Merkel von Mieten-Bremse gestochen
Es ist nur ein Anfang, aber wenigstens wacht die CDU allmählich auf: letzte Woche endlich kündigte Angela Merkel an, auch ihre Partei befürworte künftig einen Mietpreis-Deckel bei Neuvermietungen. Wenn „Mutti“ gesprochen hat, ist normalerweise Schluss der Diskussion in der CDU. Doch nun meldet die Süddeutsche Zeitung, dass ungenannt bleibende Mitglieder der Unions-Führungsriege wider den Stachel […]
Es ist nur ein Anfang, aber wenigstens wacht die CDU allmählich auf: letzte Woche endlich kündigte Angela Merkel an, auch ihre Partei befürworte künftig einen Mietpreis-Deckel bei Neuvermietungen. Wenn „Mutti“ gesprochen hat, ist normalerweise Schluss der Diskussion in der CDU. Doch nun meldet die Süddeutsche Zeitung, dass ungenannt bleibende Mitglieder der Unions-Führungsriege wider den Stachel Merkels löcken – ausgerechnet beim Mieterschutz. Dabei hat Merkel bisher nicht einmal eine Hausnummer genannt: 10, 20 oder 30 Prozent Mieterhöhung, wieviel leistungslosen Aufschlag will Merkel Vermietern weiterhin gönnen?
Wenn eine Mietpreis-Bremse kommt, wird weniger neu investiert: dieses von den Freunden grenzenloser Mieterhöhungen jetzt wieder zu hörende Pseudo-Argument kennt man schon aus der Debatte um die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Ein Pseudo-Argument, denn der damit unterstellte proportionale Zusammenhang zwischen Nettorenditen und Investitionsraten wird von den empirischen Daten keineswegs bestätigt. Im Gegenteil hatte beispielsweise die drastische Senkung der Unternehmensteuern um die Jahrtausendwende zur Folge, dass die so beschenkten Unternehmer deutlich weniger investierten als zuvor – während ihre Netto-Gewinne geradezu explodierten:
Bis in die 90er Jahre hinein wurden Investorengewinne nicht nur stärker besteuert, es konnten auch bei weitem nicht so exorbitante Mieterhöhungen durchgesetzt werden wie heute – der relativ ausgewogene Markt gab das schlicht nicht her. Und dennoch wurde damals deutlich mehr gebaut als in den letzten Jahren, in denen Investoren sich lieber auf den Finanzmärkten verlustierten – bis zum Crash. Seither erscheint der Handel mit „Betongold“ wieder als attraktives Geschäft: absolut krisensicher, denn wohnen müssen die Leute ja immer – und vor allem in Deutschland sensationell profitabel. Denn hier erlaubt die Rechtslage immer noch, nahezu sämtliche Kosten für Unterhalt und Modernisierung auf die Mieter abzuwälzen und diesen darüber hinaus regelmäßig saftige Mietaufschläge abzuverlangen, ohne dafür irgendeine Gegenleistung zu erbringen. Ein Paradies für „Heuschrecken“ und alle, die es werden wollen.
Derzeit können Vermieter mal eben die Miete um 30, 40 oder 50 Prozent erhöhen – nur weil ein Mieter aus- und ein anderer einzieht. Immer mehr Vermieter nutzen diese Möglichkeit, wie die alarmierenden Mietspiegel zeigen. Und noch mehr Vermieter werden diese Möglichkeit künftig nutzen, wie die Entwicklung der großstädtischen Immobilienpreise zeigt. Die „Überhitzung“ des Markts, bei der auch Wolfgang Schäuble eingreifen möchte, ist längst eingetreten – und dass er dies nicht bemerken will, lässt tief blicken in den Abgrund, der sich zwischen der CDU und dem einst von ihr verfochtenen Programm der sozialen Marktwirtschaft aufgetan hat.
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Marktmacht muss begrenzt werden, damit sie nicht einseitig ausgenutzt werden kann: dieses Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft gilt in ganz besonderem Maße für Märkte, auf denen über die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse entschieden wird. Wohnen ist ein solches Grundbedürfnis und ein – durch internationale Konventionen und unsere Verfassung garantiertes – Grundrecht. Grundrechte lassen sich nicht „marktkonform“ machen – im Gegenteil gilt es, den Markt so einzuhegen, dass auf ihm die Grundrechte nicht mit Füßen getreten werden. Dafür braucht es dringend eine konsequente Mietpreis-Bremse (nicht nur) bei Neuvermietungen. Und es braucht massiv verstärkte Investitionen in den Sozialen Wohnungsbau: jenseits des Markts. Statt wie jetzt über das Copyright für die Mietbremsen-Idee zu streiten, sollten die Wahlkämpfer sich auf die Socken machen, dieses Terrain ernsthaft wieder zu entdecken. Denn darauf ließe sich gut bauen.
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- Lesetipp: Die neue Wohnungsfrage (Barbara Schönig)
Nachtrag: Wie die Süddeutsche meldet, ist Merkel inzwischen zurückgerudert: der CDU-Vorstand will keine bundesweite Mietpreis-Bremse, sondern nur die Möglichkeit, eine solche auf Länderebene einzuführen. Eine Mogelpackung nach dem Prinzip „Teile und herrsche“: so schafft sich Merkel „Beinfreiheit“ im Wahlkampf, während die Mietpreis-Schraube täglich Mieter/innen die Luft abdrückt. Wir bleiben dran.
