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KI und Klima – was kann der AI Act (vielleicht)?

Wird der AI Act, wenn er denn kommt, dafür sorgen, dass künstliche Intelligenz in der EU klimagerechter wird?

"Artificial Intelligence" auf einem stilisierten Hintergrund
Foto: IMAGO / Political-Moments

Zur Stunde ringen EU-Regierungen, Kommission und Parlament über eine neue Verordnung, die vorschreiben soll, wie und wozu künstliche Intelligenz in Zukunft eingesetzt werden darf und wozu nicht: #AiAct. Es geht um die Definition von künstlicher Intelligenz, um ein mögliches Verbot von biometrischer Gesichtserkennung, um Auflagen für Risiko-Technologien, um Transparenzvorschriften, Datenschutz und Forschung. Die einen fürchten Überregulierung, die anderen gesellschaftlichen Kontrollverlust über KI. Die Anspannung ist enorm. Noch ist unklar, ob es zu einer Einigung kommen wird, und wenn ja, wie sie aussehen wird. Zwischen Hoffnung und Frust wird die digitale Zukunft verhandelt.

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial …

Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission aus April 2021 nennt den Begriff „Klima“ nur dreimal. Die Position des EU-Parlaments aus Mai 2023 erkennt die Bedeutung von KI für Umwelt und Klimaschutz an und enthält einige Regeln dazu. So heißt es in der Randnote 46 auf Seite 53: „KI-Systeme können erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und verbrauchen während ihres Lebenszyklus viel Energie.“

Friedemann Ebelt engagiert sich für digitale Grundrechte. Im Campact-Blog schreibt er darüber, wie Digitalisierung fair, frei und nachhaltig gelingen kann. 

Meiner Einschätzung nach verschleiert der Konjunktiv den Ist-Zustand. Natürlich wird KI erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Die Vorstellung, dass KI umweltneutral zu betreiben ist, sollte zusammen mit dem Konjunktiv gestrichen werden. Ganz allgemein ist die Diskussion über Risiken und Potenziale eine Form von Selbstblendung. Ausnahmslos alles hat Vor- und Nachteile.

Der Kniff an KI ist allerdings, dass sie bestehende Trends bei Konsum, Energieverbrauch, Datenhunger oder Mobilität verstärken wird. KI ist ein Katalysator, etwa so wie die Industrialisierung. Aus dem Webstuhl wurde die Fabrik. Aus der Troll-Fabrik wird die Troll-KI. Aus dem Online-Wörterbuch, dass wenig Strom verbraucht, wird die KI-Sprachassistenz, die ein Vielfaches an Energie und Ressourcen verbracht. Für jeden gesellschaftlichen und technischen Trend bräuchte es eine ökosoziale Wende, mit der der Einsatz von KI klimagerecht würde. Ohne Trendwende wird KI unterm Strich beim Klimaschutz nichts bringen, sondern zur Verschärfung beitragen.

AI Act: Basismodelle mit oder ohne Klimaschutz?

Weiter sieht der Parlamentsentwurf in Artikel 47 „unter bestimmten Bedingungen“ bei Gesundheit, Sicherheit, Umwelt und Klimawandel eine Ausnahme vor für die Genehmigung von KI-Systemen ohne Konformitätsbewertung. Beim Streit darum, ob und wie die sogenannten KI-Basismodelle reguliert werden sollen geht es auch um die Frage, ob die Entwicklung dieser Modelle explizit zur Reduktion von Energie- und Ressourcenverbrauch verpflichtet wird oder nicht (Artikel 28b). Diese Basismodelle (im Englischen: Foundation Model) sind Deep-Learning-Algorithmen, die mit riesigen Datenmengen trainiert wurden. Zu Forschung und Entwicklung sagt das Parlament, dass Mitgliedstaaten die Entwicklung von KI im Hinblick auf gesellschaftlich und ökologisch vorteilhafte Ergebnisse unterstützen sollen. Artikel 53 des Entwurfs, der Innovation regulieren soll, nennt Umwelt als Kriterium auf Augenhöhe mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gesundheit und Sicherheit.

Das ist meiner Meinung nach angemessen. Allerdings sind meines Erachtens die Punkte zum Klimaschutz wenig systematisch und kohärent. So soll bei der Entwicklung von KI im öffentlichen Interesse auf Schutz der Biodiversität geachtet werden, aber auch auf Verschmutzung und den Klimawandel (Artikel 54). Biodiversität ist nur zweimal im gesamten Text zu finden, Verschmutzung (pollution) nur einmal. Um die Messung und Protokollierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs bei der Entwicklung, beim Training und beim Einsatz von KI geht es dann in Randnummer 46a auf Seite 54, und Artikel 61 soll eine Rechtsgrundlage liefern für ein Monitoring von KI-Systemen nach der Inbetriebnahme, inklusive anderer Geräte und Software.

Wer hat Ideen für Trendwenden?

Ob ein AI Act zustande kommt und welche Regelung zum Klima enthalten sein werden, bleibt abzuwarten. Genauso wie die Frage, wie mögliche Vorgaben umgesetzt und kontrolliert werden. Falls er kommt, wird der AI Act allerdings nicht für eine klimagerechte Wende bei künstlicher Intelligenz sorgen. Wichtige Arbeitsfelder bleiben technische Standardisierungsgremien, die Bewusstseinsbildung in der Politik, Industrie, der Community von Entwickler:innen und bei Nutzer:innen. Eine schöne Idee, die uns alle erreichen würde, kam von Marjan (@wonderingchimp@fosstodon.org) auf Mastodon:

„Ich frage mich, ob die Menschen mehr auf die Umwelt achten würden, wenn verschiedene #AI-Maschinen sie vor jeder Abfrage fragen würden:
‚Hey, weißt du, dass diese Abfrage [so und soviel] Liter Wasser verbraucht und [so und soviel] CO2-Equivalente produziert? Willst du diese (dumme) Abfrage trotzdem ausführen?'“ (Eigene Übersetzung)

Was haltet ihr davon? Diskutiert auf Mastodon gern mit: #SustainableAI

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Autor*innen

Friedemann Ebelt engagiert sich für digitale Grundrechte. Im Campact-Blog schreibt er darüber, wie Digitalisierung fair, frei und nachhaltig gelingen kann. Er hat Ethnologie und Kommunikationswissenschaften studiert und interessiert sich für alles, was zwischen Politik, Technik, und Gesellschaft passiert. