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Aufbruch 2017: So wollen wir leben

Im September wählen die Deutschen eine neue Regierung – und ganz Europa und die Welt werden die Folgen spüren. Trotzdessen plätschert der Wahlkampf ohne große Kontroversen dahin und so gerät in Vergessenheit wie viel diesmal auf dem Spiel steht. Zehntausende Bürger/innen haben sich in den vergangenen Monaten zusammengetan und diskutiert, was jetzt passieren muss.

Das Bild zeigt eine demonstrierende Menschenmenge CC BY-ND 2.0
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Mal ganz ehrlich: Wofür sollen wir im September eigentlich wählen gehen? Klar, wählen gehört zur Demokratie dazu. Aber: Was wählen? Was soll sich denn ändern? Manchmal scheint es, als könnte alles so weiterlaufen wie bisher. Uns geht es doch gut, oder?

Schaut man in die Welt, ragt Deutschland als Insel der Glückseligkeit aus stürmischer See. An etlichen Orten drohen Krisenherde in Kriege umzuschlagen, am Persischen Golf, im Südchinesischen Meer, auf der Koreanischen Halbinsel. Europa driftet angesichts der Euro-Krise, dem Brexit und der rechtspopulistischen Regierungen in Polen und Ungarn auseinander. Das Friedensprojekt EU könnte zerbrechen.

Staatschefs wie Putin, Erdogan oder Trump rütteln an den Grundfesten der internationalen Gemeinschaft.

Bürgerkriege wüten in Nahost, der Hunger am Horn von Afrika schlägt Hunderttausende in die Flucht. Staatschefs wie Wladimir Putin, Recep Erdogan oder Donald Trump rütteln an den Grundfesten der internationalen Gemeinschaft – und erschüttern unseren Glauben, dass Demokratie und Rechtsstaat immer selbstverständlicher werden. Weltweit feiern Rechtspopulisten Erfolge, die wir vor kurzem noch für kaum möglich gehalten haben. Vor diesem Kontrast scheint Deutschland glücklich und stabil. Kanzlerin Angela Merkel gilt vielen als Garantin von Sicherheit und Wohlstand in einer chaotischen Welt.

Warum sollten wir diese Stabilität jetzt auch noch erschüttern? Warum kommen Bürger/innen bundesweit in 1.200 Diskussionsrunden zusammen, um eine andere, eine bessere Politik zu entwerfen? Warum bringen sich Zehntausende im Internet in die Diskussion ein, machen sich Gedanken, basteln mit an einer Vision für eine besseres Land? Warum wollen sie eine andere Politik? Warum bloß soll Deutschland sich verändern?

Wir brauchen die Wahl

Weil die Krisen auch nach Deutschland überschwappen. Von den vielen Millionen Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben werden, stranden viele an den Grenzen Europas. Davon profitieren AfD und Co., beflügelt vom globalen Lauf der Rechtspopulisten. Sie spielen die Abstiegsbedrohten in der Gesellschaft gegen die noch ärmeren Flüchtlinge aus. Damit bedienen sie jene Eskalationsdynamik, die Terroristen in Europa und anderswo in Gang zu bringen versuchen.

Kollabiert der Euro und zerbricht Europa würde Deutschland als Exportchampion einen besonders hohen Preis zahlen. Eine schwere Rezession und hohe Arbeitslosigkeit wären die Folge. Gleichzeitig würde es weit schwerer, den transnationalen Konzernen mit gemeinsamen Regeln zu begegnen, die ihnen Grenzen setzen. Denn die einzelnen Nationalstaaten könnten von ihnen noch stärker gegeneinander ausgespielt werden, als das schon heute erfolgt.

Weil der Wind auch in Deutschland rauer wird. Zwar wächst die deutsche Wirtschaft emsig. Aber mit ihr wächst auch der Niedriglohnsektor. Deutschland spaltet sich immer weiter in Arm und Reich. Gleichzeitig drücken Digitalisierung und globaler Wettbewerb auf die Arbeitswelt und stellen viele Jobs in Frage. Befristete Verträge, Leiharbeit, der Stress am Arbeitsplatz nehmen zu. Die Agenda 2010 hat die wirtschaftliche Unsicherheit massiv erhöht: Wer seinen Job verliert, schrammt mit Hartz IV schnell am Rande des Existenzminimums. Selbst Teile der Mittelschicht plagen Abstiegsängste. Ein Klima der Verunsicherung breitet sich aus.

Die Bilanz: Die Große Koalition war zur Lösung der großen Probleme nicht in der Lage.

Weil Merkel es sich als Bundeskanzlerin bequem gemacht hat. Viele der globalen und heimischen Probleme haben die Merkel-Regierungen der vergangenen Jahre einfach ausgesessen. Hohe Vermögen zu besteuern, trauten sie sich nicht. Kinderarmut in einem reichen Land nahmen sie in Kauf.

