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Skandal: Investorenklagen gegen den Willen des Bundestags

Sollte der Bundestag CETA ablehnen, so sind nach der Ablehnung dennoch drei Jahre lang Investorenklagen möglich. Die Paralleljustiz für Konzerne kann gegen den Willen des Bundestags vom Rat der EU "vorläufig" beschlossen werden. Das ist im CETA-Text vorgesehen und ein Skandal.


Sollte der Bundestag CETA ablehnen, so sind nach der Ablehnung dennoch drei Jahre lang Investorenklagen auf der Basis des Abkommens möglich. Deutschland könnte gegen den Willen des Bundestags von Investoren verklagt werden! Das wäre ein Schlag ins Gesicht des Bundestags und ein echter Skandal.

Das ist leider kein Aprilscherz. Das Szenario ist sogar sehr wahrscheinlich. Denn die EU-Kommission und der Rat der EU wollen tatsächlich beschließen, CETA „vorläufig“ in Kraft zu setzen. Sie werden damit wohl warten, bis das Europaparlament abgestimmt hat. Aber den Willen der nationalen Parlamente wollen sie ignorieren.

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Würde der Bundestag CETA anschließend ablehnen, hätten Konzerne trotzdem volle drei Jahre Zeit, gegen Deutschland zu klagen. Auf der Basis eines Vertrages, der nach dem Willen des Bundestages nie hätte zustande kommen sollen. Das ergibt sich aus Artikel 30.8 des CETA-Vertrags.

Seit der CETA-Vertragstext mit seinen fast 1600 Seiten endgültig vorliegt, haben wir und unsere Partner im Bündnis TTIP Unfairhandelbar begonnen, uns durch das Konvolut zu wühlen. Die EU-Kommission macht es uns wohl absichtlich schwer, denn sie hat diesem umfangreichen Vertragstext keinen Index und kein Inhaltsverzeichnis beigefügt. Deshalb haben wir den verheerenden Artikel 30.8 auf Seite 228 des Textes auch jetzt erst entdeckt.

Der Berliner Wassertisch hat sich dankenswerterweise die Mühe gemacht selbst ein Inhaltsverzeichnis zu erstellen. Das ist eine unentbehrliche Lesehilfe für alle, die sich selbst ein Bild machen wollen.

Nach und nach entdecken aufmerksame Leserinnen und Leser die kleinen und großen Skandale in diesem Text. Einer der ganz großen Skandale ist die sogenannte „vorläufige Anwendung„. CETA kann in Kraft gesetzt werden, ohne dass ein einziges Nationalparlament darüber abgestimmt hat! Das ermöglichen die EU-Verträge von Lissabon. Die EU-Kommission hat auch schon mitgeteilt, dass sie die „vorläufige“ Anwendung vorschlagen wird. Und Vizekanzler Sigmar Gabriel ließ wissen, dass er dem zustimmen wird. Gestern hat Bernd Lange (SPD), der für CETA zuständige Berichterstatter im Europaparlament, klar gesagt, dass diese „vorläufige“ Anwendung auch das umstrittenste Kapitel von CETA betreffen soll: Die Paralleljustiz für ausländische Konzerne.

Es ist höchste Zeit, Alarm zu schlagen. Drei Jahre Investorenklagen durch ein nicht demokratisch legitimiertes Abkommen – das kann kein Abgeordneter hinnehmen, egal was er oder sie sonst von CETA hält! Die vorläufige Anwendung kann für Deutschland und seine Bürger und Bürgerinnen richtig, richtig teuer werden. Russland wurde von einem Schiedsgericht zur Zahlung von 50 Milliarden Dollar verurteilt – obwohl das russische Parlament das Abkommen, auf das sich die Kläger beriefen, nach langer Debatte schließlich abgelehnt hatte.

Die Umsetzung eines umstrittenen Vertrags gegen den Willen des Bundestages – das wäre ein Schlag ins Gesicht nicht nur des Parlaments. Es würde auch die Menschen massiv von Europa entfremden. All das für den Vorteil von Konzernen, die reich genug sind, um überhaupt Klagen gegen Staaten anstrengen zu können. Das darf doch wirklich nicht wahr sein!

