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Ausspähung ist Verrat

Brechen Häuser zusammen, gibt es Lärm und Staub. Zerbrechen Gewissheiten, zerbricht Vertrauen, dann ist diese Katastrophe leise. Aber nicht weniger erschütternd. Wie die Enthüllungen über die grenzenlose Ausforschung durch Geheimdienste, ihre dreisten Lügen und die hinter den Kulissen gepflegte Arroganz der Macht auf die Menschen wirken, die dieser Macht ausgeliefert sind, das kann ich an […]


Brechen Häuser zusammen, gibt es Lärm und Staub. Zerbrechen Gewissheiten, zerbricht Vertrauen, dann ist diese Katastrophe leise. Aber nicht weniger erschütternd.

Wie die Enthüllungen über die grenzenlose Ausforschung durch Geheimdienste, ihre dreisten Lügen und die hinter den Kulissen gepflegte Arroganz der Macht auf die Menschen wirken, die dieser Macht ausgeliefert sind, das kann ich an vielen Zuschriften und Kommentaren ablesen. Resignation ist darunter, auch Kampfgeist, und oft ein tiefes Erschrecken über den Staat.

Ich deute dieses Erschrecken so: Wir haben dem Staat eine begrenzte Macht überlassen gegen das Versprechen, dass er sich selbst in der Ausübung dieser Macht beschränkt. Und jetzt stellen die Menschen fest, dass dieses grundlegende Versprechen gebrochen wurde. Eine absolute Grenze, die Pflicht zur Wahrung unserer Grundrechte, wurde verletzt. Das ist der Kern der Erschütterung. Die Grundlage unserer Demokratie ist in Zweifel gezogen.

Der Staat verletzt unsere Würde und unsere Rechte, wenn er Menschen ohne jeden Verdacht ausspäht. Etwas juristischer formuliert: Die Spitzel-Programme verletzen das Fernmeldegeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Außerdem ist die Menschenwürde zumindest angetastet. Denn die Komplettspeicherung macht uns Bürger/innen zu einem Objekt staatlichen Überwachungsdrangs.

Dass wir jetzt von der Totalüberwachung wissen, die auch besondere Vertrauensbeziehungen wie die zu unserem Arzt und zu unserem Anwalt einschließt, macht den Verfassungsbruch noch gravierender. Denn wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung vom 2. März 2010 festgestellt hat „ist die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten geeignet, ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann“.

Manch einer hilft sich mit Zynismus über die Erschütterung hinweg: Alles sei längst bekannt, tönen manche, die mir schreiben. Und behaupten, sie hätten gewusst, was die Geheimdienste treiben. Ich bin ehrlich: Ich wusste es nicht. Ich hätte noch vor drei Monaten das, was wir heute über Prism, Tempora, XKeyscore und die Verwicklung deutscher Geheimdienste wissen, als Verschwörungstheorien abgetan. Jetzt weiß ich von der Macht einzelner Geheimdienstmitarbeiter und ich erkenne die Gefahr des Machtmissbrauchs für antidemokratische oder auch „nur“ kriminelle Zwecke. Und weil ich das weiß, kann und will ich mich nicht damit abfinden.

Besonders erschüttert hat mich eine Zuschrift von jemandem, der unseren Appell nicht unterschreiben wollte, weil er befürchtete, danach nicht mehr in die USA einreisen zu können. Ganz unabhängig davon, ob die
Befürchtung berechtigt ist oder nicht (wer weiß schon, nach welchen Kriterien die Einwanderungsbehörden der USA Menschen Zutritt zum Land gewähren?): Die Mail zeigt, dass das, was ich befürchte Wirklichkeit ist. Die Schere im Kopf ist wirksam, und sie beschneidet sogar politisches Handeln. So weit sind wir gekommen!

Schuld daran sind nicht Einzelne, die eine im Einzelfall vielleicht verständliche Entscheidung treffen, Schuld daran ist eine grenzenlose staatliche Überwachung.

Nein, das kann ich nicht hinnehmen. Können Sie es? Antworten Sie mir in den Kommentaren.

Foto: Jörg Klemme, Quelle: www.piqs.de/

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25 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Die Schere die in einigen wenigen Köpfen einsetzt (Reise nach Amerika) ist wohl besonders stark in der Politik ausgeprägt. Es wäre wohl sehr weltfremd anzunehmen, dass hier noch völlig frei entscheiden werden kann. Nicht umsonst wurde die Diplomatie genutzt um hinter den Kulissen, umständlich formuliert, seine Interessen mitzuteilen.