Und weil die Regierung die Rüstungskonzerne kaum bremst, schießen Bürgerkriegsmilizen auch mit deutschen Gewehren und die Konfliktparteien am Persischen Golf rüsten ihre Arsenale mit deutschen Panzern. Die Ex-Klimakanzlerin verschiebt den dringend notwendigen Umstieg auf eine klimafreundliche Wirtschaft. Sie bremst lieber die Erneuerbaren, als Kohlekraftwerke abzuschalten. Und befeuert damit weiter den Klimawandel, der schon heute jene Hungersnöte schürt, die viele Menschen aus ihrer Heimat vertreibt. Die Bilanz: Die Große Koalition war zur Lösung der großen Probleme nicht in der Lage.

Weil die Bundesregierung die Probleme noch verschärft. Es ist kein Naturereignis, dass in Deutschland, Europa und der Welt die Unsicherheit wächst. Es ist das Ergebnis falscher Politik – besonders Deutschlands. Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs sieht Europa sich wieder von dem Wirtschaftsriesen in seiner Mitte bedroht. Oft heißt es: Die Deutschen wollen uns Vorschriften machen, die Deutschen bereichern sich auf Kosten aller anderen.

Politik auf Kosten anderer Staaten

Der großen Mehrheit der Bürger/innen in Deutschland liegt das fern. Trotzdem betreibt das die Regierung Merkel in ihrem Namen. Seit Jahren erzwingt sie europaweit eine Politik, die nachweislich zum Schaden der europäischen Wirtschaft ist. So hat sie in den Krisenländern Sanierungsprogramme durchgesetzt, die einseitig die dortige Bevölkerung belastet. Dass Deutschland viel mehr exportiert als importiert, führt zwangsläufig zur Verschuldung in anderen Ländern. Und mit seiner harten neoliberalen Sparpolitik treibt Finanzminister Wolfgang Schäuble ganze Staaten in den Bankrott, würgt im Süden Europas die Wirtschaft ab.

Handel, Handel – über alles

Europas neoliberale Handelspolitik, maßgeblich gestützt von der großen Koalition, verschiebt die Macht über unser Gemeinwesen immer weiter in Richtung Konzerne. Schiedsgerichte untergraben Parlamentsbeschlüsse. Handelsabkommen höhlen Umweltstandards und soziale Rechte aus. Die meisten afrikanischen Migrant/innen fliehen vor wirtschaftlicher Not. Eine der zentralen Ursachen dafür sind die Handelspolitik und fehlende Finanzkontrolle in Europa. Das bringt Millionen afrikanischer Bäuerinnen und Bauern um ihre Existenz, weil sie gegen Europas Agrarexporteure nicht konkurrieren können.

Und die Regierung will mehr davon: TTIP, CETA, JEFTA – diese “Freihandels”-Kürzel heißen im Klartext: Die Demokratie wird “marktkonform” gemacht – so wie Angela Merkel es schon 2011 als Ziel ausgegeben hat. Und immer weiter geht’s: Die EU verhandelt schon mit Singapur, Mexiko, China und Indien.

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All das muss sich ändern: Doch die Kanzlerin und die von ihr geführten Regierungen verweigern seit Jahren die Einsicht, dass ihre Entscheidungen selbst eine wichtige Ursache für die großen Probleme unserer Zeit sind. Große Probleme, die auch Wohlstand und Sicherheit in Deutschland massiv in Frage stellen. Die letzte Legislaturperiode steht für vier Jahre verschenkter Zeit.

Wir wollen die Wahl

Deutschland auf Autopilot, ein einfaches „Weiter so“ können wir uns nicht leisten. Denn so verständlich in diesen unruhigen Zeiten der Wunsch sein mag, möglichst wenig zu ändern, sich am Bestehenden festzuklammern, auf Stabilität zu setzen: Das ist der falsche Weg. Denn Stabilität heißt in diesem Fall: Die Probleme nicht lösen, sie weiter eskalieren lassen. An dem Ast sägen, auf dem wir selbst sitzen.

Wir stehen vor der Wahl: Setzen wir weiter auf Stillstand und Durchwurschteln, wogegen die Rechtspopulisten sich als einzige echte Opposition stilisieren können?

Wir stehen vor der Wahl: Setzen wir weiter auf Stillstand und Durchwurschteln, wogegen die Rechtspopulisten sich als einzige echte Opposition stilisieren können? Beginnt mit Schwarz-Gelb der neoliberale Rückschritt, der die Krise in Europa verschärft, die Ungleichheit steigert, noch mehr unfairen Handel durchsetzt, noch weniger Klimaschutz erlaubt? Oder raffen wir uns auf, packen es an, verändern die Politik und setzen uns für ein gutes Leben für alle ein – in Deutschland wie weltweit?

Wir brechen auf

Aufraffen – das haben in den vergangenen Jahren viele Bürger/innen getan. Sie haben zu Hunderttausenden demonstriert, gegen unfairen Welthandel, gegen die Macht der Agrarkonzerne, gegen die klimaschädliche Kohlekraft. Sie haben Menschen, die flüchten mussten, beim Ankommen geholfen – während die Politik überfordert schien. Sie haben sich in ihren Betrieben zusammengeschlossen und für erträgliche Arbeitsbedingungen gekämpft.

