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Hass im Netz: Angriff auf unsere Demokratie

Wieviel Hass gibt es wirklich im Internet? Und was löst er bei Menschen aus, die ihm ausgesetzt oder direkt von ihm betroffen sind? Die Antworten gibt jetzt eine hessenweite repräsentative Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) – im Auftrag von Campact. Die Ergebnisse sind erschreckend.

Campact setzt sich gegen Hass im Netz ein. Hessen soll Vorreiter werden.

Der Ausgangspunkt

Anfang des Jahres erfuhren wir bei Campact von rechten Hasskampagnen im Internet. Das Ziel der rechten Netzwerke: Hasskommentare, Beleidigungen und Belästigungen benutzen, um Menschen, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen, systematisch fertig zu machen. Die Betroffenen haben kaum Möglichkeiten, sich zu wehren. Deswegen starteten wir im hessischen Landtagswahlkampf eine Kampagne gegen Hate Speech.

Strafverfolgung ist Ländersache

Staatsanwaltschaften, Polizei, Schulen – das alles ist Ländersache. Deshalb richten wir unsere Kampagne an die Landespolitik. Unser Ziel: unsere Forderungen zu Hate Speech in den Koalitionsvertrag bringen.

Unsere Forderungen im Überblick

  1. Landesweite Betroffenenberatungsstelle zu Hass im Netz
  2. Beauftragte für Hate Speech im Netz auf jeder Polizeidienststelle in Hessen
  3. Zentrale Ermittlungsstellen zu Hate Speech bei den Staatsanwaltschaften
  4. Vereinfachte Klagemöglichkeiten
  5. Schulungen für Lehrer*innen und Jugendliche im Umgang mit Hate Speech

Die Wirkung von Hate Speech

Klar ist: Massenweise Hasskommentare schüchtern die direkten Betroffenen ein. Aber haben sie auch eine einschüchternde Wirkung auf „das Publikum“, also alle anderen, die nur vor dem Rechner sitzen und die Kommentare mitlesen? Wir machten uns auf die Suche und fanden: nichts. Leider gab es in Deutschland dazu keine vergleichbare Forschung, keine Studie  – nur Vermutungen. Das wollten wir mit unserer repräsentativen Pilotstudie in Hessen ändern.

Hier die ganze Studie einsehen
Zur Zusammenfassung der Studienergebnisse
Infografik zur Studie

Die Ergebnisse

Hier sind die zentralen Ergebnisse aus Hessen, die durchaus Rückschlüsse auf die Situation in ganz Deutschland zulassen.

1. Zielscheiben von Hass: Geflüchtete, Muslime und die Bundesrepublik Deutschland

Spätestens jetzt ist es amtlich. Hass im Netz ist allgegenwärtig. Insgesamt 84 Prozent der Befragten in Hessen waren schon mit Hasskommentaren konfrontiert. Zielscheiben sind wie zu erwarten Geflüchtete, Muslime und Muslima aber auch die Säulen unseres politischen Systems: die Bundesrepublik Deutschland, Politiker*innen und unsere Demokratie.

 

Die Studie bestätigt: Hass im Netz richtet sich vor allem gegen Geflüchtete, Muslime und die Demokratie

2. Die Opfer: Beleidigungen, Bedrohungen und Depressionen

Jede*r dritte Bürger*in in Hessen wurde schon einmal persönlich Betroffene*r von Hate Speech im Netz. 13 Prozent erklären, ihnen sei auch persönlich Gewalt angedroht worden. 16 Prozent geben an, sexuell belästigt worden zu sein. Diese Zahlen sind vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen signifikant höher. Und sie sind es auch, die am meisten darunter leiden: 30 Prozent der 18 bis 24-Jährigen klagen über Depressionen als Folge von Hass und Belästigungen im Netz.

3. Die stillen Mitleser*innen: Wie der Hass das Verhalten im Netz verändert

„Hassbotschaften gefährden die Vielfalt im Internet, weil sie Menschen einschüchtern und verdrängen.“ Dieser Aussage stimmen drei von vier hessischen Internetnutzer*innen zu. Die Existenz von Verdrängungseffekten wird durch den Umgang mit Hassrede im Internet bestätigt: Etwa die Hälfte der hessischen Internetnutzer/innen gibt an, sich in Reaktion auf Hassrede im Internet seltener zu ihrer politischen Meinung zu bekennen und sich seltener an Diskussionen im Netz zu beteiligen. Das bedeutet, dass Menschen durch Hassbotschaften systematisch aus Online-Diskussionen vertrieben werden und sich vertreiben lassen. Darunter leiden die betroffenen Personen, der Meinungspluralismus im Netz und somit letztlich die demokratische (Diskurs-)Kultur.

