Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Verein Attac die Gemeinnützigkeit entzogen. Ein Grundsatzurteil mit “toxischer Wirkung” für die gesamte Zivilgesellschaft, wie der Journalist Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung prophezeite. Leider zu Recht, wie wir jetzt wissen.
Unsere Steuerberater*innen und Anwält*innen haben das Urteil analysiert und kommen zu dem Fazit: Das Finanzamt Berlin wird Campact sehr wahrscheinlich nicht länger als gemeinnützig anerkennen. Deswegen dürfen wir ab sofort keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen – alles andere wäre Betrug.
Progressive Stimmen mundtot machen
Mit ihrem Attac-Urteil haben die Richter am Bundesfinanzhof auch AfD und CDU/CSU einen lang ersehnten Wunsch erfüllt. Politiker*innen dieser Parteien fordern seit Jahren, Campact die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Campact macht ihnen Angst. Zu oft haben wir bewiesen, dass eine starke, progressive Bürgerbewegung großen Konzernen gefährlich werden kann – etwa mit Kampagnen gegen Fracking, TTIP, Gentechnik oder Steuerflucht.
Das Kalkül ist offensichtlich: keine Gemeinnützigkeit = weniger Spenden = keine schlagkräftigen Kampagnen mehr. Diese Gleichung darf nicht aufgehen. Zeigen wir unseren Gegner*innen: Angriffe auf Campact schwächen unsere Bürgerbewegung nicht, sondern machen uns sogar noch stärker. Denn hinter Campact steht eine solidarische Gemeinschaft von über zwei Millionen Bürger*innen – so wie Du.
Unsere Bitte: Werde heute Campact-Förderer*in und unterstütze uns mit einer regelmäßigen Spende.
Gemeinnützigkeitsrecht muss grundlegend geändert werden
Gemeinnützige Vereine müssen ihren steuerlichen Status alle drei Jahre rückwirkend beim Finanzamt überprüfen lassen. In der Vergangenheit hat das Finanzamt Berlin unsere Arbeit immer wieder als gemeinnützig bewertet. Im vergangenen Dezember reichten wir die nötigen Unterlagen für die Jahre 2015, 2016 und 2017 wie gewohnt ein. Wir waren sicher, dass uns die Gemeinnützigkeit erneut bestätigt wird.
Doch das hat sich mit dem Attac-Urteil schlagartig geändert. Denn nach Auffassung der Richter sind Kampagnen und politische Bildung nicht förderbar, wenn sie eingesetzt werden, “um die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen”. Davon ausgenommen sind nur 25 anerkannte Zwecke – darunter der Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz.
Klimaschutz ist nicht gemeinnützig
Nicht gemeinnützig sind dagegen die Wahrnehmung und Verwirklichung von Grundrechten, der Einsatz für Frieden, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, informationelle Selbstbestimmung, für Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter. Diese gigantische Lücke war nur so zu verkraften: Gemeinnützige Vereine konnten sich bisher auf die Förderung der Bildung berufen, wenn sie zu diesen Themen arbeiten wollten.
Doch damit haben die Richter des Bundesfinanzhofes jetzt Schluss gemacht. Auch zum Verhängnis von Campact, da wir unsere Gemeinnützigkeit ebenso wie Attac auf die Förderung der Bildung stützen. Dabei versuchen wir selbstverständlich, Politik und Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass sie jetzt handeln müssen, um die Klimakrise abzuwenden. Oder dass die internationalen Finanzmärkte reguliert werden müssen, damit am Ende nicht wieder die Steuerzahler*innen die Banken retten.
Kampagne „Zivilgesellschaft ist gemeinnützig“
Der Verlust der Gemeinnützigkeit wird für Campact eine Bürde sein. Mehrkosten und Steuernachzahlungen in Höhe von Hunderttausenden Euro kommen auf uns zu. Trotzdem werden wir gemeinsam mit vielen Partner*innen unsere Kampagne “Zivilgesellschaft ist gemeinnützig” verstärken. Das Gemeinnützigkeitsrecht muss grundlegend geändert werden, um die gefährliche Wirkung des Attac-Urteils für die Zivilgesellschaft aufzuheben.
Die nächsten Monate sind für uns mit viel zusätzlicher Arbeit und Unsicherheit verbunden. Bitte stärke uns in dieser schwierigen Situation den Rücken und werde noch heute Campact-Förderer*in.
