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Protest gegen Siemens‘ Kohle-Deal

Siemens darf nicht an der größten Kohle-Mine der Welt mitbauen! Bei der Hauptversammlung des Konzerns Anfang Februar haben wir zusammen mit Fridays for Future den Protest gegen dieses Klima-Verbrechen auf die Straße gebracht - und konnten sogar vor den Aktionär*innen sprechen.

Siemens zündelt in Australien - mit der Beteiligung am Bau der größten Kohle-Mine der Welt. Foto: Lukas Barth-Tuttas / Campact e.V. [CC BY-NC 2.0]
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Diese Unterschriften zu überreichen ist wirklich nicht leicht. Morgens schon werde ich auf dem Weg zur Olympiahalle in München von der Polizei angehalten und durchsucht. Das große Schild unter meinem Arm hat Aufsehen erregt: “Siemens: Klima-Flächenbrand stoppen” steht darauf – und dass fast 330.000 Menschen aus 12 verschiedenen Ländern diesen Appell unterschrieben haben. 

Siemens zündelt in Australien

Zusammen mit den Organisationen 350.org, ahang, Akcja Democracja, aufstehen, declic, Skiftet und SumOfUs fordern wir von Siemens, sich nicht am Bau der größten Kohle-Mine der Welt zu beteiligen. Die Mine soll in Australien entstehen – dort, wo seit dem vergangenen Herbst monatelang Buschfeuer wüteten, angeheizt vom Klimawandel.

Im Dezember, noch während die Feuer brannten, unterzeichnete Siemens einen Vertrag mit dem Kohle-Konzern Adani. Siemens will die Signalanlagen-Technik für die Bahnstrecke liefern, über die die Kohle von der Mine abtransportiert wird. Gegen diesen Kohle-Deal hat Fridays for Future im ganzen Land Demonstrationen vor Siemens-Büros organisiert. Und heute tragen wir den Protest direkt vor die Hauptversammlung der Siemens-Aktionär*innen in München.

Das Medieninteresse ist riesig

Wir stehen rund um das Gebäude und demonstrieren, während die Aktionär*innen an uns vorbei in die Olympiahalle laufen. “Australien brennt, Siemens zündelt” rufen wir. Kameras richten sich auf uns. Schon bei unserer Pressekonferenz am Tag zuvor war das Medieninteresse riesig. Von der Süddeutschen Zeitung über die FAZ bis zum Handelsblatt schreiben alle über den historischen Fehler von Siemens, im Jahr 2020 noch an einer neuen Kohle-Mine mitzubauen.

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Ich darf auch in die Olympia-Halle hinein und habe sogar Rederecht. Ein Aktionär hat mir seine Siemens-Anteile überschrieben. Ich kann vor dem ganzen Olympiastadion unseren Appell überreichen und Siemens zu einer Reaktion herausfordern. 

Als “grotesk” hat Joe Kaeser, Vorstands-Vorsitzender von Siemens, unseren Protest heute morgen noch bezeichnet. Doch wenig später – mein Schild mit den Unterschriften und ich haben es mit viel argumentativer Überzeugungskraft durch den flughafenähnlichen Sicherheits-Check in die Olympiahalle geschafft – gibt er vor allen Aktionär*innen zu: „Es trifft zu, dass wir das gesamte Bild des Adani-Auftrags nicht richtig und nicht rechtzeitig gesehen haben.“

Unser Plan geht auf

Unser Ziel – das Klima-Verbrechen von Siemens zum Top-Thema bei der Hauptversammlung zu machen – erreichen wir voll und ganz. In jeder einzelnen Rede, die danach folgt, geht es um die Signalanlagen für die Kohlemine in Australien. Auch Großaktionär*innen – sonst nicht für ihr Klimabewusstsein bekannt – werfen ihrem Vorstand Kurzsichtigkeit vor. Es sei ein Fehler gewesen, den Vertrag mit Adani zu unterzeichnen.

Ein Siemens-Mitarbeiter kommt zu Wort. Er sagt, er schäme sich für das Unternehmen, für das er arbeitet. Eine Kleinaktionärin sagt, sie werde gleich morgen alle Siemens-Aktien abstoßen, weil sie es nicht verantworten könne, damit Rendite zu machen.

Ich bitte Sie, den Adani-Vertrag zu kündigen. Unser Leben hängt davon ab. (Varsha Yajman, Australien)

Es sind sogar Aktivist*innen aus Australien gekommen, um Joe Kaeser hier zur Rede zu stellen: “Ihre Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die bei den Buschbränden ihre Häuser verloren haben (…) Ich bitte Sie, den Adani-Vertrag zu kündigen. Unser Leben hängt davon ab“, appelliert die 17-jährige Varsha Yajman von “School Strike for Future” Australien.

Und dann bin ich an der Reihe

Von all diesen Reden gibt es keine offiziellen Aufzeichnungen. Der Live-Stream der Hauptversammlung läuft nur, während Kaeser spricht. Sobald andere zu Wort kommen, gibt es striktes Film- und Foto-Verbot. Bilder und Videos für Social Media muss ich auf der Damentoilette aufnehmen, damit mein Handy nicht von der Security konfisziert wird.

Dann bin ich endlich an der Reihe. Joe Kaeser sitzt schon seit Stunden auf seinem Platz ganz vorn und macht gute Miene zu scharfer Kritik. Jetzt muss er sich anhören, wie ich ihn im Namen von 330.000 Menschen zur Rede stelle. Ich fordere ihn auf: “Kommen Sie hier zu mir nach vorne und nehmen Sie diese 300.000 Unterschriften an. Entscheiden Sie selbst: Was ist wichtiger – kurzfristige Rendite oder das Weltklima und die Zukunft von uns allen?”

Ich bin mir sicher: Die Botschaft ist angekommen

Es sind dann nur seine Bodyguards, die mir am nach drei Minuten Redezeit das Schild aus der Hand nehmen und mich auf meinen Platz zurück geleiten. Aber die Botschaft ist angekommen: Was Kaeser hier macht, ist eine moralische Bankrotterklärung für den Weltkonzern Siemens. 

Andere Unternehmen werden das beobachten und frühzeitig Lehren daraus ziehen: Investitionen in fossile Energien sind ein irreparabler Imageschaden. Wenn ein Konzern heute im Jahr 2020 ein Klima-Verbrechen begeht, legt sich mit einer lauten und starken Klima-Bewegung an. Das hat der Tag heute gezeigt – und diese Botschaft ist nicht nur bei Siemens angekommen. Da bin ich mir sicher.

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Autor*innen

Lara Eckstein hat im Journalismus-Studium Interviews mit Überlebenden des Holocausts geführt und ist seitdem glühende Antifaschistin. Bei Campact arbeitet sie als Campaignerin gegen Rechtsextremismus; privat ist sie als stadtpolitische Aktivistin in Berlin im Einsatz. Hier bloggt sie zu Erinnerungspolitik und gegen das Vergessen. Alle Beiträge

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