Agrar
Ringen um EU-Agrarpolitik
Es geht um 60 Mrd Euro jährlich und um fast die Hälfte des EU-Haushalts. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU soll ab 2013 neu geordnet werden. Die wichtigsten Fragen werden aktuell in den Gremien der EU diskutiert: Wieviel Geld soll in die Landwirtschaft fließen? Und wird die europäische Landwirtschaft durch die Agrarreform sozial und ökologisch nachhaltig?
Es geht um 60 Mrd Euro jährlich und um fast die Hälfte des EU-Haushalts. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) soll ab 2013 neu geordnet werden. Die wichtigsten Fragen werden aktuell in den Gremien der EU diskutiert: Wieviel Geld soll in die Landwirtschaft fließen? Und wird die europäische Landwirtschaft durch die Agrarreform sozial und ökologisch nachhaltig?
Heute diskutiert das europäische Parlament seinen ersten Bericht zur EU-Agrarreform (Live-Übertragung). Morgen will das Europaparlament eine entsprechende Stellungnahme zum künftigen EU-Haushalt und zur weiteren Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik nach 2013 verabschieden. Schon nächste Woche will die Kommission ihre Vorstellungen über den EU-Haushalt von 2014 bis 2020 verabschieden.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sorgt schon vorab für Schlagzeilen, weil er angeblich die Mittel für die 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik in der nächsten Förderperiode deutlich zusammenstreichen will (top agrar online). Das beträfe gerade die Mittel für die ländliche Entwicklung, unter die die Förderung von Ökolandbau und Naturschutz fallen.
EU-Agrar-Kommissar Dacian Ciolos plant hingegen eine Umschichtung der EU-Agrarsubventionen auf kleinere, ökologisch wirtschaftende Betriebe. Nach seinem Vorschlag soll der Großteil der Direktzahlungen an die Betriebe (1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik) an Umweltkriterien gebunden werden. Dazu zählen etwa das Einhalten einer Fruchtfolge und der Erhalt von Grünland. Eine Obergrenze für die Zahlung pro Hektar soll für eine Kappung der Bezüge großer Agrarfabriken sorgen, die nur wenige Arbeitskräfte beschäftigen. Außerdem soll das Geld von den alten in die neuen Mitgliedstaaten umverteilt werden. Bisher streichen die Landwirte in den alten Ländern dreimal so viele Direktzahlungen pro Hektar ein wie in den neuen. Der Rat der Agrarminister stimmt diesen progressiven Vorschlägen bislang nicht zu. Agarministerin Ilse Aigner spielt dabei die Rolle der Blockiererin. Seit Anfang des Jahres fordern wir sie deshalb mit einer Online-Aktion zum Kurswechsel auf.
Der Agrarausschuss des EU-Parlaments verfasste nun ebenfalls einen Bericht, über den das Parlament heute diskutiert. Im Gegensatz zum Rat der Agrarminister unterstützt der Bericht die von EU-Agrarkommissar Ciolos vorgeschlagene Begrenzung von Direktzahlungen an die größten Landwirtschaftsunternehmen, gebunden an Beschäftigungs- und Nachhaltigkeitskriterien. Er begrüßt auch dessen Vorschlag, zusätzliche Umweltbedingungen an diese Zahlungen zu knüpfen. Im zentralen Punkten bleibt der Vorschlag aber schwammig. Er stellt eben den Minimalkonsens im Agrarausschuss dar. Spannend bleibt also, ob die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in der Plenarabstimmung wesentliche Komponenten hinzufügen können, die die notwendige sozial-ökologische Neuausrichtung der Agrar- und Lebensmittelpolitik der EU forcieren. Änderungsanträge in diese Richtung liegen mittlerweile vor.
Gemeinsam mit den 35 Organisationen der Kampagne „Meine Landwirtschaft“ haben wir einen Offenen Brief an die deutschen Abgeordneten des EU-Parlaments geschickt. Darin fordern wir die Abgeordneten auf, ihre Stimme für eine sozial-ökologische Wende in der Agrarpolitik zu erheben: für Artenvielfalt, Klimaschutz und Gesundheit, für Bauernhöfe statt Agrarfabriken. Die Auseinandersetzung um die EU-Agrarpolitik wird im Herbst in die entscheidende Phase treten, wenn die EU-Kommission ihren endgültigen Vorschlag formuliert. Dann werden wir mit Aktionen für eine Wende in der Agrarpolitik mobil machen.