    Die Schere der Zensur ist also scharf – ob man nach Russland schaut wo nach außen hin das Asyl mit der Einstellung von weiteren Veröffentlichungen abhängig gemacht wird, oder in Deutschland der Asylantrag schnellstmöglich als unmöglich eingestuft wird um nicht bei Freunden in Ungnade zu fallen.

    Es erinnert mich etwas an die Schulzeit oder die Schutzgelderpressungen in der Gastronomie. Wenn man dem Schläger nicht jeden Tag einen Euro gibt dann ist man Vogelfrei, wenn man es tut bekommt man als Gegenleistung Schutz und Anerkennung.

    Also geben wir Daten um Terrorschutz zu bekommen und auch den ein oder anderen Auftrag für die Industrie. Mucken wir zu laut auf, gibt es lediglich Sanktionen.

    Unsere SEPA Überweisungen sollen/können von den USA eingesehen werden, vor der Einreise müssen wir uns offenbaren und nun auch noch alle bisher fehlenden Daten zur Gefahrenabwehr mitteilen. Wie nackt muss man sich machen nur um Freund zu bleiben ?

  2. Wirtschaftsspionage ist das eine und eingeweihte Konzerne wissen sich davor zu schützen – der Mittelstand offenbar nicht wie diverse Fälle (z.B. bei strittigen Windkraftpatenten) zeigen. Es gibt aber auch Bedrohungen durch abgefischte private Kommunikation. Die Stasi verstand sich darauf, Leute gefügig zu machen, indem man sie mit persönlichen Verfehlungen konfrontierte ähnlich wie mit den straußschen Sündendossiers, mit denen politische Widersacher diszipliniert werden konnten. Edward Snowdon hätte ja beispielsweise auch ein Schutzgelderpresser sein können oder irgendeiner seiner Kollegen bzw. ein klammer Exkollege? Und was den Verfassungsschutz betrifft, haben wir ja noch gar keine Verfassung, die er schützen könnte, sondern lediglich ein Grundgesetz, das unter dem Patronat der Siegermächte von handverlesenen Experten nach alliiertem Muster ausgearbeitet wurde und zur Erhebung in den Verfassungsrang der Zustimmung des Volkes bedurft hätte bzw. bis heute darauf wartet, bevor wir und unsere Politiker aus dem demokratischen Sandkasten entlassen werden können. Das ist insofern auch kein Nebenschauplatz sondern gehört genau in diesen Zusammenhang, weil es auch erklärt, warum unsere Politiker gerade bei diesem Thema so auffällig rumeiern.

  3. Hallo zusammen,
    ich kann es nicht verstehen.
    Herr Schröder hat vor einigen Jahren eine uneingeschränkte unterstütung im Kampf gegen den Terrorrismus den Amerikanern zugesagt.
    Seit Microsoft,Google und Co wissen wir was technisch möglich ist.
    Das manche Länder/Eliten ein Impirialistisches denken haben wissen wir auch.
    Das niemand niemanden traut wissen wir auch.
    Das sich Länder vor dem westlichen einfluss schützen wollen.Ist auch bekannt.
    Dem ganze Wahnsinn der abläuft.Kann man jeden Tag folgen.
    Wenn man sich mal vorstellen mag.Das alles wäre ein Spiel z.B Monopoly und man will nicht nur einen Teil der Strassen besitzen sondern alle.Und man hat die möglichkeiten und auch Macht dieses Ziel bis zur vollendung durchzuziehen.Sollte sich doch mal jeder fragen zu was er in der lage wäre.
    Ich denke das war erst der Anfang.( Vielleicht gehen wir dann auch hin und erklären die Taliban wären die bösen um sie Jahre später wie schon auch Jahre zuvor mit Waffen zu unterstützen.Oder auch zu erzählen das ein Land nachweißlich Bio Waffen hat um gegen dieses in den Krieg zu ziehen u.s.w
    Es wäre gut daran getan das jeder einzelne anfängt zu reflektieren und in welcher Zelle er festsitz.Wir sind Die,die zuschauen und genauso wie die Eliten erst mal an unsern Vorteil denken.

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