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Bürgerbewegung schafft das Unmögliche: Obama stellt sich gegen Öl-Lobby

Darauf hatten viele Tausende US-Bürger jahrelang hingearbeitet. Rancher und Ureinwohner, Großmütter und Enkel, Kirchenleute und Student/innen. Sie haben Unterschriften gesammelt, im ganzen Land demonstriert, sich an den Zaun des Weißen Hauses gekettet. Sie haben die Keystone XL Pipeline verhindert, die Öl aus kanadischen Teersänden quer durch die USA bis an den Golf von Mexico bringen sollte.

Darauf hatten viele Tausende US-Bürger jahrelang hingearbeitet. Rancher und Ureinwohner, Großmütter und Enkel, Kirchenleute und Student/innen. Sie haben Unterschriften gesammelt, im ganzen Land demonstriert, sich an den Zaun des Weißen Hauses gekettet. Sie haben die Keystone XL Pipeline verhindert, die Öl aus kanadischen Teersänden quer durch die USA bis an den Golf von Mexico bringen sollte. Wie es die Bürgerbewegung geschafft hat, dass sich Präsident Barack Obama gegen die Öl-Lobby stellt. 

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Protest gegen die Keystone XL Pipeline vor dem Weißen Haus, Washington, 2011. Autor: Josh Lopez (Wikimedia Commons).

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Unter dem massiven Druck von unzähligen US-Bürgern hat Barack Obama jetzt sein Veto gegen eine Gesetzesvorlage, die der Pipeline grünes Licht geben wollte, eingelegt. Beide Häuser des US-Kongresses hatten die Vorlage bereits durchgewunken. Mit dem Veto ist das Projekt noch nicht endgültig gestoppt, aber es ist erstmal auf die lange Bank geschoben. Nicht unwesentlich dabei: Die Bürgerbewegung erzielt damit einen wichtigen Sieg gegen die mächtigen Koch Brothers, zwei Ölbarone, die zusammen reicher sind als Bill Gates und die US-Politik durch ihr Geld massiv beeinflussen. 

Game Over für das Klima: Die Pipeline und ihre Folgen

Obwohl die Sorgen der Anrainer über die Gefährdung von Umwelt und Trinkwasser durch Lecks in der 1.900 Kilometer langen Pipeline eine wichtige Rolle spielten, ging es um weit mehr als „nur“ lokale Fragen. Denn die kanadischen Teersande sind eines der größten Vorkommen an fossilem Kohlenstoff weltweit. Und um das zähflüssige Schweröl vom Sand zu trennen, braucht es sehr viel Energie, es werden riesige Mengen an CO2 in die Atmosphäre geblasen.

Der NASA-Wissenschaftler Prof. James Hansen, schrieb in einem berühmten Aufsatz in der New York Times (2012): „Wenn Kanada voranschreitet [mit der Ausbeutung der Teersände] und wir tun nichts, dann heisst das ‚game over‘ für das Klima.“ Denn die kanadischen Teersände enthalten doppelt soviel fossilen Kohlenstoff wie das gesamte bisher weltweit verbrannte Öl.

Klimabewegung: bis hin zum zivilen Ungehorsam

Das Protestvideo der Nichtregierungsorganisation (NGO) 350.org gibt uns einen Eindruck, wie vielfältig der Widerstand gegen die Pipeline war:

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Der US-weite Protest gegen die Pipeline formierte sich im Jahr 2011 und gab der US-Klimabewegung neuen Aufwind. In Washington wurden damals beim zivilen Ungehorsam vor dem Weißen Haus 1.253 Personen verhaftet.

Entlang der vorgeschlagenen Route formierte sich der lokale Widerstand zum Schutz von Land und Wasser. Besonders stark und vielfältig war der Widerstand in Nebraska. Eine „Apfelkuchen-Brigade“ der Großmütter überreichte selbstgebackenen Apfelkuchen zusammen mit Protestbriefen an Politiker. Eine Solarscheune wurde auf der geplanten Route gebaut. Rancher und Ureinwohner schlossen ein Bündnis gegen die Pipeline.

Im ganzen Land rief die Klimabewegung 350.org zu Mahnwachen auf. Sie organisierte dezentrale Proteste und Demonstrationen in Washington. 800.000 riefen bei ihren Senatoren an, um sie zu einer Ablehnung eines Pro-Pipeline Gesetzes zu bewegen. Die Bewegung machte Keystone XL zu einem Top-Thema des US-Wahlkampfs und zwang Obama, zu handeln.

Protestbewegung: gegen die Quelle des fossilen Kohlenstoffs angehen

Während bis 2009 alle Anstrengungen sich darauf richteten, mit einem großen Emissionshandel den Ausstoß an Treibhausgasen in den Griff zu bekommen, wendete man sich nun der Quelle des fossilen Kohlenstoffs zu. Denn was an Öl, Gas und Kohle gefördert wird, landet über kurz oder lang schließlich in der Atmosphäre. Doch wie eine in der Zeitschrift nature veröffentlichte Studie zeigt, muss ein Großteil der bekannten fossilen Brennstoffe bleiben wo er ist: im Boden. Ein Drittel der Ölreserven, die Hälfte des Erdgases, und 80% der Kohle dürfen nicht gefördert werden, wenn unser Klima auch nur halbwegs erträglich bleiben soll. Es ist „unburnable carbon“, unverbrennbarer fossiler Kohlenstoff.

