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Vermögensteuer für Betriebe: Gründe und Grenzen

Grüne, Linke, SPD: mehrere Parteien haben inzwischen die Forderung nach Wiedereinführung der Vermögensteuer aufgegriffen und unterschiedliche Modelle dazu vorgelegt. Dabei ist ein Streit darüber entbrannt, ob und inwieweit auch Betriebsvermögen von der Steuer betroffen sein soll. Insbesondere SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück macht sich dafür stark, Unternehmen komplett von der Vermögensteuer zu befreien. Andere sehen diese Steuerbefreiung kritisch. […]

Grüne, Linke, SPD: mehrere Parteien haben inzwischen die Forderung nach Wiedereinführung der Vermögensteuer aufgegriffen und unterschiedliche Modelle dazu vorgelegt. Dabei ist ein Streit darüber entbrannt, ob und inwieweit auch Betriebsvermögen von der Steuer betroffen sein soll. Insbesondere SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück macht sich dafür stark, Unternehmen komplett von der Vermögensteuer zu befreien. Andere sehen diese Steuerbefreiung kritisch. Wo liegt das Problem?

Kleine Unternehmen nicht gefährden

Die Besteuerung von Unternehmen soll ihre wirtschaftliche Existenz nicht gefährden – darüber besteht Einigkeit auch bei den VerfechterInnen der Vermögensteuer. Das eigentliche Problem betrifft in erster Linie kleine Firmen im Besitz einer Einzelperson oder Familie, die aus diesem Betrieb ihren Lebensunterhalt bestreitet. Denn während ein vermögender Aktienbesitzer notfalls ein paar Aktien verkaufen kann, um die Steuer zu zahlen, können kleine Unternehmer nicht einfach Teile ihres Betriebs verkaufen, ohne sein Fortbestehen, die damit verbundenen Arbeitsplätze und ihre eigene Lebensgrundlage zu gefährden. Sie können auch nicht notfalls einen Kredit aufnehmen, um die Steuer zu zahlen – denn diesen bekommen sie häufig nur, wenn sie dafür eine Maschine oder Material kaufen und verpfänden.
Um kleine Betriebe nicht zu gefährden, empfehlen sich also höhere Freibeträge, als sie für rein private Vermögen gewährt werden. Deshalb sehen die Konzepte, wie sie z. B. attac oder die Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe vorgelegt haben, solche höheren Freibeträge (von jeweils 3 bis 5 Millionen Euro) für Betriebsvermögen vor.

Die Riesen-Vermögen sind vorwiegend betrieblicher Art

Warum Betriebsvermögen nicht komplett von der Steuer ausnehmen? Zum einen bestehen die extrem großen Vermögen überwiegend aus Eigentum an Unternehmen. So basiert die Liste der reichsten Deutschen – angefangen mit Familie Albrecht (Aldi), Dieter Schwarz (Lidl), Familie Otto (Versand) oder Susanne Klatten (BMW u. a.) – vor allem auf Anteilen an Konzernen und Firmengruppen. Diese Milliardenvermögen dürfen bei einer Vermögensbesteuerung nicht ausgeklammert werden – denn sonst entstünde eine neue große Gerechtigkeitslücke. Verschont würden ausgerechnet die Superreichen der Superreichen. Zudem würde sich das Aufkommen aus der Vermögensteuer erheblich verringern.

Steuerschlupfloch „Cash-GmbH“

Außerdem entstünden durch eine komplette Ausklammerung des Betriebsvermögens neue Möglichkeiten zum Steuerbetrug. Denn Privatvermögen ließe sich dann durch die Einlage in ein Betriebsvermögen relativ einfach aus der Steuerpflicht ausnehmen. Steinbrück selbst hat früher vor solchen Umgehungsmöglichkeiten gewarnt, nach dem Motto: „Der Picasso hängt bei mir nicht mehr im Wohnzimmer, sondern im Besucherzimmer meines Betriebs.“ Vor allem die Schaffung sogenannter „Cash-GmbHs“, deren Betriebszweck allein die Verwaltung des (privaten) Vermögens ist, würde so zum neuen Steuervermeidungsmodell für besonders Betuchte.

Bundesfinanzhof mahnt Gleichbehandlung an

Auch deshalb hat der Bundesfinanzhof (BFH) im vergangenen Oktober die derzeit bei der Erbschaftsteuer geltende Ungleichbehandlung von Privat- und Betriebsvermögen als verfassungswidrig beurteilt. Bislang müssen Erben von Unternehmen in den meisten Fällen gar keine Erbschaftsteuer zahlen. Dies stellt nach Ansicht der obersten Steuerrichter eine ungerechtfertigte und damit „verfassungswidrige Überprivilegierung“ dar. Der BFH hat deshalb das Erbschaftsteuergesetz erneut dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.

Warten auf Karlsruhe…

Die Vermögensteuer-Arbeitsgruppe der rot-grün regierten Bundesländer wurde daraufhin vorläufig auf Eis gelegt. Es scheint auch nicht verkehrt, eine verfassungsrechtliche Klarstellung abzuwarten – auch um einen juristischen Schiffbruch, wie ihn gerade die französische Regierung bei ihrem Projekt einer „Reichensteuer“ vorläufig erlitt, zu vermeiden. Andererseits: bis Karlsruhe sich äußert, wird viel Zeit vergehen. Und die WählerInnen haben das Recht, von den Parteien möglichst konkrete Aussagen zu bekommen, bevor sie erneut für vier Jahre ihre Stimme „abgeben“.
Zumindest ein Teil der Lösung könnte ähnlich aussehen wie in dem Vorschlag, den die Grünen bereits für eine Vermögensabgabe gemacht haben. Danach sollen die von Betrieben zu leistenden Zahlungen auf maximal 35 % eines Jahresgewinns gedeckelt und in Jahren, in denen ein Unternehmen rote Zahlen schreibt, gestundet werden. Einen anderen Kompromissvorschlag hat die Gewerkschaft ver.di gemacht: sie will Unternehmen grundsätzlich nur mit dem halben Steuersatz (0,5 statt 1 %) belangen.

38mal größere Freibeträge?

In ihrer Denkpause sollte die rotgrüne Arbeitsgruppe auch bei den Privatvermögen noch einmal genauer hinschauen. Bisher will sie zwei Millionen Euro Netto-Vermögen pro Person steuerfrei stellen (bei Ehepaaren entsprechend vier Millionen, zuzüglich weiterer Freibeträge für Kinder). Dieser Freibetrag ist fast 38mal (!) so groß wie jener, der bis 1996 galt, als die Vermögensteuer zuletzt erhoben wurde. Über 70 Prozent der Deutschen finden die 2-Millionen-Grenze zu hoch und wollen niedrigere Freibeträge. Eine Forderung, die die Politik – angesichts der im Vergleich zu 1996 deutlich verschärften sozialen Schieflage – nachvollziehen sollte.

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30 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ich sehe es eher als eine bodenlose Frechheit an, dass tatsächlich jemand Vermögen ab einem Millionenbetrag NICHT besteuern will. Aber ich denke, hätte sich Christoph die Antwort auf die Frage von Müller aufmerksam durchgelesen, oder wäre er selbst drauf gekommen, dass Vermögen fast immer Erträge erwirtschaftet, hätte er sich nicht darüber aufregen müssen, dass man nur 98,5 oder 99% ab einer Million behalten dürfte und dann gar nicht mehr motiviert sein kann (ab der ersten Million..)..
    Rechne ich falsch?: Wenn ich 2 Millionen anlege (ob in Form von Aktien, oder Geschäftsbeteiligungen oder Mietwohnungen) und nach Abzug von 25% Ertragssteuer inflationsbereinigt 4% Netto-Ertrag = 80 000 EUR erwirtschafte, sollen dann 10 000 EUR Vermögenssteuer (die ich von der 2. Million über dem Freibetrag 1 000 000 * 0,01) Abzocke sein und uns direkt in die DDR führen?!

    Ich mag diese detaillierte Diskussion und die überzeugenden Antworten.
    Aber ein kritischen Punkt sehe ich:
    Gibt es Konzepte, eine Kapitalflucht in andere Länder (z.B. Singapur) zu verhindern? Ich habe gelesen, dass auch skandinavische Hochsteuerländer diese Steuer wieder abgeschafft haben (wegen Kapitalflucht?). Könnte man dagegen nicht Erbschaft- und Grundsteuer ohne die Nebenwirkung von Kapitalflucht erhöhen?