Laut Gesetz ist die Rechnung korrekt, denn der Vermieter darf elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlegen, und zwar dauerhaft. Für Sieglinde May bedeutet der Umbau eine Katastrophe. „Ich werde ausziehen müssen“, sagt sie. Über die Mietenkrise in ihrer Stadt hatte die Münchnerin oft gelesen. „Wenn es einen dann selber trifft, ist das schon sehr bitter.“Es trifft nicht nur sie. Deutschlandweit stehen Millionen Mieter vor einer ungewissen Zukunft. Viele befürchten, dass sie sich ihre Bleibe auf Dauer nicht mehr leisten können. Rekordmieten, Energiepreisschock, Wohnungsnot in Großstädten – die Entwicklung auf dem Mietmarkt kennt einige Gewinner, vor allem aber Verlierer.Dass die Wohnkosten drastisch steigen, liegt nicht zuletzt an der Energie- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung. Vehement drängt sie darauf, dass Häuser mit maroden Heizkesseln, undichten Dächern und zu dünnen Außenmauern saniert werden. Auf diese Weise soll der Wärmebedarf in Gebäuden bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent sinken.Hauseigentümer sind angehalten, zu dämmen und zu isolieren, was das Zeug hält. Seit 2009 müssen sie den Zustand ihres Objekts in einem Energieausweis dokumentieren. Je Gas und Strom sparender ein Haus ist, desto besser lässt es sich vermarkten. „Modernisierungen“, schwärmt ein Vermieter, „sind neuerdings die besten Kapitalanlagen.“Den Preis zahlen die Bewohner. Erhält ihr Haus eine schützende Fassade, Thermofenster und eine neue Heizung, steigt die Miete. Wer glaubt, er könne den Verlust durch eingesparte Heizkosten wettmachen, irrt. Zwar reduziert sich der Energieverbrauch nach einer Sanierung merklich – doch das reicht in der Regel nicht aus, um die höhere Miete auch nur annähernd abzufedern.Die Alternative wäre, für weniger Geld in einem unsanierten Haus zu wohnen. Dann freilich drohen den Mietern Horrorrechnungen durch die explodierenden Energiepreise.
31.01.2013 16:32:42 [Ad Sinistram] Reaktionen einer Kanzlerin Mit der potenziellen rot-grünen Koalition in Niedersachsen hat sich das Kräfteverhältnis im Bundesrat verschoben. Manche Journalisten verstiegen sich daher sogar zu der Aussage, dass es für Kanzlerin Merkel schwerer würde zu regieren. Dies scheint ein weit verbreiteter Schreibfehler oder Versprecher zu sein, denn in diesem Satz fehlt ein A. Von der linken Mehrheit im Bundesrat, die nun einige Journalisten zu sehen glauben, wollen wir hier gar nicht erst sprechen.
Wahlkampf mit Sicherheit.
Huuuust ist doch nur Wahlkampf.
Sehr schön der Euro-Knick zu sehen und der Wirtschaftskrisenknick 2008…
wer denkt, dass sei Zufall, der irrt gewaltig.
Die Fäden werden hinter der Kulisse gezogen.
Seit Jahrtausenden Brot und Spiele.
Gruss von E.
Ist es nicht auch so – fällt mir gerade beim Lesen dieses Artikels ein -, dass die Grundsteuer, welche der Vermieter als Eigentümer zu leisten hat, z.T. auf den Mieter abgewälzt werden kann? Warum eigentlich, wenn es tatsächlich so wäre?
Ich finde es absolut nicht richtig.
Und dann sind manche Eigentümer so dreist und gehen als Vermieter nicht einmal einfachen Verpflichtungen nach, – aber wehe, die Miete erscheint mal nicht pünktlich (d.h. nur ein paar wenige Tage später) auf dem Konto des Vermieters!
Ich denke, es herrscht eine richtige Schieflage zwischen Vermietern und Mietern, was die Rechte und Pflichten jeweils anbelangt.
Dies nur am Rande bemerkt …
Tatsächlich kann die Grundsteuer auf die Mieter umgelegt werden, als Teil der „Betriebskosten“. Bis 2004 gab es regelmäßig juristischen Streit darüber, ob die Eigentümer oder die Nutzer die Grundsteuer tragen sollen. Die rotgrüne Bundesregierung hat dann 2004 in der Betriebskostenverordnung festgelegt, dass die Steuer auf Mieter umgelegt werden kann, sofern dies im Mietvertrag erwähnt und in der Nebenkostenabrechnung aufgeführt ist (§ 2 BetrKV).
Sachlich nachvollziehbar ist das m. E. nicht, auch nicht mit Blick auf die Logik, nach der die übrigen Kosten in umlagefähige und nicht umlagefähige unterschieden werden. Als Betriebskosten umlagefähig sind Kosten, die aufgrund der Nutzung durch die Mieter anfallen (Verbrauchs-, Wartungs-, Reinigungskosten). Nicht umlagefähig solche, die aufgrund des bloßen Besitzes entstehen (Kapitalkosten, Verwaltung, Erhaltung – dafür und für den Vermietergewinn wird die Miete gezahlt).
Wenn also Mieter laut Mietvertrag die Grundsteuer als Teil der Betriebskosten zahlen müssten, dann würden sie quasi wie ein Eigentümer behandelt, dem das Mietobjekt gehört, aber daraus lassen sich diesbezüglich keine gewissen Rechte herleiten …?
Es muss heißen „wider den Stachel Merkels löcken“.
Danke 🙂