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Gutachten zu Fracking: Angst vor der eigenen Courage?

Es wurde schon lange erwartet: In der vergangenen Woche hat das Umweltbundesamt (UBA), die höchste deutsche Umweltbehörde, sein Gutachten zum Thema Fracking veröffentlicht. Ergebnis: Fracking ist und bleibt eine “Risiko-Technologie”. Damit bestätigt das UBA erneut die vielen Befürchtungen, die mit der umstrittenen Gasfördertechnik einhergehen.

Es wurde schon lange erwartet: In der vergangenen Woche hat das Umweltbundesamt (UBA), die höchste deutsche Umweltbehörde, sein Gutachten zum Thema Fracking veröffentlicht. Und auch die Ergebnisse der Studie sind wie erwartet: Fracking ist und bleibt eine “Risiko-Technologie”. Damit bestätigt das UBA erneut die vielen Befürchtungen, die mit der umstrittenen Gasfördertechnik einhergehen. Fracking gefährde demnach Grundwasser, könne möglicherweise Erdbeben auslösen und schädige das Klima. „Solange sich wesentliche Risiken dieser Technologie noch nicht sicher vorhersagen und damit beherrschen lassen, sollte es in Deutschland kein Fracking zur Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas geben“, so das Fazit von Behördenleiterin Maria Krautzberger. Das Gutachten lenkt somit einen mächtigen Schwall Wasser auf die Mühlen unsere Kampagne. Es unterstreicht unsere Forderung nach einem Fracking-Verbot – und setzt damit ein klares Ausrufezeichen in die gegenwärtige Debatte.

Trotz klarer Analyse: Umgang mit dem giftigen Flowback ist ungeklärt

Seltsamerweise fällt es in seinen Schlussfolgerungen jedoch hinter die eigenen Ergebnisse zurück. Denn im Wesentlichen laufen die Forderungen zielgenau auf die Eckpunkte der Bundesminister Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks hinaus. So forderte die UBA-Chefin, “dass die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vorgelegten Eckpunkte jetzt schnell in ein Gesetz münden müssten.”

Doch schon bei der Veröffentlichung dieser Eckpunkte hatten wir kritisiert, dass Gabriel und Hendricks nur bestimmte Formen des Fracking verbieten wollenwie übrigens die Bundesländer auch. Das Fracking in Sandstein soll weiterhin erlaubt sein – das bezweifelt auch explizit UBA-Chefin Krautzberger nicht. Das Gutachten ihres Hauses liefert allerdings gute Gründe, warum auch diese Form des Fracking problematisch ist. So heißt es in einer Pressemitteilung des UBA zum Gutachten:

Die Aufbereitung des so genannten Flowback (Rückflusswasser) ist laut UBA-Gutachten bislang ungelöst. Unter Flowback versteht man die Spülungsflüssigkeit, die während des Bohrens und Frackens und kurz danach wieder oberirdisch austritt. Dieser Flowback enthält neben den zum Fracken verwendeten und eingebrachten Chemikalien weitere, zum Teil giftige Substanzen aus dem Untergrund, etwa Schwermetalle, aromatische Kohlenwasserstoffe oder örtlich sogar radioaktive Substanzen. […] Ein tragfähiges Entsorgungskonzept hat bislang kein Unternehmen vorlegen können.

Mit anderen Worten: Der Umgang mit dem Wasser, das aus der Erde nach oben kommt, ist ungeklärt. Und dieses Flowback wäre selbst beim Fracking mit klarem Wasser ein Problem, weil aus dem Boden Gifte ausgespült werden. Damit betrifft das Problem jede Form des Fracking. Und so schreibt auch die taz:

Doch trotz der klaren Analyse verzichtet Deutschlands oberste Umweltbehörde darauf, die logische Konsequenz zu fordern: ein völliges Verbot von Fracking. Stattdessen stellt sich das UBA im Wesentlichen hinter die Regierungslinie, die starke Einschränkungen für Fracking vorsieht, aber auf Druck der Erdgasindustrie Probebohrungen und die Nutzung von tiefliegenden Gasfeldern ermöglichen will. Der Mut zum klareren Widerspruch fehlte offenbar.

