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Die SPD kneift. Wir nicht.

Die SPD hätte CETA stoppen können - hat es aber nicht gewagt. Und das trotz der eigenen berechtigten Kritik an CETA. Wir sind enttäuscht - aber gut gerüstet für die weitere Auseinandersetzung. Lesen Sie unsere Analyse zum SPD-Beschluss - und wie wir jetzt CETA stoppen können und wollen.

Die SPD hätte CETA stoppen können – hat es aber nicht gewagt. Und das trotz der eigenen berechtigten Kritik an CETA. Wir sind enttäuscht – aber gut gerüstet für die weitere Auseinandersetzung. Lesen Sie unsere Analyse zum SPD-Beschluss – und wie wir jetzt CETA stoppen können und wollen.

Vor dem entscheidenden SPD-Konvent in Wolfsburg demonstrierten zahlreiche Aktivist/innen gegen die Pläne der Parteiführung…

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Die roten Linien wurden von CETA klar gerissen

Die Grundwerte-Kommission, die Juristen, die Jusos, mehrere SPD-Landesverbände, der Arbeitnehmerflügel, die SPD-Frauen und zahlreiche Landes- und Kreisverbände – sie alle hatten klargestellt, dass CETA die roten Linien reißt, die die SPD gezogen hatte. Dennoch haben die Delegierten des kleinen SPD-Parteitags dem Antrag des Parteivorstands zugestimmt – trotz der Proteste, die von Campact- und BUND-Aktiven, aber auch Gewerkschaftern der IG Metall bis vor die Tore des Konvents getragen wurden (siehe Fotos).

Nun befürwortet die SPD die Zustimmung zum vorliegenden CETA-Vertragstext im Ministerrat. Und will sogar die vorläufige Anwendung des Abkommens, wenn auch ohne das Kapitel über den Investitionsschutz. Diese Entscheidung ist sehr enttäuschend und nicht nachvollziehbar. Schließlich sagt selbst die Parteiführung um Sigmar Gabriel, dass CETA große Schwächen hat. Die SPD gibt also ohne Not ihr einziges wirkungsvolles Druckmittel aus der Hand, die EU-Kommission zu Nachverhandlungen zu bringen.

Stattdessen setzen die Sozialdemokraten auf eine Strategie, von der unklar ist, ob sie die Probleme von CETA auch nur im Ansatz beheben kann. Bei Investitionen, Arbeitsstandards, öffentlichen Dienstleistungen, dem Vorsorgeprinzip und öffentlicher Beschaffung sollen in “rechtlich verbindlichen” Protokollerklärungen zwischen der EU und Kanada sowie durch Beratungen im Europaparlament Verbesserungen erreicht werden.

Ein ungedeckter Wechsel auf die Zukunft

Einige der Probleme von CETA könnten so vielleicht entschärft werden. Doch die Betonung liegt auf “könnten”. Denn damit aus vage angemahnten Verbesserungen Realität werden, sind viele Hürden zu nehmen:

Grundsätzlich haben Kanadas Handelsministerin Chrystia Freeland und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zwar ihre Bereitschaft erklärt, in einer Protokollerklärung Klarstellungen vorzunehmen. Doch bislang liegt dieser Text nicht vor. So ist völlig unklar, ob das Papier auch nur eines der Probleme von CETA entschärfen wird. Dass alle zentralen Punkte behandelt werden, ist angesichts der Position von Malmström aber so gut wie ausgeschlossen. Sie erklärte mehrfach, dass es neben einigen Klarstellungen keine Änderungen am Vertrag und keine zusätzliche Vertrags-Anhänge geben werde.

Das Europäische Parlament hat tatsächlich die Macht, CETA als Ganzes abzulehnen oder kann damit drohen, um weitere Veränderungen zu erzwingen. Die Dominanz liberaler und konservativer Abgeordneten im EU-Parlament macht es allerdings unwahrscheinlich, dass das Parlament seine Macht für Verbesserungen nutzen wird. Da hilft es gar nicht, dass die SPD jetzt Bedingungen formuliert hat, die erfüllt sein müssen, damit die SPD-Abgeordneten im Europaparlament CETA zustimmen dürfen.

Haben der Ministerrat und das Europaparlament keine Einwände und stimmen der vorläufigen Anwendung zu, sind die Möglichkeiten für weitere Klarstellungen durch nationale Parlamente wie den Bundestag sehr eingeschränkt. Diese bräuchten die Anerkennung Kanadas und würden rechtlich erst wirksam, wenn der gesamte Ratifikationsprozess abgeschlossen ist – was viele Jahre dauern kann. Daran ändert auch der Wille der SPD nichts, dass vor dieser Entscheidung ein ausführlicher Anhörungsprozess von nationalen Parlamenten und Zivilgesellschaft durchgeführt werden soll.