 

Hate Speech bedroht die Meinungsvielfalt und damit unsere Demokratie

4. Breite Zustimmung für unsere Forderungen

Die Studie bestätigt eindrücklich: Unsere Forderungen sind richtig und wichtig. Der massive Einsatz von Hate Speech ist ein ernst zu nehmendes Problem. Es bedroht nicht nur Einzelne. Die Mehrheit der Hess*innen nimmt Hass und Hetze im Netz als ernst zu nehmende Gefahr wahr – für unsere Kinder und für unsere Demokratie. 

Die Studie belegt: Unsere Forderungen zu Hate Speech erfahren eine bereite Zustimmung.

Die Schlussfolgerung

Wir machen seit Monaten die Kampagne, sprechen mit Landtagsabgeordneten und Spitzenkandidat*innen. Alle sind interessiert und viele sind überzeugt. Doch keiner hat wirklich zugesagt, das Thema umfassend anzugehen und unsere Forderungen nach der Landtagswahl durchzusetzen. Jetzt wird es Zeit zu handeln. Hessen kann Vorreiter werden.

Die Spitzenkandidat*innen aller Parteien sollen sich jetzt zu unserem Maßnahmenkatalog bekennen und ihn nach der Wahl durchsetzen. Das geht aber nur, wenn die Studie in ganz Hessen und bei vielen Menschen in ganz Deutschland bekannt wird. Mit Eurer Hilfe.

Wir bitten Euch: Teilt die Ergebnisse der Studie mit Euren Familien, Bekannten und Freund/innen.

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Autor*innen

24 Kommentare

Kommentare sind geschlossen
  1. Unangemessen aggressive Sprache ist ja in vielen, auch sachlich orientierten, Foren zu beobachten.
    Wer z.B. in einem Linux-Forum erklärt, dass er hauptsächlich mit Windows arbeitet und testweise auf einem alten Rechner Linux installiert hat, und findet jetzt etwas nicht, der bekommt schon mal als erstes zu lesen, dass das völlig einfach sei und nur Volltrottel so eine Frage stellen. Als Windows-Benutzer sei er sowieso ein schlechter Mensch.
    Dann gibt ein weiterer Forumsguru einen tatsächlich hilfreichen Hinweis.
    Der von einem Dritten abgetan wird, dass nur ein Hirni so vorgehen würde.
    Wobei die Wortwahl und zugehörige Emoticons gerne verletztend sind.

    In Tageszeitungsforen geht es kaum besser zu, oder selbst unter wohlmeinenden, engagierten Menschen. Und sobald eine Meinung nicht passt, droht man mit Ausstieg.

    Das ist der kulturelle Nährboden für Hasssprache. Da kann jede-r Einzelne zu mehr Respekt und Freundlichkeit beitragen.

    viele Grüße
    Thomas

  2. Diese Aktion halte ich für völlig überflüssig und unangebracht. Sie will ein Symptom bekämpfen, mit ungeeigneten Mitteln.

    Die Erkenntnis ist nicht neu, dass Personen, die sich öffentlich äußern, in Einzelfällen nicht nur beschimpft, sondern auch bedroht werden. Die Gesetzeslage dazu ist aber bereits eindeutig. Als Kampagnenorganisation hier so allgemein die Durchsetzung des Rechts durch die Exekutive einzufordern halte ich für unergiebig und wirkungslos. Dass die Ermittlungsbehörden Polizei und Justiz nicht nachkommen, liegt an ihrer chronischen und politisch gewollten Unterbesetzung.

    Damit wären wir etwas näher an den Ursachen, nämlich einer Politik, die den Interessen großer Konzerne dient, und nicht der Gemeinschaft, von der sie ihren Auftrag hat. Deshalb werden Menschen so geknechtet, dass sie sich unflätig äußern. Und solange das die Geschäfte nicht stört, ist das für die Machthabenden in Ordnung. -> Da müssen wir ran.

    viele Grüße
    Thomas

  3. Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich kann mich dem Kommentar von Thomas P. nur anschließen: Facebook und Twitter sind leider keine guten Verbreitungswege, da diese nicht genügend kontrolliert werden. Diese „Läden“ haben eine eigene Mainstream-Zensur. Hier muss gut aufgepasst werden, damit wir nicht noch weitere „Enten“ aller Art von manipulierenden Menschen jeglicher Couleur angedreht bekommen wie Cambridge Analytica, die den Brexit „erzeugt“ und Trump maßgeblich mit zum Präsidenten gemacht haben.

