Neue TTIP-Dokumente: US-Regierung und Unternehmen wollen EU-Datenschutz umgehen
Neue Dokumente: Internetriesen und US-Regierung wollen über TTIP-Geheimabkommen den Datenschutz umgehen!
Europa und die USA verhandeln derzeit das Freihandelsabkommen TTIP. Aus Dokumenten geht hervor, dass sowohl US-Handelskammer als auch Unternehmen den Datenverkehr mit in das Abkommen aufgenommen haben wollen. Wenn sie sich durchsetzen, wird das EU-Datenschutzrecht ausgehöhlt.
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Datenschutz gehört offiziell nicht zum Verhandlungsmandat der EU-Kommission. Hinter verschlossenen Türen wird jedoch bereitwillig über den „freien Fluss“ der Daten beraten. Für US-Regierung und Unternehmen stellt das europäische Datenschutzrecht ein Handelshemmnis dar. Das neue EU-Datenschutzrecht, das derzeit verhandelt und noch der EU-Wahl verabschiedet werden wird, sieht noch stärkere Beschränkungen vor. Und das aus gutem Grund. Schließlich schnorcheln Geheimdienste wie die NSA, wie die Enthüllungen des Hinweisgebers Edward Snowden gezeigt haben, bei auch US-Unternehmen hemmungslos Daten von EU-Bürgern ab.
Bei einer Anhörung der grünen Fraktion am 5. März 2014 wurde das Verhältnis zwischen EU-Datenschutz und TTIP diskutiert. Dort gab ein Vertreter der EU-Kommission bekannt, die USA hätten einen Entwurf zu elektronischem Handel eingebracht. Datenströme zwischen EU und den USA sollen auf Wunsch der USA nach Vorbild eines Abkommens mit Südkorea geregelt werden. Dort müssen Unternehmen sich keine Erlaubnis mehr holen, um sensible Daten in Übersee verarbeiten zu dürfen. Mitgliedsstaaten kann nach einem derartigen Modell auch untersagt werden, Unternehmen dazu zu verpflichten, sensible Daten auf europäischen Servern zu speichern. Im Extremfall kann dies bedeuten, dass europäische Vorratsdaten nicht wie vom europäischen Gerichtshof gefordert, auf europäischen Servern gespeichert werden müssen.
Regierungen, die fordern, dass sensible Daten innerhalb der EU verarbeitet werden, würden dann riskieren auf Schadensersatz in Millionenhöhe verklagt zu werden. Ein geleakter Entwurf des TTIP Abkommens sieht zwar vor, das Ausnahmen beim „Datenfreihandel“ gemacht werden dürfen. Wie die schwammigen Formulierungen im Streitfall ausgelegt werden, ist nicht abzusehen. Beispiele, in denen Unternehmen aufgrund von Freihandelsabkommen gegen Verbraucherschutz und Umweltschutz ins Feld zogen gibt es genug: Vattenfall klagt auf Schadensersatz wegen des Atomausstiegs, der Tabakkonzern Philip Morris fordert von Uruguay eine Milliardenentschädigung für Gesundheitshinweise auf Zigaretten und ein Rohstoffkonzern verklagt Kanada für ein Fracking-Verbot.
Im TTIP-Entwurf ist ausdrücklich von Webhosting, Datenverarbeitung und -speicherung, Data Mining und räumlich verteilte Rechenoperationen die Rede. Es droht ein Freifahrtschein für Datenweitergabe, wobei lediglich ein „angemessener Datenschutzstandard“ gefordert wird. Es ist absehbar, dass vor Schiedsgerichten mit Unternehmensbeteiligung, die „Angemessenheit“ anders ausgelegt werden wird, als von deutschen Gerichten oder von Verbraucherschützern.
Verbraucherverbände bleiben außen vor und bekommen noch nicht einmal Einblick in den Stand der Verhandlungen, während Internet-Großkonzernen eine exklusive Bühne geboten wird, um ihre Forderungen den Entscheidungsträgern vorzutragen. Ist das Abkommen aus den Hinterzimmern erst einmal in trockenen Tüchern, kann das EU-Parlament nur mit Ja oder Nein stimmen. Ein Ja zu TTIP kann damit auch ein Nein zu wichtigen Punkten des neuen EU-Datenschutzrechts bedeuten. Nach den Enthüllungen von Edward Snowden wäre dies ein fatales Signal.
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