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Bundestagspräsident droht mit Nein zu TTIP

Die EU-Kommission bricht ihr Versprechen und verweigert Bundestagsabgeordneten weiterhin den Zutritt zu TTIP-Vertragstexten. Bundestagspräsident Norbert Lammert droht jetzt mit der Ablehnung von TTIP.

Norbert Lammert zur Geheimhaltung bei TTIP. Grafik: Campact/Zitrusblau (CC BY-NC-ND 2.0)

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Entgegen bisheriger Versprechen lässt die EU-Kommission die Abgeordneten des Deutschen Bundestages keinerlei TTIP-Dokumente einsehen. Dem Präsidenten des Bundestages Norbert Lammert (CDU) wird das jetzt zu bunt und er droht offen mit der Ablehnung des Vertrags. Er halte es für ausgeschlossen, dass der Bundestag einen Handelsvertrag zwischen der EU und den USA ratifiziere, dessen Zustandekommen er weder begleiten noch beeinflussen könne.

Dass mit dem Bundestag so umgesprungen wird, ist auch eine Blamage für Lammert. Nach einem Gespräch in Brüssel mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker erklärte er noch zufrieden, er sehe jetzt die „Zweifel an dem Recht der Mitglieder des Deutschen Bundestages auf uneingeschränkten Zugang zu Verhandlungsdokumenten zu dem Freihandelsabkommen TTIP als ausgeräumt an“ – das war im September. Im Oktober tagte der Handelspolitische Ausschuss der EU-Kommission. Laut einem Protokoll, das der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurde, beriet man dort unter Tagesordnungspunkt 2c über die Frage des Zugangs zu TTIP-Dokumenten für Abgeordnete des Bundestages und anderer nationaler Parlamente. Und der entschied eiskalt etwas ganz anderes.

Die Süddeutsche Zeitung vom 22.10. (bisher nicht online verfügbar) zitiert das vertrauliche Protokoll:

Deutschland habe „zum wiederholten Male nachdrücklich – auch unter Verweis auf das Gespräch zwischen Bundestagspräsident Lammert mit Kom.Präs. Juncker“ die Notwendigkeit unterstrichen, „nationalen Abgeordneten einen Zugang zu den konsolidierten Texten in Leseräumen zu gewähren“. Eine „deutliche Mehrheit“ habe sich aber stattdessen dafür ausgesprochen, zunächst, „wie von der Kommission vorgeschlagen“, für einen besseren Zugang der Regierungsmitarbeiter zu kämpfen. Den USA solle abgerungen werden, dass die Beamten die Texte statt in den US-Botschaften auch in Räumen in den nationalen Ministerien lesen können. Die Einsicht für Abgeordnete könne auch „zu einem späteren Zeitpunkt“ durchgesetzt werden.

Dieser „spätere Zeitpunkt“ heißt realistisch betrachtet nie. Denn schon jetzt sperren sich die USA gegen minimale Verbesserungen selbst nur für die 139 Mitarbeiter der Bundesregierung, die in dem nur an zwei Tagen in der Woche für jeweils zwei Stunden geöffneten Leseraum in der US-Botschaft Einsicht nehmen können.

Die Bundesregierung kann unter diesen Umständen keinen Einfluss auf die Verhandlungen nehmen

Dies Transparenz zu nennen ist einfach lächerlich. Wie soll die Bundesregierung unter diesen Umständen Einfluss auf die Verhandlungen nehmen? Wie sollen Abgeordnete die Interessen derjenigen vertreten, die sie gewählt haben, wenn es praktisch unmöglich ist zu erfahren, was gerade verhandelt wird? Es handelt sich dabei wohlgemerkt nicht um Dokumente, die die beiden Verhandlungspartner noch voreinander geheim halten. Sondern gerade auf die Dinge, über die sie bereits miteinander gesprochen haben. Dies der Öffentlichkeit und den Parlamenten vorzuenthalten, dafür gibt es keine Rechtfertigung.

Bundestag darf nicht einknicken

Nach den starken Worten ihres Präsidenten darf der Bundestag freilich nicht einknicken. Denn sonst hätte sich das Parlament endgültig vom Tiger zum Bettvorleger gewandelt. Mit schlimmen Folgen für uns alle: Wenn die EU-Kommission und die Bundesregierung keine Rücksicht mehr auf den Bundestag nehmen müssen, wird TTIP noch viel stärker nach dem Wunschzettel der Konzerne gestrickt, und selbst minimale Zugeständnisse an die Zivilgesellschaft haben keine Chance. Denn wir dürfen eines nicht vergessen: Viele der schlimmsten Inhalte von TTIP wie Investorenklagen, Privatisierung von Daseinsvorsorge und Gentechnik werden von der EU-Kommission auch ohne Mithilfe der USA vorangetrieben. Sie sind in Wahrheit Wunschprojekte dieser mehrheitlich konservativ-neoliberal gesinnten Kommission. Die Intransparenz der Verhandlungen ist für sie äußerst praktisch, denn so kann sie mit dem Finger auf den Verhandlungspartner zeigen, anstatt sich für das eigene Verhalten rechtfertigen zu müssen.

CETA darf nicht ratifiziert werden

Aber es gibt da noch CETA: Das EU-Kanada-Handelsabkommen ist genauso ohne Transparenz und Einflussmöglichkeiten für den Bundestag verhandelt worden wie TTIP. Es ist darüber hinaus TTIP durch die Hintertür: US-Konzerne haben fast immer Niederlassungen in Kanada und können deshalb CETA nutzen. Zum Beispiel um die EU-Staaten auf Entschädigungen in Milliardenhöhe zu verklagen, wenn sie ihre Profite durch demokratisch beschlossene Maßnahmen zum Wohl der Allgemeinheit geschmälert sehen.

Demokratische Einmischung ist unerwünscht

Hier bestätigt sich einmal mehr der Verdacht, dass demokratische Kontrolle der TTIP-Verhandlungen unerwünscht ist. Vermutlich gibt es dafür Gründe. Die könnten darin liegen, dass der Gegenstand der Verhandlungen nicht mehrheitsfähig ist. Aber wenn das der Fall ist, dann sollte man es gar nicht erst verhandeln.

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16 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Schön wäre es, wenn endlich klare Kante gezeigt würde. Herr Lammert ist auch einer der wenigen Politiker die klare Positionen beziehen. Aber ehrlich: ich glaubs erst wenn die Tinte trocken ist…

  2. Wenn ich mir das so ansehe, muss ich sagen, das die EU alles anderes als demokratisch ist. Hier geht es nur um die Interessen bestimmter Kreise. Wo bleiben wir als Bürger da noch?

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