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Pseudo-Konsultation statt Bürgermeinung

Es ist ein Hohn auf die Prinzipien der Bürgerbeteiligung. Bei ihrer gestern gestarteten Konsultation zu den umstrittenen Konzernklagerechten im TTIP Freihandelsabkommen tut die EU-Kommission alles, um kritische Antworten zu verhindern. Der Plan wird nicht aufgehen. FacebookTwitterGooglePlus Gestern hat die EU-Kommission ihre lange angekündigte Anhörung endlich gestartet. Diese Pseudo-Konsultation verdient jedoch ihren Namen nicht: Sie umfasst […]


Es ist ein Hohn auf die Prinzipien der Bürgerbeteiligung. Bei ihrer gestern gestarteten Konsultation zu den umstrittenen Konzernklagerechten im TTIP Freihandelsabkommen tut die EU-Kommission alles, um kritische Antworten zu verhindern. Der Plan wird nicht aufgehen.

Gestern hat die EU-Kommission ihre lange angekündigte Anhörung endlich gestartet. Diese Pseudo-Konsultation verdient jedoch ihren Namen nicht: Sie umfasst 41 Seiten Text und Fragen, die nur für auf Handelsrecht spezialisierte Juristen verständlich sind. Effektiver kann man Bürgerinnen und Bürger nicht davon abschrecken, ihre Meinung zu äußern.

Dreist und frech behauptet die Kommission: „Die zentrale Frage, zu der die Kommission Stellungnahmen einholen möchte, ist die Frage, wie die Investitionsbestimmungen in der TTIP gesehen werden und wie damit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der Investoren und dem Schutz des Regulierungsrechts der EU und ihrer Mitgliedstaaten sichergestellt werden kann.“ So, so. Warum in aller Welt hat die EU-Kommission dann nicht genau diese beiden Fragen gestellt?

Campacts Antworten wären gewesen: Die Investitionsbestimmungen in TTIP sind gleichzeitig überflüssig und gefährlich. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz von Investoren und dem Recht zu regulieren kann damit nicht hergestellt werden.

Statt dessen müssen wir uns mit Fragen wie diesen herum schlagen: „Taking into account the above explanation and the text provided in annex as a reference, please provide your views on whether this approach contributes to the objective of the EU to increase transparency and openness in the ISDS system for TTIP. Please indicate any suggestions you may have.“ Grob übersetzt: Lesen Sie mehrere Seiten Text und beurteilen Sie, ob diese Formulierungen die Investorenklagen bei TTIP vielleicht etwas transparenter und offener gestalten, als dies bei älteren Handelsabkommen der Fall war. Aber das schert uns überhaupt nicht. Wir wollen keine etwas weniger schlimmen Konzernklagerechte, wir wollen gar kein ISDS!

In diesem Stil sind 12 der 13 Fragen verfasst. Nur die allerletzte Frage ist halbwegs offen formuliert. Um einige der Fragen beantworten zu können, muss man in anderen internationalen Abkommen nachschlagen (die EU-Kommission verlinkt die entsprechenden Stellen nicht einmal!).

Angesichts solcher Fragen fühle ich mich in meine Schulzeit zurückversetzt. Es sind klassische Klausurfragen, so formuliert als hätten sie den Zweck, Wissen abzufragen. Ganz sicher sind es keine offenen Fragen nach einer Meinung. So etwas ist eine Zumutung und eine Unverschämtheit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Aber so leicht lassen wir uns nicht abschrecken. Campact wird die offizielle deutsche Übersetzung des Konsultations-Monstrums abwarten und dann – allen Finten zum Trotz – gepfefferte Antworten auf alle 13 Fragen geben. Diese Antworten werden wir wie immer hier im Campact-Blog veröffentlichen. Wir tun das auf jeden Fall rechtzeitig vor dem 21. Juni 2014, dem Tag an dem die Frist zur Beteiligung an der Konsultation abläuft. So wollen wir anderen helfen, ihre Meinung ebenfalls zu artikulieren.

