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CETA hat keine Freunde

Das EU-Kanada-Abkommen CETA war jüngst Thema im Wirtschaftsausschuss des Bundestages. Maritta Strasser und Anne Beny von Campact waren dabei und konnten feststellen: Die Bedenken am Konzern-Deal überwiegen. Ein Protokoll der fehlenden Argumente - mit herrlich einsilbiger Antwort eines Industrie-Verbandes.

Das EU-Kanada-Abkommen CETA war jüngst Thema im Wirtschaftsausschuss des Bundestages. Maritta Strasser und Anne Beny von Campact waren dabei und konnten feststellen: Die Bedenken am Konzern-Deal überwiegen. Ein Protokoll der fehlenden Argumente – mit herrlich einsilbiger Antwort eines Industrie-Verbandes.

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Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hatte zur CETA-Anhörung geladen. Entsprechend den Kräfteverhältnissen im Parlament durften die Fraktionen Sachverständige benennen. In diesem Parlament mit einer Mini-Opposition müsste also der Saal voll gewesen sein mit leidenschaftlichen Fans des Handels- und Investitionsabkommens mit Kanada. Müsste. Aber weit gefehlt. Fast einhellig wurde an CETA herumgemäkelt. Nur wenige Experten lobten mit dürftigen Worten das ungeliebte Kind.

Auf Vorschlag der Grünen war Maritta Strasser von Campact ebenfalls als Sachverständige geladen. Eine Premiere und keine einfache Aufgabe: Als Einzelne für die Hunderttausenden zu sprechen, die dieses Abkommen ablehnen. Das prognostizierte zusätzliche Wachstum durch CETA ist „0,19 Prozent kumuliert nach zehn Jahren – ein anderes Wort für nichts,“ sagte sie, aber die Risiken seien „sehr real“. Deshalb wachse in ganz Europa der Widerstand, und nicht bloß in Deutschland wie die Bundesregierung behaupte.

Obwohl Eine neue Studie vor dem Verlust von 600.000 Arbeitsplätzen in Europa durch das Abkommen TTIP warnt, gab Rupert Schlegelmilch – Experte der EU-Kommission – den Optimisten. CETA sei gut für die wirtschaftliche Entwicklung in Europa sagte er, ohne zu erläutern warum.

Investitionsschutz am heißesten umstritten

Pia Eberhardt von Corporate Europe Observatory (CEO) nahm die Sonderjustiz für Konzerne in CETA in die Kritik. Der Vertrag sieht für ausländische Konzerne ein exklusives Recht vor, ihre Gaststaaten zu verklagen. Und zwar nicht vor unabhängigen Gerichten, sondern vor Schiedsgremien, deren Parteilichkeit fester Bestandteil des Systems ist: durch finanzielle Anreize und fehlende Regeln über Interessenskonflikte, sei eine Tendenz zur Begünstigung der Konzerne unvermeidlich.

„Die Investor-Staat-Klagerechte im CETA bergen unkalkulierbare Risiken für öffentliche Haushalte und den politischen Gestaltungsspielraum. […] Sie würden einen enormen Machttransfer auf private Schiedsgerichte begründen,“ warnt sie. „Warum sollten die deutsche Bundesregierung und der deutsche Bundestag einem derart massiven Machttransfer zugunsten privater Schiedsgerichte im CETA zustimmen?“ Ihre Frage blieb leider ohne Antwort.

Dr. Nils Meyer-Ohlendorf vom Ecologic Institute nahm die vermeintlichen Reformen des Investorenklagen-Systems in CETA auseinander und sagte, man habe lediglich „unbestimmte Rechtsbegriffe durch neue unbestimmte Rechtsbegriffe ersetzt.“

Sogar auf der Seite der CETA-Befürworter, waren wenig Begeisterung und kaum stichhaltige Argumente für die geplanten Investorenschutzregelungen ausmachen.

Prof. Dr. Ursula Kriebaum von der Universität Wien sieht keinen Vorteil für die Vertragsparteien Europa und Kanada, sondern preist CETA als Vorbild für künftige Abkommen mit China.

Selbst Stephan Schill, Mitglied der Schlichterliste des International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID List of Conciliators), der in den Schiedsgerichten neutrale Foren zur Streitbeilegung sieht und aktuell wegen bestehender Interessenkonflikte, äußerte „Zweifel daran, ob Investitionsschutzkapitel in einem kanadisch-europäischen Abkommen notwendig sind. Deutschland braucht investitionsschutzrechtliche Vorschriften in CETA voraussichtlich nicht, um kanadische Investitionen anzuziehen oder das politische Risiko solcher Investitionen in Deutschland und damit deren Kosten zu reduzieren […].“

Sorgen und Bedenken überwiegen

Auf die Frage, ob ihm ein Fall bekannt sei, in dem ein deutsches Unternehmen jemals einen Nachteil davon gehabt hätte, dass es noch kein Abkommen auf dem Niveau von CETA gibt, konnte Prof. Dr. Rainhard Quick vom Verband der Chemischen Industrie e.V. in Brüssel (VCI) nur mit einem schlichten „Nein“ antworten.

Insgesamt zeigte die Anhörung, dass die Sorgen und Bedenken die angeblichen Gewinne und Vorteile CETAs bei weitem überwiegen und die Abkommen gestoppt werden müssen, wenn wir eine Bedrohung unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats verhindern wollen.

