Datenschutz Digitalisierung Europa Agrar Umwelt WeAct Demokratie Klimakrise Menschenrechte AfD

Internetfreiheit: Regierungschefs wollen das EU-Parlament übergehen

Jedes Datenpaket ist gleich - so oder so ähnlich sah es noch im Frühjahr eine Mehrheit im EU-Parlament. Doch der EU-Rat will den Beschluss des EU-Parlaments aushöhlen. Auch bei der neuen EU-Kommission ist nicht mit Rückendeckung für die Parlamentarier zu rechnen. Wir müssen auf der Hut sein: Es geht um nicht weniger, als um die Zukunft des Internets wie wir es kennen.

Jedes Datenpaket ist gleich – so oder so ähnlich sah es noch im Frühjahr eine Mehrheit im EU-Parlament. Doch der EU-Rat will nun den Beschluss des EU-Parlaments aushöhlen. Auch bei der neuen EU-Kommission ist nicht mit Rückendeckung für die Parlamentarier zu rechnen. Wir müssen auf der Hut sein: Es geht um nichts weniger, als um die Zukunft des Internets wie wir es kennen. Denn die Verordnung über die hier gestritten wird, betrifft uns alle.

Teilen
E-Mail senden

Teilen
E-Mail senden
Es war einmal… Das EU-Parlament stimmte für Netzneutralität

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit plante die EU-Kommission im Frühjahr einen Anschlag auf die Meinungsfreiheit: Sie wollte, dass Konzerne künftig eine bevorzugte Behandlung ihrer Fotos, Videos und Texte in Datenleitungen kaufen können. Wären die Pläne im EU-Parlament damals durchgekommen, hätten Großkonzerne sich die Hände gerieben.

Denn Wikipedia, unabhängige Medien und kleine Firmen können sich keine Internet-Maut leisten. Medienkonzerne hingegen schon. Nur ihre Inhalte würden dann noch verlässlich viele Menschen erreichen – und die anderer Anbieter, politischer Initiativen und Start-Ups verdrängen. Dieses Video erklärt warum Netzneutralität wichtig für jeden ist:

Teilen
E-Mail senden
Externer Inhalt von YouTube: Mit einem Klick kannst Du Dir das Video ansehen. Lies mehr in unserer Datenschutzerklärung.
Teilen
E-Mail senden

Doch die EU-Kommission hatte die Rechnung ohne das EU-Parlament gemacht. Viele Abgeordnete waren noch unschlüssig – und direkt vor der Europawahl wollte es sich niemand mit den Wähler/innen verscherzen. Zusammen mit unseren Partnern der Verbraucherzentrale Bundesverband, der Digitalen Gesellschaft, Digitalcourage und European Digital Rights haben wir im April eine Kampagne für Netzneutralität gestartet.

Innerhalb weniger Tage hob unser Appell geradezu ab! Mehr als 175.000 Menschen unterzeichneten gegen eine Vorfahrts-Regelung für Konzerne im Netz. Wir übergaben die Unterschriften in Brüssel. Bis zuletzt fieberten wir bei der Abstimmung im EU-Parlament mit, als es um die entscheidenden Anträge ging. Dann die Erlösung: Wir haben das Schlimmste verhindert. Doch nun scheint der Kampf wieder von vorne zu beginnen. Denn nach dem EU-Parlament liegt die Verordnung nun bei den Regierungschefs im EU-Rat. Und die wollen lieber ein paar Schritte zurückgehen – und wichtige Abschnitte ganz weglassen. Nach der Abstimmung im EU-Parlament mussten nämlich EU-Rat, Kommission und Parlament verhandeln und sich auf einen Vorschlag einigen. 

Was plant der EU-Rat?

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte Einblick in einen ersten Entwurf des EU-Rats. Dort wird anscheinend daran gearbeitet, die strengen Vorgaben des EU-Parlaments wieder aufzuweichen. Die Definition von „Netzneutralität“ soll wohl ganz aus dem Entwurf geflogen sein – weil man sich nicht einigen konnte. Das wäre ein Rückschritt gegenüber dem, was das EU-Parlament im Frühjahr nach Protesten verabschiedet hat. Dort wurde die Netzneutralität noch ausdrücklich definiert als:

Grundsatz, dass der gesamte Internetverkehr gleich und ohne Diskriminierung, Einschränkung oder Störung unabhängig von Absender, Empfänger, Art, Inhalt, Gerät, Dienst oder Anwendung behandelt wird.“ 

So eine Definition in Verordnungen und Gesetzen ist wichtig, denn so kann am besten verhindert werden, dass Unternehmen versuchen die Vorgaben zu umgehen. Indem der EU-Rat diese Definition einfach streicht, nimmt er das Kernstück raus. Was sonst noch in dem Dokument steht, werden wir wohl erst in den nächsten Tagen erfahren. Dann gehen die Beratungen im EU-Rat weiter. Doch die Stoßrichtung scheint klar: Die Vorgaben aus dem EU-Parlament sollen aufgeweicht werden.

UPDATE:

Auf der Seite der italienischen Ratspräsidentschaft gibt es mittlerweile eine Distanzierung. Darin heißt es, das veröffentlichte Dokument, auf das sich die Medien beziehen, spiegele nur eine Einzelposition wider und nicht die Position der Ratspräsidentschaft. Doch was am Ende bei den Verhandlungen rauskommt, ist trotz dieser Versprechungen noch nicht abzusehen. Es bleibt abzuwarten, welche Länder sich hinter verschlossenen Türen durchsetzen. Durch die Veröffentlichung wurde zumindest deutlich: Die Gegner der Netzneutralität sitzen bei der Verhandlung mit am Tisch.

