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Neuer EU-Innenkommissar: Droht mit ihm die Rückkehr der Vorratsdatenspeicherung?

Wir waren zusammen mit digitalcourage e.V. und dem Digitale Gesellschaft e.V. heute in Brüssel und übergaben mehr als 100.000 Unterschriften unter den gemeinsamen Appell gegen Vorratsdatenspeicherung an Mitglieder des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres.

Das neue Team der EU-Kommission stellt sich in dieser Woche den Fragen der Ausschüsse. Bürgerrechtler haben ein besonderes Auge auf die Wahl des neuen Innenkommissars. Denn in seinen Arbeitsbereich fallen zahlreiche Überwachungsprojekte. Dazu gehört auch die erst kürzlich vom Europäischen Gerichtshof gekippte Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Diese Richtlinie sollte die Mitgliedsstaaten dazu zwingen, die Verbindungsdaten ihrer Bürger flächendeckend und anlasslos für mindestens sechs Monate pauschal zu speichern. Wir waren zusammen mit digitalcourage e.V. und dem Digitale Gesellschaft e.V. heute in Brüssel und übergaben mehr als 100.000 Unterschriften unter den gemeinsamen Appell gegen Vorratsdatenspeicherung an Mitglieder des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. Für die SPD nahm Sylvia-Yvonne Kaufmann die Unterschriften im Empfang, für die Grünen der Stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Jan-Philipp Albrecht. Stellvertretend für die Linke nahm der Assistent von Cornelia Ernst die Unterschriften in Empfang.

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Der Kandidat für das Amt des Innenkommissars der EU ist Dimitris Avramopoulos, ehemaliger Verteidigungs- und Außenminister von Griechenland. Es gilt als sicher, dass er bestätigt wird. Er ist bisher vor allem durch die Befürwortung von mehr Überwachung an den Außengrenzen aufgefallen. Bevor es amtlich wird und die Kommission ihre Arbeit antritt, können Abgeordnete in den Ausschüssen noch einmal Fragen stellen. Direkt vor der entscheidenden Befragung des möglichen neuen Innenkommissars baten wir die Abgeordneten darum, der Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene eine klare Absage zu erteilen. Wir riefen sie außerdem dazu auf, Fragen zur Vorratsdatenspeicherung zu stellen, um direkt vor Beginn der Amtszeit klar zu machen: Ein Jahr nach Snowden ist uns die Rundum-Überwachung alles andere als egal!

Für den möglichen neuen Innenkommissar haben wir uns ein ganz besonderes Antritts-Geschenk überlegt. Eine wichtige Passage aus dem Urteil zur Abschaffung der Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie in einem goldenen Rahmen. Es soll dem möglichen neuen Innenkommissar eine Mahnung sein, keine neuen Überwachungspläne zu starten.

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Den nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshof zum Ende der Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie gestarteten Appell haben bis heute mehr als 100.000 Menschen mitgezeichnet. Da Union und SPD sich im Koalitionsvertrag lediglich auf die „Umsetzung“ der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung geeinigt haben, zog der Justizminister Mass (SPD) nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs die Notbremse: Ohne EU-Richtlinie auch keine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland. Experten bezweifeln außerdem inzwischen, dass es rechtlich überhaupt möglich wäre, nach dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung eine neue Richtlinie zu verabschieden. Andererseits dauern Klagen bis zum obersten Gericht in Europa auch gerne mehr als eine Amtszeit eines EU-Innenkommissars, falls es die EU-Kommission darauf ankommen lassen will. Grund genug, bei der Vorratsdatenspeicherung am Ball zu bleiben, bis die EU-Kommission diese Überwachungspläne endlich begräbt.

Update:

Unser Antrittsgeschenk wurde erfolgreich an den EU-Kommissar übergeben. In der Anhörung äußerte sich der Kandidat jedoch ausweichend und schwammig bei den Fragen zur Vorratsdatenspeicherung. Es wurde klar: Auch in der EU-Kommission ist man noch nicht sicher, ob es rechtlich überhaupt machbar ist erneut eine Vorratsdatenspeicherung zu machen. Jedoch drängt sich der Verdacht auf, dass die Möglichkeiten bereits emsig geprüft werden. Eine klare Absage gab es bei dieser Anhörung jedenfalls nicht.

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Autor*innen

Katharina Nocun ist studierte Ökonomin und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der technologischen Revolution auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie engagiert sich in der digitalen Bürgerrechtsbewegung für eine lebenswerte vernetzte Welt. Sie war 2013 Politische Geschäftsführerin und Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland und arbeitete als Referentin und Campaignerin u.a. für den Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Campact e.V. und Wikimedia Deutschland e.V.. Katharina Nocun ist Botschafterin für die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und Mitglied im Beirat des Whistleblower-Netzwerks und bloggt regelmäßig unter www.kattascha.de. Folge Katharina auf Twitter: @kattascha Alle Beiträge

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