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22.000 Menschen haben es satt!

Heute haben wir es ihnen gezeigt: ein so breites Bündnis und so viele Menschen waren noch nie gegen die industrielle Landwirtschaft auf der Straße. 22.000 Menschen zogen in einer nicht enden wollenden bunten Schlange durch die Berliner Innenstadt.

Heute haben wir es ihnen gezeigt: ein so breites Bündnis und so viele Menschen waren noch nie gegen die industrielle Landwirtschaft auf der Straße. 22.000 Menschen zogen in einer nicht enden wollenden bunten Schlange durch die Berliner Innenstadt, während Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner mit Vertretern von Agrarkonzernen und Landwirtschaftsministern aus aller Welt zusammensaß. Dieses „Davos der Landwirtschaft“ findet regelmäßig am Rande der „Grünen Woche“ statt. Die Botschaft des Bündnisses aus 120 Umwelt-, Bauern-, Tierrechts- und Entwicklungsverbänden wird bei Politik und Agrarwirtschaft eingeschlagen sein: Subventionen für Agrarfabriken und Tierquälerei haben Bauern und Bürger gehörig satt!

Kalt, aber sonnig startete die Demo gegen 12 Uhr auf dem Washingtonplatz am Berliner Hauptbahnhof: 80 Traktoren machten den Auftakt, dahinter folgten Bauern und Imker in Berufskleidung. Als wir im Campact-Wagen endlich Richtung Brücke rollten, war der Washingtonplatz noch immer voller Menschen. Junge und alte Leute, Banner schwenkend, mit Kochlöffel, Sambatrommel oder im Kuhkostüm schlossen sich dem Wagen an und gestalteten sich auf der Ladeklappe noch schnell ihr Demoschild in Form eines Tellers. Slogans wie „Gentechnik = Lügentechnik“, „Agrarfabriken stoppen!“ und „Keine Sau will Genfraß“ waren dort zu lesen. Unser Einheizer Daniel Unsöld brachte die kalten Füße zum Tanzen: „Wir haben es satt!“ skandierten die Leute zum Küchenprotestorchester und ließen sich von uns Trillerpfeiffen zuwerfen wie Kamelle beim Karneval.

Hinter der Brücke bleib der Troß kurz stehen, weil sich einige Nazis unter die Demonstranten gemischt hatten und wir mit Hilfe der Polizei erst klarstellen mussten, dass dies kein Ort für sie ist. Dann zogen wir weiter Richtung Brandenburger Tor. Unsere Aigner-Figur auf Stelzen hielt ihren Subventionsschirm über die Agrarfabrikanten, die Gummihühner mit Dioxin spritzten. Am Brandenburger Tor erwartete uns die eindrucksvoll große Bühne und mitreißende Redner/innen.

Die Menschen gingen heute gegen Gentechnik, Tierfabriken und Dumping-Exporte auf die Straße, weil diese Themen Ausdruck der Industrialisierung der Landwirtschaft sind und im direkten Zusammenhang zueinander stehen. In Europa will man billiges Fleisch in Massen produzieren, dafür holt man sich gentechnisch veränderte Soja aus Südamerika, die dort für Abholzung von Regenwald, Vertreibung und Pestizidverseuchung verantwortlich ist. Die EU-Agrarsubventionen sorgen dafür, dass die Überschüsse an Fleisch auf den Märkten von Entwicklungsländern landen, wo sie billiger sind als die lokalen Erzeugnisse und die Märkte zerstören. Also verlegt man sich in den armen Ländern hauptsächlich auf Rohstoffe für den Export, z.B. auf Soja für europäische Tierfabriken.

Ein Ausweg aus diesem Teufelskreis ist die Umverteilung der EU-Agrarsubventionen. Dafür liegt ein akzeptabler Vorschlag in der EU-Kommission vor, den Deutschland vehement blockiert. Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten Frau Aigner genau auf die Finger schauen. Wird die Futtermittelindustrie wirklich zu schärferen Kontrollen gezwungen? Wie verhält sich Deutschland auf EU-Ebene? Eine Umkehr in der Agrarpolitik ist jetzt nötig. Wir warten nicht auf den nächsten Lebensmittelskandal.

Ich danke allen, die heute in Berlin für eine neue Agrarpolitik demonstriert haben. Eine kräftige Bewegung ist am wachsen, dafür war der 22. Januar ein erfolgreicher Auftakt.

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16 Kommentare

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  1. Zum Kommentar von Wolfgang Marschall: ganz Ihrer Meinung! Ich lese seit geraumer Zeit die Leserbriefe unserer lokalen Presse und sehe interessiert, wieviele Leute für Demos gerechter Sachen wegen auf die Straße gehen. Leider glaube ich, daß alle Aktionen die etablierten Parteien nicht wirklich berühren, die uns nach und nach um die Früchte unserer Arbeit der letzten Jahrzehnte bringen um sich selbst zu bereichern. Ich denke auch, dass es eine ganz neue Bewegung braucht, die dem Volk zurück gibt, was es erarbeitet und aus Deutschland wieder ein soziales Deutschland macht. Dazu müssten sich doch genügend Leute finden, die bereit wären, statt auf Demos auf Treffen dieser Bewegungen zu gehen, da sich ja sonst nicht wirklich was bewegt bei uns.

  2. Ein schöner Erfolg – nur schade dass sich von den Verantwortlichen keiner blicken liess. Sonnleitner lästert aus dem Hintergrund, und Merkel und Co. hatten zeitgleich den Teufel zum Tee eingeladen (Monsanto, etc.). Da hat man keine Zeit für den Mob auf der Straße. Man wird sehen wer Recht bekommt: Merkel’s Agrar-industralisierungspolitik, mit Druck der USA hinsichtlich GMOs auf deutschem Boden oder der Bürger. Wobei die Interessen des letzteren leider immer weniger wiegen gegenüber den Interessen der jeweiligen Lobbys. Das dürfen wir uns aber auf keinen Fall gefallen lassen.

  3. Ich war dabei und musste auf einmal heulen. So viele Menschen vor dem Hauptbahnhof, die, mit bunten Transparenten und witzigen Schildern, einige als Schweine oder Hühner verkleidet, sich in Bewegung setzen für die Tiere… Einfach Gigantisch!

  4. Nun, man kann doch auch anders demonstrieren (lat. = darlegen, erklären, zeigen; es heißt ja nicht unbedingt „auf die Straße gehen“)….
    indem man z.B. Fleisch komplett verweigert.
    Solange die Mehrheit der Menschen sich täglich mit Fleisch und Milchprodukten vollfrisst, wird sich nicht viel ändern.
    Sofern aber mal Alle so vernünftig werden und sich wieder natürlicher ernähren würden, wäre auch die Wirtschaft gezwungen umzudenken.

  5. Ich habe mich auch über die zahlreiche Beteiligung und die zahlreiche Berichterstattung über die Demo in Berlin gefreut. War selbst auch nicht dabei, finde aber den Vorschlag von @ChristaRust und @WolfgangSchäfer gut, solche Demos zukünftig parallel auch in anderen Großstädten zu veranstalten. Da würden bestimmt noch viel mehr Leute mitmachen, es würde noch mehr Presse darüber geben, der Druck auf die industrielle Agrarwirtschaft würde wachsen. Und das Bewusstsein der Menschen würde gestärkt werden, was dann hoffentlich zu einem veränderten Kaufverhalten führt – nämlich hin zu ökologisch nachhaltigen Produkten – womit dann automatisch auch der Umbau der Agrarwirtschaft vorangetrieben wird.

    Hier noch interessante Links zu der geplanten EU-Agrarreform:
    Dacian Cioloş grüne Agrar-Reform:
    http://www.klimaretter.info/ernaehrung/hintergrund/7351-dacian-ciolo-gruene-agrar-reform

    Mitteilung auf der Website der Kommission zum Konzept für eine zukunftsgerichtete Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013:
    http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/1527&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=fr

    Und wer über meine Artikel uptodate bleiben möchte, in welchen es darum geht, was bereits getan wird bzw. getan werden kann zu unser aller Wohle und zum Wohle unserer Welt, hier der Link zu meinem Blog wellYunit: http://www.y-unit.com

  6. Ich stimme dem Kommentar von Christa Rust zu.
    Natürlich ist eine Demo in Berlin nützlich
    aber
    ich würde mich gerne beteiligen
    aber
    die Entfernung – Köln / Berlin ist zu weit.
    Warum nicht mal eine Demo in Köln, Düsseldorf,Ruhrgebiet ?

