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Déjà-Vu in der Schweiz: 90.000 Unterschriften für Ministerpräsident Kretschmann

„Die Waage ist im Moment eher auf Nein als auf Ja, aber es ist nicht abschließend so“ – mit dieser Äußerung präsentierte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor rund zwei Wochen im Streit um das Steuerabkommen mit der Schweiz erneut als Wackelkandidat. Noch steht der grüne Politiker unter den oppositionsgeführten Bundesländern damit ziemlich alleine da: […]

„Die Waage ist im Moment eher auf Nein als auf Ja, aber es ist nicht abschließend so“ – mit dieser Äußerung präsentierte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor rund zwei Wochen im Streit um das Steuerabkommen mit der Schweiz erneut als Wackelkandidat. Noch steht der grüne Politiker unter den oppositionsgeführten Bundesländern damit ziemlich alleine da: Die Länder mit SPD-Regierungen lehnen das Steuerabkommen allesamt ab. Auch Kretschmanns Finanzminister Nils Schmid (SPD) gibt dem nachgebesserten Vertragstext keine Chance: „Die Nachbesserungen sind nicht ausreichend, weil es noch zu viele Schlupflöcher gibt.“

Sollte Baden-Württemberg jedoch einknicken, wäre dies ein fatales Signal. Schon jetzt ist unklar, ob sich die starken Worte aus den anderen Ländern nach den Landtagswahlen nicht doch als leere Windbeutel erweisen. Deshalb reisten wir gestern in die Schweiz, wo sich Kretschmann unter anderem mit Eveline Widmer-Schlumpf traf. Die Schweizer Bundespräsidentin hat mit Bundesfinanzminister Schäuble das Steuerabkommen verhandelt. Zu diesem passenden Anlass waren auch wir vor Ort – und übergaben Kretschmann direkt vor dem Treffen 90.000 Unterschriften und ein symbolisches Stopp-Schild gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz.

90.000 und ein Stopp-Schild gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz

Christoph Bautz übergibt 90.000 Unterschriften und ein Stopp-Schild gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz. Foto: Campact

Doch auch gestern war Kretschmann keine Festlegung zu entlocken. Zwar entspreche der Vertrag noch immer nicht seinen Vorstellungen von Steuergerechtigkeit. „Doch am Ende muss ich ja eine realpolitische Entscheidung fällen“, zitiert das Handelsblatt den grünen Politiker. Und: Manchmal müsse ein Politiker Grundsätze „elastisch“ anwenden.

Insgesamt sei das Steuerabkommen doch deutlich besser als der Status Quo, meinte er auch im Gespräch mit Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Das Steuerabkommen zementiert das Steuerfluchtsystem der Schweiz, indem es Steuerbetrügern weiter Anonymität garantiert. Der Zweck des Abkommens ist explizit, den automatischen Informationsaustausch von der Schweiz abzuwenden und die Abgeltungslösung als vollauf gleichwertig zu postulieren.

90.000 Unterschriften gegen das Steuerabkommen

Mehr als 90.000 Menschen haben den Online-Appell gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz schon unterzeichnet. Foto: Campact

Mit dem Sonderweg der Abgeltungssteuer macht Deutschland die Bemühungen der EU im gemeinsamen Kampf gegen Steuerhinterziehung zunichte: Schon jetzt hoffen Länder wie Luxemburg und Österreich auf ähnliche Sonderregelungen und blockieren deshalb den Änderungsvorschlag in der EU zur Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie. Das bilaterale Abkommen mit der Schweiz treibt einen Keil zwischen die EU-Mitgliedstaaten, die sich eigentlich gemeinsam für einen effektiven Informationsaustausch mit der Schweiz stark machen müssten. Deshalb ist das Schweizer Steuerabkommen keine Verbesserung des Status Quo, sondern ein Schritt in die völlig falsche Richtung.

Derweil tut Bundesfinanzminister Schäuble alles, um die Bundesländer doch noch zum Einlenken zu bewegen: Ende letzte Woche berichtete das Handelsblatt von Plänen Schäubles, die Länder mit Zuschüssen zur Finanzierung von Hochschulen, Kliniken, sozialem Wohnungsbau und dem öffentlichen Nahverkehr zu ködern. Und gestern berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass der Finanzminister gezielt versucht, einzelne Länder herauszukaufen: So will er den Schlüssel ändern, nach dem das Geld aus der einmaligen Nachzahlung an die Länder verteilt werden soll. Länder wie Nordrhein-Westfalen und eben Baden-Württemberg würden von der Neuregelung profitieren – ein durchsichtiges Manöver!

Mit einem Klick auf das Foto starten Sie die Bildergalerie! Fotos: Campact

Doch Schäuble gibt sich optimistisch. Letzte Woche wurde das Abkommen vom Bundeskabinett verabschiedet. Nun geht es zunächst zur Stellungnahme an den Bundesrat, bevor der Bundestag sich damit befasst. Erst nach der Behandlung durch den Bundestag wird das Abkommen dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegt. Bis dahin werden noch einige Monate ins Land gehen – und wahrscheinlich einige Lockversuche Schäubles. Deshalb bleiben wir am Ball – und starten weitere Aktionen, wenn Baden-Württemberg oder andere Länder tatsächlich umzuschwenken drohen. Sind Sie mit dabei?

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4 Kommentare

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  1. Das darf nicht durgehen ich bekomme eine miese kliene Rente und die Geldsäcke holen sich noc geschenke für s Steuerhinterziehen.

  2. Es ist ja schon extrem auffällig, wie der ansonsten so überzeugte Europäer Schäuble hier gegen die EU und für den Schutz der Steuerflüchtlinge und Geldwäscher arbeitet. Warum wohl?
    Weil hier mächtige, auch internationale Interessen berührt werden. Es zeigt sich wieder einmal, wie sehr unsere Politiker die ausführenden Organe der Lobbyistenvereinigungen sind. Wer weiß, vielleicht hat Herr Schäuble ja selbst ein Nummernkonto in der Schweiz? Wundern würde mich das nicht.

  3. Ich kenne Herrn Kretschmann nicht, aber ich habe aufgrund mancher seiner Aussagen in den Medien allgemein den Eindruck gewonnen, dass er mir eher wie ein Fähnchen im Wind erscheint, also ziemlich wankelmütig ist.
    Tut mir leid, es sagen zu müssen, ihm fehlt ein gewisses Rückgrat und auch eine Geradlinigkeit.
    Ich glaube, er lässt sich daher wohl leicht ins Bockshorn jagen, so dass mich gar nicht wundern würde, wenn Baden-Württemberg bzgl. der Entscheidungsfrage in puncto Steuerabkommen mit der Schweiz umfallen könnte.
    Außerdem fürchte ich, dass Herr Schäuble sich als ein rechter zäher, harter wie auch beharrlicher Politiker mit viel Verhandlungsgeschick und raffinierter Taktik entpuppt hat – er lässt partout nicht locker, wenn er sich etwas ins Auge gefasst hat, wie mir scheint.
    Gegen solch einen Machtmenschen sozusagen hat ein eher nachgiebi-ger, fast „gutmütiger“ Kretschmann nichts entgegenzubringen.
    Was kann er da schon anstinken?! – – –

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