir werden sehen, was passiert – und gemeinsam den Druck verstärken. Gegen Reiseverbote für Aktivisten, gegen Geheimdienste, gegen TTIP. Du kannst jetzt mit dazu beitragen, den Druck zu verstärken, indem Du diesen Beitrag in Deinen Netzwerken verbreitest. Danke!

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Autor*innen

Annette Sawatzki, Jahrgang 1973, studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Bonn, Berkeley und Hamburg. Sie arbeitete als Dokumentarin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Büroleiterin von Bundestagsabgeordneten. Ihre Schwerpunkte als Campaignerin bei Campact liegen in der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Alle Beiträge

30 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Liebe Leute,
    nach allem was man weis, glaube ich dass die Miterfinder des Wohles der Menschheit eine Heidenangst vor der wirklichen Demokratie haben.
    Kein Staat, der sich sicher ist, dass er im Sinne seiner Bevölkerung agiert, und zwar im Sinne Aller , und nicht nur den privilegierten Schichten gegenüber, muss Angst haben vor den Mitgliedern seiner Gesellschaft. Was da in den Staaten abläuft lässt viel erahnen.
    Ein bisschen Angst habe ich schon vor der Krake aber was soll´s?
    Nicht mal Merkel scheint es zu stören, dass sie abgehört wird.
    Oben sind sie sich sehr einig in ihrer Angst vor ihren Bürgern. Das schweißt zusammen.
    Und deshalb sollte man das Kasperletheater um NSA-Ausschuß schnellstens beenden,denn der Hauptbelastungszeuge kann eh nicht nach Deutschland kommen, und alles andere ist eh nur show. Nein, auf wirklich demokratische Verhältnisse sollte auch bei uns keiner hoffen.
    Verachtung ist das was mir unter solchen Verhältnissen in den Sinn kommt.
    Hier schreibe ich, ich kann nicht anders.

  2. Die Frage ob ich in die USA einreisen will stellt sich ohnehin nicht.
    Auch wenn dies sicher ein sehr schönes Land ist. Aber ich will mit dieser Paranoiden, Mensch- und Umweltverachtenden Nation die sich weltweit wie der Elefant im Porzellanladen benimmt nichts zu tun haben. Mir reichen schon die vielen Kleingeister bei uns, die auch noch hauptsächlich in unseren Parlamenten und Lobbyverbänden sitzen.
    Zum Thema Demokratie – ich habe Verständniß wenn ein Land irgendjemand nicht einreisen läßt, aber gerade die Amerikaner sollten einmal lernen die Selbstbestimmung ander Länder sowie deren ethischen und moralischen Vorstellungen zu Achten. Solange dies nicht der Fall ist brauchen Sie sich nicht zu wundern wenn Sie bei vielen Menschen ein Ansehen und eine Wertschätzung haben wie Fußpilz!

  3. Der Punkt ist, dass wenn es ihr um das Visum gegangen wäre, dann hätte sie einfach den Botschafter oder im AA angerufen, damit die das lösen, und nicht eine solche antiamerikanische Kampagne gefahren.

    • Der Punkt ist, dass solche Anrufe, Mails und Briefe erfolgt sind – und wir auf Antwort warten.

  4. Dann soll sie der Botschaft ganz offiziell erlauben diesen, ihr angeblich mitgeteilten Grund, zu veröffentlichen. Dann wissen wir ja was da dran ist oder ob nicht.

  5. Auch wenn ich nicht bezweifle, dass es für Immigrationsbehörden oft zu einfach ist Gesellschaftsgegner mit fadenscheinigen Ausreden abzulehnen, passen hier dagegen ganz andere Sachen nicht zusammen.

    Erstens wurde die Ablehnung von der Botschaft begründet: „Eine Visaablehnung gemäß Paragraph 214(b) bedeutet, dass Sie nicht nachweisen konnten, dass Ihre beabsichtigten Aktivitäten in den USA mit der von Ihnen beantragten Visa-Klassifikation übereinstimmen.“ Das mag schon recht schwammig klingen. Ohne zu wissen welches Visum beantragt wurde und mit welchen Unterlagen der Antrag und die in dem Antrag genannten Daten begründet und dokumentiert wurden, kann ein Außenstehender auch nicht gleich zustimmen, dass die Entscheidung falsch sein sollte.

    In dem ersten Artikel regt sich Fr. Strasser darüber auf, dass ihr die Einreise über ESTA verweigert wurde. Statt dessen beantragt sie ein Einreisevisum (es wird auch hier nicht erwähnt welches Visum beantragt wurde) und gibt an, zu einer Dienstreise einreisen zu wollen. Wenn die Angaben in den zwei Anträgen (ESTA- und Visumantrag) von einander abweichen, wäre das ja Grund genug für die US-Behörden den Visumantrag abzulehnen.

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