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Nobelpreisträger warnt: Vorsicht vor dem Kleingedruckten in TTIP

Nobelpreisträger Paul Krugman warnt: Wenn TTIP-Fans offensichtlichen Unsinn zur Rechtfertigung der Abkommen verbreiten, verbirgt sich wahrscheinlich Böses im Kleingedruckten.


Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman liest den TTIP-Fans die Leviten: TTIP ist „suspicious nonsense“ – höchst suspekter Unsinn. Weil es keine vernünftigen Gründe für das Abkommen gibt, drängen sich unlautere Motive als Erklärung auf. Warum der Nobelpreisträger glaubt, dass sich böse Dinge im Kleingedruckten verstecken, verrät ein Blick in seine Kolumne.

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In seiner Kolumne für die New York Times schreibt Paul Krugman, er sei eigentlich ein Freund des Freihandels. Mehr noch, er hält viele Befürchtungen von Kritikern für übertrieben. Aber er sagt auch: „Meine Nackenhaare stellen sich auf und mein Misstrauen wächst, wenn ich den Befürwortern zuhöre.

Lobbyisten verbreiten absurde Behauptungen

Krugman verweist auf die Empfehlungen des Chefs des US-Unternehmensverbands Chamber of Commerce, Tom Donohue, für mehr Wachstum. Ganz oben auf der Liste der von dem Lobbyisten empfohlenen Maßnahmen, steht als allerhöchste Priorität der Abschluss der Abkommen TTIP und TPP (der transpazifischen Schwester). Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schreibt „Von einem solchen Abkommen sind signifikante Wohlstandsgewinne zu erwarten.“ Diese Behauptung, so Krugman, ist absurd und beunruhigend.

„Denken Sie darüber nach: Das Hauptproblem der Weltwirtschaft zur Zeit ist mangelnde Nachfrage und drohende Deflation. Hilft Handelsliberalisierung auf dieser Front weiter? Nicht im geringsten!“ Klar werde durch die Liberalisierung des Handels der Handel erleichtert, und damit würden die globalen Exporte steigen. „Aber die weltweiten Importe steigen haargenau im selben Umfang, und entsprechend sinkt auch die Nachfrage.“ Oder anders gesagt: Durch mehr Handel ändert sich die Struktur der weltweiten Ausgaben, jeder Staat kauft mehr Produkte aus dem Ausland und weniger aus dem eigenen Land. Aber die Handelsabkommen erhöhen die weltweiten Ausgaben insgesamt nicht. Sie sind ungeeignet als kurzfristig wirksames Konjunkturprogramm.

Es muss um etwas völlig anderes als Wachstum gehen

Auch für die Angebotsseite, für mehr Effizienz und Produktivität bringen die Handelsabkommen wenig. Zwar gehen Ökonomen davon aus, dass Liberalisierung grundsätzlich mehr Produktivität schafft, aber dieser Effekt ist nur dann bedeutend, wenn man von einem hohen Niveau des Protektionismus ausgeht. Wenn Zölle zum Beispiel von 40 Prozent auf 10 Prozent gesenkt werden, dann ist der Effekt in der Tat beachtlich. Aber die Zölle zwischen der EU und den USA sind bereits niedrig, im Durchschnitt 3 Prozent auf US-Seite und 5 Prozent an der EU-Außengrenze. Sie noch um ein Prozentchen zu senken gibt einen Effekt, der von statistischem Grundrauschen nicht zu unterscheiden ist.

Deshalb stellt sich für Nobelpreisträger Krugman die Frage, warum Lobbyisten wie Tom Donohue diesen Deal zu ihrer Top-Priorität machen. Die für ihn plausibelste Erklärung ist, es den von ihm vertretenen Konzernen um etwas völlig anderes geht als Wachstum: Nämlich um Dinge wie den Schutz von Patenten und ähnliche Regeln, mit denen sich noch länger Monopolrenditen generieren lassen.

Offensichtlich falsche Gründe pro TTIP

Krugman: „Es gibt Gründe für diese Abkommen zu sein und Gründe, dagegen zu sein. Aber meine Intuition sagt mir: Wenn die US Chamber of Commerce komplizierten Verträgen eine riesige Bedeutung beimisst, und dies mit einer offensichtlich falschen Begründung, dann sollten sie den starken Verdacht hegen, dass sich böse Dinge im Kleingedruckten verstecken.“

Wir sollten die Warnung eines Ökonomen, der seine Zunft kennt ernst nehmen!

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29 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ein sehr guter Artikel zum Thema. Ich stelle mir oft die Frage bzgl. der Absenkung der Zölle, ob das allen Unternehmen dienlich ist. Mit Zöllen kann der Staat auch heimische Branchen schützen. Ein Argument der Befürworter ist, das allein in der Automobilindustrie über 1 Mrd.€ durch die zölle eingespart werden können, auch von Seiten der USA, was passiert mit diesem vielen Geld und fehlt dies dann nicht in der Staatskasse?
    Die Großkonzerne sind doch diejenigen, die sich mit Steuervermeidung aus der Finanzierung des Gemeinwohls herausstehlen, obwohl sie durch Infrastruktur, Bildung usw. profitieren.

    • Sehr richtig beobachtet, genau so verhält es sich. Den Kosten durch Zöllen für die eine Seite stehen immer auch Einnahmen durch Zölle für die andere Seite gegenüber. Wenn diese Einnahmeverluste nicht durch Steuer-Mehreinnahmen kompensiert werden, weil die Unternehmen ihre Gewinne in Steueroasen verlagern, dann hat der Staatshaushalt auch dann ein schlechtes Geschäft gemacht, wenn die Rechung weniger Zölle = mehr Wachstum aufgeht. Aber dass diese Rechnung überhaupt stimmt ist ja wie gesagt ebenfalls zweifelhaft.

