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Fracking-Lobby drängelt: Demokratie hält nur auf

Soll das Parlament das letzte Wort zum Thema Schiefergas-Fracking haben? Die Öl- und Gaslobby stört sich daran - und hätte gerne, dass eine nicht demokratisch legitimierte Expertenkommission das letzte Wort hat. Warum das eine Entmachtung des Bundestages wäre.

Soll das Parlament das letzte Wort zum Thema Schiefergas-Fracking haben? Die Öl- und Gaslobby stört sich daran – und hätte gerne, dass eine nicht demokratisch legitimierte Expertenkommission das letzte Wort hat. Warum das eine Entmachtung des Bundestages wäre.

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Fracking Grafik: Campact/Sascha Collet [CC BY-NC 2.0]

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Die Fracking-Lobby hält den deutschen Bundestag offensichtlich für ein Investitionshindernis. In einer Pressemitteilung sagt Martin Bachmann, Vorstandsmitglied des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung:

„Der Parlamentsvorbehalt ist nicht anderes als eine Investitionssperre.“

Aus „Industriesicht“ sei es nicht akzeptabel, wenn sich der Bundestag die Entscheidung über eine mögliche Schiefergasförderung vorbehalte. Die Fracking-Lobby fordert stattdessen, dass eine Expertenkommission nach Probebohrungen über kommerzielle Schiefergasbohrungen entscheiden soll. Genau das ist im Fracking-Gesetzentwurf der Bundesregierung auch vorgesehen – doch die SPD pocht auf einen Parlamentsvorbehalt.

Fragwürdiges Demokratieverständnis

Eine Expertenkommission soll bei einem der umstrittensten Umweltthemen der letzten Jahre entscheiden – und nicht die Abgeordneten. Das Kalkül aus Sicht der Fracking-Industrie ist klar: Wenn der Bundestag das letzte Wort beim Schiefergas-Fracking hat, besteht die „Gefahr“ dass er Bohrungen untersagt. Deutlich mehr Vertrauen hat die Fracking-Lobby in die demokratisch nicht legitimierten Experten. Diese ist die einzige Möglichkeit, Schiefergas-Fracking gegen eine Mehrheit in der Bevölkerung durchzudrücken.

Streit in der Koalition

Der Streit um Expertenkommission und Parlamentsvorbehalt ist zugleich auch zwischen Union und SPD stark umstritten. Die Union möchte die Tür für kommerzielles Schiefergas-Fracking offen halten. Sie befürwortet die geplante Kommission – wobei bis zu hundert Abgeordnete gegen den Kurs ihrer Fraktionsspitze rebellieren. Die SPD hingegen pocht auf einen Parlamentsvorbehaltsie hat kategorisch ausgeschlossen einer Expertenkommission mit Entscheidungsbefugnis zuzustimmen.

Über hochpolitische Fragen wie das Fracking muss in einer demokratischen Gesellschaft das Parlament entscheiden. Die Entscheidung zum Fracking an demokratisch nicht legitimierte Experten zu delegieren – das wäre eine Selbstentmachtung des Bundestages.

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Autor*innen

Organisierte Protest gegen Castor-Transporte und ist einer der Gründungsstifter der Bewegungsstiftung. Nach dem Studium der Politik, Philosophie und Soziologie promovierte er über Zivilen Ungehorsam in der internationalen Politik. Bevor Gerald Neubauer 2015 zu Campact kam, arbeitete er als Campaigner für Greenpeace zum Thema Kohleausstieg. Alle Beiträge

21 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. es ist an der Zeit, dass unsere Abgeordneten, die ja geschworen hatten……im Namen des Volkes (schon vergessen ?) zu handeln, endlich begreifen, dass es
    nicht demokratisch und nicht im Sinne des Volkes ist, im Hinblick auf eine gute
    berufliche Versorgung nach Ablauf der Politik im Interesse der Konzerne zu agieren und mit scheinheiligen Sprüchen die demokratischen Spielregeln zu umgehen
    antilobby

  2. Bemerkenswert: In Nordamerika trauen sich neuerdings seriöse Studien, u.a. von renomierter UNI-Seite, mit kritischen Ergebnissen betr. Chemieeinsatz an die Öffentlichkeit.
    Es gab bisher schon signifikant negative Hinweise auf Schädigung von Umwelt und z.B. Weidevieh durch Aufnahme von kontaminiertem Gras etc., aktuell kam eine Studie zu Gefährdung von Schwangeren im Fr.-Einflussbereich.

