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Wie auf dem Mars: Mein Besuch im Rheinischen Revier

„Ich kann nicht verstehen warum dieser Wahnsinn nicht gestoppt wird", sagt Antje Grothus und schaut über riesige, gerodete Flächen. Antje ist Klimaaktivistin und Baumbeschützerin. Heute nimmt sie mich mit in ihre Heimat, die bald nicht mehr da sein wird.

Rodung Hambacher Forst
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Wenn das Zuhause weggebaggert wird

„Früher war das hier ein schöner Ort. Ich bin oft mit meinen Kindern mit dem Fahrrad durch den Wald gefahren“, erzählt sie mir. „Jetzt geht das nicht mehr. RWE hat uns ein Stück Heimat genommen.“ Seit vielen Jahrzehnten lebt Antje hier in Buir. Der Ort und seine Bewohner sind vom Tagebau bedroht: Sollte der Hambacher Wald ganz gerodet werden, stehen die Häuser der Buirer ungeschützt am Abgrund eines riesigen Lochs.

Stück für Stück wird der Wald für die Kohle geopfert

Einst war der Hambacher Forst einer der größten Wälder Mitteleuropas. Jetzt ist nicht mehr viel von ihm übrig. Flächen in der Größe von über 100 Fußballfeldern werden jedes Jahr von RWE gerodet. Insgesamt wurden so schon 3.900 Hektar abgeholzt. Aber Antje und viele andere Aktivist/innen versuchen den Rest des Waldes zu retten. Und das mit Herz und Seele.

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Foto: Larissa Eberhardt

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Tim wohnt auf einem Baum 

Ich begleite Antje tiefer in den Wald hinein. Es ist friedlich hier. Nur manchmal hört man Tiere im Unterholz. In dieser Idylle treffen wir Tim. Er lebt seit über 3 Jahren in „Oaktown“, einem von mehreren Camps im „Hambi“. So wird der Wald hier liebevoll genannt. Auch Tim hat es sich zum Ziel gemacht, den Wald zu beschützen. Deshalb wohnt er auf einem Baum. Genauer gesagt in einem Baumhaus. Denn ein Baum, auf dem jemand wohnt, kann nicht abgeholzt werden.

Aus Gorleben ins Rheinische Revier

Politisiert wurde der junge Aktivist durch die Geschehnisse in Gorleben. Die Gemeinde ist seit Jahren als Atommüll-Endlager im Gespräch und deshalb Ort ständigen Protests . „Zuhause wurde immer von einer strahlenden Zukunft für die Region gesprochen,“ witzelt er. “Der Planet braucht uns nicht, wir ihn aber schon.“ Deshalb ist er hier.

Aktuell leben mit Tim etwa 30 Menschen im Forst. Ihre Baumhäuser sind um die dicken Stämme der Bäume gebaut – in etwa 5 Metern Höhe schätze ich. Ich bin überrascht, welchen Komfort sie bieten: Es gibt Strom und sogar eine Gemeinschaftsküche. Immer wieder hört man Seile surren und Karabinerhaken klicken. Die Aktivist/innen kommen aus ihren Häusern, um uns zu begrüßen.

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Foto: Gabor Fekete

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Hier sieht es aus wie auf dem Mars

Ich habe schon viel gehört über das Ausmaß der Zerstörung im Rheinischen Revier. So richtig vorstellen konnte ich es mir aber nicht. Bis heute. Tim und Antje bringen mich vom Camp an die Rodungsgrenze des Waldes. Dahinter ist es vorbei mit der Idylle. Die Landschaft ist karg und trostlos. Sie erinnert mich an etwas zwischen Marslandschaft und Wüste. Baumstümpfe ragen aus dem Boden und erinnern an den Wald, der hier einmal gestanden hat.

…aber die ganzen RWE-Jobs

Eine Frage habe ich an die Beiden: „Ist RWE nicht ein Garant für eine Menge sichere Jobs?“ Antje lächelt. Sie hat diese Frage oft gehört. „Die Arbeitsplätze bei RWE sind schon lange nicht mehr sicher. Das möchte der Konzern uns natürlich gerne weiß machen.“

Antje erklärt mir, dass die Aktien von RWE in den letzten Jahren extrem an Wert verloren haben. „Aktuell arbeiten nur noch 9000 Menschen bei RWE im Rheinischen Revier. Bald werden etwa 2000 von ihnen betriebsbedingt entlassen.“ Weitere 5000 Arbeiter werden in den nächsten 5 Jahren vermutlich in den Ruhestand geschickt. So trifft der Wandel im Braunkohlegebiet die Arbeiter/innen hart.