  2. Da verhandeln 28 nicht demokratisch gewählte Hansel mit einem 1%ter an der Spitze geheim an einem demokratisch gewählten Parlament vorbei. Was für eine Demokratie! Da brauch ich das Kleingedruckte nicht zu lesen. Schon Schröder hat euphorisch alle Hedgefonds empfangen um wunderbare Zeiten einzuläuten, und was Monsanto auf der Welt bereits angerichtet hat lässt sich im Netz präzise verfolgen. Mit diesem Abkommen sollen der Gier, und die Hegemonieansprüche einiger US-Oberkriminellen auf dem Europäischen Kontinent Tür und Tor geöffnet werden. NSA und Wirtschaftsspionage sind allem Anschein nach nicht ausreichend. Ethik und Moral sind für die Hintermänner dieses Vorhabens ein Fremdwort. Ich bin nach dem was ich in den vergangenen 10 Jahren über das Verhalten der USA gelesen und erfahren habe der Meinung, dass Columbus in der damaligen Zeit der dümmste Europäer war. Er war zu blöd Indien zu finden!

    • Das Land USA ist nicht schlecht, seine Menschen auch nicht. Aber die Regierung und die Konzerne sind übel. Bei uns sind sie allerdings auch nicht toll.

    • Hallo Frau Strasser, das Volk hatte ich dabei auch nicht im Auge denn ich habe die USA ja auch einmal 4 Wochen bereist. Die Administration ist seit 20 Jahren nicht mehr wie die von 1970.
      Zum Teil haben die ihre eigene Verfassung schon die Tonnen getreten.

  3. Wenn wir die Zukunt für unser Kinder bereiten möchten, was früher mal eine ehrbare Sache war und heut auch noch ist, dann dürfen wir niemals zulassen dass es dieses Abkommen gibt ! Auch die Güterfrage des Westens ist absolut zu hinterfragen! Industrienahrung, mehr nicht! Weltraumnahrung mittlerweile! Somit ist es unsere Pflicht, und noch mehr ! Pflichten wie GEZ & Co gehen wir nach , nicht gern aber wir machen es ! wieso bereiten wir nicht mehr die Zukunft, sondern lassen alles mit uns machen ? Habt Ihr Angst ? Wisst Ihr nicht was dann bald auf der Raubbauwelt los ist ? Ist Konsum das wichtigste für euch, habt Ihr keinen Lebenssinn ??? Wie könnt Ihr Übermäßig konsumieren mit Freude & Wohlgefühl, obwohl 2/3 der Welt durch –>unsere<– Westliche Welt leidet ? (wir bauen alle waffen , lassen die sogenannte dritte Welt erst zu , damit zeigt man euch, das es euch gut geht , deswegen wird da absichtlich nichts getan!!.).Wieso könnt Ihr dass ohne Scharm ?, Seid Ihr noch der geborene Mensch

  4. Ein toller Artikel! Bitte mehr davon.
    Euer Vortrag beim CCC hat mir auch sehr gut gefallen.

    Aber mal ernsthaft: drei riesige Balken für die sozialen Netzwerke?
    Das wirkt wie nervige Werbung und zerstört das Design der Seite.

    • Wir tun das um die Verbreitung dieses Artikels zu steigern. Wir testen solche Dinge. Es ist tatsächlich so, dass die Leserzahlen unserer Artikel durch solche Share-Buttons stark steigen.

  5. Alles Lüge: warum sollten wir mehr konsumieren?
    Lasst uns gern auf gemeinsame Normen für Autoscheinwerfer einigen, aber das könnten wir öffentlich verhandeln. Die Verhandlungen wurden ja geheim geführt und es sollte nichts an die Öffentlichkeit dringen – allein das zeigt schon, dass der Vertrag nicht gut für die Menschen ist. TTIP würde den Konzernen mehr Macht geben und die Parlamente einschränken. Konzerne sind sie die Einzigen, die dafür sind (außer ein paar gekauften Politikern).
    Beispiel Umwelt: selbst wenn alle heutigen Umweltbelange vertraglich garantiert würden, so könnten wir in Zukunft keine neuen Umweltstandards beschließen, ohne Milliarden-Klagen zu riskieren, die wir dann zu bezahlen hätten. Mehr Wohlstand für wen??
    Vergesst TTIP !!

  6. Wer soll von all dem profitieren?Sicher nicht unsere kleinen Frächter, Bauern und Betriebe,die nur auf die jeweilige Region abgestimmt sind,vielmehr die internationale Transportwirtschaft, die großindustrielle Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie, sowohl in Europa als auch in den USA.
    Grundsätzlich,welchen volkswirtschaftlichen Sinn macht es, alltägliche Lebensmittel und andere Güter über viele tausend Kilometer zu transportieren, die wir ohnehin selbst produzieren.? Sowohl die amerikanischen als auch die europäischen Märkte sind mit agrarischen Produkten etc. ausreichend versorgt,die auf dem jeweils eigenen Kontinent hergestellt werden.
    Auch umweltpolitisch betrachtet ist dieses TTIP abzulehnen. Ist es doch mit hohem energetischen Aufwand und damit klimaschädigenden Abgasen verbunden.

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