Europäischer Bürgerprotest gegen TTIP und CETA

Gleichzeitig ist ein öffentlicher Diskurs um die Handels- und Investitionsabkommen entbrannt. In Frankreich, Luxemburg, Österreich und den Niederlanden gibt es Beschlüsse der Parlamente oder Aussagen der Regierungen, die klar machen, dass sie ein Handelsabkommen mit den umstrittenen Regelungen zum Investorenschutz nicht wollen. Über 1 Millionen Menschen haben sich an der selbstorganisierten Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA beteiligt. Sieben Länder haben die die formal nötigen Quoren geschafft. Mit Spanien und den Niederlanden stehen die zwei nächsten Länder kurz davor diese Hürde zu nehmen.

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11 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Kommentar zur Antwort von Udo Thiem und Josef Marz:

    Genau diesen Verdacht habe auch ich seit geraumer Zeit. Unsere Interessen sind schon lange nicht mehr gefragt. Sollten wir nicht mal überlegen, ob wir wirklich nur noch Kreuzchen malen wollen?
    Eine echte Demokratie fängt unten an!

    • Demokratie ist sehr viel mehr als Kreuzchen malen. Campact ist dazu den, möglichst vielen Bürgern die Möglichkeit zu bieten, sich mit begrenztem Aufwand und doch effektiv einzumischen

  2. Das Problem ist, das wir schon lange keine Demokratie sondern eine Lobby-Diktatur haben. Die Konzerne bestimmen wo es lang geht. Und die Parteien sind meist schon längst „gekauft“.

    • Das ist der richtige Ausdruck: Lobby-Diktatur. Ich bin erschüttert über die leeren Phrasen der Parteioberen. Was ist nur aus der SPD mit Gabriel geworden? Irgendwann wird das fiese Spiel mit den Deutschen im In- und Ausland ein böses Ende finden.

  3. Es ist belästigend und beunruhigend, dass solche internationale Konzerne nach noch mehr Macht, Privilegien und Kontrolle streben und dafür schrecken sie nicht davor ab, alle Mittel und Methoden einzusetzen.

  4. nur durch natürliche, freie Märkte können die Ärmsten noch besser
    leben als bei der unnatürlichen, sozialen MarktREGELUNG.
    Natürlich muß man das komische Schiedsgerichtssystem ausschließen.

  5. Wenn ich es richtig verstanden habe, müssen alle EU – Staaten den Abkommen TTIP und Ceta zustimmen. Das sollten wir doch hinbekommen das unter diesen Umständen zu verhindern. Wir haben den größeren Markt, der immer besser funktioniert. Wer mit uns zollfrei handeln will, muß unsere Gesetze beachten. Es genügen die neutrale Gerichtsbarkeit und keine Schiedsgerichte.

  6. Hallo nach Deutschland, ich bin begeisteter Leser eures Blogs und Vote natürlich fleißig mit. Was mich sehr verwundert ist, dass hier in Spanien die Freihandelsabkommen kaum ein Thema sind. Weder in den Medien, noch in den sozialen Netzwerken. Soweit es mir möglich war habe ich kurze Texte von euch übersetzt und auf FB gepostet. In vielen Gesprächen mit Freunden und Bekannten musste ich feststellen, dass keine Kenntnisse über die Freihandelsabkommen vorlagen. Von daher wundert es mich nicht, dass Spanien sein Ziel bei der Menge der Unterschriften gegen die Abkommen noch nicht erreicht hat. Es wäre erforderlich, dass die spanische Partnerorganisation von euch mehr tut, um die Informationen über die Handelsabkommen unter die Leute zu bringen.

    Beste Grüße aus Andalusien und schöne Feiertage

  7. Hallo Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    wiedermal zeigt sich, wenn wir zusammen halten können wir sehr viel bewegen. Gut das es die Nachdenkseiten und Campact gibt, die uns , rechtzeitig informieren und uns immer rechtzeitig wachrütteln.
    Unsere traurige Koalition sollte sich schnellstens auflösen, um noch ein Rest von Anstand zu zeigen.
    Weiter so, mit lieben Grüßen,
    Jürgen Goldschmidt

  8. Der öffentliche Diskurs ist gut

    Wenn um die Handels- und Investitionsabkommen in den wichtigsten EU-Staaten mit der Intensität und dem Inhalt bzw. Aussagen gestritten wird, wie dem Bericht aus dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages zu entnehmen ist, dann ist Land in Sicht.
    Aber es ist noch zu früh zum Jubel. Deshalb freue ich mich täglich über die wachsende Zahl der Unterschriften gegen TTIP etc., denn ich traue unserer Regierung nicht. Schon zu oft haben die Politiker gelogen oder einfach nichts getan, um Probleme zu vertuschen und auszusitzen. Denkt nur an die Finanztransaktionssteuer. Und auch bei TTIP, CETA und TISA weiß kein Mensch, was hinter den Kulissen abgeht.
    Und nochmals meine Bitte: Lasst euch nicht zu sehr mit Parteien ein. Auch nicht mit den Grünen, denn da ist schon lange nicht mehr drinnen was drauf steht und zu schnell werden durch Parteien gut gemeinte Initiativen und Bürgerbegehren zerredet und letztlich marginalisiert.

    Viele Grüße

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