    Weiter so
    und
    viel Erfolg
    Adelheid Müller

    • Es hat parallel eine Demo in Bremen stattgefunden, die Leute haben das selbst in die Hand genommen. Für die nächste Demo ist das sicherlich eine Option für die Mobilisierung: organisiert einen Bus aus eurer Region oder macht gleich eine Solidemo – dazu könnte man aufrufen. Vielen Dank für die Anregung!

  7. Ersteinmal vorweg, natürlich sind die Aktionen von CampAct und ähnlichen Organisation gut und wichtig.
    Eben so wichtig, wir Michels wachen auf und artikulieren wieder das, was uns allen gegen den Strich geht.

    Leider genügt das alles aber nach meiner Ansicht nicht, die uns beherrschenden (denn von für die Gesamtgesellschaft handelnden kann ja nicht die Rede sein) zu veranlassen entsprechend gemeinnützig zu handeln.

    Nach meiner Auffassung brauchen wir dazu endlich eine Gruppierung die nach völlig neuem Muster, bereit ist all diese berechtigten Forderungen der Bürger auch parlamentarisch als z.B. einer Interessengemeinschft-Deutschland zu vertreten und zu ende gedacht durch zu setzen.
    Es braucht eine Partei deren Selbstverständnis es sein muss zum Gemeinwohl unserer Gesamtgesellschaft zu arbeiten und nicht wie heute nur dem nutzen einiger weniger, sprich dem eigenen nutzen zu dienen.

    Wolfgang Marschall
    wolfgang.marschall@inselparadies-pellworm.de (bei interesse verwenden)

  8. Ich finde Eure Aktionen sehr gut und denke damit erreicht ihr wirklich viel. Was mich stört ist, das meistens in Berlin demonstriert wird, das ist von der Pfalz einfach zu weit entfernt.
    Nur weil die Regierungsfuzzies dort sind? Die wirkliche Regierung sitzt doch eh in Frankfurt und Fernsehkameras gibt es überall.

  9. Mal was zum überlegen für zum Beispiel die Gewerkschaften.

    Wenn die Politik anlässlich des aktuellen Dioxin Skandals nicht endlich wirkungsvoll zu Handeln bereit ist:

    Wie wäre es denn mal mit einer Musterklage wegen:

    Unterlassen der Diensthandlung gemäß § 336 StGB

    gegen die Verantwortlichen?

  10. Ich schließe mich gerne den Vor-Kommentatoren an,
    ich konnte leider nicht dabei sein. Ich
    ziehe meinen Hut vor euch allen teilnehmenden.

    Zeitgleiche Demo`s z.B. in Hamburg, Frankfurt
    und München wären wünschenswert und würde
    die Zahl der Demonstranten garantiert verdreifachen….

    Solidarische Grüße
    Wolfgang Schäfer

  11. Ein guter Anfang, und ich hoffe, dass uns allen nicht so schnell die Luft ausgeht. Aber die Agrarfabrikanten werden sicherlich noch lange Steilvorlagen liefern, leider! Da glaube ich nicht an ein paar Jahre, sondern fürchte, dass uns diese Themen noch Jahrzehnte beschäftigen werden.

    In der Zwischenzeit halte ich es ansonsten aber schon mit dem Vor-Kommentator: Die wirkungsvollste Abstimmung ist tatsächlich die, die wir täglich mit unserem Konsumverhalten vornehmen. Und da lässt sich eigentlich jeden Tag etwas bewegen. Auch dadurch, dass wir im Alltag auch unser Umfeld immer wieder mal auf die realen Kosten der Billig-Lebensmittel (also inklusive der verursachten Umweldschäden usw.) und mögliche Alternativen hinweisen. Da treffe ich immer mehr auf offene Ohren, erfreulicherweise.

  12. War zwar nicht dabei, finde den Erfolg jedoch wunder-voll. Ich persönlich entscheide an der wichtigsten Urne, die das Land zu bieten hat: Der Kasse am Supermarkt. Und mein Einkaufskorb bleibt frei von Dioxin-Eiern und Gen-Food. Auf dass wir in ein paar Jahren diesen Blödsinn ad acta gelegt haben!

  13. 22.000 Demonstranten ist eine beachtliche Zahl und wird sich
    bei der nächsten Großdemo vielleicht verdoppeln. Vielleicht wäre
    auch eine Paralleldemo mit gleichem Thema und Bündnis in einer
    zentral gelegenen Stadt sinnvoll um noch mehr Menschen eine
    Teilnahme zu ermöglichen.
    Es war jedenfalls ein gelungener Auftakt.

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