  2. Der Beitrag von „Müller“ beschreibt das ganze Dilemma sehr gut.
    Hinzu kommt, sobald im Deutschen Steuerrecht mit Freibeträgen hantiert wird, geht es schon los: Was kann wie von dem zu besteuernden Vermögen abgezogen werden. Es ist damit eine einzige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Steuerberater und -kanzleien. Die zahlen dann hoffentlich für die so erwirtschafteten Mehreinnahmen entsprechenden Steuern oder sie können sich dann selbst auch „gesund“ rechnen?
    Wer sein Geld ansammelt, muss viel Steuern zahlen, wer viele Schulden hat, kann diese vom Vermögen abziehen und zahlt wieder nichts. Oder der Staat, also alle anderen, muss dann doch wieder eingreifen, um diese Schuldner zu retten? Es ist keine einfache Aufgabe, das Deutsche Steuerrecht zu reformíeren.
    Insbesondere bei Immobilienbesitz gibt es doch keine einfache Besteuerungsgrundlage. Das einzige, was „einfach“ zu besteuern ist, ist konkretes Einkommen. Hier könnte doch durch eine Vereinfachung der Steuergesetze am einfachsten eine Steuergerechtigkeit erreicht werden? Wichtiger finde ich in dem Zusammmenhang endlich, einen Mindestlohn durchzusetzen, damit diese Aufstockerei aufhört, also die Allgemeinheit die Gewinne derjenigen subventioniert, die Menschen zu Billiglöhnen beschäftigen!

    • Ich gebe „Rudi“ voll und ganz Recht. Bevor man politische Energie vergeudet, indem man nach einem weiteren Gesetz schreit, das dann aufgrund der typisch deutschen Art höchst kompliziert ausfallen und von Ausnahmetatbeständen nur so strotzen wird, sollte man kurzentschlossen das Einkommensteuergesetz durchlüften. Aber in einem Land, in dem effektive Steuerfahnder für verrückt erklärt und aus dem Amt entfernt werden, ist damit wohl nicht zu rechnen. Obwohl man weiß, dass Steuerprüfer und -fahnder ein Vielfaches dessen, was sie kosten, einbringen, unterlässt man es, ihre Zahl drastisch zu erhöhen. Warum wohl? Warum setzt man hier nicht an, anstatt dem Wust an Steuergesetzen noch ein weiteres hinzuzufügen? Allein durch den jährlichen Umsatzsteuerbetrug verliert der Staat mehr Einnahmen, als er je mit einer Vermögensteuer erzielen könnte. Dieser Umsatzsteuerbetrug ist auch und vor allem völlig undurchsichtigen Regeln geschuldet, die selbst Spezialisten häufig ratlos macht (man schaue sich nur einmal eine simple Umsatzsteuervoranmeldung an und wundere sich, was alles ein Umsatz sein kann. Dann rufe man beim Finanzamt an, um sich Rat zu holen und wundere sich erneut, dass die dortigen Mitarbeiter häufig auch nicht mehr durchblicken und das auch zugeben….). Ich sehe weit und breit niemanden im politischen Raum – auch nicht bei den Vermögensteueraktivisten – die das zum Thema machen.

      Seit gefühlt tausend Jahren reden Politiker aller Couleur von Steuervereinfachung und größerer Steuergerechtigkeit. Was aber ist passiert? Jede Veränderung machte alles nur noch komplizierter. Selbst mit Steuerberater ist man nicht mehr sicher, alles richtig gemacht zu haben. Daher gilt nach wie vor die alte Steuerprüferweisheit: Wir finden immer etwas.

  3. Ich sehe es als eine bodenlose Frechheit an, dass tatsächlich jemand Vermögen besteuern will. Steuern von den Cash Flows zu nehmen ist eine Sache, jedoch die Substanz aufzuzehren eine Andere. Wenn ich keinen Erfolg bzw. kein Vermögen anhäufen darf, warum sollte ich dann überhaupt noch ins Risiko gehen ein Unternehmen zu führen bzw. zu gründen? Warum sollte ich mich über das normale Maß noch anstrengen, wenn es mir quasi nicht besser gehen soll als allen anderen? Da müsste ich ja vollends mit dem Klammersack gepudert sein. Ein paar Kommentare zu den bisherigen Beiträgen:

    @Maritta: Ich denke wir sollten hier nicht über ein Recht auf Vermögen diskutieren. Der/die Eine schafft es, der/die Andere nicht. Für die, die es nicht schaffen, gibt es einen im Vergleich zum restlichen Europa bzw. der restlichen Welt ausreichenden Sozialstaat. Ob es darüber hinaus irgendwo Not und Armut gibt, kümmert mich nur bis zu einem gewissen Grad. In Deutschland gibt es das kaum, es muss im Gegensatz zu anderen Staaten niemand auf der Straße leben. Einkommen wird ausreichend hoch besteuert, warum sollte ich noch mein Vermögen besteuern lassen. Vielleicht sollte sich der Staat eher mal Gedanken über geringere Kosten machen und Profis Bauprojekte o. ä. machen lassen bzw. den Bürokratiekropf verkleinern. Der Staat hat im Wirtschaftsleben nichts verloren, man sieht ja was dabei herauskommt. Wenn ich jemanden das Recht auf Vermögen anzweifeln höre/sehe, wird mir Angst und Bange. Ich bin zwar nicht sehr vermögend aber das geht gar nicht.

    @Bekim: Andere für sich arbeiten lassen ist an sich nicht anstrengend. Ein großes Unternehmen jedoch verantwortungsbewusst zu führen, Aufträge/Kunden zu akquirieren und den Erfolg anhand der ermittelten Zahlen im Blick zu halten ist jedoch anstrengender/stressiger als der reguläre „nine to five“-Job. Diese Damen und Herren haben oft Arbeitstage > 12 Stunden und müssen die Zukunft des Unternehmens sicherstellen. Die harte Arbeit an sich, da gebe ich Ihnen Recht, findet an der Basis statt. Aber bitte nicht behaupten, dass Geschäftsführer/Vorstände sich einen faulen Lenz machen.

    @Marina: Sie wettern hier – im Übrigen tun das Alle zumindest indirekt – gg. große Unternehmen. Sie vergessen jedoch, dass diese Unternehmen nicht gezwungen sind, in diesem Land zu sein. Wenn Unternehmen das Land verlassen, bricht das Steuervolumen weg, weil dies auch einen langen Rattenschwanz nach sich zieht: nämlich Entlassungen ohne Ende und hohe Arbeitslosigkeit. Dies führt zu großen Einsparungen im Bereich Konsum, was wiederum verbliebene Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie z. B. zu Entlassungen zwingt. Na dann Prost Mahlzeit…Wichtiger wäre doch eine faire Besteuerung für alle Teilnehmer des wirtschaftlichen Lebens, faire Gehälter und strenge gesetzliche Regularien/Gesetze für die arbeitende Bevölkerung als Schutz. Die von Ihnen so gescholtenen Unternehmen sichern unseren noch immer sehr guten Lebensstandard und evtl. auch Ihren Arbeitsplatz…

    • Ich möchte den von Ihnen Angesprochenen nicht vorgreifen, deshalb nur zu Ihrer ersten Auslassung: Sie schütten das Kind mit dem Bade aus. Leistungsanreize bestehen auch dann, wenn das Prinzip „Winner takes it all“ nicht zur Anwendung kommt. Wenn schwächere Leistungsanreize als „Millionär werden“ und „am meisten haben“ Sie nicht zum Arbeiten bringen, dann sind Sie nicht sonderlich leistungsbereit. Anders gesagt, ist Ihre Motivationsstruktur unterentwickelt. Ist Ihnen Geld alles im Leben? Haben Sie sonst keine Ziele, die Sie erreichen wollen? Keine (nicht-monetären) Werte, die Ihnen wichtig sind und für die Sie sich einsetzen? Bedauerlich. Vielleicht ist es für Sie interessant zu erfahren, dass Volkswirtschaften, in denen der Wohlstand relativ gleich verteilt sind, besser funktionieren – nicht nur den unteren und mittleren, sogar den oberen Schichten geht es besser, wenn das Gefälle nicht zu groß ist. Lesetipp: http://www.zeit.de/2010/13/Wohlstand-Interview-Richard-Wilkinson
      Zur Frage der Substanzsteuer und Sollertragsteuer siehe meine Antwort auf „Müller“ weiter unten.

  4. Gerade weil die Vermögenssteuer eine Substanzsteuer ist, ist ihre Umverteilungswirkung besonders groß. Und Umverteilung ist das Gebot der Stunde, da die Schere zwischen Arm und Reich in einem Maße auseinanderklafft, dass unser Gemeinwesen mindestens mittelfristig durch massiven Akzeptanzverlust bedroht ist.
    Die Ungleichheit rechtfertigt diesen Eingriff, und sie rechtfertigt ihn besonders bei den Vermögen, die besonders groß sind, die um ein Vielfaches dessen größer sind als das, was Menschen zu einem guten Leben brauchen. Es gibt keine moralische Rechtfertigung für eine Anhäufung von Besitz weit über dieses Maß hinaus – angesichts real existierender Not und Armut.
    Deshalb ist sowohl eine Substanzbesteuerung gerechtfertigt als auch ein Freibetrag. Dessen Höhe kann diskutiert werden.
    Zu Sachwerten: Wenn Sammler ihren Kunstbesitz der Öffentlichkeit zugänglich machen, wenn Grundbesitzer ihre Flächen für Naturschutz oder öffentliche Erholung hergeben und in ähnlichen Fällen sollte man davon absehen können, diese zu besteuern. Aber allein die Tatsache, dass Besitz auf diese Weise Kosten mit sich bringt ist keine Argument gegen die Vermögessteuer auf Sachwerte. Wenn z.B. dadurch jemand gezwungen wird, seine Zweitwohnung zu verkaufen oder zu vermieten, ist das auch eine Maßnahme gegen die Anhäufung von nicht wirklich benötigtem Besitz. Diese Anhäufung entzieht der Gesellschaft Ressourcen.