    Zudem muss klar gemacht werden, dass es nirgendwo im Internet wirklich kostenlose Angebote gibt. Alles wird mit dem Gold unserer Daten bezahlt.

    Vernünftig ist sicher eine weitgehend unabhängige „behördliche“ Kontrolle von Hatespeech, die vor allem in Grenzfällen auch moderieren kann.

  4. Jedes zivilgesellschaftliche Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wird unglaubwürdig, wenn die Kampagne selber mit Facebook, Twitter und Co. zusammenarbeitet. Der Schaden, den privatwirtschaftliche Internetfirmen, durch Datenmissbrauch, in einer demokratischen Zivilgesellschaft anrichten, ist weitaus höher anzusetzen, als irgend ein privater Bockmist, der auf den Datensammelportalen der Datenkraken verzapft wird. Wer das nicht überblickt, darf sich nicht über mangelnde Unterstützung beklagen.

    • Dem ist nichts hinzuzufügen! Leider hat das auch campact noch nicht verstanden und bleibt weiterhin bei der Annahme, auf diesem Wege mehr Menschen zu erreichen. Ich wage dies zu bezweifeln, bin und war noch nie Mitglied eines dieser asozialen Netzwerke und verfolge trotzdem alle mich interessierenden Kampagnen.

  5. Es ist schlimm , daß solchen hirnlosen Schmierfinken das Handwerk nicht gelegt werden kann. Müßten sie sich persönlich über dieThemen äußern, so käme nur Gestotter heraus. Am Schlimmsten finde ich allerdings, daß wir auf den Mond fliegen können, aber nicht in der Lage dazu sind , solche Dinge zu kontrollieren u. zu bestrafen. !

    • Ist „hirnloser Schmierfink“ nicht auch ein Ausdruck von Hass ?

      Der Gebrauch sogenannter Hasssprache lässt sich nachhaltig nur dadurch mindern, indem jeder selbst darauf achtet, sachlich und respektvoll, vielleicht sogar freundlich, sich auszudrücken.

      In diesem positiven Sinne viele Grüße
      Thomas Teichmann

  6. Die rechten Hetzer im Internet können (noch mehr als die „Pegidas“ auf der Straße) den falschen Eindruck erwecken, sie seien eine mächtige Gruppe. Tatsächlich sind sie eine verschwindend kleine Minderheit. Aber die Verbreitungsmöglichkeit, die ihnen das Netz bietet, führt zu erschreckenden Reaktionen. Als auch ich einmal in einem anonymen Blog verunglimpft wurde und sich ein knappes Dutzend „Kommentatoren“ ohne mich zu kennen den Verleumdern anschlossen und ihren Vorurteilen Luft machte, war meine erste Reaktion „…wer mag das jetzt alles gelesen haben!“ Das ist im Alltag schlimm und belastend genug. Wird dann noch durch den Einsatz von „Social-Bots“ der Eindruck erweckt, dass viele Menschen die Ansicht des Verleumders teilen oder eine entsprechende Meinung vertreten, dann entsteht ein künstlich hergestelltes aber echt wirkendes Gefühl des Bedroht-Seins. Das kann einen krank machen! Ich meine, jeder Einsatz solcher „Bots“ sollte verboten sein. Fügen Sie das Ihren Forderungen hinzu?

  7. Was die Leute alles da schreiben, kann ich mir gut vorstellen. Deshalb habe ich u.a. gar kein Account zu den sozialen Medien. Läuft mir alles zuwider und ich bin ganz klar dafür das es viel stärker zivil-/strafrechtlich verfolgt werden muss. Grüße Dieter

  8. So Hassbotschaften und schlimmes, beleidigendes Gerede ist einfach nur dumm und haltlos, aber so ist das immer wieder zwischen Menschen und menschlichem Gerede, wo Bildung fehlt. Mir tut es Leid. Man sollte versuchen, alle gemeinsam irgendetwas zu machen, her zu stellen, dass man zusammen ins Gespräch kommt und sich verständigt.
    Ich versuche, nicht zu zuhören, wenn `jemand mit dummen Sprüchen kommt.´Ich versuche, auf andere Botschaften zu hören, bzw. zu sehen; was will jemand wirklich, wenn er mit Worten wehtut. …
    Twitter, facebook, darauf reagiere ich nicht. Ist bloß schade.

