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Pressefreiheit wagen – in Karlsruhe klagen!

„Pressefreiheit wagen – in Karlsruhe klagen!“ skandierten 10 Campact-AktivistInnen als Mainzelmännchen verkleidet vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin. Unsere zentrale Forderung: Die SPD soll nach der umstrittenen Entlassung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender das Bundesverfassungsgericht anrufen. Symbolisch überreichten wir dem Vorsitzenden der SPD-Medienkommission, Marc-Jan Eumann, ein großes Paragraphenzeichen, dessen Aufschrift „Artikel 5, Absatz 1“ auf den Grundgesetzartikel […]

„Pressefreiheit wagen – in Karlsruhe klagen!“ skandierten 10 Campact-AktivistInnen als Mainzelmännchen verkleidet vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin. Unsere zentrale Forderung: Die SPD soll nach der umstrittenen Entlassung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender das Bundesverfassungsgericht anrufen. Symbolisch überreichten wir dem Vorsitzenden der SPD-Medienkommission, Marc-Jan Eumann, ein großes Paragraphenzeichen, dessen Aufschrift „Artikel 5, Absatz 1“ auf den Grundgesetzartikel verweist, der die Rundfunkfreiheit garantiert.

Mainzelmännchen vor dem Willy-Brandt-Haus

Fotos: Jakob Huber

Eine Dame im rosé-crèmefarbenem Zweireiher, die offensichtlich der SPD zuzordnen ist schüttelt ungläubig den Kopf, als sie die demonstrierenden Mainzelmännchen mit den überdimensionalen Paragraphen-Zeichen vor dem Willy-Brandt-Haus sieht. Die Mainzelmännchen rufen ihr entgegen: „Pressefreiheit wagen, in Karlsruhe klagen.“ Sie entgegnet: „Das solltet ihr besser vor der CDU machen, aber doch nicht hier bei uns.“ Schnell eilt sie ihrer schwarzen Limousine entgegen, die am Straßenrand parkt.

Doch wir fühlen uns sehr wohl am richtigen Ort. Denn die Union hat unter Federführung von Roland Koch mit ihrem Einfluss auf die Personalie Brender die Presse- und Rundfunkfreiheit mit Füßen getreten. Die SPD dahingegen hat sich von Anfang an kritisch geäußert – jetzt soll sie ihren Worten Taten folgen lassen. Es geht darum zu vermeiden, dass die Politik – egal welcher Couleur – kritische und unbequeme JournalistInnen entlassen kann. Deshalb soll das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob die jetzige Zusammensetzung der ZDF-Gremien mit hochrangigen Politiker/innen mit der im Grundgesetz garantierten Rundfunkfreiheit überhaupt vereinbar ist.

Mainzelmännchen vor dem Willy-Brandt-Haus

Die sogenante „Normenkontrollklage“ kann von einem ¼ der Bundestagsabgeordneten eingeleitet werden. Derzeit fehlen noch mindestens 12 Stimmen. Die Mainzelmännchen sind gekommen um dem Vorsitzenden der SPD-Medienkommission, Marc Jan Eumann, ein überdimensionales Paragraphenzeichen mit der Aufschrift „Artikel 5, Absatz 1“ zu übereichen. Es soll ihn daran erinnern, dass die Medien-Experten/innen der SPD die heute tagen, ihren KollegInnen im Bundestag empfehlen sollen, sich der Klage anzuschließen. Doch Herr Eumann lässt sich Zeit. Die Mainzelmännchen verkürzen sich die Wartezeit mit politischen Debatten.

Mainzelmännchen ohne Masken vor dem Willy-Brandt-Haus

So schüttelt jetzt die SPD-Dame in rosé, die doch noch einmal stehen geblieben ist um zu reden, noch heftiger den Kopf. Jetzt müsse erst mal die Politik selbst handeln, bevor man die Arbeit verfrüht ans Gericht abgibt. Sie spielt auf die Vorschläge von SPD-Mann Kurt Beck an, der die Zusammensetzung der ZDF-Gremien mit kosmetischen Nachbesserungen aufhübschen will. Er ist selbst Inhaber bedeutender Ämter in ZDF-Gremien – er wird wissen, dass Veränderungen am ZDF-Staatsvertrag nur einstimmig möglich sind. Es ist sehr unwahrscheinlich, das alle 16 Ministerpräsidenten sich darauf einigen, freiwillig auf Einfluss bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu verzichten. Beck will in unsren Augen lediglich den Druck auf die SPD verringern, eine Klage mit ungewissem Ausgang anzustreben, bei der er und seine Partei Privilegien im ZDF verlieren könnten. Die SPD-Frau sieht das anders.

Nachdem Herr Eumann die Mainzelmännchen über eine halbe Stunde hat warten lassen, kommt er schnellen Schrittes sichtlich entzückt auf die kleine Menge demonstrierender Zwerge zu. „Das seht ja großartig aus.“ freut er sich. Als er das Paragraphen-Zeichen sieht, greift er beherzt zu. Er findet die Aktion „sehr beeindruckend“, bedankt sich für unser Engagement. Er findet aber auch, dass Kurt Beck sehr gute Vorschläge gemacht hat und dass es abzuwarten bleibt, wie diese jetzt verhallen. Er schließt zwar auch das von uns geforderte Normenkontrollverfahren nicht aus. Doch sein Tenor ist ähnlich dem der Genossin in rosé, die kurz zuvor in ihrer schwarzem Limousine entschwunden ist. Erst will man sich an Becks Vorschlägen abarbeiten und falls daraus nichts wird, mal weitersehen.

Kerstin Schnatz und Marc-Jan Eumann

Offenbar wollen Herr Eumann und seine Kollegin nicht wahr haben, dass die SDP mit Becks Vorschlägen zur Reform des ZDF-Staatsvertrags schon jetzt ein totes Pferd reitet. Ohne klare Vorgaben aus Karlsruhe werden Roland Koch und Angela Merkel weiterhin gegen unabhängige Journalisten vorgehen.

Tatsächlich ist der Verwaltungsrat bemüht – dessen Vorsitzender Kurt Beck selbst ist – die Causa Brender so schnell wie möglich unter den Tisch zu kehren. Schon am Donnerstag soll ein neuer Chefredaktuer gewählt werden. Damit nimmt der Verwaltungsrat – dem 6 Ministerpräsidenten der Länder angehören – einer Debatte im Fernsehrat zur Causa Brender den Wind aus den Segeln: Dieser will einen Tag später, am Freitag tagen und wollte eigentlich heftige Kritik an den Vorgängen die zur Abwahl Brenders führten, üben. Der Fernsehrat fühlt sich jetzt vorgeführt. Der Vorgang zeigt, wie wichtig jetzt eine Klage ist. Denn nur wenn Karlsruhe prüft, ob die Zusammensetzung der ZDF-Gremien gegen das Grundgesetz verstößt, ist die vom Verwaltungsrat neu gewählte ZDF-Redaktionsleitung unangreifbar.

Banner: Rundfunkfreiheit retten

Auch wenn sich die Medienkommission der SPD nicht für eine Empfehlung zum Normenkontrollverfahren durchringen sollte, ist es nicht zu spät für die Rundfunk- und Pressefreiheit: Je mehr Menschen ihren Abgeordneten auffordern, sich der Klage für Rundfunkfreiheit anzuschließen, desto wahrscheinlicher wird sie. Schon 20.000 fordern „Rettet die Pressefreiheit“ – machen auch Sie mit!

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