    • Das ist doch alles nicht zu Ende gedacht. Weil es Armut gibt, darf es keinen Reichtum geben?
      Was nützt das Umverteilen, wenn das Ganze unproduktiv ist? Man kann doch alles nur einmal verteilen, und wenn die Umverteilung nur dazu dient, Menschen eine Zeit lang mehr Geld zur Verfügung zu stellen, die nach unserer Wohlstandsdefinition arm sind, dann dauert es nicht sehr lange, und es gibt nichts mehr zu verteilen. Der Unternehmer, der Produktionsmittel besitzt, kann diese auch nicht essen, sondern sie machen nur Sinn, wenn sie produktiv eingesetzt werden können. Wenn man aber diese Produktionsmittel „umverteilt“ (also vergesellschaftet), führt das dazu, dass jeder und niemand verantwortlich ist. Das Ergebnis solchen Tuns ist hinlänglich bekannt.

      Natürlich kann man Regelungen schaffen, die bei Wohnraumknappheit dafür sorgen, dass es keinen gewollten Leerstand gibt. Auch kann und muss man der hemmungslosen Spekulation mit Immobilien Einhalt gebieten. Aber löst das das Problem ?

      Vergleichen Sie mal die Aktionärsstruktur von BMW und Daimler. Bei Daimler ist man froh, dass möglicherweise ein chinesischer Investor einen größeren Anteil erwirbt, weil damit die Gefahr einer feindlichen Übernahme (mit allen Folgen für die Arbeitsplätze) verringert wird. Mir ist jedenfalls eine bestimmende Familie Klatten bei BMW allemal lieber, als Hetchfonds, die sich aufs Zerlegen von Betrieben verstehen – bei maximaler sozialer Kälte.

    • „Vergesellschaftet“ waren bzw. sind auch viele Krankenhäuser, Stadtwerke, Energieunternehmen, Schulen, Kindergärten, Universitäten, Jugendzentren, Autobahnen, Wohnungsunternehmen, bis vor einigen Jahren auch die Post und die Bahn. Zudem gibt es einige tausend Genossenschaften in Deutschland (ob in der Wohnungswirtschaft, in Landwirtschaft, Bankensektor, Handwerk und Handel). Darüber hinaus Betriebe mit Belegschaftsbeteiligung (der Spiegel-Verlag ist eines der bekannteren Beispiele). Möchten Sie mit Ihrem polemischen Schwarz-Weiß all diesen Unternehmen Misswirtschaft unterstellen („…jeder und niemand verantwortlich…“)? Denken Sie doch bitte noch einmal nach. Selbst die Aktiengesellschaften im Streubesitz müssten Ihrer Argumentation zufolge längst pleite gegangen sein.
      Und was die vermeintlich „sozialeren“ Firmenpatriarchen angeht: wie „sozial“ ist denn z. B. Herr Schwarz (Lidl)? Der hält sein Imperium zusammen, ja – aber zahlt keine Steuern, lässt Mitarbeiter bespitzeln und belügt Verbraucher über die Kinderarbeit in den von ihm verkauften Waren. Familie Schlecker hat sich ihren Angestellten gegenüber so schäbig verhalten wie irgendeine „Heuschrecke“. Glauben Sie wirklich, Frau Klatten oder die Albrechts würden im Ernstfall „sozialer“ vorgehen? In meinen Augen ist das Träumerei.

    • Ich denke schon, dass Sie verstanden haben, was ich meinte. An anderer Stelle hatte ich bereits gesagt, dass ich es für falsch halte, Unternehmen der Daseinsvorsorge (Sie zählen sie ja auf) zu privatisieren. Diese Unternehmen sollten üblicherweise nicht primär mit Gewinnerzielungsabsicht geführt werden; es reicht aus, wenn sie ihre Kosten decken und ihre Abschreibungen „verdienen“. Solche Unternehmen würden wohl von einer Vermögensteuer ausgenommen sein.

      Dass Sie in diesem Zusammenhang aber Aktiengesellschaften – auch solche im Streubesitz – in denselben Topf werfen, halte ich für nicht zielführend. Wir diskutieren hier über eine mögliche Vermögensteuer als permanente Substanzminderung, und die halte ich für ein Unternehmen, das im internationalen Wettbewerb steht, für äußerst fragwürdig. Was haben Sie dagegen einzuwenden, den viel einfacheren Weg einer – von mir aus kräftigen – Erhöhung der Einkommen-/Körperschaftsteuer zu gehen im Verein mit einer Streichung der teilweise abstrusen Ausnahmetatbestände im EkStG?

      Ich habe auch nichts dagegen, Unternehmer und Großaktionäre wieder mehr im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft in die Pflicht zu nehmen. Dazu gehört ein Mindestlohn und die Rückführung der sogen. Leiharbeit auf ihren ursprünglichen Zweck. Die schrittweise Aufhebung der früher geltenden max. Überlassungsdauer (ein schrecklicher Begriff) war und ist ein Skandal.

      Ich bleibe dabei: Wenn Sie „Reiche“ zu einer stärkeren Beteiligung an der Finanzierung des Gemeinwesens heranziehen wollen, sollten Sie beim Einkommen ansetzen. Wenn Sie das entsprechend besteuern, ist die Vermögensbildung, die ja einigen Ideologen ein Dorn im Auge ist, automatisch erschwert. Ich sehe auch Bedarf, die skandalösen Beitragsbemessungsgrenzen für die Sozialversicherung aufzuheben oder zumindest diese Grenzen drastisch zu erhöhen. An dieser Stelle könnte man große Einkommen unmittelbar und wiederum ohne weiteren Verwaltungsaufwand an der Finanzierung der Solidarsysteme beteiligen. Stattdessen schwafeln unsere Politiker ständig von den stärkeren Schultern, die mehr tragen können, trauen sich aber nicht, da anzusetzen, wo es gerecht und sofort einnahmewirksam möglich wäre. Insoweit sehe ich die Diskussion über eine Vermögensteuer letztlich als eine Nebelkerze an, die zwar publikumswirksam ist, weil sie schäbigerweise an Neidgefühle appelliert, aber verschleiert, das viel einfachere Möglichkeiten nicht genutzt werden.

  5. Hallo,
    wer glaubt denn tatsächlich das man mit eigener Arbeit derartige Vermögen anhäufen kann, die hier als Freibeträge im Gespräch sind?
    Die einzige Möglichkeit derartige Vermögen anzuhäufen ist das man andere für sich Arbeiten lässt, und was ist harte Arbeit daran andere für sich arbeiten zu lassen? Diese „anderen“ werden wiedrum mit dem Einkommen was sie aus ihrer Arbeit erzielen bestimmt keine Millionäre, dann müssen diese wohl auf Erben hoffen, was aber eher mit „Glück“ als mit irgendeinem Ergebnis von Fleiß zu tun hat oder selbst Selbstsändig werden und dann die Stufe erklimmen andere einzustellen… und die dann für ihn arbeiten.
    Ich denke wer andere für sich arbeiten lässt, und das erfolgreich läuft, sollte sich an den Kosten der Gemeinschaft, welche diese Arbeiter hervorgebracht hat mit denen er die Gewinne macht beteiligen. Sollte er das nicht tun wollen und auch Poltiker und ähnliche irgendwie dazu bringen das er sich auch tatsächlich nicht an den Kosten beteiligt, wird diese Gesellshaft an der mehrfachen Belastung der Arbeiter unweigerlich zsammenbrechen. Wie sollen die Arbeitnehmer alle Bürden alleine stemmen, während Arbeitgeber immer mehr Zeit damit vergeuden wie sie ihr Vermögen vermehren (Politiker legal und illegal bestechen, Harz-4-Lohndumping-Massnahmen, Nummernkonten etc.)?
    Wenn diese Konzentration von Kapital bei wenigen und gleichzeitig die Verarmung der Mehrheit weiter voranschreitet ist das Chaos vorprogrammiert, insbesondere auch weil die (Massen)Medien eine extreme Verblödungskampagne für die „Massen“ aufgesetzt haben, die an sich schon auf dem Prüfstand gehört. Das ist fahrlässig was dort unter dem Deckmantel der Medienfreiheit mit der Bevölkerung gemacht wird, eigentlich haben sie die Aufgabe Misstände aufzuzeigen um sie zu beseitigen, aber die aktuellen Medien sind selbst ein fester Bestandteil des Problems, anstelle die Verursacher zu Analysieren und deutlich zu machen werden dort wehrlose Minderheiten als Schuldgruppe hingestellt und die Wut der Massen auf diese gelenkt, damit werden gleichzeitig die wahren Verursacher beshützt. Dieses Verhalten zeigen alle Massenmedien, die privaten sowieso, die gehören ja der Verursachergruppe, aber auch die öffentlichen Medien, denn die unterliegen den Politikern, welche wiederum von den Vermögenden marionettisiert sind.

