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Erfolg: Schummel-Regel zu Nebeneinkünften vorerst zurückgenommen

Unser Protest gegen die geplante Einführung einer Verschleierung von Politiker-Nebeneinkünften unter 10.000 Euro hat politisch eingeschlagen: in der Rechtstellungskommission des Ältestenrats im Bundestag wurde der bisherige Beschluss kassiert. Jetzt müssen wir wachsam bleiben, welcher Vorschlag als nächstes auf den Tisch kommt.

Unser Protest gegen die geplante Einführung einer Verschleierung von Politiker-Nebeneinkünften unter 10.000 Euro hat politisch eingeschlagen: in der Rechtstellungskommission des Ältestenrats im Bundestag wurde der bisherige Beschluss kassiert (Pressemitteilung der Rechtstellungskommission). Der Verschleierungsplan ist gescheitert. Jetzt erwarten wir von den zuständigen Politikern, zügig eine Neuregelung auszuarbeiten, die nicht nur die Transparenzlücke unter 10.000 Euro schließt, sondern in den anderen Punkten nicht wieder hinter den letzten Vorschlag zurückfällt.

Aber von vorne:

Berliner Frühaufsteher sind selten. 7:30 Uhr heute Morgen hatten wir sie um uns versammelt, denn es ging um ein wichtiges Anliegen: schon um 8:00 Uhr sollte die Rechtstellungskommission des Ältestenrats des Bundestags über einen Vorschlag für die Neuregelung der Veröffentlichung von Politiker-Nebeneinkünften beraten. Ein Thema, um das in den letzten Tagen viel Wirbel gemacht wurde, seit Campact zusammen mit den Organisationen LobbyControl, Transparency International und Mehr Demokratie öffentlich auf die Transparenzlücke hingewiesen hatten.

Gestern wurde deswegen der Punkt von der Tagesordnung des Geschäftsordnungsausschusses genommen, vor dessen Tür wir eigentlich demonstrieren wollten. Heimlich Durchwinken ging für die Politiker nicht mehr, dafür gab es schon zu viel negative Presse. Die Sitzung der Rechtsstellungskommission war von daher umso spannender, sodass wir kurzer Hand unsere Aktion auf den frühen Morgen vorverlegten und die Politiker für diesen Zeitpunkt neu einluden.

Bis auf die CDU kamen die Vertreter aller Fraktionen – so wichtig war ihnen eine Klarstellung ihrer guten Bemühungen um die Offenlegung von Nebeneinkünften. Michael Hartmann von der SPD stellte sich zuerst vor die Reichstagskuppel und die Fernsehkameras. Er bekam das 700-Seiten schwere Unterschriftenbuch und eine Tüte Erdnüsse mit der Aufschrift: „9.999 Euro sind keine Peanuts!“. Und er verkündete, mit der SPD werde es keine Regelung geben, die Einkommen über 1.000 Euro verschleiert. Dagmar Enkelmann, parlamentarische Geschäftsführerin der Linken im Bundestag, bedankte sich bei uns für den Einsatz in einer Sache, für die sie gestritten habe, sich aber bisher nicht habe durchsetzen können (hier ihre schriftliche Antwort an die Unterzeichner/innen des Online-Appells). Herrmann Otto Solms von der FDP und Vorsitzender der Rechtstellungskomission blieb vage in seiner Aussage, dass Einkünfte einsehbar sein sollten und die Kommission über die genaue Regelung beraten werde. Gerade als die Aktiven sich Masken und Schilder für das Aktionsbild schnappen wollten, kam Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, hinzu. Sein Kommen war bis zuletzt unsicher gewesen. Er betonte, dass die Grünen die bisherige 1.000-Euro-Grenze sinnvoll finden, aber ein Kompromiss für sie auch bei 5.000 Euro als jährliche Veröffentlichungsgrenze liegen könnte.

Endlich stiegen die Aktiven in die Kostüme und reichten dem Politiker in unserem Aktionsbild Geldbündel von 9.995 Euro übers Rednerpult. Am Ende flog dem sogar ein Knopf vom Jackett, so sehr hatte er es mit Geldscheinen vollgestopft. Für seine salbungsvolle Rede über seine Verpflichtungen der Wirtschaft wie dem deutschen Volke gegenüber erhielt er einen riesen Applaus. Vielen Dank an die Aktiven, die alle daran dachten, für das Bild in schwarz gekleidet zu kommen und die trotz der frühen Morgenstunde großartigen Einsatz zeigten!