PS: Gegen Glyphosat und Atomkraft, für soziale Gerechtigkeit und eine ökologischere Landwirtschaft: Campact streitet seit 15 Jahren als Teil von mehreren Protestbewegungen für progressive Politik. Mittlerweile sind wir über 2 Millionen Menschen. Uns ist klar: Das gefällt nicht allen. Damit wir auch weiterhin dann unbequem sein können, wenn es nötig ist, setzen wir auf Deine Unterstützung.
Ich setze mich jetzt an meinen Schreibtisch und sende einen sachlichen und durchaus freundlichen Brief an unseren Finanzminister sowie unsere Bundeskanzlerin, um gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit wichtiger zivilgesellschaftlicher Organisationen zu protestieren. Ich glaube, das ist das beste, was man jetzt machen kann. Wer mithelfen möchte – hier die Adressen:
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Herrn Bundesminister
Olaf Scholz
-Bundestag-
Platz der Republik 1
11011 Berlin
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Frau Bundeskanzlerin
Angela Merkel
-Bundestag-
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Campact hat fahrlässig seine Gemeinnützigkeit aufs Spiel gesetzt:
Vor der Bundestagswahl rief campact zur Wahl von Karl Lauterbach (SPD) mit den Worten auf: „mit der Direktwahl von Herrn Lauterbach hätten wir einen mutigen Gegner Glyphosat-Lobby im Parlament.“
Das widerspricht eindeutig den Bestimmungen der Gemeinnützigkeit:
„Die Anerkennung Gemeinnützigkeit kann aber verweigert werden, wenn sich eine Organisation über die Verfolgung seiner satzungsmäßigen Zwecke hinaus allgemein politisch betätigt. Das gilt besonders für die Stellungnahme zu tagespolitischen Themen ohne Bezug zum Satzungszweck und bei der Unterstützung von Parteien.“ Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 9.02.2010, 6 K 1908/07 K
campact hätte seine Jurist*innen schon damals zu Rate ziehen sollen.
Dieser Kommentar wurde erst Tage später freigeschaltet, warum? Dauert die Prüfung des Wahrheitsgehaltes so lange?
Lieber E. Hooijer,
uns haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Kommentare erreicht. Da kann es leider mal passieren, dass eine Freischaltung etwas länger dauert als üblich.
Wir bitten um Euer Verständnis.
Das Campact-Team
… und der Drecksverein „Bertelsmann-Stiftung“ bleibt gemeinnützig! :(((
Geschätzte Campacter,
wofür wollt Ihr überhaupt noch kämpfen, wenn Ihr schon in der eigenen Sache in vorauseilendem Gehorsam die Waffen streckt? Noch habt Ihr keinen offiziellen Bescheid, tut aber so, als ob alles schon gegessen wäre. Für mich ist die steuerliche Absetzbarkeit zweitrangig, habe aber den schwachen Eindruck, dass es Euch im Moment mehr umś Geld einsammeln geht als um die Sache selber. Hoffentlich täusche ich mich da.
Hallo Gerhard,
Campact folgt der dringenden Empfehlung seiner Steuerberater*innen und Anwält*innen. Leider müssen wir davon ausgehen, dass die Organisation aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofes zur Gemeinnützigkeit von Attac ebenfalls keinen Freistellungsbescheid vom Finanzamt Berlin für die Jahre 2015, 2016 und 2017 erhalten wird.
Dass wir ab sofort keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen, hat vor allem mit § 10b
Steuerbegünstigte Zwecke des Einkommensteuergesetzes zu tun. Dort wird in Absatz 4 die sogenannte Veranlasserhaftung eingeführt: “Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet für die entgangene Steuer. Diese ist mit 30 Prozent des zugewendeten Betrags anzusetzen.” Haftbar gemacht werden kann dabei nicht nur die Körperschaft, sondern auch deren Vorstand persönlich.
Viele Grüße
Das Campact-Team
Während die „Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik e.V.“ und „Uniter e.V.“ den Status Gemeinnützigkeit behalten. Sucht mal nach denen… Da fällt mir nur das Wort Perversion ein!
Das Attac seine gemeinnützigkeit verloren hat
ist persönliches Pech, wer weiß was zu diesem
Urteil gefürt hat ich bin kein Jurist und kenne
das Gemeinnützigkeitsgestetz nicht des halb
weiß ich auch nich was bei Ihnnen gemeinnützig
sein soll.
Wenn man nichts weiß, sollte man einfach mal die Klappe halten.