KeystoneXL ist nur eine von mehreren Pipelines, die den „unverbrennbaren Kohlenstoff“ der Teersände von der kanadischen Öl-Provinz Alberta auf die Weltmärkte bringen sollten. Eine weitere ist z.B. die Kinder Morgan Pipeline zur Pazifikküste – und auch sie trifft auf erbitterten Widerstand der Klimabewegung, bis hin zum zivilen Ungehorsam. Dass der Widerstand gegen die Pipelines wirkt, zeigt die jüngste Entscheidung von Shell, ein gigantisches Projekt zur Ausbeutung von Teersanden auf Eis zu legen. Bereits im vergangenen Jahr sind drei weitere solche Projekte gestoppt wurden, nicht zuletzt auch aufgrund des „materiellen Risikos“ für die Investitionen durch den massiven öffentlichen Widerstand, sowohl in Kanada als auch in den USA.

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Auch in deutschen Revieren liegen „Teersande“

Doch  „unverbrennbaren Kohlenstoff“ gibt es nicht nur in Kanada. Unsere Teersande liegen im Rheinischen Revier, in Mitteldeutschland und der Lausitz. Jede Menge unverbrennbarer Kohlenstoff in Form von Braunkohle. Deutschland verbrennt mehr Braunkohle als jedes andere Land der Welt, und es reicht noch für 293 Jahre. Verbrennung von Braunkohle ist eine völlig anachronistische Form der Stromerzeugung, die pro erzeugter Kilowattstunde Strom am meisten CO2 in die Atmosphäre bläst. Braunkohle, das ist ein Klimakiller.

Kohlekraft abschalten – jetzt!

Der Erfolg der US-Bewegung gegen Keystone XL sendet uns eine ermutigende Botschaft: Wenn Tausende sich der Klimazerstörung entgegenstellen, können sie auch die mächtigsten Konzerne besiegen. Höchste Zeit also, dass auch wir uns auf die Hinterbeine stellen und aus Braunkohleverstromung aussteigen. Am 25. April ziehen wir eine Linie durchs Rheinland: Mit einer Menschenkette zeigen wir – bis hierher und nicht weiter! Die Braunkohle muss im Boden bleiben!

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

8 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Und was ist mit den Arbeitsplätzen?
    Ihr müsst doch auch an die Menschen im Braunkohleabbau denken, die ihre Existenz verlieren!

    • Ja, wir denken auch an diese, und befürworten daher einen ökologischen Strukturwandel in den betroffenen Regionen. Dieser muss jetzt angepackt werden, solange noch Zeit ist. Wer hingegen den betroffenen Menschen vormacht, dass sie noch viele Jahrzehnte Braunkohle fördern werden können, schickt die Menschen in eine Sackgasse. Das ist das Gegenteil von verantwortlicher Politik.

  2. Ihr erzählt Unsinn. Obama hat das Projekt derzeit abgesagt weil die Produktion derzeit unrentabel ist. Der Ölpreis ist derzeit zu niedrig. In fünf Jahren wird es weitergeführt, wenn der Ölpreis wieder passt. Das hat Vorteile zum einen für Politiker, denn ein unliebsames Thema wird im kommenden Wahlkampf nicht mehr auftauchen. Und die Ölunternehmen haben eine Pause um alles neu durchzurechnen und Pläne zu optimieren.

    • Wie kommen Sie denn auf diese „Weisheit“? Obama ist nicht Chef einer Privatfirma, und das Projekt ist kein staatliches Projekt. Die Rentabilität des Projekts spielt für ihn keine Rolle. Wohl aber die massiven Proteste von unzähligen Bürgerinnen und Bürgern – nicht zuletzt auch während des Obama-Wahlkampfs. Klicken Sie mal durch die Zeitschiene des Protestes, unten auf http://350.org/campaigns/stop-keystone-xl/ . Sie zeigt, wie hartnäckig die Proteste über viele Jahre die Politik und speziell Obama unter Druck setzten.

    • Hallo Herr Richter,
      das fachliche Fazit Ihres Kommentars würde ich so ziehen: Weiter wachsam bleiben, denn interessierte Kreise werden das Thema wieder aktivieren.
      Ein Appell, der sich im konkreten Fall an die Freunde in Nordamerika richtet, und prinzipiell für so ziemlich jedes Thema gilt, das Gegenstand einer der Kamapagnen hier wurde oder wird.
      Eine Bitte habe ich aber: Nicht anderen einfach „Unsinn“ vorwerfen. Der Bericht von Campact hat sehr viel Sinn, ohne dass Ihr Beitrag überflüssig würde.
      Viele Grüße
      Thomas Teichmann

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