Wie wir CETA doch noch stoppen können

Keine Frage: Die Bundes-SPD hat ihre Flinte ins Korn geworfen. Nun können wir auf ihre Ablehnung nicht mehr bauen – und kämpfen an anderen Stellen weiter gegen CETA. Denn auch jetzt können wir das gefährliche Abkommen noch verhindern. Wie stark unsere Bewegung ist, haben wir am Samstag gezeigt, als wir mit 320.000 Menschen bundesweit auf den Straßen waren.

Wenn Sie und die vielen anderen hunderttausenden Campact-Unterstützer/innen ihr Engagement fortsetzen, können wir CETA weiterhin stoppen. Hier ist unser Plan für die nächsten Wochen und Monate:

  • Nach der Zustimmung im Ministerrat muss CETA auch vom Europaparlament ratifiziert werden, um in Kraft zu treten. In enger Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern werden wir alle deutschen Europaabgeordneten mit den Schwächen des Abkommens konfrontieren und deren Ablehnung einfordern.
  • Als gemischtes Abkommen muss CETA auch von Bundestag und Bundesrat ratifiziert werden, um endgültig in Kraft zu treten. Derzeit ist unsere beste Chance, CETA im Bundesrat zu stoppen. Die Grünen sind an 10 von 16 Landesregierungen beteiligt – nach der Berlin-Wahl womöglich an 11. Fast überall haben die Grünen klar gemacht, dass sie CETA im Bundesrat nicht zustimmen werden. Doch Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg ducken sich weg. In den kommenden Monaten müssen wir dafür sorgen, dass auch sie Farbe gegen CETA bekennen.
  • Bislang ist es der CDU und CSU zu gut gelungen, sich die Debatte vom Leib zu halten. Vor allem die CSU-Basis sieht mit CETA die bäuerliche, gentechnikfreie  Landwirtschaft und die kommunale Gestaltungshoheit bedroht. Mit einem Volksbegehren in Bayern zwingen wir die CSU-Landesregierung, CETA im Bundesrat abzulehnen!

Sie sehen: Es sind gute Optionen da. Die Auseinandersetzung um CETA wird von uns allen einen langen Atem erfordern. Ja, es könnte sogar noch Jahre dauern, bis es uns gelingt, das Abkommen zu stoppen. Wenn wir aber dranbleiben, schaffen wir das auch. Wir sind bei unserer Arbeit auf Ihre Hilfe angewiesen! Daher bitten wir Sie: Fördern Sie Campact ab jetzt – machen Sie uns langfristig stark.

Helfen Sie mit!

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

47 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Auf die „Sozial“-Demokraten ist verlass. Egal, ob Hartz IV oder CETA. Auf mich übrigens auch. Ich werde die nie wieder wählen. Versprochen.

    Aber was bedeutet „nicht gewagt“? Was stand denn zu befürchten?

  2. Es ist einfach nur noch unglaublich wie hier „Politik“ am Volk vorbei betrieben wird.
    Man sollte ein Gesetz verabschieden dass JEDER Abgeordnete seine Leistungsbezüge nach seinem beruflichen Ausscheiden verliert, wenn er während seines Abgeordnetenlebens bewusst Entscheidungen getroffen oder daran mitgewirkt hat, die dem Volk schaden.

  3. Man, selten habe ich mich geschämt bei der SPD zu sein. Aber in diesem Moment tue ich es mehr, als man sich vorstellen kann. Diese feige Bande von Delegierten (zumindest die Zweidrittel die für Ceta stimmten) haben auch uns an der Basis verraten.
    Zum Glück gibt es im Bundesrat noch keine Mehrheit für diesen Dreck. Dazu gibt es gute Chancen das Österreich nein sagt und unsere Freiheit verteidigt.

    Also eines ist klar, nur weil ich Mitglied in der SPD bin, heißt es nicht das ich für sie bei der nächsten Bundestagswahl stimmen muss. Wenn sich nicht etwas tut, bei diesen fatalen Positionen die uns nur schaden, werde ich die Linken oder Grünen wählen. Und ich hoffe genug SPDler, die gegen Ceta sind, tun dies auch statt aus falscher loyalität die eigene Partei zu wählen, so lange solch eine schlechte Haltung beibehalten wird.