Diese Pseudo-Konsultation fällt letztlich auf die EU-Kommission selbst zurück. Sie sorgt dafür, dass die TTIP-Verhandlungen weiter an Legitimität einbüßen.

Wir empfehlen allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich an der Konsultation beteiligen wollen, zunächst die Veröffentlichung von deutschen Übersetzungen und Hilfestellungen zur Beantwortung durch uns und andere NGOs abzuwarten. Die Beantwortung im Online-Fragebogen ist sonst sehr mühselig. Bereits beantwortete Fragen werden nicht zwischendurch gespeichert und die Konsultationsseiten stürzen häufiger ab. Deshalb sollten die Antworten in einem extra-Dokument vorbereitet und gespeichert werden.

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Autor*innen

20 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Hallo!
    Vielen Dank für den Hinweis und die Zusammenfassung.
    Die habe ich mal zum Anlass genommen, eine Antwort zu verfassen, ohne die Fragen selbst zu lesen. :-} Sie haben von mir auf alle Fragen die selbe Antwort bekommen. Diese besagt im Wesentlichen, dass sie gefälligst uns (ihre Bürger) beschützen sollen, nicht irgentwelche Investoren. Und dass sie sich erinnern sollen, wer ihr Arbeitgeber ist (wir halt) und wie Transparenz aussieht. Wenn sie solch eine Transparenz erreicht haben, könnten wir auch gerne über Details reden – habe ich ihnen mal angeboten.
    Vielleicht merken die nicht mal, was für einen Blödsinn sie treiben; vielleicht aber auch doch – keine Ahnung, was ich schlimmer fände…

  2. Danke, Leute von Campact!
    Wer, wenn nicht Ihr&Euresgleichen sollte Transparenz herstellen können und „den Finger in die Wunde(n)“ legen?!
    Bleibt bitte dran und laßt nicht locker! Neulich lernte ich einen Unternehmer kennen, der in mir einen Gleischgesnnten vermutete und unverhüllt vom Lder zog: Die interessierten (Wirtschafts-)Kreise werden alles daran setzen, die hinlänglich beschriebenen Bereiche zu Ihren Gunsten zugestalten.
    Es geht in der Tat um sehr tiefgreifende Einschnitte in die bisherigen sozialen Errungenschaften, wobei ich betonen möchte, daß ich kein Sozialromantiker bin, sondern die ausgewogenen Realität bevorzuge… .
    Man strebt stets nur eine Destruktivierung (schon seit Jahren) der staatl. Strukturen an, um den marktliberalen Kräften dieser Gesellschaft weitestgehende Handlungsmöglichkeiten zu ermöglichen.
    Glaubt mir, diese Leute, von denen ich einige kenne, scheren sich nicht im Geringsten um „den Anderen“ innerhalb einer Gesellschaft-es sei denn, er gehört „dazu“.
    Ziel ist letztlich eine Gesellschaftsordnung, die unsereins nicht gefallen kann… .

    Aufstehen!!! Es reicht.

  3. Danke für die Demaskierung dieser Farce… Da fließt vermutlich im Hintergrund ein wenig Schmiergeld… Gute Lobbyarbeit wird das wohl gemeinhin genannt. Wer hat den Fragenkatalog denn entworfen? Möge er sich doch einmal dazu äußern was er unter Bürgerbeteiligung versteht!

    Macht diesen Sesselpupern mal richtig Feuer unterm A……..

