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Protest gegen Antibiotika in Megaställen: Keimfleisch-Attrappen vor dem Kanzleramt

Heute morgen vor dem Kanzleramt: Angeekelt werfen Verbraucher/innen Keimfleisch-Attrappen von ihrem Teller auf den Boden. Denn Frau Aigner tischt uns heute ein völlig zahnloses Arzneimittelgesetz auf. "Antibiotika in der Tierhaltung massiv reduzieren!" fordern wir mit unserer neuen Kampagne.

Heute morgen vor dem Kanzleramt: Angeekelt werfen Verbraucher/innen Keimfleisch-Attrappen von ihrem Teller auf den Boden. Die Gummihühner, die vorher von den Agrarfabrikanten kräftig mit Antibiotika vollgepumpt wurden, türmen sich auf einem großen Haufen. „Keine Keime auf meinen Teller!“ rufen die rund 30 Bürger/innen herüber zum Kanzleramt. Ein hörbares Zeichen an die Minister/innen im Gebäude, denen Landwirtschaftsministerin Aigner ihren Entwurf des Arzneimittel-Gesetzes vorstellt.

Protest gegen Antibiotika in Megaställen – Fotos cc-by-nc: Jakob Huber für Campact

Die Menschen, die heute zu der Aktion von Campact und PROVIEH gekommen sind, machen sich Sorgen: Wer sich mit resistenten Keimen ansteckt, dem hilft im Notfall kein Antibiotika mehr. Eine Ursache der Entstehung und Verbreitung dieser gefährlichen Keime ist die Massentierhaltung. Die Tiere werden mit Antibiotika vollgepumpt, denn das Leben ohne Platz, Luft und Licht macht sie krank. So bekommen alle Mastkälber und über 90 Prozent des Geflügels Antibiotika verabreicht, die Hähnchen bis zu sieben Mal in ihrem kurzen Leben von 35 Tagen. Insgesamt werden jährlich über 1.700 Tonnen Antibiotika verfüttert, das sind 40 Mal mehr als in Krankenhäusern.

Wie auch im Krankenhaus bildet das Umfeld von Krankheitskeimen und Antibiotika im Stall die perfekte Brutstätte für die Ausbildung von Resistenzen. Wir infizieren uns über tierische Produkte wie Eier und Fleisch. Auch auf Gemüse wurden Keime nachgewiesen. Denn sie gelangen über die Gülle auf die Felder oder als Keimstaub in Boden und Grundwasser. Schon heute sterben in Europa pro Jahr 25.000 Menschen an den Folgen von Krankheiten, die durch resistente Keime ausgelöst werden. Der Großteil steckt sich mit dem Krankenhaus-Keim MRSA an. Mit den Megaställen schaffen wir Brutstätten für neue Resistenzen.

Anstatt die Verbraucher zu schützen, legt Frau Aigner jetzt ein Gesetz vor, das sein Ziel verfehlt: den Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung massiv zu reduzieren. Das Gesetz zementiert sogar den Status Quo, denn als Obergrenze für die jährliche Antibiotika-Vergabe wird der Durchschnitt des Vorjahres gesetzt. Nur Betriebe, die weit über dem Durchschnitt liegen, müssen Maßnahmen ergreifen. Wir fordern eine verbindliche jährliche Senkung der Obergrenze und eine Halbierung des Antibiotika-Einsatzes bis 2015. Weitere Gesetzeslücken müssen geschlossen werden. Tierzuchtbetriebe und Fischfarmen werden zum Beispiel von der Kontrolle ausgenommen, obwohl gerade hier viel Antibiotika zum Einsatz kommt.

Die Aktion vor dem Kanzleramt ist der Auftakt für unsere Antibiotika-Kampagne. In den kommenden Wochen wollen wir über 100.000 Menschen hinter unserem Appell versammeln und ihn an die Mitglieder des Agrarausschusses im Bundestag übergeben. Denn der Bundestag kann das Arzneimittel-Gesetz entscheidend nachbessern. Wir wollen das Gespräch mit den Abgeordneten suchen und zur Übergabe des Appells ein keimspuckendes Riesenhähnchen vor dem Bundestag aufbauen. Helfen Sie uns, den Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung zu minimieren!

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Autor*innen

Astrid Goltz, Jahrgang 1983, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Santiago de Chile studiert. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in Umweltprojekten aktiv, zuletzt bei den Klimapiraten. Hauptamtlich hat sie für die BUNDjugend zum ökologischen Fußabdruck gearbeitet und für den BUND das Klimaforum Bonn 2010 mit organisiert. Ihre Schwerpunktthemen als Campaignerin bei Campact sind Gentechnik und Agrarpolitik sowie Flüchtlingspolitik. Alle Beiträge

19 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Man sollte sich wirklich zur Devise machen, WENIGER Fleisch, Milchprodukte und Eier zu verzehren – oder gleich sich vegetarisch zu ernähren, wer es kann.
    Vegane Ernährung – ganz auf tierische Erzeugnisse zu verzichten – ist nicht so leicht,
    aber durchaus möglich.
    Und wenn sich IMMER MEHR Menschen zu diesem Motto entschließen und auch danach handeln, dann ist die Nachfrage nicht mehr so groß und die Agrarpolitik würde sich auf wesentlich kleinere Betriebe einstellen. Das hätte wahrscheinlich zur Folge, dass viel weniger oder kaum noch Antibiotika eingesetzt werden müssten.
    Aber mir leuchtet nicht ein, warum es dann entsprechend teurer sein muss. Es ist doch keine intensive Landwirtschaft – mit ihren Folgen – mehr!
    Übrigens:
    Warum werden nicht vielmehr robuste und genügsame Nutztiere gehalten – als die Hochleistungstiere zur Zeit, die quasi nichts abkönnen?

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