Biopiraterie: „Das Europäische Patentamt ist außer Kontrolle geraten“
Konzerne wie Monsanto und Bayer haben umfassende Rechte an Saatgut, Pflanze und Produkt. Immer häufiger patentieren sie unsere Grundnahrungsmittel wie Weizen, Kartoffeln, Zwiebeln aber auch Melonen, Tomaten und Paprika. Wir haben mit dem Patent-Experten Dr. Christoph Then gesprochen und nachgefragt, welche Auswirkungen die Patente auf Leben wirklich auf unsere Nahrung haben - und wie es sie zu verhindern gilt.
Schrittweise bilden Konzerne wie Monsanto und Bayer ein Monopol über unsere Nahrung. Sie bestimmen den Preis und haben umfassende Rechte an Saatgut, Pflanze und Produkt. Immer häufiger patentieren sie unsere Grundnahrungsmittel wie Weizen, Kartoffeln, Zwiebeln aber auch Melonen, Tomaten und Paprika. Wir haben mit dem Patent-Experten Dr. Christoph Then gesprochen und nachgefragt, welche Auswirkungen die Patente auf Leben wirklich auf unsere Nahrung haben – und wie es sie zu verhindern gilt.
Ihr kürzlich erschienener Bericht „Patente auf Pflanzen und Tiere: Jetzt müssen Europas Politiker handeln“ weist darauf hin, dass immer mehr Patente auf konventionell gezüchtete Lebensmittel vergeben werden. Wie ist das möglich?
Dr. Christoph Then: Das Europäische Patentamt (EPA) ist außer Kontrolle geraten. Trotz ausdrücklicher Verbote werden Pflanzensorten und Saatgut aus konventioneller Züchtung patentiert. Brisant ist, dass das EPA selber an der Erteilung dieser Patente verdient. Es gibt keine unabhängige Gerichtsbarkeit und alle Appelle aus der Politik wurden bisher ignoriert.
Welches sind die brisantesten Patente auf Leben, die in den letzten Jahren Konzernen zugesprochen wurden?
Wie strittig diese Patente sind, zeigt sich beispielsweise darin, dass die indische Regierung sich beim EPA offiziell über ein Patent von Monsanto auf Melonen beschwert hat. Das Saatgut stammt aus einer internationalen Genbank, in der die Melonen aus Indien eingelagert wurden, um sie zu erhalten und den Züchtern weltweit zugänglich zu machen. Monsanto hatte dann ein Patent auf Pflanzen mit einer Virussresistenz erhalten, die aus diesen Melonen gezüchtet wurden. Ähnliche Beispiele für Biopiraterie findet man auch bei Tomaten, Paprika und Sojabohnen. Die Konzerne versuchen so die biologische Vielfalt für ihre Zwecke zu monopolisieren.
Welche Konsequenzen haben Patente auf Leben für Verbraucher, Bauern und Züchter?
Die Konzerne entscheiden darüber, was gezüchtet und angebaut wird, sogar die Preise für Lebensmittel können sie kontrollieren. Die traditionellen Züchter werden verdrängt und aufgekauft, die Landwirte geraten immer weiter in die Abhängigkeit und die Verbraucherinnen müssen schließlich essen, was die Konzerne ihnen vorsetzen.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht ja bereits drin, dass Patente auf Leben auf europäischer Eben zu verhindern seien. Warum ist bisher nichts passiert und wer kann Patente auf Leben stoppen?
Die Bundesregierung ist zwar willig, agiert aber sehr zögerlich. Ursprünglich hat man uns immer gesagt, man wolle erst abwarten, wie das Patentamt die Präzendenzfälle zu Brokkoli und Tomaten entscheidet. Die Entscheidung ist jetzt etwa seit einem Jahr auf dem Tisch und Justizminister Heiko Maas lässt immer noch sondieren – das hatten wir uns eigentlich anders vorgestellt. Wesentlich entschiedener sind beispielsweise die Niederländer: die versuchen auf Ebene der EU eine Koalition gegen diese Patente zu schmieden. Tatsächlich braucht man eine Mehrheit im Verwaltungsrat des EPA um die Auslegung der Gesetze zu ändern. Das geht nur, wenn man das Thema mit Entschlossenheit und auf Regierungsebene voran treibt.
Jetzt Patente auf unsere Nahrung stoppen!
Um Patente auf Leben zu stoppen, braucht es jetzt eine starke Bürgerbewegung! Unterzeichne unseren Appell und zeige, dass Du mit Patente auf unsere Nahrung nicht einverstanden sind.
Zur Person
Dr. Christoph Then ist studierter Tierarzt. Er war von 1992 bis 1998 Sprecher der Initiative „Kein Patent auf Leben!“, von 1995 bis 1998 Fachreferent für Landwirtschaft bei Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag und anschließend bei Greenpeace e.V. als Experte für Gentechnik und Patente. Als Geschäftsführer des Vereins „Testbiotech – Institut für unabhängige Folgeabschätzung in der Biotechnologie“ und Gründer des Koordinator „No Patents on Seeds“ beschäftigt er sich seit Jahren mit den Risiken durch Patente auf Leben und den Einfluss auf unsere Nahrung durch Industrie, Konzerne und Europäischem Patentamt.
Und jetzt kämpfen die Mitarbeiter um Arbeitnehmerrechte, irgendwie schon ironisch