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Hamburg 2021: Mieten – dank CETA himmelhoch?

Was wäre wenn … TTIP und CETA doch durchkämen? Wie sähe Hamburg im Jahr 2021 aus, wenn die Konzernlobby gewänne? Heute: Das Beispiel Mieten.

Update, 6. März 2015: „Heute ist ein verdammt guter Tag für die Mieterinnen und Mieter in Deutschland“, sagte der Justizminister bei seiner Rede im Bundestag am Donnerstag gleich zweimal. Heiko Maas ist ganz glücklich über seinen Erfolg. Doch das Freihandels/Deregulierungsabkommen CETA könnte die Mietpreisbremse aushebeln. Wie, das erfahren Sie in dieser Geschichte aus der „Hamburger Zukunftspost“ des Jahres 2021.


Was wäre wenn TTIP und CETA doch durchkämen? Wie sähe Hamburg im Jahr 2021 aus, wenn die Konzernlobby sich durchsetzen würde? Heute: Das Beispiel Mieten.

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Bundestag beschliesst Mietpreisbremse - doch CETA könnte sie aushebeln

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Hamburg im Januar 2021

Vier von fünf Hamburger Haushalten wohnen zur Miete. Doch die Mieten sind in den letzten Jahren explodiert. In der Folge geraten immer mehr Familien und Arbeitnehmer mit unteren und mittleren Einkommen mit den Mietzahlungen in Rückstand. Sie geben einen ständig wachsenden Anteil des Einkommens für die Miete aus.
Während die Löhne und Gehälter seit Jahren stagnieren, steigen die Mieten Jahr um Jahr. Bereits von 2006-2014 waren die Preise für Neuvermietungen um 38% gestiegen. Dieser Trend setzte sich bis 2021 verschärft fort. Grund sind die steigenden Immobilienpreise, deren Entwicklung von vielen Beobachtern als eine “Blase” diagnostiziert wird.
Dabei schien 2016 Land in Sicht: im März 2015 hatte der Bundestag die sogenannte “Mietpreisbremse” verabschiedet, um den Anstieg der Mieten zu begrenzen. Damit bekamen die Länder das Recht, per Verordnung “Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt” auszuweisen. In ihnen dürfen die Miete bei der Wiedervermietung höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent angehoben werden.

Mietpreisbremse … ausgebremst!

Hamburg wollte die Möglichkeiten der Mietpreisbremse nutzen. Der Senat plante Ende 2016 für große Teile Hamburgs eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen.

Doch dann zog Hamburgs größter Vermieter, die Deutsche Annington, alle Register. Sie machte dem Senat unmißverständlich klar, dass sie eine Mietpreisbremse als Verstoß gegen die Pflicht zur „billigen und gerechten Behandlung“ nach dem EU-Kanada-Abkommen CETA betrachte. Ihr Anteilseigner, die kanadische Sun Life Financial, werde dann ein Schiedsgerichtsverfahren wegen „indirekter Enteignung“ einleiten. Sun Life Financial habe die internationale Anwaltskanzlei King & Spalding LLP verpflichtet, Ihre Interessen vor dem ICSID-Tribunal in Washington zu vertreten. Im Raum stehe eine Entschädigungssumme von 1,2 Milliarden EUR.

King & Spalding LLP gilt als eine der besten internationalen Anwaltsfirmen auf dem Gebiet der Investitions-Schiedsverfahren. Die Website “Legal 500” preist ihre Fähigkeiten:
A ‘market-leading firm worldwide in investor-state arbitration’. Zu ihren in der Branche legendären Erfolgen zählt die Schiedsgerichtsklage des US-Ölkonzerns Chevron gegen Ecuador. Damit konterte Chevron einen Spruch des obersten Gerichts Ecuadors. Es hatte den Ölkonzern wegen katastrophaler Umweltschäden bei der Ölförderung im Regenwald zu Zahlungen verurteilt.

Die Deutsche Annington pokerte also hoch und scheute keine Ausgaben. Für sie stand viel auf dem Spiel: Nach der 2015 erfolgten Übernahme der GAGFAH verfügt sie über einen Bestand von rund 11.000 Wohnungen in Hamburg. Mit 350.000 Wohnungen ist sie größter Vermieter bundesweit. Es galt also zu verhindern, dass ein Hamburger Beispiel bundesweit Schule macht.

Der Einsatz lohnte sich: Hamburgs Erster Bürgermeister Scholz entschied schließlich nach vertraulichen Gesprächen mit der Deutschen Annington, die Rechtsverordnung über die Mietpreisbremse zurückzuziehen. Das Risiko eines millionenschweren Verfahrens vor einem mit privaten Handelsanwälten besetzten Schiedsgericht schien unkalkulierbar. Die Deutsche Annington verzichtet daraufhin auf ihre Klage. Der Mietpreisanstieg ging unverändert weiter.

Hier endet der Bericht der Hamburger Zukunftspost. Aber muss es soweit kommen?

Eine düstere Vision, die auf unserer Studie “TTIP und CETA in Hamburg” basiert. Doch muss es soweit kommen? Nein, denn CETA und TTIP können noch gestoppt werden. Hamburg hat im Bundesrat einen gewichtigen Einfluss darauf, ob die beiden Abkommen in Kraft treten. Denn wenn der Bundesrat nicht zustimmt, dann scheitert die Ratifizierung von CETA.

P.S. Nach jüngsten Berichten könnte die Ratifizierung von CETA bis 2016 dauern. Wir haben daher die Geschichte leicht aktualisiert und den Erlass der Hamburger Mietpreis-Verordnung auf Ende 2016, nach der CETA-Ratifizierung, gelegt.

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

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