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TISA-Skandal zum Klimagipfel

Während die Staatschefs sich in Paris als Klimaschützer feiern, hecken ihre Verhandler in Genf still und heimlich einen unglaublichen Deal aus: TISA - ein internationales Dienstleistungsabkommen. Aktuelle Leaks der Whistleblower-Plattform WikiLeaks entlarven, mit welchen Klauseln TISA alle Fortschritte im Klimaschutz zunichte machen kann.

Während die Staatschefs sich in Paris als Klimaschützer feiern, hecken ihre Verhandler in Genf still und heimlich einen unglaublichen Deal aus: TISA – ein internationales Dienstleistungsabkommen. Aktuelle Leaks der Whistleblower-Plattform WikiLeaks entlarven, mit welchen Klauseln TISA alle Fortschritte im Klimaschutz zunichte machen kann.

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TISA bringt Fracking. Grafik: Campact/Zitrusblau [CC BY-NC 2.0]

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Die Stimmen aus Paris machen Hoffnung: François Hollande fordert ein ehrgeiziges Abkommen für den Klimaschutz. US-Präsident Barack Obama stimmt mit markigen Worten ein. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel wirbt für die „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft – also eine Zukunft ohne Kohle, Öl und Gas.

Doch was treiben ihre Verhandler da gleichzeitig in Genf? Hinter verschlossenen Türen handeln sie ein Abkommen aus, das die kleinen Fortschritte im Klimaschutz, die gerade in Paris verhandelt werden, zunichte machen könnte. Heute hat die Whistleblower-Plattform WikiLeaks geheime Verhandlungsdokumente veröffentlicht. Sie zeigen: Die Energie- und Umwelt-Kapitel von TISA, dem globalen Dienstleistungsabkommen, haben es in sich.

Für TISA gilt: Kohlekraft = Solarenergie

In den öffentlich gemachten Dokumenten gibt es zum Beispiel den Artikel 1 des Anhangs zu den „energiebezogenen Dienstleistungen“:

Diese Kapitel findet bei jeglichem Handel mit energiebezogenen Dienstleistungen statt, unabhängig von der Energiequelle, der verwendeten Technologie, ob die Energiequelle erneuerbare oder nicht ist […]

Soll heißen: Für TISA sind alle Energiequellen gleich. Ob klimaschädliche Kohle, trinkwassergefährdendes Fracking oder saubere Sonnenenergie: Nach TISA müssen alle gleich behandelt werden. Wenn ein Land Investoren aus dem Ausland bei Dienstleistungen für Erneuerbare Energien Vergünstigungen einräumt, müssten diese Vergünstigungen auch einem Ölkonzern eingeräumt werden.

Vorfahrt für Fracking – das gesamte Energiesystem ist vom Vertrag betroffen

Und obwohl es sich bei TISA nur um ein „Dienstleistungsabkommen“ handelt, stellt Artikel 2 gleich klar, dass es um alle Bereiche der Energieversorgung geht: die Suche nach Energierohstoffen, ihre Ausbeutung und Förderung sowie die Umwandlung oder Verteilung von Energie. Damit ist fast das gesamte Energiesystem von dem Vertrag betroffen.

Doch das ist noch nicht alles: Alle Vertragspartner sollen sich laut Artikel 3 „ohne Einschränkungen“ dazu verpflichten, die „grenzüberschreitende Bereitstellung“ von Energie „zu erlauben“. Mit anderen Worten:

  • Umweltauflagen für Kohlekraftwerke? Vertragsverletzung.
  • Strengere Abgasregeln für Gaskraftwerke? Vertragsverletzung
  • Die Verpflichtung, das Lagerstättenwasser beim Fracking zu reinigen? Vertragsverletzung.
  • Ein Fracking-Verbot? Vertragsverletzung.

Was TISA aus Klimasicht so gefährlich macht: Das Abkommen beinhaltet ein massives Deregelierungsprogramm für die gesamte Energiewirtschaft. Demokratische abgestimmte Maßnahmen zum Klimaschutz wären verpönt.

Freie Fahrt für fossile Konzerne

Zwar klingt einiges in dem Programm positiv – zum Beispiel die in Artikel 7 beschworene Förderung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten. Keine Frage – wenn staatliche Energiekonzerne sich dem Wettbewerb mit neuen – vielleicht ökologischeren Anbietern stellen müssen – ist das gut. Doch umgekehrt wäre dann auch die Förderung erneuerbarer Energien verboten.

Und vielleicht geht es beim Wettbewerb auch eh um was ganz Anderes, wie der Politikwissenschaftler Victor Menotti in einer ersten Analyse der Texte schreibt, nämlich die…

Bestrebung globaler Konzerne, an die 70 Prozent der fossilen Ressourcen ranzukommen, die momentan noch von Staatskonzernen kontrolliert werden.

Alles in allem also ein Programm, das den fossilen Konzernen nahezu uneingeschränkte Vorfahrt einräumen könnte. Ein Abkommen, dass die kühnsten Träume von Exxon und Co. wahrmachen könnte.

TISA untergräbt den Klimaschutz

In Paris große Reden zum Klimaschutz schwingen – in Genf TISA weiter vorantreiben: Das passt nicht zusammen. Die TISA-Verhandlungen müssen eingestellt werden. Sonst haben wir zwar bald einen globalen Klimaschutzvertrag – aber auch ein Dienstleistungsabkommen, mit der den Konzernen der Zugang zu Kohle, Öl und Gas noch weiter erleichtert wird. Mehr Fracking, dreckige Kohlekraftwerke. Und in 10 Jahren tun alle erstaunt, dass die CO2-Emissionen trotz Klimaschutzvertrag nicht sinken.

Schluss mit dem Irrsinn!

Unterzeichne jetzt unseren TISA-Appell und werde Teil einer globalen Bewegung gegen das Dienstleistungsabkommen!

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Autor*innen

Dr. Chris Methmann ist Geschäftsführer von foodwatch Deutschland. Vorher hat er bei Campact Kampagnen geleitet. Als langjähriger Aktivist und Campaigner in der Klimabewegung streitet er für ein Ernährungssystem, das die Grenzen unseres Planeten endlich respektiert – und setzt sich dafür ein, dass nur ehrliches, gesundes und zukunftsfähiges Essen auf unseren Tellern landet. Alle Beiträge

2 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Ich sehe nicht das wir mit Demos und schönen Fahnen noch was ausrichten können. Es ist Zeit für Zivilen Ungehorsam:

    – Sperren an zentralen Knotenpunkten (A2, Hamburger Hafen, Bahnhöfe etc)
    – Niederlegen der Arbeit
    – ….

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