Campact WeAct Feminismus Montagslächeln Erinnern Rechtsextremismus Verkehr Globale Gesellschaft Soziale Medien Wahlen

Deal mit Leopard-Panzern weitet sich aus: Jetzt auch nach Indonesien?

Ein neuer Panzer-Deal der Bundesregierung sorgt für Empörung und Verwirrung: Sollen jetzt gebrauchte Leopard-Panzern nach Jakarta geliefert werden? Indonesien hat dies angefragt, Merkel schweigt zu dem Deal.

Ein neuer Panzer-Deal der Bundesregierung sorgt für Verwirrung und Empörung: Schon im Oktober sollen die ersten 15 von 100 gebrauchten Leopard-Panzern nach Jakarta geliefert werden, schreibt vor wenigen Tagen die größte dortige englischsprachige Zeitung „Jakarta Post“ und beruft sich auf den Vize-Verteidigungsminister. Nach Merkels Staatsbesuch in Indonesien bestätigte Staatschef Susilo Bambang Yudhoyono sein Interesse an einer deutschen Panzerlieferung. Merkel hingegen meint, sie hätten nicht über Details des Panzer-Deals gesprochen. Die Anfrage nach hundert Panzern will sie nicht bestätigen.

Die deutsche Regierung tut alles, um den neuen Panzer-Deal herunterzuspielen. Der Bundessicherheitsrat würde sich erst mit dem Thema befassen, wenn eine offizielle Anfrage aus Jakarta vorliege und die gebe es bislang nicht. Verteidigungsminister de Maizière habe sich deshalb noch keine Gedanken zu seiner Haltung zur Panzerlieferung gemacht, sagte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber Spiegel Online.

Experten in Jakarta rätseln, wofür die Panzer überhaupt eingesetzt werden sollen. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung schreiben die Menschenrechtler Al Araf und Anton Aliabbas in einem Gastbeitrag für die Jakarta Post, dass die Panzer für die Sicherung der indonesischen Grenze ungeeignet sind und fragen sich daher „ob die Panzer wie in Ägypten und Syrien nicht auch bei Demonstrationen eingesetzt würden“.

Auch deutsche Menschenrechtsorganisationen sind entsetzt. „Deutschland sollte keine Ausbildungshilfe für eine Armee leisten, die für schwere Menschenrechtsverletzungen in Westpapua verantwortlich ist“, erklärte Ulrich Delius, Asiareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker. „Seit Jahrzehnten morden indonesische Soldaten und Bereitschaftspolizisten mit deutschen Rüstungsgütern. Diese Armee darf nicht auch noch mit Leopard-Kampfpanzern hochgerüstet werden, das verletzt Rüstungsexportbestimmungen.“

In den Rüstungsexportrichtlinien verpflichtet sich Deutschland, keine Waffen und Kriegsgerät an Diktaturen und in Konfliktgebiete zu schicken. Vor dem Hintergrund von Gebietskonflikten und der Menschenrechtslage im Land sei eine Panzerlieferung nach Indonesien ein klarer Verstoß gegen diese Richtlinie, bestätigt Gernot Erler, Vize der SPD-Fraktion im Bundestag gegenüber Spiegel Online.

Willigt Deutschland in das mörderische Geschäft ein, verletze dies außerdem den Geist der Europäischen Rüstungsexportkontrolle, mahnt die Gesellschaft für bedrohte Völker an. Gemeinsame Kontrolle in der EU bedeutet: liefert ein Mitgliedsstaat aus Menschenrechtsgründen keine Waffen an Dritte, strebt man an, dass dies auch kein anderer EU-Staat tut.

Im Juni lehnte das niederländische Parlament die Anfrage Jakartas wegen der Menschenrechtslage ab. Offensichtlich wirbt die indonesische Regierung nun verstärkt beim großen Nachbarn Deutschland. Schlüge die Rüstungsexportnation Deutschland Profit aus der Ablehnung der ehemaligen Kolonialmacht in Indonesien, wäre das ein Affront gegen die Niederlande und ein Bruch mit der Idee der europäischen Leitlinie.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele kündigte an, dass er das Thema auf die Tagesordnung der Sondersitzung des Bundestags am 19. Juli setzen lassen will.

Dass die Regierung den neuen Panzer-Deal herunterspielt, erstaunt nicht. Seit Monaten ist sie in der Kritik, weil sie der geplanten Lieferung von 270 Leopard-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien keine Absage erteilt. Über 110.000 Bürger/innen protestieren mit einem Campact-Appell an die Bundesregierung gegen den Panzer-Deal mit dem Diktatoren-Staat. Doch die Regierung schweigt eisern – und lässt in der Zwischenzeit die Waffenfirma den Leopard 2 schon mal in Saudi-Arabien testen, mit Hilfe der Bundeswehr!

Vor einer Woche fand Spiegel Online heraus, dass die Bundesregierung am 2. Juli einen Stabsoffizier nach Riad schickte, der die Rüstungsfima Krauss-Maffei Wegmann bei Schießübungen des Leopard-Panzers in der saudi-arabischen Wüste unterstützen soll. Das Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Schmidt an ausgewählte Parlamentarier liege der Redaktion vor.

Die Nachricht löste einen Sturm der Entrüstung unter Oppositionspolitikern aus. „Es gehört nicht zu den Aufgaben der Bundeswehr, die Rüstungsindustrie beim Export zu unterstützen“, sagte die Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Katja Keul der dpa.

Deutsche Panzer-Deals in Krisengebiete darf die Regierung nicht durchdrücken! Dafür werden wir uns in den kommenden Wochen weiter stark machen. Unterzeichnen Sie den Appell an die Bundesregierung. Wir wollen ihn demnächst an Verteidigungsminister de Maiziere überreichen.