Doch hilfreich ist das Gutachten allemal. Es dokumentiert die Risiken der Gasförderung unter Hochdruck amtlich. Es bietet 600 Seiten Gemeinwohl-Argumente gegen die Interessen der Energiekonzerne. Und es wird in der Auseinandersetzung um das Fracking, die diesen Herbst ansteht, den Ton angeben. Denn spätestens jetzt kann niemand mehr sagen, er oder sie habe von nichts gewusst.

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Autor*innen

Dr. Chris Methmann ist Geschäftsführer von foodwatch Deutschland. Vorher hat er bei Campact Kampagnen geleitet. Als langjähriger Aktivist und Campaigner in der Klimabewegung streitet er für ein Ernährungssystem, das die Grenzen unseres Planeten endlich respektiert – und setzt sich dafür ein, dass nur ehrliches, gesundes und zukunftsfähiges Essen auf unseren Tellern landet. Alle Beiträge

12 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. @Birgit Sailer. Ich hasse meinen Ur-Ur- Grossvater, dafür, dass er die Erfindung des Automobils nicht verhindert hat. Ich hasse meine Vorfahren dafür, dass sie den Verbrennnungsmotor erfunden haben. Ich hasse meine Vorfahren dafür, dass unsere Lebenserwartung immer mehr zunimmt. Schön waren die Zeiten als man mit 30 Jahren ins Gras beissen musste. Wenigstens hat man seinen Alterskrebs oder Alzheimer nicht mehr erlebt.

  2. Nicht verpassen: Heute Abend auf „ARTE“: 20.15 „GASLAND“ (Der Film), Film-Doku-Langversion, 103min.
    (Wird spannend zu sehen und/oder zu hören sein, ob die Film-Doku überarbeitet wurde..?)
    Bei meiner aufgezeichneten Version vom letzten Jahr (102min.) waren einige Ton-Knackser und kurze Bildaussetzer hör- und sichtbar. (d.h., mögliche Z.e.n.s.u.r nicht ausgeschlossen), jedenfalls sagt mir das mein gesunder Menschenverstand und der hat mich bisher noch nie im Stich gelassen.
    Aber macht euch Eure Meinung selbst.

    • Ein guter Film, der auf mich schon in der ersten Hälfte ausgesprochen erschreckend wirkte,
      so dass ich umschaltete …
      Die ganzen Auswirkungen von Fracking auf Mensch und Tiere, welche diese Dreckbrühe trinken sollen. Und das Fleisch der betroffenen Tiere (auf Farmen in der Nähe von Fracking-Bohrstellen) – ist das überhaupt noch genießbar,
      geschweige denn essbar?
      Und dann kommen bei TTIP, CETA – wenn diese Freihandelsabkommenkommen zustandekommen sollten – nicht nur u.a. Chlorhühner, sondern vielleicht auch noch dieses Fleisch der von Frackingwasser betroffenen Tiere, die womöglich hierdurch erkrankt sind, auf die europäischen Märkte?!
      Werden denn Lebensmittel aus den USA gekennzeichnet, so dass man sofort auf dem ersten Blick erkennen kann, dass sie eben von dort kommen?
      Ich werde wohl einen Riesenbogen machen – um solche Produkte aus den USA …
      Alles Essbare von dort drüben – möchte ich in Zukunft am liebsten meiden und somit BOYKOTTIEREN!
      Vorausgesetzt allerdings – es gibt eine Kennzeichnungspflicht, so dass man an den Produkten EINDEUTIG erkennen kann, WOHER sie stammen …
      Doch so weit braucht es nicht zu kommen – was TTIP, CETA (und auch TISA) anbelangt,
      WENN sich möglichst viele EU-Bürger an der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIP beteiligen!

      An alle Blogger:
      Und wenn hier in Deutschland noch irgendwelche Petitionen oder Unterschriftensammlungen oder sonstige Aktionen GEGEN Fracking laufen, dann unterstützen Sie sie bitte!
      Es ist sehr, sehr wichtig …

      Ob die politisch und auch wirtschaftlich Verantwortlichen – wie u.a. Herr Gabriel und Frau Hendricks – DIESEN gestrigen Film auf ARTE gesehen haben?
      In der entsprechenden Mediathek ist er wohl noch zu finden …

      Ich HOFFE es wirklich,
      dass möglichst viele Zuschauer –
      auch unsere Politiker und die maßgeblichen Leute bei den betreffenden Wirtschaftskonzernen – ihn gesehen haben!