    • Hallo Bekim, wenn ich Sie richtig verstehe, wäre für Sie der Idealzustand, wenn jeder Mensch als Einzelindividuum vor sich hin werkeln würde, weil ihm dann voll und ganz das Ergebnis seines Arbeitseinsatzes zur Verfügung stehen würde und er nicht mehr „für Andere“ arbeiten müsste. Ist das aber als Basis einer Existenz im 21. Jahrhundert denkbar?

      Dass allen alles gehört, also so etwas Ähnliches wie VEB in der ehemaligen DDR, hat sich auch nicht als der Renner herausgestellt. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass die einzelnen Mitarbeiter eines VEB den Ertrag ihres Betriebs unter sich aufteilen durften. Irgendwie fühlten die sich offensichtlich auch nicht unbedingt als Miteigentümer, oder wie erklären Sie sich, dass ein großer Teil der Substanz verlotterte?

    • Christoph,
      Ihren ersten Beitrag oben kann ich ganz nachvollziehen, doch hier muss ich leider widersprechen, den „Lösungsansätzen“ der Wissensmanufaktur kann ich nicht zustimmen. Der Diktus dort erinnerte mich sehr an meine Recherchen zu ähnlichen Organisationen (z.B. Alpenparlament, AZK etc.), die alle höchst umstritten sind. Also schaute ich wieder nach und wurde fündig.
      Zitat aus: http://reflexion-blog.com/?p=1749
      „…für den rech­ten Ver­schwö­rungs­pro­pa­gan­dis­ten Andreas Popp und des­sen Think-Tank, der „Wis­sens­ma­nu­fak­tur”. Popp ist beken­nen­der „Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker” und Apo­lo­get der „BRD-GmbH”. Er trat in der Ver­gan­gen­heit unter ande­rem auf den Tref­fen der „Anti-Zensur-Koalition” (AZK) des Sek­ten­gu­rus Ivo Sasek auf, dort durf­ten auch Holo­caust­leug­ner, wie Bern­hard Schaub, und Pro­pa­gan­dis­ten der „Neuen Ger­ma­ni­schen Medi­zin”, wie Harald Bau­mann, ihre Pro­pa­ganda ver­brei­ten. … Im Bei­rat der „Wis­sens­ma­nu­fak­tur”, die von Popp domi­niert wird, sitzt der Ver­schwö­rungs­ideo­loge Michael Vogt, der in der Ver­gan­gen­heit mit dem NPD­ler Olaf Rose einen geschichts­re­vi­sio­nis­ti­schen Film über Rudolf Heß pro­du­zierte.“

      Auch interessant zu googeln Andreas Popp bei esowatch.com: „Popp ist der Ansicht, das Deutsche Reich sei von den Alliierten annektiert worden, diese Annexion gelte bis heute und die „Pseudorepublik“ und „so genannte“ Bundesrepublik Deutschland sei kein legaler Staat. Er befürwortet daher das Wirken einer Kommissarischen Reichsregierung. Welche der verschiedenen sich so nennenden Gruppierungen er meint, ist allerdings nicht bekannt.“

      Mein Beitrag geht zwar jetzt am eigentlichen Thema vorbei (ich bitte um Entschuldigung), aber die Werbung für die Wissensmanufaktur konnte ich einfach nicht unkommentiert lassen.

  6. Man sollte die Vermögensteuer bereits auf den 1. Cent anwenden, jeder Cent an Lohn, Gewinn, Mietertrag wird um 10% abgeschöpft – zusätzlich zur gewohnten Einkommensteuer und wenn der Staat damit nicht auskommt oder zu viele jegliche Arbeitsaufnahme bei abnehmender Attraktivität vermeiden, muss der Satz eben järlich erhöht werden bis wir die Infrastruktur nach 40 Jahren DDR haben. Dort wurde auch ordentlich von der Substanz gewirtschaftet – eine Weile geht das ja auch gut.
    Wenn dann alle gleich arm sind, wird es zwar keinem wirtschaftlich besser gehen, aber alle sind wenigstens gleicharm – das ist das Ziel!

    Wenn wir dann alle in maroden Wohnungen sitzen weil Jahrzehnte kein Geld zur Erhaltung vorhanden war, werden die Regeln wieder geändert werden müssen, dann gibt es einen Bauboom -> Vollbeschäftigung u.a. im Baugewerbe und das zweite deutsche Wirtschaftswunder! (…alles ohne Krieg, zerbombte Städte u.s.w. – Trümmerfrauen erleben eine Renaissance ….) – TOLL!

    • Danke für Ihren Beitrag, ich habe eine Schwäche für Ironie und Kabarett. Aber natürlich wissen auch Sie, dass es genau anders herum läuft.

      Der Wiederaufbau nach dem Krieg in Westdeutschland und das westdeutsche „Wirtschaftswunder“ wurden durch eine massive Besteuerung von Vermögen und hohen Einkommen ermöglicht. Unter den Bundeskanzlern Adenauer und Erhardt (beide CDU) galt ein Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer von 95 bzw. 90 Prozent. Hinzu kam eine Vermögensteuer PLUS eine Vermögensabgabe von 50 % des Vermögens, gestreckt auf 30 Jahre. Genau so finanziert man eben einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung, über den dann die ganze Welt staunt.

      Einen Abschwung und nachhaltige Blockade der wirtschaftlichen Entwicklung erzeugt man bekanntlich hingegen so: 1. man begünstigt (z. B. durch Steuernachlässe für Reiche) die Konzentration extrem großer Privatvermögen in wenigen Händen, damit möglichst große Spekulationsblasen an den Finanzmärkten entstehen. 2. Sobald diese platzen, lässt man Unter- und Mittelschicht für die Fehlspekulation der Reichen gerade stehen, indem man die Massensteuern erhöht und den Sozialstaat zusammenkürzt, bis alles am Boden liegt. Genau diesen Prozess können wir seit einigen Jahren live miterleben – und aus diesem Prozess wollen wir endlich raus. Deshalb fordern wir, dass große Vermögen endlich wieder besteuert werden.

    • Sie vergleichen hier aber – wie mir scheint ganz absichtsvoll – Äpfel mit Birnen. Das gesamte wirtschaftliche Umfeld zu Adenauers und Erhards Zeiten ist doch mit dem heutigen Umfeld, gekennzeichnet durch weltumspannende Kommunikation in Sekunden (Stichwort: Internet) und globalisierte Produktionsprozesse, nicht mehr vergleichbar. Es gab Gott sei Dank seit über 60 Jahren keine kriegerischen Auseinandersetzungen mit unseren Nachbarn, einhergehend mit maßloser Zerstörung der Infrastruktur. Der Lastenausgleich war in der Ausnahmesituation nach dem fürchterlichen Krieg absolut gerechtfertigt; denn das in ländlichen Regionen Gebäude und Produktionsanlagen nicht oder kaum zerstört wurden im Gegensatz zu den Metropolen, war ein glücklicher Umstand, so dass Solidarität mit den Menschen, die ohne Schuld alles verloren hatten, eine Selbstverständlichkeit.

      Dass in jüngerer Vergangenheit die Bankenregulierung zurückgefahren wurde, war ein riesiger Fehler, für den nun tatsächlich die Steuerzahler einstehen müssen. Man darf aber fragen, warum die deutsche Regierung die Banken (nicht etwa einzelnen Reiche) stützte, anstatt das schwedische Modell anzuwenden.

      Es wird im Wesentlichen davon gesprochen, wie man mehr Einnahmen erzielen könnte. Addieren Sie spaßeshalber mal die in den Berichten des Bundsrechnungshofes der letzten 10 Jahre aufgelisteten Verschwendungen und Sie werden feststellen, dass Geld genug vorhanden ist, nur dem Verpulvern dieses Gelds wird einfach kein Einhalt geboten. Und man muss wissen, dass der Bundesrechnungshof nur stichprobenartig prüft, die Dunkelziffer der Vergeudung dürfte also viel höher liegen. Weiterhin darf man garnicht daran denken, dass es noch 16 Landesrechnungshöfe und zigtausen Rechnunsprüfungsämter bei den Kommunen gibt. Bisher hat sich noch niemand aus dem politischen Raum getraut, all diese Dokumente der Geldvernichtung in einer Summe zusammenzuführen. Wenn man das täte, würde man sich vermutlich wundern, dass noch irgendjemand von den peanuts redet, die
      im Vergleich dazu eine Vermögensteuer einbringen würde.