Nicht nur der Wald wird geopfert

Tim verabschiedet sich und wir machen uns auf zu unserer nächsten Station: Manheim, eines von zwei Nachbardörfern von Buir, die RWE grade zerstört. Antje will es mir unbedingt zeigen. Unterwegs erzählt sie mir, dass viele Bewohner/innen des Dorfes bereits umgesiedelt wurden. Dafür wohnen jetzt Geflüchtete in den leer stehenden Häusern. Bis sie 2018 endgültig abgerissen werden.

Das verlassene Dorf wirkt gespenstisch: Wir sehen niemanden auf den Straßen. Bei den meisten Häusern sind die Rollläden heruntergelassen. Es ist sehr still. Am Ende der Straße stehen Bagger in den Überresten von dem, was mal ein Zuhause war.

„Es ist ein ungleicher Kampf“

Bis 2040 sollen insgesamt etwa 5.200 Menschen im Rheinischen Revier umgesiedelt werden. Schrecklich, wenn das Heim, dass man sich aufgebaut hast, plötzlich nicht mehr da ist. “Viele kommen nicht mehr hierher zurück – es ist zu schlimm für sie,” sagt Antje. Auch die Verhandlungen mit RWE seien schwierig. “Es ist ein ungleicher Kampf – der Großkonzern gegen uns Bürger/innen,” sagt Antje. Trotzdem gibt sie nicht auf.

Hilf Antje!

In wenigen Wochen wird Antje die Unterschriften ihrer Petition an RWE übergeben. Bis dahin möchte sie die 30.000 Unterschriften geknackt haben. Bitte hilf ihr jetzt, sich gegen den Konzern zur Wehr zu setzen, ihre Heimat und den Wald zu schützen. Unterzeichne hier:

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5 Kommentare

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  1. Frau Oudejans, nehmen Sie mal Ihre Rheinbraun-Brille ab und nehmen Sie zur Kenntnis, dass ein Naturraum (wie der Hambacher Wald), der mehr als Zehntausend Jahre Zeit hatte, sich zu dem zu entwickeln, was er heute ist, auch nicht annähernd in einer Zeitspanne von einigen Jahren ersetzt werden kann. Sophienhöhe, das bedeutet: schnellwachsende Pappel-Monokulturen, auf Abraum gepflanzt, in künstlicher Höhenlage auf einem Inselberg – mit der entsprechenden klimatischen Sonderstellung. Pflanzen- und Tierwelt, Bodenentwicklung und Klima mach(t)en den Hambacher Wald zu einem einmaligen Naturraum. Seine Pflanzengesellschaften sind eine Besonderheit, sogar in europäischer Dimension. Der Hambacher Wald ist absolut durch nichts zu ersetzen!!

  2. Hallo Larissa!
    Ich wohne seit 20 Jahren direkt am Tagebau, und mit direkt meine ich in ca. 800 Meter Entfernung, soweit muss die erste Bebauung vom „Abgrund“ entfernt sein. Fast jeden Tag fahre ich am Grubenrand entlang und kann sehr gut verfolgen, wie sich der riesige Schaufelradbagger durch die Erde frisst. Wenn man es nicht mit eigenen Augen mal gesehen hat, kann man es kaum glauben, was hier passiert. Seit 1978 wird hier Braunkohle gefördert, damit „wir“ es hell im Haus haben, der Kühlschrank und die Waschmaschine funktioniert. Niemand im weiteren Bekanntenkreis macht sich darüber Gedanken, wusste bis dahin nichts davon, schaut es sich an, ist entsetzt, dreht sich um und fährt wieder nach Hause.
    Ringsherum ist ein großer Windpark entstanden, darüber wird auch gestritten, niemand möchte in unmittelbarer Nähe eines Windrades wohnen. Und das Loch?
    1974 hat man die Genehmigung dazu erteilt, das war vor 43 Jahren. Seit 1982 wähle ich grün, und habe gehofft, dass diese Vertreter mehr verstanden haben als die anderen. Die Maschine läuft, und ich weiß nicht, wie ich sie aufhalten soll. Ich versuche so wenig Strom wie möglich zu verbrauchen.
    135 km sind es bis Tihange… selbsterklärend!
    Wegziehen wäre eine Option, nur in welche Richtung?
    Ich betreibe weiter meine persönliche Aufklärungskampagne und habe meinen Kinder hoffentlich genug beigebracht, es besser zu machen.
    Dies als kleine Gedankenimpression zu diesem Thema, es lag mir am Herzen Dir/Euch das mitzuteilen!
    Elke Muris

  3. Braunkohle-abbau zum Erhalt von Arbeitsplätzen, einfach lächerlich! RWE sollte mehr in “ erneuerbare Energien “ investieren, als UNSEREN GEMEINSAMEN LEBENSRAUM zu zerstören. Dass die Regierung da so mitspielt. Bodenerosion, Absenkung des Grundwasserspiegels (bei zunehmender Trinkwasserknappheit) und Umsiedelung der langsam gewachsenen Regional Bevölkerung steht in keinem sozialen Verhältnis zum Profitwahn eines Großkonzernes.

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