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Richterbund lehnt Investitionsgericht in TTIP ab

Der größte Berufsverband der Richter/innen und Staatsanwält/innen in Deutschland hat eine Stellungnahme zum hochpolitischen Thema TTIP abgegeben - die es in sich hat. Denn sie stellt sich frontal gegen ein zentrales Element von TTIP und zahlreichen weiteren geplanten Handelsabkommen: das von Sigmar Gabriel und der EU-Kommission vorgeschlagene Investitionsgericht (ICS).

Der Deutsche Richterbund ist eine eher konservative Vereinigung und ist mit 16.000 Mitgliedern der größte Berufsverband der Richter/innen und Staatsanwält/innen in Deutschland. Nun hat er eine Stellungnahme zum hochpolitischen Thema TTIP abgegeben – die es in sich hat. Denn sie stellt sich frontal gegen ein zentrales Element von TTIP und zahlreichen weiteren geplanten Handelsabkommen: das von Sigmar Gabriel und der EU-Kommission vorgeschlagene Investitionsgericht (ICS).

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Deutscher Richterbund gegen ICS Investitionsgericht

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In einer Stellungnahme macht der Richterbund klar, dass er für die Institution des sogenannten Investitionsgerichts „keine Rechtsgrundlage“ und auch „keine Notwendigkeit“ sieht. Die Schaffung von Sondergerichten sei schlichtweg „der falsche Weg“. Der Richterbund hat „erhebliche Zweifel“ an der Kompetenz der Europäischen Union, solch ein Gericht einzusetzen. Er macht deutlich, wie weitreichend dieses faktisch nur internationalen Konzernen zugängliche Investitionsgericht das bisherige Gerichtssystem aushebeln würde:

„Der rechtliche Schutz der Investition reicht damit vom Zivilrecht über das allgemeine Verwaltungsrecht bis zum Sozial- und Steuerrecht.  Der Vorschlag der Kommission würde dazu führen, dass das ICS eine Rechtsprechungskompetenz in diesen Bereichen erhalten würde, um den Schutz des Investors umfassend sicherzustellen. (…) das etablierte Gerichtssystem innerhalb der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union würde geändert werden. Für eine solche Änderung (…) gibt es nach Ansicht des Deutschen Richterbundes keine Rechtsgrundlage. „

Was Campact und andere kritisiert haben, bestätigt nun auch der Richterbund: Es handelt sich gar nicht um ein richtiges Gericht, sondern ein „ständiges Schiedsgericht“:

Weder das vorgesehene Verfahren zur Ernennung der Richter des ICS noch deren Stellung genügen den internationalen Anforderungen an die Unabhängigkeit von Gerichten. Das ICS erscheint vor diesem Hintergrund nicht als internationales Gericht, sondern vielmehr als ständiges Schiedsgericht.

Neuer Name – gleicher Inhalt

Autsch! Wir hatten schon länger davor gewarnt, dass das ICS nur eine Umbenennung der alten Schiedsgerichte sei.

Statt Sonder-Schiedsgerichte für Investoren immer weiter auszubauen, empfiehlt der Richterbund nachdrücklich, den Rückwärtsgang einzulegen:

Der Deutsche Richterbund fordert den deutschen und den europäischen Gesetzgeber des Weiteren auf, den Rückgriff auf Schiedsverfahren im Bereich des internationalen Investorenschutzes weitgehend einzudämmen.

Wir erinnern uns: Die Schiedsgerichte zum Investitionsschutz waren und sind das umstrittenste Element in TTIP und dem Schwesterabkommen CETA mit Kanada.

Was ist ISDS? Dieser Film erklärt das Unrechts­-System der Konzerne:

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Geplatzter PR-Coup

Der Druck der TTIP-kritischen Bewegung und ein klares Nein zu ISDS des SPD-Parteikonvents vom September 2014 machten Sigmar Gabriel klar, dass er mit den Schiedsgerichten nicht durchkommen würde. Also vereinbarte Gabriel mit Handelskommissarin Cecilia Malmström einen PR-Coup: Eine neue Institution, von Malmström „ICS“ und von Gabriel anspruchsvoll „Handelsgerichtshof“ getauft, sollte nun die Schiedsgerichte ersetzen. Die SPD folgte ihm treu auf seinem Weg und hieß die Idee auf ihrem letzten Parteitag gut.

Malmström wies ihre Unterhändler an, in Kanada vorzufühlen, ob ICS in das bereits ausverhandelte CETA-Abkommen noch eingefügt werden könnte. Denn sie wusste, dass sie keine Chance hätte, CETA mit dem „alten“ ISDS durch das Ratifizierungsverfahren zu bekommen. Die neue kanadische Regierung unter Premierminister Justin Trudeau signalisierte bereits Entgegenkommen. Malmström hofft also, mit diesem PR-Coup CETA dann doch noch in diesem Jahr durchzubekommen. Übrigens: Auch im neu verhandelten Freihandelsabkommen mit Vietnam ist ICS bereits vereinbart – aber noch nicht ratifiziert.

Sigmar Gabriel steht nach der Stellungnahme des Richterbunds vor einem Scherbenhaufen

Gabriel hat alles auf darauf gesetzt, dass er mit dem PR-Coup ICS die gespaltene SPD und die Öffentlichkeit auf seine Linie bringt. Nun kann er eigentlich nur noch darauf hoffen, dass nur wenige Menschen die Stellungnahme des Richterbunds lesen. 

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

7 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Das ist ja der Hammer!

    Dieser scheinheilige Sigmar Gabriel hat da doch tatsächlich versucht, die Menschen für dumm zu verkaufen.

    Das werde ich auf jeden Fall weiter verbreiten…

  2. Ich finde die Stellungsnahme des Richterbundes gut. Ich werde diese Nachricht mit verbreiten. Sicherlich bekennen sich dann noch viele gegen TTIP, die bisher noch Zweifel hatten.

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