Fortsetzung:
Ich bleibe dabei, dass ich die Tätigkeit von CAMPACT als wichtige Förderung des demokratischen Staatswesens in unserer Form der indirekten Demokratie betrachte, weil CAMPACT die Meinungsbildung der Bevölkerung in Fragen des Gemeinwohls fördert und das Ergebnis der Meinungsbildung zu den demokratischen Parlamenten und Regierungen transportiert, ohne – wie eine personelle Massenbewegung oder Großdemonstration – körperlichen Druck zu schaffen.
Damit wird die Grundlage des demokratischen Willensbildungsprozesses gemäß dem technischen Fortschritt verbreitert und der Entscheidungsprozess objektiviert, weil die Parlamente und Regierungen nicht länger nur eine mutmaßliche, allenfalls durch Meinungsforschung gestützte, öffentliche Meinung, sondern eine obejktivierbare und beweisbare öffentliche Meinung berücksichtigen können, ohne – z.B. nach dem Muster der Gelbwestenproteste – zu irgendetwas gezwungen zu werden. Das ist GEMEINNÜTZIG !
Meine hauptberufliche Tätigkeit als Berater gemeinnütziger Einrichtungen liegt zwar schon 20 Jahre zurück und mein kleines ehrenamtliches Engagement einschließlich Diskussion über die Anerkennung einer Brüsseler Einrichtung auch schon ein paar Jahre, aber:
Strengt Euch lieber an, einen zutreffenden gemeinnützigen Zweck zu formulieren und das mit der Finanzverwaltung abzustimmen !!!!
Wenn ich Eure Tätigkeit richtig sehe, ist es doch Gegenstand Eurer Tätigkeit, Gemeinwohlinteressen zu promoten, die aus verschiedenen Gründen hinter der Durchsetzung von Einzelinteressen unterzugehen drohen, und ihnen in den demokratischen Gremien des öffentlichen Diskurses das nötige Gewicht zu verschaffen.
Nach meinen früheren Erfahrungen ist die Finanzverwaltung dialogbereit und muss nur NOTFALLS eine Diskussion auch mit der Politik über die Anwendung des § 52 II Satz 2 AO erfolgen. Wie Attac stur gegen die Wand zu laufen, richtet aus der Sicht eines Außenstehenden nur Schaden an..
Werde meinen regelmäßigen Förderbeitrag so schnell wie möglich erhöhen. So einfach ist das…
Soweit so gut – bzw. schlecht. Allerdings wurde CAMPACT die Gemeinnätzigkeit noch nicht abgesprochen. Es ist daher nicht nachzuvollizehen, weshalb die Zuwendungsnachweise für das letze Jahr nicht wie angekündigt im Februar versendet wurden. Grüße Christian
Weil CAMPACT dafür haftbar gemacht werden könnte, wenn das Finanzamt Berlin die Gemeinnützigkeit aberkennt. Die Aberkennung würde nicht nur die Jahre nach der Entscheidung bereffen und auch nicht die nach nur die nach der Entscheidung ausgestellten Zuwendungsbestätigungen.
Besten Gruß Andreas
Ob gemeinnützig oder nicht, ob man immer einer Meinung mit Euch ist oder nicht. Campact ist (zumindest für mich) eine der wichtigsten politischen Institutionen in Deutschland. Man handelt mit dem Gewissen der Menschen, die noch die Gabe haben nicht alles ehrfurchrtsvoll hinzunehmen und sich selbst eine Meinung bilden können.
Campact ist das schlechte Gewissen unserer Politiker und Sprachrohr der Menschen, denen unsere Gesellschaft nicht egal ist. Eigentlich etwas sehr patriotisches.
Nun gilt es aber auch darum zu kämpfen, dass Campact seine Gemeinnützigkeit behalten wird. Denn auch das ist Campact: Bildung!
Soli-Grüße aus Ganderkesee
Euer Frank Schurgast
Hallo!
Natürlich bleibe ich Förderin, auch ohne Spendenbescheinigung, obwohl ich es schlichtweg eine Sauerei finde, wie die Gesetzeslage interpretiert wird. Ja, der Wind weht rauer, während die Verantwortlichen schlafen und sie die Bürger*innen mundtot machen wollen. Campact bleibt ein Hoffnungsschimmer!! MfG IF
Guten Morgen,
ob Campact jetzt gemeinnützig ist oder nicht, ändert für mich erstmal nichts. Ich bin Dauerspender und werde es bleiben. Ansonsten ist klar, dass es sich hier um ein Politikversagen handelt. Das Gemeinnützigkeitsrecht muss geändert werden.
MfG
FJ