  4. Sehr gut, dass es Campact gibt.
    Wie sich immer wieder herausstellt, werden bei Aktionen, die hinter verschlossenen(!) Türen stattfinden, so gut wie IMMER demokratische Rechte mit Füßen getreten, sinnvolle Maßnahmen FÜR die Bevölkerung gestrichen und es wird ohne Ende gemauschelt, dass die Korruptionswände wackeln. Ob es sich nun um Steuerhinterziehung (aktueller Fall Hoeneß) oder Umweltfolgen (massive Grundwasserverstrahlung in Fukushima) oder eben um Gefälligkeiten der Wirtschaft gegenüber (u. a. Investorenklagen bei TTIP) handelt, IMMER WIEDER das gleiche Bild: Nur durch kritische Organisationen wie Campact, Menschen (Eduard Snowden) oder Zufälle bekommt der ‚arglose Bürger‘ den Missbrauch seines Vertrauens in großem Stil mit; aber so lange man eben diesen Bürger an der Nase herumführen und ausbeuten kann, wird weitergemacht!
    TTIP muss weg und am besten auch diejenigen, die dahinter stecken, nur leider kommt man an die nicht wirklich dran!
    Ein Grund mehr FÜR Campact! Durch euch passiert wenigstens überhaupt was!

  5. Soweit ich das verstanden habe wird die Frist erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnen, an dem der „Fragenkatalog“ in alle offiziellen EU-Sprachen übersetzt ist. Zitat EU-Commission: “ The deadline for submissions will be three months from the date at which the consultation is available in all official EU languages. Accordingly, the deadline will be updated in the consultation webpage.“ http://ec.europa.eu/yourvoice/ipm/forms/dispatch?form=ISDS

    • In der Pressemeldung der Kommission war der 21. Juni als Enddatum genannt. Wie dem auch sei, die Zeit wird reichen um zu antworten.

  6. Bitte erklärt mir, wie wir auf unsere „Europe-Politiker“ einwirken können. Welche Fragen soll ich dem Kandidaten stellen. Wie stehen die div. Parteien dazu? Kann ich das irgendwo nachlesen.
    Ich möchte mit mehr Wissen mein Umfeld sensibilisieren!

    • Die wichtigste Frage ist: „Werden Sie die beiden Abkommen TTIP und CETA ratifizieren, oder werden Sie die Ratifizierung verweigern?“

  7. Ich bin mit Marianne absolut einer Meinung und bedanke mich auch vom Herzen dass es euch- Campac-er gibt! Tolles Engagement! Dafür lohnt es sich auf die Strassen zu gehen und demonstrieren, ich wäre dabei!

  8. Das ist nur eine Proforma-Bürgerbeteiligung, denn sonst wären die Beratungen öffentlich und nicht geheim gewesen. Jetzt war Obama hier und hat nochmal Druck gemacht, gleichzeitig nochmals auf die „Segnungen“ der Gen-Technik in der Landwirtschaft sowie der Förderung von Schiefergas durch das Fracking-Verfahren hingewiesen, durch das man sich angeblich unabhängiger von russischem Gas machen könne. Was für ein Witzbold. Profotieren würde nur die Chemie- bzw. Frackingindustrie, hauptsächlich die aus den USA. Monsanto drängt nach Europa, auch darum soll das TTIP unterzeichnet werden. Wer wissen will, was allein Monsanto mit seinen Helfershelfern vom WWF in Südamerika und besonders Südostasien angerichtet hat, sollte mal bei Google die Begriffe „Monsanto“ und „Palmöl“ eingeben. Auf diesen Monokulturen wächst nämlich später kein Grashalm mehr.
    Daß die Staaten zwar nicht die Unternehmen, diese aber die Staaten verklagen können wenn diese Gesetze verabschieden, die schädlich für das Gewinnstreben dieser Konzerne ist, das ist weohl der größte Witz. Man sollte Herrn Barroso in ein Fernsehstudio zwingen, in dem er den Mürgern Europas vermitteln soll, was diese von diem TTIP-Abkommen haben. Und welche Nebenabsprachen in den Hinterzimmern schon verabredet worden sind.