Hindern wir diese EU-Kommission und diese Bundesregierung daran, Europa jetzt noch tiefer in die Krise zu reiten!

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29 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Der NDR bringt einen Bericht und lässt Bernd Lange zu Wort kommen, der sich skeptisch zum Zustandekommen von TTIP äußert. Bernd Lange ist Mitglied des Verhandlungsteams und Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments. Seine Meinung ist auch prägend für die Meinungsfindung der SPD-Parlamentarier. Ich bin sehr skeptisch über seine Ziele und seine Haltung in sozialen Fragen, die an TTIP hängen.
    Ich komme hier auch leicht ins Spekulieren, was ja bei der massiven Nicht- und Desinformation über die Investorenschutzabkommen kaum anders geht. Wird TTIP aufgegeben, wenn es gelingt, CETA an den Parlamenten vorbei zu aktivieren?

    Auf jeden Fall: Nach Hannover kommen, am 23. April !

    hier noch der Link zu dem NDR-Beitrag: http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Obamas-letzte-Chance-Platzt-TTIP-in-Hannover,ttip214.html

    viele Grüße
    Thomas

  2. FRAGE an die „Durchleuchter“:
    Ist nicht zu befürchten, dass in Europa oder in europäischen Einzelstaaten abgelehnte Patentierungsmöglichkeiten (auf Lebewesen wie Tiere und Heilpflanzen oder unveränderte Naturprodukte) auf dem Wege über die Schiedsgerichte hier durchgesetzt werden können?

    Sollte diese Befürchtung real sein, ist eine hier ggfs bisher durchsetzbare „politische Patentierungs-Ethik“ hinfällig. Das könnte eine bisher noch nicht bedachte Auswirkung dieser sog. „Frei“-Handelsabkommen sein.

  3. Meineid ist doch nur noch ein Kavaliersdelikt.
    Nach jahrelanger ekzessiver Überbetonung und Überbewertung kapitalistischer Werte nebst Gleichsetzung von diesem mit Demokratie scheint auch das als Regulativ mit Kontrollcharakter in Art. 38 GG festgehaltene, „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ und der Amtseid in Art. 56 GG dahin.
    DAS GEWISSEN erfordert moralische Werte. Werden diese ersetzt, dann verliert das Wort seine Bedeutung im ursprünglich gewünschten Sinne.
    Prinzipiell verstoßen aber hier leider nur die Regierungsmitglieder gegen ihren Eid. Ihnen ist allerdings nicht nur nicht verfassungskonformes sondern in diesem Fall verfassungsfeindliches Verhalten vorzuwerfen. Der Grund (Gier, Status, Dummheit ist erstmal Nebensache):
    Im Grunde ein Fall für Strafjustiz und BND…

  4. Auch diese kriminelle Vorgehensweise ist Teil der typischen angloamerikanischen Kapitalseelen-Strategie zur indirekten Erzwingung seiner obersten Herzensangelegenheit: Des M.A.I. = Multilateral Agreement on Investments, dessen Durchsetzung sie seit Jahrzehnten ein Großteil ihrer Lobbyenergien international widmen. Interessant ist auch, wie sich „The Round Table of European Industries“ dazu verhält. Immerhin beherrscht diese Organisation ca. 60% der europäischen Industrie-Arbeiterschaft. Sie vollenden ganz im Sinne des „Allgemeinen Begriffs des Kapitals“ die innerste Dynamik desselben durch die globale Installation seiner Despotie über das restliche Natur- und Menschenmaterial: Die eigentliche Verwirklichung der ihm immanent innewohnenden faschistischen Herrschaftsstruktur, die jetzt endlich durch ihre winzigen Handlanger = Kapitalseelensklaven-Sklaven zur ihrer vollen Entfaltung getrieben wird. Die Entmachtung allen ‚Volkswillens“ zwecks ungehinderter Erpressung allen Wollens. Ave!!!

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