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Österreichs Sozialdemokraten lassen Basis über CETA abstimmen

Immer mehr SPD-Gruppierungen verstehen, dass CETA die roten Linien der SPD an mehreren Stellen reißt. Sie melden sich vor dem Parteikonvent in Wolfsburg zu Wort, auf dem Parteichef Sigmar Gabriel das TTIP-Schwesterabkommen durchdrücken will.

Immer mehr SPD-Gruppierungen verstehen, dass CETA die roten Linien der SPD an mehreren Stellen reißt. Sie melden sich vor dem Parteikonvent in Wolfsburg zu Wort, auf dem Parteichef Sigmar Gabriel das TTIP-Schwesterabkommen durchdrücken will. Nun haben die Kritiker eine Steilvorlage bekommen: der sozialdemokratische Bundeskanzler Österreichs, Christian Kern, lässt die SPÖ-Basis über CETA abstimmen.

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Zitatgrafik SPÖ Bundeskanzler Christian Kern

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Christian Kern, österreichischer Bundeskanzler und Sozialdemokrat (SPÖ), hat es in der vergangenen Woche gut auf den Punkt gebracht: bei den Freihandelsabkommen CETA und TTIP geht es nicht nur um Handel. Sie bringen unter dem Deckmantel des Freihandels eine massive Machtverschiebung zugunsten global agierender Konzerne und zulasten der Demokratie. Und er ergänzt: „Das ist ein grundsätzlicher Webfehler.“

Mitgliederbefragung für die SPÖ – warum nicht auch die SPD?

Kern hat eine verbindliche Mitgliederbefragung der SPÖ eingeleitet, die am 18. September – am Vorabend des SPD-Parteikonvents in Wolfsburg – endet. Der Berliner SPD Fraktionschef Raed Saleh hat den Ball aufgenommen und fordert nun eine Mitgliederbefragung auch in der SPD. Sigmar Gabriel will dagegen den Parteikonvent entscheiden lassen – ein Gremium von 200 Funktionsträgern, die er viel leichter unter Druck setzen kann als die Parteibasis. Der Konvent soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Wolfsburg tagen.

Die Juristen in der SPD: Konvent muß CETA ablehnen!

Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen (NRW) hat sich mit dem SPD Europaabgeordneten Dietmar Köster das CETA Abkommen genau angeschaut und mit den „roten Linien“ verglichen, die die SPD bei ihrem Parteikonvent im September 2014 beschlossen hatte. Ihr Fazit: Dem Parteikonventsbeschluss folgend müsste die Partei CETA ablehnen. Die drei zentralen Gründe in Kürze:

CETA installiert eine Nebenverfassung

Entgegen den Forderungen des Konventsbeschlusses enthält CETA weiterhin Investor-Staat-Schiedsverfahren und unklare Rechtsbegriffe wie „gerechte und billige Behandlung“ und „indirekte Enteignung“. Trotz Verbesserungen im Verfahrensrecht bleibt der grundsätzliche Einwand also bestehen: Die Schiedsgerichtssprüche können demokratisch legitimierte Normen faktisch außer Kraft setzen. Damit wird das Schiedsgericht zum Nebenverfassungsgericht und CETA eine Nebenverfassung.

Das Vorsorgeprinzip wird aufgegeben

Nach wie vor können Sozialstandards als indirekte Enteignung qualifiziert werden und erhebliche Schadensersatzansprüche auslösen. Auch das widerspricht dem Parteikonventsbeschluss. Überdies wird durch CETA das Vorsorgeprinzip, das ein Grundpfeiler unseres Verbraucherschutzes ist, aufgegeben. Das Vorsorgeprinzip gestattet ein Verbot von Produkten, wenn Hinweise für ihre schädliche Wirkung vorliegen.

Investorenrechte sind mehr wert als Arbeitnehmerrechte

Der Parteikonventsbeschluss fordert, dass die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards in Konfliktfällen genauso wirkungsvoll sichergestellt sein muss wie die Einhaltung anderer Regeln des Abkommens. Das ist aber bei CETA keineswegs der Fall, denn Eigentumsverletzungen können nur von privaten Unternehmen bzw. Investoren vor dem Tribunal eingeklagt werden.

Der Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch (SPD) ist Sprecher der Parlamentarischen Linken, eines Zusammenschlusses der Linken in der SPD Bundestagsfraktion. Auch er hat sich klar gegen CETA positioniert. Er untersucht das Abkommen im Detail und kommt zum Schluss „dass die von Parteitag und Parteikonvent gezogenen roten Linien in zentralen Punkten im CETA-Vertragsentwurf nicht eingehalten werden. Aus meiner Sicht kann kein sozialdemokratisches Mitglied eines Parlaments diesem Abkommen in der vorliegenden Fassung zustimmen.“

Auf der Grundlage dieser detailgenauen Analysen des CETA-Texts kommen immer mehr SPD-Gliederungen zum Schluss: CETA ist nicht zustimmungsfähig. Nach Recherchen des MDR Magazins FAKT sind bereits 90 von 200 Delegierten des SPD-Parteikonvents gegen CETA eingestellt (ab 2:20 im folgenden Beitrag).

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Jetzt müssen die Demonstrationen am 17.9. richtig groß werden, um Wirtschaftsminister Gabriel zu zeigen: Damit kommt ihr nicht durch!

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Autor*innen

Jörg Haas, Jahrgang 1961, war Campaigner bei Campact. Nach einem Berufseinstieg in die Entwicklungszusammenarbeit in einem Regenwaldprojekt in Ecuador war er lange Jahre als Ökologiereferent für die Heinrich-Böll-Stiftung tätig. 2008 wechselte er als Programmdirektor zur European Climate Foundation. Intensives Engagement in den UN-Klimaverhandlungen in Kopenhagen. Ohne öffentliche Mobilisierung fehlt jedoch der Handlungsdruck - daher der Wechsel zu Campact, zuerst als Pressesprecher, dann als Campaigner. Alle Beiträge

10 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Durch ein paar Recherchen bin ich auf die offizielle Site des Handelsausschusses des EU-Parlaments gelangt. Die sollten alle Leute kennen, die sich inhaltlich mit den Investitionsschutzabkommen befassen:
    http://www.europarl.europa.eu/committees/de/inta/home.html
    und speziell zu CETA
    http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ceta/
    Da gibt es sowohl sachliche Informationen, nun ja, ein bisschen gefiltert, so dass mögliche Vorteile hervorgehoben werden, und Risiken verschämt bis gar nicht erscheinen. Und auch offen undemokratische Äußerungen wie die von Herrn Artis Pabriks, Litauischer Abgeordneter, eher rechtskonservativ, der meint, naja, wenn’s sein muss, lasst die nationalen Parlamente auch noch abstimmen
    http://www.europarl.europa.eu/news/en/news-room/20160831STO40764/ceta-%E2%80%9Cif-people-want-a-double-check-let%E2%80%99s-do-it%E2%80%9D
    et cetero censeo – konfrontiert Abgeordnete aller Parteien mit sachlich-detaillierter Kritik. und geht zu den Demos am 17.09. !

  2. Das ist doch mal eine gute Idee, und offenbar ein lernfähiger Sozialdemokrat, und wenn es ihm auch nur darum geht, die SPÖ zu retten.
    Hierzu würde ich gerne mal einen Beitrag von Roman Huber von Mehr Demokratie lesen, wie ein solches Referendum mit einem komplexen Gegenstand und sehr verschiedenen Auswirkungen organisiert sein sollte, damit es tatsächlich in einem demokratischen Sinne funktioniert.

    viele Grüße
    Thomas Teichmann

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