TEILEN

Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

7 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. „Dass die Regierung den neuen Panzer-Deal herunterspielt, erstaunt nicht. Seit Monaten ist sie in der Kritik, weil sie der geplanten Lieferung von 270 Leopard-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien keine Absage erteilt“

    Also ganz ehrlich: Ich war schon immer der Meinung das mehr an „Geld regiert die Welt“ dran ist, als mir Lieb ist. Und vieleicht muss der Mensch erst mit den Waffen angegriffen werden, die er selbst geschaffen oder in den Umlauf gebracht hat, damit ihm Bewusst wird welch Ausmaße das ganze hat. Ich denke der Film:

    Lord of WAR – Händler des Todes

    zeigt ganz gut das Prinzip auf, welches ich hier erläutern möchte 😉
    Ein Mensch sollte nicht die „Macht“ haben über Leben und Tod zu entscheiden. Doch leider ist es auch immer wieder so, dass Dinge die eine Bereicherung für die Menschheit darstellen können, oft gleichzeitig eine Gefahr für sie sind.

  2. Hallo,

    habe soeben die Sendung Kontraste gesehen, dort ging es bei einem Beitrag über die vor einem Jahr in Libyen aufgetauchten Sturmwaffen aus Deutschland bei denen man nicht weiss wie die dort eigentlich hingelengten. Das deswegen weil es sehr einfach ist die Seriennummern der aus Deutschland stammenden Waffen zu fälschen. Da die eingelaserten Seriennummern einfach ausgestanzt werden können und mit einer anderen Gravur versehen werden können, anders wie etwa bei Autos wo es Vorgeschrieben ist das die Seriennummern Eingestanzt werden das dass spätere rekonstruieren bei einer fälschung möglich macht. Bei Jagdwaffen z.B. gibt es wohl auch Strengere Vorschriften und wahrscheinlich steckt hier ganz einfach System dahinter aber lest euch den Beitrag am besten selber durch: http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_19_07/gewehre_fuer_diktatoren.html

  3. „…Nee wir machen nicht mit beim Krieg! Hier habt ihr mal ’n par Waffen, und wenn ihr alles niedergebrannt, zerbomt und euch gegenseitig fast ausgerottet habt kommen wir um mit >>humaitärer Hilfe<< und Aufträgen für den Wiederaufbau weitere Millionen zu scheffeln… aber Krieg? nee, wolln wa ja garnich, wa?!…"
    ICH KÖNNT KOTZEN VON DEM GANZEN SCHEI** KAPITALISMUS-MIST

  4. Mit dieser News und dem Aufruf zur Unterzeichnung eines Briefs an Frau Merkel und Herrn Westerwelle (über Facebook und nicht als mail an zahlende Mitglieder) ist Campact aber ziemlich spät dran. Sind die Reisepläne der Kanzlerin den nicht bekannt? Und den Panzer-Deal pfiffen die Spatzen schon längst von den Dächern.

    Sorry, aber diese Kritik muss Campact aushalten können.

    • Der Panzer-Deal mit Saudi-Arabien ist ja bisher nicht genehmigt. Das Thema hat der Bundessicherheitsrat in seiner Sitzung im Juni vertagt. Wir sind mit der geplanten Übergabe des Appells also jetzt in der heißen Phase der Entscheidung und goldrichtig. Die Meldung von Merkels Reise nach Jakarta ist schon mehrere Tage alt, wenn Sie das meinen, haben Sie Recht, dass wir mit der Meldung spät sind. Die Debatte darum, was ihr Schweigen bedeutet und die Nachfragen an Bundeswehr, Regierung und andere Politiker findet aber bis heute statt. Außerdem sind wir keine Nachrichtenagentur, die sofort berichtet, sondern fassen mehrere Ereignisse, die uns im Verlauf unserer Kampagnen berichtenswert erscheinen, im Blog zusammen.

  5. Inzwischen dementiert der Vize-Regierungssprecher Georg Streiter die Aussage der Jakarta Post, dass schon im Oktober die ersten Panzer geliefert werden sollen. So schnell kann wohl von Deutschland keine Zusage kommen, auch wenn Jakarta jetzt bald einen schriftlichen Antrag auf die 100 gebrauchten Panzer stellen würde. Eine Entwarnung ist das allerdings kaum. Kanzlerin Merkel müsste sagen, dass sie aus Menschenrechtsgründen keine Panzer nach Indonesien liefern wird, so wie es die Niederlande schon beschlossen hat. Dass sie trotz öffentlicher Nachfragen zu dem Thema schweigt, trägt weiter zur Beunruhigung bei.

  6. Nach allem – habe ich das Vertrauen in unsere Bundesregierung ganz verloren, wenn überhaupt je eins bestand.
    Ich glaube:
    Unser Land braucht neue Politiker, denn so kann es nicht weitergehen!
    Nun gut, andere teilen wohl ganz und gar nicht meine Ansicht.
    Jedem das Seine …

Auch interessant

Menschenrechte, Waffen Mit warmen Worten gegen Killer-Roboter Montagslächeln, Waffen Montagslächeln: Prost Neujahr Die Grünen, Menschenrechte, Waffen Rüstungsexporte: Zeitenwende – aber für Menschenrechte Demokratie, Energie, Klimakrise, Podcast, Ukraine, Waffen Ukraine: Was können wir tun? – Theory of Change 16 Waffen Rheinmetall taucht ab Waffen Heimliche Waffendeals mit Erdogan Waffen Deutsche Panzer in Kriegsregionen: Ein Millionengeschäft für Rheinmetall Atomkraft, Waffen Keine Waffen an die Türkei Waffen Rheinmetall: Rüstungskonzern ratlos Waffen Panzer-Deal mit der Türkei: Was wir gemeinsam erreicht haben