  7. Sehr geehrte Frau Sawatzki,

    im Appell wird die Wiedereinführung von Vermögenssteuer für Millionäre gefordert, was ich voll und ganz unterstütze. Im dem Artikel wird jedoch angeregt die Freibeträge deutlich niedriger als 2 Millionen Euro anzusetzen. Wenn man sich an der Höhe von 1996 orientieren würde, (1/38 * 2.000.000 € = 53.632 €) dann müßte wohl jeder, der eine abbezahlte Eigentumswohnung besitzt, schon Vermögenssteuer zahlen! Diese Freibeträge wären meiner Ansicht nach viel zu niedrig, dem würde ich auf keinen Fall zustimmen wollen!

    Mit freundlichen Grüßen
    Matthias Kassner

    • In unserem Appell fordern wir einen Freibetrag von mindestens 1 Million Euro – wobei die Formulierung („Besteuerung von Millionenvermögen“) offen lässt, ob es sich um einen Freibetrag pro Kopf oder pro Haushalt handeln soll. Für diese Größenordnung spricht nicht nur die Bevölkerungsmehrheit – so sind 77 % der Deutschen für einen Haushalts-Freibetrag von 1 Million – sondern vor allem die Vermögensstatistik. Weniger als 1 % der Bevölkerung verfügen über ein Nettovermögen von mehr als 1 Million Euro. Dieses reichste Prozent der Bevölkerung jedoch besitzt insgesamt mehr als ein Drittel des Gesamtvermögens. Bei einem Freibetrag um 1 Million Euro kommt also ein beträchtlicher Steuerertrag zusammen – ohne dass die Mittelschicht von der Steuer betroffen wird. Omas Häuschen, die private Altersvorsorge oder eben die Eigentumswohnung bleiben steuerfrei. (Natürlich gibt es auch Eigentumswohnungen, die deutlich mehr wert sind als 1 Million – aber da bewegen wir uns wohl auch deutlich in der Oberschicht….)

      Der Hinweis auf die frühere Regelung war lediglich als Information gedacht, nicht als Plädoyer dafür, zu diesen Freibeträgen zurückzukehren. So erstaunlich gering sie heute erscheinen mögen, wurden sie doch über viele Jahrzehnte hinweg ganz selbstverständlich gezahlt. Anders wäre es wohl auch nicht möglich gewesen, Wiederaufbau und Wirtschaftswunder, einen modernen Sozialstaat und den Ausbau des Bildungswesens zu bewerkstelligen. Viele Menschen wissen davon heute gar nicht mehr – oder wollen nichts davon wissen. Und diese Geschichtsvergessenheit dient Gegnern jeglicher Vermögensbesteuerung gern als Folie, um die Forderung nach einer Vermögensteuer schon im Ansatz als „Enteignung wie in der DDR“ zu diskreditieren. Fakt ist: sämtliche heute zur Diskussion stehenden Modelle sehen Freibeträge vor, die um ein Vielfaches höher sind als jene, die unter konservativen Regierungen, von Adenauer und Erhardt bis Kohl praktiziert wurden.

  8. Da bin ich ja gespannt, wie sich in nächster Zeit bzgl. dieser Frage weiter entwickelt …
    Die betreffenden politisch Verantwortlichen müssen jetzt Farbe bekennen:
    ENTWEDER hängen sie sozusagen weiter am Gängelband der großen Wirtschafts-unternehmen
    ODER sie zeigen endlich einmal – im Sinne der sozialen Gerechtigkeit für die Allgemeinheit – wahre Größe!

  9. Bevor man die Diskussion über eine Vermögensteuer fundiert führen kann, sollte jeder Verfechter einer solchen Steuer ehrlich sagen, was als Basis der Besteuerung herangezogen werden soll, mithin: Was ist Vermögen? Nur Bargeld oder auch jede Art von Sachwerten, wie Immobilien, Schmuck, Autos, Sammlungen (es gibt nicht nur Sammler von Gemälden, sondern z. B. auch Sammler von Modellbahnen, die mitunter Werte von zigtausend Euro erreichen)? Und wie bewertet man Sachwerte gerecht?

    Bargeldbestände, also das Geld, das nach jeder Art von Besteuerung (Einkommen-, Umsatz-, Gewerbe-, Grunderwerb-,Kfzsteuer usw.) übrig blieb und nicht konsumiert wurde, sind relativ leicht zu ermitteln und ihr Wert steht fest. Aber darf man gerechterweise als Vermögen behandeln, was ein sparsamer Mensch nicht verjubelt, sondern zurückgelegt hat? Soll der bestraft werden, der bescheidener als andere lebte und sein Geld nicht mit vollen Händen zum Fenster hinaus warf?

    Sachwerte, zuvörderst Immobilien, müssten bewertet werden, um eine Steuerbasis zu erhalten. Das wird alle sogenannten Sachverständigen für Immobilienbewertung erfreuen, wobei aber schon immer klar war, dass deren „Gutachten“ häufig kaum das Papier wert sind, auf das sie gedruckt wurden. Solche Gutachter müssen ja nie beweisen, dass ihre Wertermittlungen stimmen. Aber solange kein Käufer nachgewiesen werden muss, der bereit wäre, zum ermittelten Wert zu kaufen, ist der Wert eine Behauptung und nicht mehr. Nun soll also ein Immobilienbesitzer einen nicht bewiesenen Wert versteuern, und das Jahr für Jahr. (Wobei klar ist: Wenn er verkauft, wird ihm wohl kaum auf die möglicherweise anfallende Einkommensteuer seine seit vielen Jahren gezahlte Vermögensteuer angerechnet).

    Ganz toll wird es, wenn es Leerstand gibt (und den gibt es, auch wenn immer nur mit Immobilienbesitz in Bestlagen großer Städte argumentiert wird). Dann zahlt der Eigentümer Steuern auf einen Wert, der ihm keine oder nur wenig Erträge einbringt. Kann er das nicht aus Geldvermögen (das ja auch noch besteuert wird), ist er zum Verkauf gezwungen. Wenn das überhaupt gelingt, dann wegen des erheblichen Drucks nur zu sehr schlechten Bedingungen.

    Vermögensteuer ist also immer eine Substanzsteuer, und es ist klar: Von einer Substanz kann man nur solange etwas wegnehmen, bis nichts mehr da ist. Außerdem: Wenn sie signifikante Beiträge zum Haushalt liefern soll, muss sie sehr niedrig ansetzen. Es traut sich aber niemand zu sagen, dass dann auch das berüchtigte kleine Häuschen von Oma dazu zählen wird.

    Eine bessere Lösung wäre es somit, bestimmte Erträge großer Vermögen (Zinseinkünfte, Dividenden etc.) stärker als bisher zu besteuern, wobei sich die Politik endlich dazu aufraffen müsste, das völlig aus dem Ruder gelaufene und mit Schlupflöchern übersäte Einkommensteuerrecht zu reformieren, anstatt es bei 25 % pauschal zu belassen. Das würde zumindest dem Gedanken Rechnung tragen, dass nur umverteilt werden kann, was zunächst erwirtschaftet wurde.

    Das betrifft insbesondere viele mittelständische Unternehmen. Es wäre doch fatal, wenn sie verdientes und versteuertes Geld für eine Substanzsteuer hergeben müssten, und bisher gesunde Unternehmen mit einem hohen Eigenkapitalanteil zunehmend Banken in Anspruch nehmen müssten, um neue Investitionen finanzieren zu können. Wenn man es etwas polemisch betrachtet, könnte man sagen, die Idee zur Vermögensteuer könnte von Bankenlobbyisten stammen.

    Und was das Beispiel mit Albrecht, Otto oder Klatten angeht: Da wird so locker gesagt, die können doch ein paar von ihren vielen Aktien verkaufen, um Vermögensteuer zahlen zu können. Es wird zwar eine Weile dauern, aber wenn man es zu Ende denkt, haben die irgendwann auch keine Aktien mehr. Die gehören dann vermutlich irgendwelchen Heuschrecken.

    • Von ihrem Grundgedanken her ist die Vermögensteuer zwar eine Substanzsteuer, d. h. Steuerbemessungsgrundlage ist der gesamte Vermögenswert, nicht der Vermögensertrag. In der Praxis kam die Vermögensteuer jedoch fast immer als sogenannte „Sollertragsteuer“ zur Anwendung. Sollertragsteuer heißt: ihre Höhe ist so bemessen, dass sie aus dem üblicherweise anzunehmenden, durchschnittlichen Vermögensertrag gezahlt werden kann. Die Vermögenssubstanz wird dadurch also nicht verringert. Die zur Diskussion stehenden Vermögensteuermodelle sind fast ausnahmslos Sollertragsteuern, mit Steuersätzen von 1 bis 1,5 Prozent.