  9. Vielen Dank an Campact für die Umfrage und diese Aktion. Sie öffnet hoffentlich vielen Menschen und dann auch PolitikerInnen die Augen und zeigt wie notwendig schnelles und konsequentes Handeln ist. Ebenso wichtig ist es, dass wir als Bürgerinnen und Bürger Position beziehen, wenn wir von Hass gegenüber Menschen und demokratischen Institutionen erfahren. In diesem Zusammenhang halte ich es für skandalös, dass die AfD Jugendliche auffordert angeblich manipulative Aussagen ihrer Lehrkräfte im Internet zu veröffentlichen. Dagegen muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln vorgegangen werden, damit Lehrerinnen und Lehrer ihrem Bildungsauftrag nachkommen können, ohne Angriffen und Diffamierungen ausgesetzt zu sein.

  10. Ich bin weder in Facebook oder Twitter. Ich halte es für absurd, mich dort auf Diskussionen einzulassen. Űbrigens, wirkliche Kommunikation geht nur von Mensch zu Mensch und nicht über die sogenannten sozialen Medien.

  11. Ich bin schon sehr alt (*1940). Durch viele Fragen an Menschen aus meiner Elterngeneration weiß ich, dass in der Nazizeit sich viele Menschen der schamlosen Hetze der Nazis – auch ohne social media – nicht gewachsen fühlten und verschreckt verstummten.
    Ich will nicht, dass diese „Lösung“ wieder hoffähig wird.
    Deshalb finde ich solche Untersuchungen und daraus folgende Kampagnen so überlebenswichtig.

  12. Hätze im Internet wirt nicht nur von der Rechtenseite
    gesendet,sondern auch von der Anderenseite wird
    solche Hätze im Netz verbreitet,wer das vermeiden
    will mus auf passen was man ins Netz stellt,natürlich
    geht es nicht das Menschen die sich für unsere
    Sicherheit einsetzen betroht werden das gleiche
    gildet auch für Politiker und Erenamler.

  13. Am 28. 10. ist Landtagswahl in Hessen. Wer wählt wie gehabt, weiß was er bekommt und will es so, wie es immer war.

  14. Meine Erfahrung ist, das Demos von den weltoffenen , bunten und toleranten Menschen, wie die Demo am 29.9.18 in Hamburg mit sogar 30.000 bis ca 40.000 Menschen, friedlich ablaufen. Ich habe auch nur Polizei zum absperren der Straßen gesehen. Doch bei den Demos der Afd den rechten bzw Nazis gibt es immer viel Aggressionen. Ich kenne Flüchtlinge, habe mit Menschen aus vielen Ländern gesprochen und nie schlechte Erfahrungen gemacht. Ich lese diese Hasstiraden nicht und lass mich nicht aufhetzen. Vor Jahrzehnten wurde auf die Polen, dann auf die Russlanddeutschen geschimpft. Sie haben sich integriert. Also werden die neuen Mitbürger sich auch integrieren. Ein Teil wird sicher auch ihr Land wieder mit aufbauen wollen. Die Unzufriedenheit der Leute hat sich über viele Jahre aufgebaut. Nicht erst durch die Flüchtlinge. Die Regierung hat über Jahre viele Fehler gemacht. Demokratie in Bewegung eine Alternative. Afd hat kein Konzept. Wir brauchen Frieden , nicht Hass.

    • Hass auf andere oder fremde Menschen ist grundsätzlich nichts Neues. Nur die Dimension ist neu, weil man inzwischen auch die sog. sozialen Medien dafür missbrauchen kann und somit eine massenhafte Verbreitung erstmals möglich geworden ist.
      Mit einiger Sicherheit hat sich die Zahl der sog. Hater durch die Flüchtlingsthematik etwas vergrößert, dennoch kann es sich insgesamt nur um eine relativ kleine Minderheit aller Bürger handeln, die jedoch bei jeder Gelegenheit – im Gegensatz zu einem Normalbürger – ihre Präsenz zeigt, um ihren geistigen Müll im Netz zu entsorgen. Allerdings ist die Ansteckungsgefahr nicht zu unterschätzen. Daher müssen Gesetzgeber und Behörden alles tun, um Auswüchse dieser Art zu verhindern, bzw. strafrechtlich wirksam zu verfolgen. Der Rechtsstaat und damit die Demokratie können nur Bestand haben, wenn die zuständigen Behörden und Gerichte in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der rechtsstaatlichen Normen zu überwachen und Verstöße wirksam zu ahnden.

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