    • schön und gut, aber die Grünen zu wählen heißt doch , die CDU an der Macht zu halten, da die Grünen mittlerweile ungeniert mit der CDU sympathisieren. Und wie die CDU zu CETA und TTIP steht, ist hinreichend bekannt. Aber die SPD ist für mich seit Jahren unwählbar geworden, nicht zuletzt, weil dieser Herr Gabriel die Partei führt, nämlich in den Untergang, die Bedeutungslosigkeit. Aber seine Pfründe sind jetzt schon gesichert………..

    • Die perfekte Wahl gibt es nicht. Ich tendiere dennoch etwas mehr zu den Linken. Es wird allerdings einfach Zeit, dass Gabriel eine Schlappe hinnehmen muss, die er nicht wegstecken kann und die den gesamten Seeheimer Kreis in die Bredouille bringt.

      Leider hat den linken Parteiflügel der Mumm verlassen. Wohl auch weil einige Kandidaten lieber erst abwarten wollen, bis es eine weitere Klatsche für diesen konservativen und marktradikalen Kurs gibt. Ich hoffe noch auf andere Entwicklungen, sobald Ceta im Bundesrat gestoppt wird, denn noch gibt es da keine Mehrheit, da jede Landesregierung geschlossen abstimmen muss.
      Die Linken und Grünen, die in genug Landesparlamenten sitzen werden erst einmal genug Enthaltungen erzwingen, so das dort keine Mehrheit entstehen kann.

      Dann ist die Partei auch an der Spitze gezwungen umzudenken.

    • Haben Sie auch schon mal an einen Parteiaustritt gedacht? Das würde die SPD unmittelbarer spüren als eine weitere Stimme weniger bei einer geheimen Wahl!

    • Habe ich, noch ist es mir aber zu früh für mich. Noch hoffe ich zusammen mit anderen an der Basis, eine Art Gegengewicht zu sein. Wenn Sigmar Gabriel abgestraft wird bei der nächsten Wahl, hoffe ich auf ein umdenken.
      Immerhin sind die meisten in der SPD gegen Gabriel und auch gegen den Seeheimer Kreis. Bei den Delegierten hat leider zu vielen der Mut gefehlt, für die eigene Überzeugung zu stimmen, zu viele ließen sich abspeisen, weil sie auch Angst haben bei den Umfragetiefs, mal für Unruhe zu sorgen.

      Daher wird es Zeit, dass Gabriel eine Klatsche kriegt. Dann merken auch genug Delegierte, es hat nichts gebracht Gabriel zu folgen. So das endlich mal wieder Platz für jemand besseres gemacht wird.
      Würden jetzt alle Freihandelsgegner aus der SPD austreten, bzw. ein Großteil von uns (sind an der Basis ja immer noch die klare Mehrheit), bleiben zu viele Ja Sager da. Dann kann der Kurs wirklich kaum geändert werden.

    • Leider muss ich Ihnen hier zustimmen. Jetzt sind die Illusionen geplatzt und jetzt sollte man auch seine Sicht auf die Dinge realistischer anpassen. Aufwachten tut weh, aber es ist auch heilsam – und es erlaubt wirkungsvoller zu agieren, wenn man die Wirklichkeit besser/realistischer einschätzt – insofern war das ein zwar schmerzhafter, aber notwendiger und förderlicher Bewusstseinsschritt.

  4. Jeder Partei wird eine Farbe zugeordnet … Nur die Linken verdienen ROT , für die SPD bleibt nur noch rosa , das ist keine Farbe ! Und das passt auch zur Partei , nichts halbes nichts ganzes … Hat die Geschichte schon gezeigt .

  5. Hallo,
    es ist ja schön die Europabgeordneten gegen Ceta zu mobilisieren, aber die Mehrheiten werden fraktionsübergreifend gebildet d.h. nur die Deutschen Abgeordneten und das reicht nicht. Sämtliche europäischen Linke und die Abgeordneten der Umweltparteien und der Demokraten müssten dann mitziehen.Eine europäisches Netzwerk, das ständig aktualisiert und belebt wird und die Kooperation ist hier wichtig!
    Die SPD hat ihre Grundfestigkeit zur Demokratiebildung verloren!
    Die Klage gegen Ceta,125 000 Zustimmen, beeindruckend, dennoch eine Klage muss begründet sein, je besser dies ausgearbeitet ist, desto eher der Erfolg. Bitte nochmal die Erwähnung der Rechtsvertretung bzw. den Verfassungsrechtler, zu veröffentlichen, Danke!
    Weiter so, aber nicht mit der SPD, es ist Zeitverschwendung, ihr bewegt Politk trotz allem!

    Herzliche Grüße

    I. E

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