      Die Wertermittlung ist im Bewertungsgesetz geregelt. Für Immobilien wird in der Regel das sogenannte Ertragswertverfahren angewendet, dass den mit der Immobilie erwirtschafteten Ertrag zugrundelegt und mit einer Variable multipliziert, deren Größe von Grundstücksart, Bauart, Lage und einer ganzen Reihe weiterer Faktoren abhängt. In Fällen, in das Ertragswertverfahren nicht angewendet werden kann, kommt das ebenfalls im Bewertungsgesetz definierte Sachwertverfahren zur Anwendung. Beide Verfahren werden auch bei der Erbschaftsteuer erfolgreich angewandt. Die ausführlichen Regelungen finden Sie hier: http://www.gesetze-im-internet.de/bewg/BJNR010350934.html#BJNR010350934BJNG000102301

      Eine Ergänzung zum von Ihnen erwähnten Geldvermögen: es besteht nicht nur aus Bargeld und Einlagen auf Bankkonten, sondern auch aus Aktien und sonstigen Wertpapieren (z. B. Derivaten). Diese werden nach ihrem Kurswert zu einem einheitlich festgesetzten Stichtag bewertet.

      Noch eine Bemerkung: Menschen, die ihr gesamtes Einkommen verkonsumieren, „verjubeln“ dieses in den allermeisten Fällen keineswegs und werfen es nicht „mit vollen Händen zum Fenster“ hinaus. Ich finde Ihre diesbezüglichen Formulierungen sehr respektlos gegenüber der Bevölkerungsmehrheit, deren Einkommen zu gering ist, um davon Vermögen zu bilden. Solange Grundbedürfnisse wie Wohnen, Essen, Kleidung, Hausrat, Medikamente, Schulbücher für die Kinder etc. nicht gedeckt sind, ist man gezwungen, jeden einzigen Euro auszugeben, den man hat. Erst danach kann gespart werden – wenn denn dann noch etwas vom Einkommen übrig ist. Fast jede/r vierte Beschäftigte in Deutschland arbeitet inzwischen im Niedriglohnsektor, für weniger als 9 Euro brutto. Da können Sie nichts „verjubeln“ und da bleibt auch nichts Nennenswertes für den Sparstrumpf.

      Hinzu kommt, dass Konsum mit 7 bzw. 19 Prozent besteuert wird – Sparen hingegen überhaupt nicht. Wer wird da denn „bestraft“? Selbst der Obdachlose, der sich ein Brot kauft, zahlt einen höheren Steuersatz als derjenige, der einen Euro über hat und spart. Einführung der Vermögensteuer hieße, das Sparen – nach der ersten Million – mit 1 oder 1,5 Prozent zu besteuern. Ein (zugegebenermaßen geringer) Zuwachs an Gerechtigkeit.

    • Ich möchte mich nicht mit terminologischen Spitzfindigkeiten unseres desaströsen Steuerrechtes auseinandersetzen. Ich musste vor 1997 Vermögensteuer zahlen und konnte nicht feststellen, dass die Bemessungsgrundlage sich auch nur ansatzweise am Ertrag orientierte. Ich musste schlicht auf die Erträge Einkommensteuer zahlen und danach nochmals auf die Substanz. Notwendige größere Instandhaltungsmaßnahmen musste ich daher per Kredit finanzieren. Die Finanzierungskosten durfte ich dann bei der Einkommensteuer steuermindernd geltend machen. Sage einer, dass derartige Regelungen nicht verrückt seien. Warum also sollte man den Ertrag nicht gleich höher besteuern? Das ist ohne Mehraufwand in der Steuerverwaltung machbar und gerechter.

      So wie Sie es schreiben, stellen Sie die gängigen Wertermittlungsverfahren erst garnicht in Frage. Was nützt denn eine Ertragswertermittlung, wenn es keine Erträge gibt? Wie ermitteln Sie den Ertragswert einer Produktionshalle, eines Maschinenparks? Alles nur Spökenkiekerei. Erst recht, wenn man die Schwachstelle dieses Verfahrens mal näher betrachtet: Da wird von den Gutachterausschüssen bei den Kreisverwaltungen der sogen. Liegenschaftszinssatz statistisch (!) ermittelt, und der hat maßgeblichen Einfluss auf die Berechnung des Ertragswertes. Wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist die Restnutzungsdauer. Wie legen Sie die aber bei einem beispielsweise nahezu 100 Jahre alten, aber noch brauchbaren Gebäude fest, außer Sie tun das, was alle Gutachter tun, Sie schätzen. Und damit sind wir wieder bei der Archillesverse jeder Bewertung. Letztlich ist dann nämlich die darauf basierende Vermögensteuer auch nur ein Schätzwert. Es gibt doch nur einen ehrlichen Wert, und das ist der, den ein Erwerber bereit ist, zu zahlen. Wie wollen Sie das aber in der Praxis ermitteln?

      Und über das Verfahren zur Sachwertermittlung (i.d.R. bei Privathäusern angewandt) sollten wir erst garnicht diskutieren. Das ist in meinen Augen staatlich sanktionierter Betrug. Über dieses Verfahren waren sich die sogenannten Experten und Päpste der Gutachterzunft schon vor 15 Jahren höchst uneinig. Es gab da eine Fraktion, die lehnte die Sachwertermittlung kategorisch ab, die andere, eher konservative Fraktion, fand sie nach wie vor richtig. Man operiert auch heute noch gern mit sogen. „Normalherstellungskosten“ pro m³ umbauten Raumes auf Basis 1913 (!!), die man dann mit dem Baupreisindex auf das aktuelle Jahr hochrechnet – ein Index (!) von Statistikern theoretisch ermittelt.
      Wie bewerten Sie ein 8×6 m großes, energieintensives Schwimmbad im Haus, das ggf. einen Sachwert von 150.000 EUR oder mehr darstellt, das aber von den Eigentümern schon stillgelegt wurde, weil sie es nicht mehr finanzieren können? Ist das nun ein Vermögenswert, den man gerechterweise einer Steuer unterwerfen darf?

      Allen Verfahren ist dann noch zu eigen, dass am Ende eine sogen. Marktwertanpassung erfolgen sollte. Auch hier wieder Einschätzungen, aber keine wissenschaftlich haltbaren Methoden. Kein Wunder also, dass Sie drei höchst unterschiedliche Werte erhalten werden, wenn Sie spaßeshalber 3 Gutachten erstellen lassen.

      Was das „Verjubeln“ von Einkommen angeht: Haben Sie mich hier bewusst missverstanden? Wenn jemand sein gesamtes Einkommen ausgeben muss, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, fällt das wohl bei verständiger Betrachtung nicht unter den Begriff „verjubeln“. Wenn ich mir aber beispielsweise eine Porsche leiste und auch ansonsten einen luxuriösen Lebenswandel führe, anstatt das Geld zurück zu legen, dann pleite gehe und anschließend im schlimmsten Fall beim Sozialamt vorstellig werde, ist der Begriff „verjubeln“ wohl nicht falsch gewählt. Aber ist derjenige, der es erst garnicht zur Ansammlung von Vermögen kommen lässt, obwohl er könnte, sozialverträglicher als ein Vermögensmillionär, der angemessen lebt und für ordentliche Arbeitsplätze sorgt?

    • Sollertragsteuer heißt nicht, dass sich die Höhe der Steuer am konkreten Ertrag im Einzelfall orientiert. An den konkreten Erträgen im Einzelfall orientiert sich lediglich die „Kappungsgrenze“, die die Grünen für die Besteuerung von Betriebsvermögen vorschlagen (maximal 35 % des konkreten Ertrags).
      Sollertragsteuer heißt: eine Steuer, die „aus den üblicherweise
      zu erwartenden möglichen Erträgen (Soll-Erträge) bezahlt werden kann“ (Formulierung des Bundesverfassungsgerichts). Dieser Ertrag kann im Einzelfall höher oder niedriger sein – darüber entscheiden letztlich die Vermögensbesitzer und der Markt. Zwischen den 0 % Rendite, die eine Privatyacht abwirft, und den 25 %, die Herr Ackermann für normal hielt, ist die Spannbreite immens. Insgesamt haben sich die Privatvermögen in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt, haben also in diesem Zeitraum über 100 % Rendite gebracht. Die Steuerforderungen sind im Vergleich dazu höchst bescheiden.

      Zur Bewertungsfrage: Kein Verfahren kann ausschließen, dass einzelne Hausbesitzer finden, ihre Immobilie werde unangemessen bewertet. Wenn es an den Verkauf geht, kann ihr Wert aus Perspektive des Besitzers nie hoch genug geschätzt werden, und wenn es an die Steuer geht, kann er nie niedrig genug sein…und das eigene Kind ist immer das schönste.
      Wenn Ihnen allerdings jemand mit „Normalherstellungskosten“ von 1913 kommt, dann lassen Sie ihn ins Bewertungsgesetz schauen – da werden aktuellere Grundlagen vorgeschrieben. Ob der Baukosten-Index oder der Baupreis-Index sinnvoller ist – darüber kann man sich m. E. streiten (Definitionen hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Baupreisindex). Das beiden zugrundeliegende statistische Verfahren jedoch ist das legitimste und geeignetste, um realistische Näherungswerte zu ermitteln.