Bald setzen sich EU-Parlament, Kommission und EU-Rat im sogenannten „Trilog“ noch einmal zusammen. Das Ergebnis betrifft uns alle: Denn die Verordnung ist unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten gültig. Und dann sind in der neuen EU-Kommission auch noch ausgerechnet Gegner der Netzneutralität auf wichtigen Posten gelandet… Der Kampf für ein freies Internet ohne Vorfahrt für Konzerne ist damit noch nicht ausgestanden. Wir halten Euch auf dem Laufenden. Und wenn das auch für Eure Freunde gelten soll, dann teilt doch diesen Blogbeitrag mit ihnen per

Teilen
E-Mail senden
TEILEN

Autor*innen

Katharina Nocun ist studierte Ökonomin und beschäftigt sich mit den Auswirkungen der technologischen Revolution auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie engagiert sich in der digitalen Bürgerrechtsbewegung für eine lebenswerte vernetzte Welt. Sie war 2013 Politische Geschäftsführerin und Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland und arbeitete als Referentin und Campaignerin u.a. für den Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Campact e.V. und Wikimedia Deutschland e.V.. Katharina Nocun ist Botschafterin für die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und Mitglied im Beirat des Whistleblower-Netzwerks und bloggt regelmäßig unter www.kattascha.de. Folge Katharina auf Twitter: @kattascha Alle Beiträge

18 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Diese Banditen, die sogar Beschlüsse der EU übergehen wollen , sollten sofort eingesperrt werden, weil diese nicht zum Vorteil der Bevölkerung sondern nur zu ihrem finanziellen Vorteil handeln

  2. Hey, ich find es echt schade, dass die Politiker immer mehr den Anschein machen, als würde ihnen die Bevölkerung am Arsch vorbeigehen und sie würden alles nur auf kurze Dauer (in ihren Augen) besser machen, bis sie nicht mehr dabei sind und ne fette Rente bekommen die wir in einem Leben nicht verdienen.

    Ihnen kann es ja dann egal sein, sie bekommen ihr Geld und sitzen irgendwo bei 40° am Strand.

    Keiner von denen denkt weiter als bis zur nächsten Pause. Eine Schweinerei ist das. Vor allem nehmen sie einfach ALLEM im Internet den Wind aus den Segeln. Kleinunternehmen, StartUps, Hausaufgabenhelfer Wikipedia… Sie killen das Internet…

    Danke, dass ihr denen so im Nacken sitzt und euer bestes versucht. Fügt hier einfach das Facebook-Like-Symbol ein ^^

  3. Ihr solltet eigentlich eine Partei gründen, dann hätte man eine echte Alternative und wieder einen Grund zur Wahl zu gehen.

  4. Hallo Campact! Vielen Dank für euren Einsatz und eure Wachsamkeit. Man kann heutzutage garnicht mehr gut genug selbst aufpassen und schon wird man besch… Macht weiter so. (-;

  5. Ich bin echt froh das es euch gibt,damit die wenigen Aufrechten in unserem Land auch Unterstützung erfahren, weiter so Campact !

  6. Hi Campact!

    VIELEN VIELEN VIELEN Dank für euren Einsatz! Danke, dass ihr den „kleinen“ eine Stimme gebt und Politik und Konzernen die Stirn bietet! Gerade bei so wichtigen Themen wie Netzneutralität, Klimaschutz oder TTIP.

    Es ist sehr schade, dass dieser Einsatz von euch und anderen Organisationen so notwendig ist wie nie zuvor. Die Stimme des Volkes wird von der Politik schon lange nicht mehr gehört, nur noch die verlockenden Stimmen von Macht und Geld (mein Eindruck). Wir sind nur noch Wahlvieh um den Anschein von Demokratie zu wahren.

    Wie die Gier von Großkonzernen das friedliche Zusammenleben der Menschheit auf’s Spiel setzt ist erschreckend. Es zählt offenbar nur der Profit, koste es was es wolle! Neue „soziale“ Marktwirtschaft eben.

    Macht weiter! Eure Arbeit ist wichtiger den je!!!

  7. Oh oh das ist der erste Schritt zur Internet Zensur wie es die Chinesen mit ihrem „the great shield of china“ schon vorgemacht haben..

    Sehr gefährlich in unserem informations Zeitalter deshalb danke an euch für euren Einsatz 🙂

Auch interessant

Datenschutz, Digitalisierung, Europa EU-Überwachungspläne und Rechtspopulismus – Was kann da schon schief gehen? Datenschutz, Service 5 Tipps, wie Du Deine Daten im Internet schützen kannst Datenschutz, Digitalisierung Vorratsdatenspeicherung: Endlich über echten Kinderschutz sprechen Datenschutz, Schufa Das weiß die Schufa über Dich Datenschutz, Digitalisierung, Klimakrise Digitaler Frühjahrsputz für Klima- und Datenschutz Datenschutz Vorratsdatenspeicherung stoppen? Jetzt oder nie! Datenschutz, Schufa Erfolg: Schufa-Ausverkauf gestoppt Datenschutz, Podcast Handys raus, Chatkontrolle! – Theory of Change 19 Datenschutz Chat-Überwachung: Der Staat in Deinem Handy Datenschutz, Schufa Schufa zu verkaufen 🏷️
Campact ist eine Kampagnen-Organisation, mit der über 3 Millionen Menschen entschlossen für progressive Politik eintreten und unsere Demokratie verteidigen. Wenn wichtige politische Entscheidungen anstehen, starten wir Kampagnen - digital und auf der Straße. Wir schmieden breite Bündnisse und mobilisieren eine starke Bewegung für die gemeinsame Sache. NewsletterHilfe und FAQKontaktDatenschutzImpressumCookie Einstellungen