Pressefreiheit
Brender: „Nur Karlsruhe kann Rundfunkfreiheit sichern“
Am Mittwoch wird sich die Rundfunkkommission der Länder mit Kurt Becks Vorschlägen für eine Reform des ZDF-Staatsvertrages beschäftigen. Der scheidende ZDF-Chefredakteur Brender sorgte unterdessen mit einem fragwürdigen Stasi-Vergleich für Aufregung. Dabei geht beinahe unter, was er sonst noch gesagt hat. Nikolaus Brender bekam im vergangenen Herbst keine Vertragsverlängerung als Chefredakteur des ZDF. Im März endet […]
Am Mittwoch wird sich die Rundfunkkommission der Länder mit Kurt Becks Vorschlägen für eine Reform des ZDF-Staatsvertrages beschäftigen. Der scheidende ZDF-Chefredakteur Brender sorgte unterdessen mit einem fragwürdigen Stasi-Vergleich für Aufregung. Dabei geht beinahe unter, was er sonst noch gesagt hat.
Nikolaus Brender bekam im vergangenen Herbst keine Vertragsverlängerung als Chefredakteur des ZDF. Im März endet deshalb seine Amtszeit als Chefredakteur. Und das nur weil Brender das ist, was für einen guten Journalisten selbstverständlich sein sollte: unabhängig, kritisch und überparteilich. Zu unabhängig offenbar für den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sorgten mit der CDU-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat für Brenders Rausschmiss.
Nun hat Brender in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel mit seinen Gegnern abgerechnet. Brender sprach davon, beim ZDF gäbe es „inoffizielle Mitarbeiter, wirklich vergleichbar mit den IM in der DDR, die sich die großen Parteien in einem Sender wie dem ZDF halten“. Ein solches „Spitzelsystem“ lebe davon, dass Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen. Die Aufregung über diesen Vergleich war groß, auch ZDF-Intendant Markus Schächter rüffelte Brender.
Natürlich ist Brenders Stasi-Vergleich blödsinnig, die Stasi war nicht so harmlos wie die „Parteispitzel“ im ZDF. Steffen Grimberg brachte es in einem Kommentar für die taz auf den Punkt: „Man mag Brenders IM-Spitze gerne für daneben halten. Doch zu viel Aufregung über den schiefen Vergleich – das ZDF ist keine Diktatur – verstellt den Blick auf das Wesentliche: Ein Musterbeispiel für Demokratie und Recht ist das ZDF nämlich auch nicht. Das hat der rein politisch motivierte Durchmarsch der Union in Sachen Brender hinlänglich gezeigt. Und nicht nur beim „Zweiten“ gibt es die Parteidiener mit Redakteursmäntelchen. Sie beschädigen zwei Institutionen der Demokratie: den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den unabhängigen Journalismus. Dass es sich bei den Informationen oft um Belanglosigkeiten handelte, tut nichts zur Sache. Es reicht, dass über diese Infiltration die Personalpolitik entscheidend beeinflusst wird.“(Artikel)
Bei aller Aufregung über Brenders fragwürdigen Vergleich ging leider beinahe unter, was Brender sonst noch sagte. Denn niemand bezweifelt ernsthaft, dass es jenes „fein gesponnene Netz von Abhängigkeiten“ tatsächlich gibt, aus dem sich Karrierechancen aber auch Verpflichtungen ergeben. Brender berichtet auch, wie Regierungssprecher – von Uwe-Karsten Heye bis Urich Wilhelm – immer mal wieder versuchten, Berichterstattung zu beeinflussen. Brender erzählt, er habe darauf immer mit der Bitte geantwortet, ihm die Kritik schriftlich einzureichen. „Die andere Seite hinterlässt ungern Spuren. Dann kam meist nix mehr“, so Brender. „Bevor ich hier anfing, landeten Telefonproteste von Politikern direkt in der Aktuell-Redaktion. Das habe ich abgestellt.“ Kein Wunder, dass Koch und Merkel Brender loswerden wollten.
Brender teilt die Einschätzung von Campact, dass nur eine Klage beim Bundesverfassungsgericht die Unabhängigkeit des ZDF sichern kann. „Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht die einzige Institution ist, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Staatsferne, Form und damit Zukunft sichern kann. Dann hätte die Debatte um meine Person wenigstens einen Sinn gehabt. Ich erhoffe mir eine klare Begrenzung des Politik- und Regierungseinflusses auf die Sender“, sagte Brender.
Am Mittwoch wird sich die Rundfunkkomission der Länder mit den Vorschlägen der SPD-Ministerpräsidenten für eine Reform des ZDF-Staatsvertrages befassen. Aus der Sicht von Campact gehen diese Vorschläge nicht weit genug. Danach will die SPD entscheiden, ob sie sich dem Normenkontrollantrag von Grünen und Linken anschließen will. Wenn die SPD glaubwürdig bleiben will, dann muss sie in Karlsruhe klagen. Kosmetische Veränderungen am ZDF-Staatsvertrag helfen nicht weiter.
Unsere Demokratie braucht starke und unabhängige öffentlich-rechtliche Sender. Im Vergleich mit den Privatsendern stehen sie immer noch für seriösen Qualitätsjournalismus. Gerade deshalb dürfen wir aber nicht zulassen, dass sich Merkel, Koch & Co die öffentlich-rechtlichen Sender zur Beute machen!