      Und noch mal zum „verjubeln“: ich habe mich halt gefragt, wo in ihrem Entweder-Oder die Bevölkerungsmehrheit vorkommt, die nie im Leben in die Verlegenheit kommt, sich Fragen eines Vermögenden zu stellen. Wir reden ja nicht über die Größenordnung von Bausparverträgen, sondern über Millionenbeträge. Aber nehmen wir den Porschefahrer, der ein üppiges Banker-Gehalt Monat für Monat verkonsumiert. 1. leben von seinen Konsumausgaben eine ganze Menge Leute (vom Autobauer bis zum Koch im Restaurant – hinzu kommen die Leute, die wiederum davon leben, dass Autobauer, Koch & Co. ihr Auskommen haben und ihrerseits Brötchen, Haarschnitt etc. kaufen). 2. zahlt er auf nahezu alles, was er ausgibt, 19 Prozent Steuern (von bereits versteuertem Einkommen). Mir persönlich wäre es zwar aus ökologischen Gründen lieber, wenn er den Porsche stehen ließe. Aber für die Volkswirtschaft, für Arbeitsplätze und den steuerfinanzierten Sozialstaat tut der „Verjubler“ deutlich mehr als ein Asket, der spart, um sich dann am Geldzählen zu erfreuen.
      Nun war Ihr Vergleichsbeispiel allerdings ein unternehmerischer Millionär mit „angemessenem“ Lebensstandard. Wenn man zugrundelegen würde, was bei Hartz IV-Beziehern für „angemessen“ für eine menschenwürdige Lebensführung gilt, kann man von einer Million Euro 123 Jahre leben. Was halten Sie für „angemessen“?

    • Schon Ihre Beschreibung der Grundlagen mit Kappungsgrenzen und der fürchterlichen juristischen Formel „überlicherweise zu erwarten“ zeigt, wie kompliziert schon die Berechnung der Besteuerungsgrundlage wäre. Wenn sich die sogen. Kappungsgrenze am Ertrag orientiert, wird diese Grenze durch die nach wie vor mögliche „kreative Buchführung“ wohl häufig unterschritten werden. Sie nützt also nichts im Sinne einer Steuererhebung. Abhilfe schafft hier nur: Verzicht auf das bürokratische Monster Vermögensteuer, Schließen der unzähligen Schlupflöcher im Einkommen-/Körperschaftssteuerrecht und Anhebung der Steuersätze. Wenn dann noch der ausufernden regelmäßigen Verschwendung von Mitteln Einhalt geboten würde, gäbe es keine Probleme auf der Einnahmeseite.

      Ihre weitere Argumentation ist m. E. irgendwie widersprüchlich. Sie loben den positiven gesamtwirtschaftlichen Effekt, der durch großzügiges Ausgabeverhalten von Vermögenden entsteht. Dennoch wollen sie diesen Stützen der Konjunktur Vermögensteuer abknöpfen. Gleichzeitig wollen Sie aber auch diejenigen bestrafen, die Sie als asketische „Geldzähler“ verunglimpfen. Seit wann ist Sparsamkeit keine Tugend mehr?

      Sie wollen im Übrigen doch sicher nicht ernsthaft darüber diskutieren, was im Einzelfall eine „angemessene Lebensführung“ ist. Selbst ein Empfänger von ALG2 wird nicht erwarten, dass sich ein erfolgreicher Unternehmer aus Scham über seinen Erfolg dem ALG2-Lebensstandard anpasst. Allerdings wird sich ein erfolgreicher Unternehmer i.d.R. hüten, seine Gewinne zu verpulvern, anstatt sie überwiegend in seinen Betrieb zu investieren. Erfolgreiche Unternehmer liefern sich nämlich nicht der Willkür von Banken aus.

      Zu Ihrem Beispiel, wie lange ein HarzIV-Empfänger von 1 Mio. EUR leben kann: Rechnen Sie mal aus, wie lange ein HarzIV-Empfänger z. B. vom Einkommen zuzüglich ersparter Alterssicherungsbeiträge eines Abgeordneten, der über die Regelsätze mitbestimmt, leben könnte (ganz abgesehen davon, dass nicht nur ein HarzIV-Empfänger von der exorbitanten Altersversorung eines Abgeordneten, die in kürzester Zeit erworben wird, nur träumen kann). Also: Derartige Vergleiche taugen kaum für eine redliche Diskussion.

      Das hindert ja nicht daran, gegebenenfalls über die Angemessenheit der ALG2-Sätze zu diskutieren. Allerdings vermisse ich in der Diskussion über die sogen. HarzIV-Leistungen immer, dass den Regelsätzen die weiteren Leistungen wie Miete, Krankenkasse (!), Heizung und weitere Mehrbedarfe, auf die Anspruch besteht, hinzuzugerechnet werden. Es ist unredlich, wenn regelmäßig nur über 382,– EUR/Monat für eine Einzelperson gesprochen wird.

      Zur Bewertung: Es geht doch nicht darum, ob ein Hausbesitzer sein Haus – je nach Zweck – subjektiv als zu niedrig oder zu hoch bewertet ansieht. Es geht mir ausschließlich darum, dass es keine objektiven Bewertungsmöglichkeiten gibt. Sie selbst sprechen von „realistischen“ Näherungswerten. Wenn ein Wert realistisch ist, dann ist er kein Näherungswert mehr. Wer aber legt denn letzten Endes fest, was „realistisch“ ist? Solange mehrere Gutachten für ein und dasselbe Objekt zu völlig unterschiedlichen Werten führen und das mit Abweichungen im fünf- bis sechsstelligen Bereich, kann es keine haltbare Bewertungsgrundlage für eine Steuer geben. Man müsste insoweit verlangen dürfen, dass Gutachter den Nachweis führen für die objektive Richtigkeit ihrer Ermittlungen. Das ist aber wohl kaum möglich. Ich kenne im Übrigen das Bewertungsgesetz und weiß, dass schon seit geraumer Zeit
      die Basis 1913 nicht mehr aktuell ist, was aber vereidigte Sachverständige gelegentlich nicht daran hindert, sie weiterhin zu verwenden. Und ich frage Sie: Welcher Normalbürger kennt denn das Bewertungsgesetz und kann somit bemerken, dass der anscheinend „Sachverständige“ über ungenügenden Sachverstand verfügt, oder schlicht zu faul war, seine Textkonserven zu aktualisieren?

      Frage: Wenn eine Immobilie falsch bewertet wurde und aufgrund dessen eine falsche Vermögensteuer festgesetzt wurde, soll es dann zu einer Erstattung bzw. Nachversteuerung kommen, wenn sich kurz darauf bei einem Verkauf herausstellt, dass der Gutachter phantasiert hatte?

    • Was die Aktien betrifft, die können dem Staat auch übereignet(als Steuerschuld) werden, der darf daraus die Nutzen für seine Bürger ziehen und damit seinen Aufgaben nachkommen z.B. die der Wasserversorgung(http://community.t-online.de/community/forum/nachrichten/n_2/wasser-ist-ein-menschenrecht:2E:,48645947.html#lp) was ja europaweit privatisiert werden soll und die Menschen noch abhängiger macht von Absahnern. Vermögenssteuer nimmt auch von den Verbrechern Steuern – denen sonst schwer beizukommen ist, weil sie ja kaum Einkommens- oder Lohnsteuer zahlen würden.
      Was Ihren Hinweis auf die Bankenlobbyisten betrifft: die Bänker träfe die Vermögenssteuer auch, da sie in dem Bereich der Zockerei/Spekulationen hohe Einkommen und Boni zu verzeichnen haben und ist auch gerechtfertigt, da diese den normalen Steuerzahlern erhebliche Risiken aufbürden.

    • Da geht jetzt aber einiges durcheinander. Was hat die Vermögensteuer mit „Privat vor Staat“ zu tun? Es war und ist sicher ein großer Fehler, Betriebe, die der allgemeinen Daseinsvorsorge dienen, zu privatisieren. Dieser Fehler muss in meinen Augen unbedingt korrigiert werden. (Eine Ausnahme bilden hier allenfalls die gelegentlich anzutreffenden Versorgungsgenossenschaften. Die gehören allen daran beteiligten Bürgern und sind nicht auf Gewinnerzielung aus). Die Korrektur des Privatisierungswahns kann aber kaum darin bestehen, z. B. einem privatisierten Wasserwerk Vermögensteuer aufs Auge zu drücken. Was soll denn dabei herauskommen? Vor allem aber: Sie korrigieren damit nicht den Systemfehler.