    Bekämpft das TTIP wo Ihr könnt. Denn sonst werden Euere Enkel in einem Europa leben müssen, das alles ist, nur nicht mehr lebenswert. Amerika will die sozialen Standards, die sich europäische Arbeitnehmer in den letzten 150 Jahren erkämpft haben, rückabwickeln und zurückkehren iin die Zeiten der Feudalherrschaft!

  9. Ich wollte mich beteiligen und habe mir den Fragebogen angesehen – und aufgegeben. Ich bin beruhigt, dass es nicht nur mir so ging. Diese Art von „Bürgerbeteiligung“ ist ein Schlag ins Gesicht für jeden, der sich einbringen wollte, denn das läuft unter der arroganten Masche: „Was kann denn die EU dafür, wenn Du dummer Bürger die Fragen nicht verstehst?“

  10. Bringt die Proteste gegen TTIP lieber auf die Strasse, statt bei diesem Unsinn mitzuspielen.

    Das Thema ist geeignet eine breite Solidarität der europäischen Bürger gegen dieses „Eliten“abkommen zu erreichen.

    Eure Lobbyarbeit könnt ihr gerne nebenbei weiterlaufen lassen

  11. Liebe EU Bürokraten, macht nur weiter so, aber wundert Euch bitte weder über die Wahlbeteiligung der nächsten Europawahl und vor allem nicht wenn Ihr so das Europa-Projekt so komplett vor die Wand fahrt und die EU Verweigerer in Frankreich den Niederlanden, Deutschland etc. immer weiter an Zulauf gewinnen. Denkt bitte nicht, nur weil hier noch keine Barrikaden brennen wie seinerzeit in Kiew, wir würden nicht merken wenn sich Einzelne die Taschen voll machten…

  12. Das ist ja dann doch relativ einfach zu durchschauen: Diejenigen, die sich für „die Elite“ halten, versuchen mit so einer Aktion, den Rest der Welt (in deren Augen „das Arbeiterpack“ bzw. die „Wohlstandssklaven“) vorzuführen. Nach dem Motto: Ihr versteht ja gar nicht, was wir tun, also solltet Ihr auch kein Recht haben, uns in unserer Geschäfte reinzureden.

    Was jetzt wohl ansteht ist, den Spieß umzudrehen – das tatsächliche Problem ist nämlich, dass diese Unmenschen gar nicht fähig sind zu begreifen, was sie in der Welt anrichten. Also muss ihnen „das gemeine Volk“ klar, unmissverständlich und mit Nachdruck erklären, dass sie sich aus unseren Angelegenheiten herauszuhalten zu haben.

    Die folgende Studie zeigt anhand verschiedener wissenschaftlicher Modelle, dass die Bildung derartiger Eliten einer der wesentlichen Faktoren für die Auslöschung von Zivilisationen ist:

    Human and Nature Dynamics (HANDY): Modeling Inequality and Use of Resources in the Collapse or Sustainability of Societies

  13. sobald das konsultations-monstrum übersetzt ist und hier veröffentlicht wird, werde ich mich sofort beteiligen!

  14. Liebe EU-Kommission,
    wenn man wirklich BürgerInnenbeteiligung möchte, sollte die Thematik so rübergebracht werden, dass sie jede und jeder verstehen kann. Sonst handelt es sich um ein Täuschungsmanöver, mit dem man seine Absichten mit einem „Bürgerbeteiligungs-Mäntelchen“ verstecken möchte.

    Danke Campact, dass Ihr Euch mit der Thematik befasst und dran bleibt.

    • …bevor die EU-Kommission demokratisch wird, werden alle Löwen Vegetarier.

      Deshalb finde ich die Aktionen von Campact um so wichtiger.

      Erschreckend ist, dass die Presse (warum auch immer) das Thema nicht wirklich aufgreift.
      Kein Wunder, dass in meinem Bekanntenkreis ganz viele Menschen überhaupt nicht wissen, was TTIP ist!
      Man könnte glatt zum Verschwörungstheoretiker werden.,,

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