Wie ein neuer Kompromiss zwischen den Parteien aussehen kann, jetzt wo die Rechtstellungskommission in ihrer Sitzung den bisherigen Vorschlag zurückgewiesen hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Es deutet sich immer mehr an, dass die Transparenzlücke unter 10.000 Euro kein, wie es Herr Altmeier von der CDU ausdrückte, „Missverständnis“ in der Beschlussfassung gewesen ist, sondern ein Kompromiss, den die Opposition geschluckt hat. Frei nach dem Motto: Ihr kriegt die Transparenz bei den hohen Beträgen, wir die Schummelregel für Einkünfte unter 10.000 Euro. Ein starkes Indiz dafür ist, dass sich die Rechtstellungskommission jetzt erst einmal Zeit für eine Neuregelung nehmen will. Wäre es nur ein Missverständnis, man hätte es vermutlich schon bei der heutigen Sitzung ausräumen können. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Klar ist: Wir müssen aufpassen. Denn die Novellierung und Verbesserung der Regeln für Politiker-Nebeneinkünfte ist überfällig. Es muss aber eben eine Verbesserung und keine Aushöhlung sein. Wir bleiben wachsam!

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

20 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ich bin leider nicht jeden Tag online. Daher habe ich Eure
    aktuelle Aktion verpasst. Eure Internet – Aktionen sind ein
    wichtiger Beitrag für unsere Demokratie. Endlich gibt es ein
    Instrument, um den ( gierigen ) Volksvertretern zu zeigen, dass
    sich jeder Bürger aktiv einmischen kann und sich nicht mehr für
    dumm verkaufen lassen muss. So funtioniert Demokratie.
    Dafür danke ich dem gesamten Compact – Team !!!!
    Ich werde auch weiterhin Eure Aktionen unterstützen.

  2. Wie in allen Dingen gilt AUCH hier erst recht gegenüber den Volksvertretern:
    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
    Gut zu wissen, daß es Campact und seine Mitstreiter gibt,
    die ein wachsames Auge auf jene gerichtet haben und uns alle Bürger aufmerksam macht, wenn etwas wider Volksrechts-empfinden läuft, und Aktionen auch via Internet startet.
    Wie so oft war ich auch dieses Mal dabei …
    Für eine gute Sache zum Wohle aller – im Sinne der Demo-kratie – meine Unterstützung habt Ihr, liebes Campact-
    Team! – – –

  3. Vieler Politiker Anliegen:
    Vor der Wahl (angeblich) das Volk –
    nach der Wahl (tatsächlich) der eigene Geldbeutel.

    Man muss sie kontrollieren!

  4. sauerei in der bananen republik deutschland. ich bekomme vom finanzamt einen tag nach dem ausbleiben meiner vorausleistung der quartalszahlung einen mahnbescheid und muß dem finanzamt prenzlauer berg gegenüber jeden cent belegen oder bekomme eine steuerprüfung ins haus und unsere abgeordnetten bedienen sich wie berlusconi am gesetze machen wie es ihnen gefällt? das wurde den abgeordnetten doch von den konzernen ins ohr geflüsstert! willkommen in neo-feudalismus…

    reclaim democracy!

    für bundesweite bindende sich nicht gegen das grundgesetz richtende volksentscheide!

    beste grüße und danke für die aktion

    dr. motte

  5. Vielen Dank an alle, die sich an dieser Aktion beteiligt haben.
    Die Fotos von der Aktion sind klasse!
    Ich bin auch neu motiviert, weiter bei campact- Aktionen mitzumachen.

  6. Für Gleichheit, Brüderlichkeit und soziale Solidarität! Gegen Maßlosigkeit und Selbstbedienungsmentalität der Mächtigen!

  7. Was macht ein Staubsaugervertreter?

    Er verkauft Staubsauger.

    Was macht ein Versicherungsvertreter?

    Er verkauft Versicherungen.

    Und was macht der „Volksvertreter“?

    Er „verkauft das Volk“…

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