      Glauben Sie ferner, dass man Verbrechern mit Vermögensteuer beikommen wird? Die Verbrecher, die Sie vermutlich meinen, operieren international. Echtes Vermögen bilden die dort, wo ihnen kaum jemand auf die Füße treten kann. Im Übrigen sollte gelten: Der Staat macht sich nicht mit Verbrechern gemein, indem er vor ihnen kapituliert und sich stattdessen mit ein paar Brosamen vom Tisch der Mafia zufrieden gibt, nach dem verheerenden Motto: Anders kommen wir denen nicht bei. Verbrecher sind eine Sache der Strafverfolgungsbehörden, nicht der Finanzverwaltung. Eine Steuer kann niemals als Strafersatz eingesetzt werden. Schon der von Herrn Schäuble mit der Schweiz ausgehandelte Vertrag, der wie eine Kapitulationsurkunde vor Kriminellen erscheint, war ein schlimmes Signal an alle ehrlichen Steuerzahler. Gott sei Dank hat der Bundesrat dafür gesorgt, dass der Vertrag nicht ratifiziert wurde, zumindest solange, wie die lobbygesteuerten Befürworter dieses Vertrages keine Mehrheit in beiden Häusern erlangen.

      Wenn Banker, wie Sie zu Recht schreiben, mit ihrem Spielbankbetrieb hohe Einkommen und Boni erzielten, dann könnte doch mit einem progressiv steigenden Spitzensteuersatz auf Einkommen, der von mir aus deutlich über 50 % liegen dürfte, sehr viel schneller und effektiver abgeschöpft werden. Um zu vermeiden, dass sich diese Spezies ganz legal arm rechnen kann, ist eine Revision der vielen Ausnahmetatbestände im Einkommensteuergesetz eher zielführend, als die Wiederbelebung eines schon bis 1996 recht untauglichen Instrumentes, das überdies verfassungswidrig war.

    • Verfassungswidrig an der Vermögensteuer war lediglich, dass Immobilien in der Praxis systematisch unterbewertet wurden, weil bis in die 90er Jahre hinein die uralten Einheitswerte aus den 60er Jahren zugrunde gelegt worden waren. Die Vermögensteuer als solche wurde vom Bundesverfassungsgericht mit keinem Wort beanstandet, ihrer Verfassungsgemäßheit steht völlig außer Zweifel. Wäre der Gesetzgeber zügig der Aufforderung nachgekommen, die Einheitswerte zu aktualisieren, wäre die Vermögensteuer niemals ausgesetzt worden. Im Rahmen der Reform der Erbschaftsteuer wurden dann die Bewertungsregeln aktualisiert – sie können wie im Erbschaftsteuerrecht auch im Vermögensteuerrecht angewendet werden.
      Zu der von Ihnen als Alternative in die Diskussion gebrachten Einkommensteuererhöhung für hohe Einkommen: diese fordern wir ebenfalls in unserem Appell. In Anbetracht der Haushaltsnotlage (die schon vor der Bankenkrise zu einem großen Teil auf Steuererleichterungen für die Begüterten seit Mitte der 90er zurückzuführen ist), der sich immer weiter vertiefenden Gräben zwischen Arm und Reich und der Demokratiekrise, die auch durch die Zusammenballung von wirtschaftlicher Macht bei wenigen Personen entstanden ist, sehen wir eine konsequentere Besteuerung von Spitzeneinkommen und eine Wiedereinführung der Vermögensbesteuerung nicht als gegeneinander zu stellende Alternativen, sondern als zwei Maßnahmen, die beide gleichermaßen notwendig sind.

    • Das ist wieder so eine Rabulistik. Die Erhebung der Vermögensteuer in der formal bis heute gültigen Form wurde wegen ungleicher Behandlung von Immobilienvermögen gegenüber anderem Vermögen für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber unterließ bis Ende 1996 eine Überarbeitung der beanstandeten Besteuerungsgrundlagen vor dem Hintergrund, dass seinerzeit ein Spitzensteuersatz von 53 % + Soli auf Einkommen erhoben wurde. Die eigentliche „Bevorzugung“ von sehr großen Einkommen lag also vor allem in der deutlichen Senkung dieses Steuersatzes und führte in der Folgezeit zu der kontrovers diskutierten Vermögensmehrung. Es bleibt einfach dabei: Vermögen kann sich nur aus Erträgen bilden, es fällt nicht vom Himmel.

      So einfach, wie Sie das anscheinend sehen, ist eine Aktualisierung der Einheitswerte nicht. Schon das Zustandekommen dieser Einheitswerte in Form formelhafter Berechnungen der Finanzverwaltung vom Schreibtisch aus ist skandalös, basiert sie doch auf einem Haufen von Annahmen, deren Richtigkeit zweifelhaft ist. Es ist unstrittig, dass das Ergebnis selten oder nie etwas mit dem realen Wert zu tun hat, derzeit also regelmäßig zu niedrig ist. Das soll also geändert werden, wobei eine einfache Anhebung natürlich genauso weltfremd wäre, weil ja der methodische Fehler nicht beseitigt würde.

      Die Kommunen nehmen diesen Einheitswert doch schon lange nur als einen mathematischen Bezugspunkt, der mit bedarfsgesteuerten Hebesätzen von sehr unterschiedlicher Höhe, die sachlich nichts mit dem tatsächlichen Wert zu tun haben, zur Festlegung der notwendigen Grundsteuer führt.

      Es ist unter Fachleuten heute unstrittig, dass der Einheitswert, der mal „erfunden“ wurde, um für eine Reihe von Steuern eine einheitliche Bemessungsbasis zu haben, seinen Zweck schon lange nicht mehr sinnvoll erfüllt.

      Wenn Sie nun sagen, dass auch eine am Einkommen/Gewinn orientierte Einkommen-/Körperschaftsteuer mit deutlich höheren Spitzensätzen von einer zusätzlichen Substanzabgabe flankiert werden muss, stellt sich die Frage, ob das im Ergebnis dann ausreichend ist, oder ob alsbald eine weitere Abgabe „erfunden“ werden muss.

      Ich bin fest davon überzeugt: Solange der Staat alle unstreitig vorhandenen Finanzierungsprobleme nur durch Steuern und Kürzungen vor allem im Sozialbereich glaubt lösen zu können, wird sich an der Verschwendung nichts ändern. Ich meine jetzt nicht Ausgaben, über deren Sinnhaftigkeit gestritten werden kann, sondern Ausgaben aufgrund von Schlamperei, Inkompetenz, Protzsucht oder blödsinniger Regeln des Haushaltsrechtes (Schlagwort: Dezemberwunder), die keinerlei Nutzen stiften. Was fangen Sie mit einem teuren Brückenbauwerk an, dessen Planer offenbar die Breite eines üblichen PKW nicht kannten, oder mit gleichartigen Bauwerken, die nutzlos irgendwo in der Gegend herumstehen ohne Anschluss an irgendeine Fahrbahn. Warum packt viele Kommunen ab November die Bauwut, nur weil es die Räte für unerträglich halten, mögliche zweckgebundene Landesmittel auszuschlagen, auch wenn es für den Zweck keinen Bedarf gibt. Ich sehe hier in ländlicher Umgebung pausenlos Kreisverkehre entstehen auf Straßen, die seit 20 Jahren relativ wenig Verkehr aufweisen und die Kreuzungen beseitigen, die noch nie einen Stau oder einen Unfall sahen. Aber Mittel für derartige Vorhaben dürfen nicht einfach für eine dringend notwendige Schulsanierung ausgegeben werden.

  10. Hallo! Ich halte persönlich Freibeträge für eine Vermögenssteuer von 2 Mio. oder mehr eher für sinnvoll. So geht man der gefährlichsten Debatte für eine Vermögenssteuer aus dem Weg: „Warum sollte derjenige, der sein Vermögen durch harte Arbeit aufgebaut hat bestraft werden?“ In diesem Bereich ist das durchaus noch möglich, so dass man dieses Argument mit höheren Freibeträgen komplett entkräften und somit eine höhere Akzeptanz für die Steuer im Allgemeinen schaffen kann. Niemand wird wohl behaupten können, dass man bei einem Vermögen über 2 Millionen oder mehr nicht in der Lage ist eine Vermögenssteuer zu bezahlen. Das Argument der „Substanzbesteuerung“ kann dann auch nicht mehr greifen, wenn die Substanz aus Spekulationsgütern besteht (Kunstgegenstände, Immobilien, Aktion, etc.).

    Zudem sind die unter 2 Millionen liegenden Vermögen auch weder für das Steueraufkommen sehr vielversprechend noch stellen sie den größeren Teil des ca. 4 Billionen € betragenden Privatvermögens in Deutschland, über das ca. 20 % der Bevölkerung verfügen.

    Entsprechend sollte lieber ein höherer Steuersatz angewendet, der die Umverteilung von Fleißig nach Reich durch das derzeit gegebene Zinseszinssystem zumindest ausgleicht. Zu diesem Zweck wäre dann in etwa ein Steuersatz von 20-30% notwendig. Man könnte aber auch schon mit 5 – 10 % spürbare Einnahmen generieren, die die herrschende Ungerechtigkeit und das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich zumindest etwas abmildern könnten.

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