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EU-Finanzminister diskutieren über Bekämpfung der Steuerflucht

Rund drei Wochen nachdem der Liechtenstein-Skandal bekannt geworden ist, forschen Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft in Deutschland weiter nach den versteckten Millionen. Und auch in mindestens zehn weiteren Ländern verwendet die Steuerfahndung die Daten aus der Liechtenstein-CD und erhebt hohe Steuernachforderungen. Das zeigt Wirkung: In den Steueroasen-Ländern, allen voran in Liechtenstein und in der Schweiz, macht sich […]

Rund drei Wochen nachdem der Liechtenstein-Skandal bekannt geworden ist, forschen Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft in Deutschland weiter nach den versteckten Millionen. Und auch in mindestens zehn weiteren Ländern verwendet die Steuerfahndung die Daten aus der Liechtenstein-CD und erhebt hohe Steuernachforderungen. Das zeigt Wirkung: In den Steueroasen-Ländern, allen voran in Liechtenstein und in der Schweiz, macht sich Verunsicherung breit.

Gerade in Deutschland haben Politiker von CDU, SPD, Grüne und Linke angekündigt, dass nun ernsthafte Maßnahmen gegen die Steueroasen folgen werden: Finanzminister Peer Steinbrück hat mehrfach, entsprechend unseren Forderungen, mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen Steueroasen gedroht – notfalls auch ohne die Zustimmung aller Staaten in der EU. Denn Steinbrück weiß, dass einige EU-Länder wie Luxemburg und Österreich selbst Steueroasen sind. Anlässlich des Staatsbesuchs von Liechtensteins Regierungschef Otmar Hasler und des Fürsten von Monaco hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine verbesserte Kooperation der Oasenländer im Rahmen internationaler Abkommen gefordert.

Das Einfordern von Kooperation im Rahmen internationaler Abkommen zur Bekämpfung der Steuerflucht sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Gleichzeitig genügen sie nicht, um das Steuerhinterziehungsproblem aus der Welt zu schaffen (eine Kritik der geforderten Maßnahmen findet sich im Blog-Eintrag vom 25.02.2008 ). Stattdessen muss die Bundesregierung ihre Konfliktbereitschaft aufrecht erhalten und weiter erhöhen, um weitergehende Maßnahmen gegen Steuerflucht zu erreichen. Das langfristige Ziel muss die Einführung eines internationalen automatischen Informationsaustauschs in Steuerfragen sein. Zudem müssen internationale Steuern erhoben werden, damit sich die Schere zwischen Arm und Reich wieder schließt.

Hinsichtlich eines verbesserten Informationsaustauschs über Kapitaleinkünfte zwischen Staaten könnte die EU – gedrängt von der deutschen Regierung – eine Vorreiterinnen-Rolle spielen: Neben einer deutsch-französischen Arbeitsgruppe, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy eingerichtet wurde, befasst sich der Rat der europäischen Wirtschafts- und Finanzminister (EcoFin) mit dem Thema. Bundesfinanzminister Steinbrück hat die Diskussion einer Verschärfung der Zinsbesteuerungsrichtlinie auf die Tagesordnung des heutigen EcoFin-Treffens in Brüssel gesetzt. Die Richtlinie ist seit 2005 in Kraft und regelt den Informationsaustausch über Kapitalerträge in der Europäischen Union. Danach müssen sich EU-Länder gegenseitig über Zinseinkünfte informieren, die europäische Bürger/innen in jeweils anderen EU-Mitgliedstaaten erwirtschaften. Die EU-Länder Österreich, Luxemburg und Belgien lehnen dieses Prinzip, wie die Nicht-EU-Länder Schweiz und Liechtenstein, ab. Statt der automatischen Information erheben sie eine Quellensteuer von 15 Prozent, die bis 2011 auf 35 Prozent ansteigen wird. Von den Erträgen erhalten die Heimatfinanzämter anonymisiert 75 Prozent überwiesen. Die Überweisungen aus den Oasenländern an die Finanzämter der Heimatstaaten sind angesichts der Summen an Geldern, von deren Verschieben in die Oasen ausgegangen werden muss, bisher kläglich ausgefallen.

Steinbrücks Ministerium denkt daher über drei Wege nach, die Zinsbesteuerungsrichtlinie der EU zu verbessern: Erstens sollten künftig neben den Zinsen auch andere Kapitaleinkünfte erfasst werden, die bislang nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen: Dividenden, Veräußerungsgewinne und die Erträge innovativer Kapitalmarktprodukte wie Derivate könnten dazu zählen. Zweitens könnten nicht nur die Vermögen natürlicher Privatpersonen betroffen sein, sondern auch juristische Personen wie Unternehmen und Stiftungen dazu gezwungen werden, ihre Kapitalerträge offen zu legen. Ein großer Teil der jüngst aufgedeckten Steuerhinterziehung wurde über Stiftungen abgewickelt. Und drittens geht es darum, auch jene Staaten, die bisher Ausnahmeregelungen genießen, in den automatischen Informationsaustausch einzubeziehen.

Auch EU-Steuerkommissar László Kovács möchte die Steuerschlupflöcher stopfen – bis Jahresende möchte er einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Zinsrichtlinie vorlegen. Entscheidend wird letztlich jedoch das Votum der Regierungen der EU-Staaten sein. Dass Deutschland für schärfere Regeln ist, reicht hier nicht aus. Auch Länder wie Österreich und Luxemburg, für die bisher Ausnahmeregelungen gelten, müssen zustimmen. Denn Steuer-Vorschriften werden unter den EU-Regierungen mit Einstimmigkeit beschlossen. Während Luxemburgs Regierungschef und Finanzminister Jean-Claude Juncker zumindest grundsätzlich Gesprächsbereitschaft signalisiert hat, verlautete aus dem österreichischen Finanzministerium, dass es Steinbrücks Vorstoß ablehne.

Wir müssen weiter Druck für harte Maßnahmen gegen Steuerflucht machen! Unterzeichnen Sie unseren Appell an die Bundesregierung, die Steuerflucht zu stoppen!

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