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In den vergangenen Monaten sind Tausende zusammengekommen und haben eine Vision formuliert, wie es besser werden könnte. In 1.200 Veranstaltungen haben Campact-Unterstützer/innen sich die Köpfe heiß geredet, Probleme seziert, Forderungen an die Wand gemalt. 75.000 haben online gesagt, was ihnen wichtig ist. Mit anderen Worten: Eine Vision für eine progressive Politik formuliert, die sozialen, ökologischen und demokratischen Fortschritt bringt – Fortschritt, den es gerade so dringend braucht. Denn Stillstand bedeutet Rückschritt.

Eine Vision: So wollen sie leben, in einem Land, in dem jeder Mensch mit gleicher Würde die gleiche Freiheit genießen kann. Ein Land, das seinen fairen Beitrag zur Lösung der großen Fragen unserer Zeit leistet. Mit einer Regierung, die die Welt besser macht.

Wir schaffen die Wahl

Die Probleme dieser Welt mögen manchmal erdrückend erscheinen. Der Weg zu ihrer Lösung ist weit. Doch selbst die längste Reise beginnt mit einem ersten Schritt. Unser Kompass nennt 10 solcher Schritte, die schon die nächste Bundesregierung verbindlich umsetzen könnte. Zehn Schritte für sozialen, demokratischen und ökologischen Fortschritt.

Dafür braucht es mehr als das richtige Kreuz auf dem Wahlzettel: Wir raffen uns auf, mischen uns ein – und ziehen die Politik mit uns mit. Wir wollen, dass im Wahlkampf engagiert über die großen Herausforderungen unserer Zeit gestritten wird. Dass Unterschiede und Alternativen sichtbar werden. Dass Politik auch den Mut hat, unbequeme Wahrheiten anzugehen. Wir gehen voran. Das hier ist unser Aufbruch – bist Du dabei?

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Autor*innen

Katrin Beushausen kam von der Bühne zur Politik: Nach dem Studium der Theaterwissenschaft arbeitete sie als Pressereferentin und Dramaturgin, lehrte und promovierte zum Verhältnis von Theater und Öffentlichkeit. Sie organisierte kreativen Protest gegen Uni-Sparpläne und stritt bei 350.org gegen klimaschädliche Investitionen. Seit 2016 ist sie Campact Campaignerin. Alle Beiträge

18 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Hallo zusammen,

    – wenn es stimmt, dass es viele Insekten schon nicht mehr gibt,

    – wenn es stimmt, dass es bald kein Phosfat mehr gibt,
    – wenn der Klimawandel so weiter geht,
    dann brauchen wir uns um viele andere Dinge keine Gedanken mehr machen !

  2. Btr: der Aufbruch 2017
    glaub ihr wirklich mit der Kampagnen die Politik
    endern könnt macht euch nichts vor der Zug ist
    längst abgefahren wen ihr meint mit zehn Forderrungen
    Politiker zu beeindrucken dan irt ihr gans gewaltig
    nach der Wahl ist es wie vor der Wahl es endert sich nichts
    da schreib jemant in seinen kommentar wir Bürger müßen
    die Politik zwingen in unseren sinne zu handeln will er
    etwa vor das Bundesverfassungsgericht gehen oder wie
    stellt er sich das vor

  3. Die Bilanz des Geldsystems und die Geschichte beweisen:
    Wird weiterhin an einem betrügerischen und verbrecherischen Schuld-Geldsystem festgehalten, was klar bewiesen ist, wird sämtliches Übel erhalten bleiben. Wobei die Rechtspopulisten ihren Vorteil ziehen, Zuerst muss endlich das Schuld-Geldsystem aus dem Mittelalter, mit seiner Leibeigenschaft, Sklaverei, Ausbeutung und Knechtschaft, mit Hörigkeit, Zwang, Gehorsam und Unterwürfigkeit, reformiert werden. Unsere ständige Abhängigkeit gepaart mit Unterwürfigkeit und Gehorsam, um eine bezahlte Beschäftigung zu ergattern, damit die ständigen monatlichen Schulden alleine für Wohnen, Energie und Nahrung, an fremde Dritte zu bezahlen sind, ermöglichen, erschaffen und ernähren sämtliche Missstände. Es wird uns nicht bewusst , dass ein nach über 400 Jahren altes System verbessert werden sollte. WARUM?
    https://www.youtube.com/watch?v=AZ8qa-h5bhs Arte
    https://www.youtube.com/watch?v=4CVkQUAp1q0 ARD

  4. Ich bin natürlich bereit die Nachricht zu verbreiten, allerdings nicht indem ich Google als Übermittler meiner Nachrichten akzeptiere.
    Ich willl möglichst klar wissen, was mit meinen meinen Daten geschieht, und das ist bei Google und ähnlichen Datenkraken nicht gegeben. Wenn Sie z.B. den zu Unrecht viel geschmähten Torbrowser (speichert keine Datenverläufe) in Ihr Verbreitungsprogramm aufnehmen, werde ich mich beteiligen, aber nicht über Facebook, Twitter und Co.
    Ich habe keine Ahnung, was das in der Umsetzung bedeutet, aber vielleicht klären Sie mich auf?

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