    Diese Veröffentlichungen sind imo zumindest partiell sehr mutig, weil UNI/Hochschulen und/oder vergleichbare Institutionen dort weitgehend von „privaten“ finanziellen Zuflüssen/Spenden aus Industrie etc. angewiesen sind.

  3. Fracking in unserem kleinen Land ist ein Witz. Der Braunkohleabbau hat ja schon einige ungeplante Löcher verursacht, in denen ganze Häuser verschwanden. Außerdem ist unser Boden schon auf dem Weg, durch Überdüngung durch die Landwirtschaft verseucht zu werden. Und dann noch die Fracking-Chemikalien? Das ist Selbstmord auf absehbare Zeit.

    • Was hat denn Braunkohletagebau (also an der Erdoberfläche) mit Fracking in 4000 m Tiefe zu tun? Da liegen 4 km dazwischen. Und Löcher entstehen durch Fracking auch nicht.

      Genauso der Vergleich zur Landwirtschaft: Ja, wenn Nitrate und co von oben in Grundwasser (50 – 200 m tief) sickern, ist das eine Gefahr. Fracking-Chemie in einigen Km Tiefe? Wie soll das ins Grundwasser kommen? Außerdem schreibt der neue gesetzentwurf vor, dass Fracking-Fluide höchtens der Wassergefährdungsklasse 1 entsprechen darf. Das ist so gefährlich wie das Duschwasser, das ist reden morgen in den Abfluss laufen lasse.

    • „Löcher entstehen durch Fracking auch nicht.“
      ähm…
      ok, keine in den ausmaßen von garzweiler, aber das ist doch ein abssurder vergleich.
      exxon* hätte gern 20 bohrungen pro clusterplatz und 9-12 clusterplätze auf 100km², d.h. 180-240 bohrlöcher pro 100km². jedes hat ein gewisses potential zu leaken und dabei grundwasser zu kontaminieren, je mehr es gibt, desto grösser das risiko.
      *http://www.erdgassuche-in-deutschland.de/erkundung_foerderung/flaechenbedarf/

    • „Fracking-Chemie in einigen Km Tiefe? Wie soll das ins Grundwasser kommen?“

      nun, es materialisiert sich nicht in einigen km tiefe, oder? es wird hinab gepumpt, durch den weg des geringsten wiederstands, in form der bohrung. diese argumantition, dass es nicht von 5km tiefe vertikal durch sämtliches deck-gebirge nach oben migriert, interessiert für mich nicht, denn bei der bohrung wurde explizit ein weg geschaffen, der daran vorbei geht. das methan auf diesem wege migrieren kann, kann von der industrie keiner bestreiten, ohne sich komplett unglaubwürdig zu machen, warum sollte das mit frac fluid also grossartig anders sein?

    • „Außerdem schreibt der neue gesetzentwurf vor, dass Fracking-Fluide höchtens der Wassergefährdungsklasse 1 entsprechen darf.“

      1. wie genau das vom LBEG kontrolliert wird, hat man gesehen*.
      *http://bohrplatz.org/illegale-frac-chemikalien-genehmigungsbehoerden-versagen-bei-kontrolle/

      2. ich frage mich: bleibt das so? mal angenommen, exxon oder sonstwer findet wircklich eine stelle an der es sich so richtig lohnt, aber nur, wenn man noch diese und jene chemikalie anwendet. was dann? werden sie dann zurückstecken? ich denke eher nicht.

