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Der trügerische Vorschlag der EU-Kommission: Das steckt hinter dem Konzern-Gericht MIC

Die EU-Kommission reagiert auf die Proteste gegen die Sonderklagerechte für Konzerne: Ein “Multilateraler Investionsgerichtshofs” soll das System verbessern. Doch dieser Vorschlag ist gefährlich.

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Der Atomausstieg oder Gesetze zum Nichtraucherschutz – Treffen Staaten solche Entscheidungen zum Schutz ihrer Bürger/innen drohen ihnen schon heute Milliardenklagen durch Konzerne. Jetzt reagiert die EU-Kommission auf die Proteste gegen diese Sonderklagerechte für Unternehmen: Ein “Multilateraler Investionsgerichtshofs” soll das System verbessern. Doch dieser Vorschlag ist nur ein Ablenkungsmanöver.

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Schon lange streiten wir gegen die Sonderklagerechte für Konzerne. Mit gutem Grund: Diese Paralleljustiz gefährdet demokratische Entscheidungen. Dank ihr können ausländische Unternehmen Staaten auf hohe Entschädigungssummen verklagen, wenn sie durch Regulierungen ihre Gewinne beeinträchtigt sehen. Sie können dabei die nationalen Gerichte umgehen und direkt bei Sondertribunalen klagen. Staaten und Einzelpersonen haben diese Möglichkeit nicht.

Der MIC bleibt eine Paralleljustiz für Konzerne

Nun treibt die EU-Kommission zusammen mit Kanada den in CETA angelegten Vorschlag eines “Multilateralen Investitionsgerichtshofs” (Multilateral Investment Court – MIC) voran. Der Unterschied zum alten System: In den bisherigen Verfahren für Investor-Staat-Klagen wurden die Schiedsgerichte für jeden neuen Fall zusammengesetzt. Der MIC soll dagegen ein permanent tagendes Gremium sein. Außerdem soll es den verklagten Staaten nun möglich sein, Berufung einzulegen. 

Ein trügerischer Vorschlag

Trotz dieser prozessualen Verbesserungen ist der Vorschlag trügerisch. Durch einen Multilateralen Investitionsgerichtshof erhalten die mächtigsten Konzerne noch besser international abgesicherte Rechte. Es bleibt wie bei ISDS möglich, dass Unternehmen Staaten aufgrund von vagen Klauseln in Handelsabkommen verklagen. Genauso können sie weiterhin hohe Entschädigungssummen kassieren – für Entscheidungen die Staaten, Bundesländer und Kommunen im Sinne ihrer Bürger/innen treffen. So verklagt etwa Vattenfall aktuell die Bundesrepublik vor einem privaten Schiedsgericht wegen des Atomausstiegs. Der MIC ändert nichts an diesem ungerechten System. 

Weitreichende Rechte für Konzerne – aber kaum Pflichten

Konzerne hätten noch immer weitreichende Rechte ohne entsprechende Pflichten: Der Vorschlag der Kommission sieht keine Klagemöglichkeiten von Staaten oder Einzelpersonen vor. Konzerne können also nicht verklagt werden, wenn sie Umweltverbrechen oder Menschenrechtsverletzungen begehen. Doch dies wäre dringend notwendig. So blieb die verbrecherische Ölverschmutzung durch Shell im Nigerdelta jahrelang ohne rechtliche Konsequenzen. Dass Shell am Ende Entschädigungszahlungen leisten musste, war auch einer starken Kampagne von Menschenrechtsanwält/innen und NGOs zu verdanken – die Mehrheit solcher Verbrechen bleibt ohne juristische Folgen.

Die Einrichtung eines Multilateralen Investitionsgerichtshofs würde dazu führen, dass ein grundlegend ungerechtes System nicht nur legitimiert, sondern auch zementiert wird. Es ist ein Ablenkungsmanöver für die dringend notwendigen grundsätzlichen Reformen an diesem kranken System. Anstelle eines exklusiven Gerichts für Konzerne brauchen wir eine Abkehr vom System der Investor-Staat-Klagen!

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Autor*innen

Policy Adviser - Anna Cavazzini ist Politikwissenschaftlerin und denkt im Handelsteam bei Campact darüber nach, wie eine gerechte Handelspolitik anstelle von TTIP und Co. aussehen könnte. Sie hat fünf Jahre im Europaparlament zu Handels- und Entwicklungsfragen gearbeitet. Danach war sie im Auswärtigen Amt und bei dem Präsidenten der UNO Generalversammlung und hat sich mit Entwicklungsfinanzierung beschäftigt. Anna hat in Mexiko gelebt und sich dort im Umweltbereich engagiert. Sie hat in Indien bei einer Anti-Atom NGO mitgearbeitet. Alle Beiträge

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