      Völlig UNVERANTWORTLICH,
      Fracking hier in Deutschland und auch woanders in Europa, wo man Schiefergas vermutet, zuzulassen!

      Es wäre m.E. ein Verbrechen an der Natur (Mensch, Tier und Pflanzen) und Umwelt insgesamt,
      wenn Fracking NICHT GÄNZLICH VERBOTEN werden würde!

      Ich darf zum Schluss noch kurz darauf hinweisen, dass die amtierenden Politiker einen Amtseid
      geleistet haben …
      Es heißt u.a.:
      „… Schaden von ihm [= vom deutschen Volk] wenden …“ (siehe Art. 56 Satz 1 GG).

      Allerdings schädigt Fracking mit seinen negativen Folgen die u.a. Gesundheit, wie aus dem Film klar zu ersehen war.

      Daher –
      am besten gleich die Finger von dieser Methode, Schiefergas zu fördern, lassen!

      Liebes Campact-Team,
      mit meinem obigen Kommentar wollte ich im Grunde nur die Menschen aufrütteln – mehr nicht.
      Ich hoffe, Sie lassen diesen Beitrag von mir hier im Blog zu, danke!

  3. vielleicht sollte man langsam schon mal damit anfangen nullwert messungen in den betroffenen gebieten zu machen, nur sicherheitshalber, dann können die firmen nämlich nicht hinterher einfach sagen : ‚das war schon so.‘, wenn irgend ein mist passiert

    auch wäre es noch irgendwie gut ein paar geologen an der hand zu haben, die der industrie unabhängig gegenüberstehen, bereit sind _in der öffentlichkeit_ mal was dazu zu sagen und sich im zweifelsfall auch mal mit der industrie anzulegen.

    ich vermisse das total in deutschland, sobald die diskussion auch nur etwas „technischer“ wird, werden die leute von den medien wie dumme kinder behandelt, die nicht in der lage sind technische zusammenhänge zu begreifen. so wird man keine „mündigen bürger“, wie man so schön sagt, bekommen, sonder nur leute die einfach nur noch angenervt sind permanent angelogen zu werden und irgendwann garnichts mehr glauben und irgendwelchen absurden verschwörungstheorien nach hängen.

    • ach und die nullwert messungen kosten auch was – das sollte mal zur abwechlung NICHT der steuerzahler bezahlen sondern – ihr wisst schon wer …

    • Das ist in der Tat eine der guten Forderungen aus dem UBA-Gutachten, dass solche Vorher-Nachher-Messungen durchgeführt werden. Nur so kann nachvollzogen werden, welche Auswirkungen Fracking tatsächlich hat.

  4. Fracking Technisch und Ökologisch nicht ausgereift.
    Zudem sind fragen der Sicherheit und der ökologischen Verarbeitung noch nicht einmal im Ansatz geklärt.
    Wir können nicht den „Dreck“ wieder in die Erde pumpen und so tun als ginge uns das nichts mehr an.
    Zudem sind Geologische Auswirkungen völlig unabsehbar.
    Aber solange es den Konzernen Geld bringt wird die Politik ja und amen sagen…..
    Unsere Kinder werden einmal fragen ob ihre Ahnen nur Dumm waren…

  5. Verblendete/korrupte Politiker glauben noch immer, man könne Wirtschaftswachstum durch Plünderung und Zerstörung des Planeten Erde ungehemmt fortsetzen, und ignorieren einfach, dass die gewaltigen Ressourcenplünderungen und Umweltschädigungen die Erde an den Rand des Kollaps gebracht haben. Diese Wirtschaftspolitik ist organisiertes Verbrechen an Mensch und Natur. Die Zerstörung des Wassers (unser wichtigstes Lebensmittel) soll nun im Auftrag der deutschen Regierung durch Fracking eine neue Dimension erfahren. Mit Gutachten sollen diese politischen Verbrechen kaschiert werden. Wenn man zur Beurteilung dieser Wasser- und Bodenverschmutzung Experten braucht, benötigt man auch welche um festzustellen, dass man sich auf der heißen Herdplatte verbrennen kann und dass das Wasser nass ist.

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