Finanzen
Debatte um Spekulationssteuer neu entbrannt
Beim gestrigen EU-Finanzministertreffen platzte der Traum von einer baldigen Spekulationssteuer in allen 27 EU-Staaten. Wird Schäuble jetzt klein beigeben und auf eine verwässerte gesamteuropäische Lösung warten? Oder kann er eine Koalition mit neun weiteren EU-Staaten schmieden, um die FTS doch noch einzuführen?
Beim gestrigen EU-Finanzministertreffen platzte der Traum von einer baldigen Spekulationssteuer in allen 27 EU-Staaten. Wird Schäuble jetzt klein beigeben und auf eine verwässerte gesamteuropäische Lösung warten? Oder kann er eine Koalition mit neun weiteren EU-Staaten schmieden, um die Finanztransaktionssteuer doch noch einzuführen?
Das gestrige Treffen der EU-Finanzminister war enttäuschend für alle, die gefährlichen Finanzspekulationen einen Riegel vorschieben wollen. Großbritannien und Schweden stellten sich offensiv gegen eine Finanztransaktionssteuer in allen 27 Mitgliedstaaten und schlossen damit die Tür zu weiteren Verhandlungen. Denn zur Einführung einer solchen Steuer müssten alle Staaten zustimmen. Doch auch die Einführung der Steuer in den 17 Ländern der Währungsunion, für die sich Finanzminister Schäuble und Kanzlerin Merkel in den vergangenen Monaten eingesetzt haben, rückt in weite Ferne. „Ohne England keine Finanztransaktionsteuer“, sagte Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden und auch die Niederlande meldeten massive Vorbehalte an.
In dieser Situation müssen sich Schäuble und Merkel entscheiden: Suchen sie sich Verbündete und schreiten weiter voran? Neun Staaten müssten zusammenkommen, damit sie eine sogenannte „erweiterte Kooperation“ eingehen und die Spekulationssteuer in ihren Ländern einführen könnten. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn im Vorfeld des Finanzministertreffens hatten neun Finanzminister in einem gemeinsamen Brief ihren Wunsch nach der Spekulationssteuer bekräftigt und die dänische Ratspräsidentschaft aufgefordert, den Prozess voranzutreiben.
Oder knicken sie jetzt ein und warten auf die verwässerten Vorschläge, die die dänische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission jetzt bis Juni auf den Tisch legen will? Diese reichen von einer Börsensteuer – die Anleihen und Derivate, die den Löwenanteil der spekulativen Geschäfte ausmachen, gar nicht erfasst und deshalb unwirksam bliebe – bis zu einer sogenannten Finanzaktivitätsteuer, die nur auf die Gewinne und Boni von Finanzinstituten erhoben wird. Damit würde die EU auf das Forderungsniveau der FDP zurückfallen. Die Finanzmärkte könnten mit diesen Instrumenten nicht wirksam eingedämmt werden.
Ob Deutschland treibende Kraft bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer in einem kleineren Kreis von Euroländern werden kann, hängt von einer Einigung in der Koalition ab. Die FDP blockiert bisher die Spekulationssteuer, solange sie nicht in allen EU-Ländern eingeführt würde. Höchstens einer unwirksamen Börsensteuer nach dem englischen Modell würde sie zustimmen (s. Blog vom 25. Januar). Die deutsche Debatte nahm am Montag an Fahrt auf, als die Parteispitze der SPD beschloss, dem Fiskalpakt erst dann zuzustimmen, wenn die Bundesregierung weiter für eine Finanztransaktionssteuer in der Eurozone streitet. Die Bundesregierung ist auf die Zustimmung der SPD beim Fiskalpakt angewiesen, da sie eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag braucht.
Nun ist das Spiel neu eröffnet. Wir werden Schäuble auffordern, den Kampf aufzunehmen und notfalls die wichtige Steuer zur Regulation der Finanzmärkte mit einer Koalition der Vorreiterstaaten einzuführen. Im Moment planen wir die nächsten Aktionen. Wir halten euch auf dem Laufenden.