      3. mir macht ehrlich gesagt mehr sorgen, was man aus der bohrung hoch holt, als das, was runter gepumpt wird. rohöl selbst ist exrem giftig, erdgas enthält bei der förderung oft noch jede menge giftige stoffe und ist, ganz davon ab gesehen. ab bestimmten konzentrationen hoch explosiv. methan ist ein starkes treibhaus gas, ca. 70 mal so stark wie CO2 über 20 jahre.

  4. Expertenkommission? Wer bezahlt bestimmt das Ergebnis!
    Und wer dagegen ist, dem wird ganz einfach das fachliche Wissen aberkannt. Dafür gibt es mittlerweile genügend Hinweise auf anderen Fachgebieten.

    • es ist die selbe PR-strategie seit jahrzehnten, und sie funktioniert immer und immer wieder: diskreditiere deine gegner, indem du sie so hinstellst, als ‚wüssten sie es nicht so genau‘. du musst dafür nicht mal im recht sein, es muss nur so aussehen, als ‚wüssten sie es nicht so genau‘, und schon hast viel raum dinge auszulegen.

  5. Meines Erachtens sollte Fracking in Europa verboten werden.
    Wir können in Europa genug Energie mit alternativen Energien erzeugen, vor allem wenn wir Sonne und Wind in Kombination mit Wasserstoffproduktion zur Pufferung nutzen würden.
    Warum wollen wir fragwürdige Techniken einsetzen, wenn wir sie nicht brauchen und es vor allem eine Emtwicklung in die falsche Richtung ist.
    Leider lässt sich unsere Politik zu sehr von Lobbies beeinflussen und selsamerweise immer am meisten von denen mit viel Geld …. ein Schelm der Böses dabei denkt.

  6. Den Beitrag kann ich nicht nachvollziehen. Was ist daran nicht demokratisch legitimiert, wenn der Bundestag per Gesetz eine Expertnekommission einsetzt und mit Aufgaben versieht? Demokratischer geht es doch nicht.
    Außerdem hat der Bundestag immer das letzte Wort. Schließlich kann er jederzeit das Gesetz ändern und eine Entscheidung einer Expertenkommission korrigieren. Die Frage ist nur, wie man das Verfahren organisiert. Ob man den Entscheidungsprozess festlegt oder ihn offeb hält. Wenn die Industrie davon spricht, dass ein offen halten des Entscheidungsprozesses ein Investitionshemmnis darstellt, kann ich das nachvollziehen.

    • „Außerdem hat der Bundestag immer das letzte Wort.“
      das ist ja genau der punkt, der parlamentsvorbehalt, über den das WEG sich hier beschwert. das ist schon etwas übergriffig.

  7. find ich gut das campact dazu mal etwas schriebt, aber man hätte das noch wesentlich besser ausarbeiten können. dass diese industrie nicht viel von demokratie hält ist keine grosse überaschung, aber die sache hier geht tiefer, als ein paar unachtsame PR floskeln.

    z.B. beteiligte sich die erdgas industrie an kooperationen mit schulen, was aber auf inzwischen eingestellt wurde:
    https://twitter.com/kali0x2a/status/594613018631208960/photo/1
    https://www.lobbycontrol.de/2015/05/exxonmobil-fliegt-von-der-schule/

    dann kassieren die montanuniversitäten jede menge spenden aus diesem bereich:
    https://twitter.com/kali0x2a/status/632661029294600193/photo/1
    https://twitter.com/kali0x2a/status/632971633586782208/photo/1

    am kritschsten sehe ich dabei das helmholtz-institut, die auch in der expertenkommission sitzen und den infodialog gestaltet haben:
    https://twitter.com/kali0x2a/status/639304640048287744/photo/1
    https://twitter.com/kali0x2a/status/639332159946407936/photo/1
    ……

  8. der neoliberalen Gewinnmaximierung steht das Parlament einer demokratisch gewählten Regierung im Weg – mit korrupten Diktatoren kann man einfacher verhandeln.
    Solche Äusserungen lassen ahnen, was uns erst mit TTIP ins Haus steht, da können dann Femengerichte die Rechte der Investoren einklagen und ihnen entgangene Gewinne zusprechen, für die dann die Wähler der Demokratie für ihre Rechte über die Steuern zu bezahlen haben.

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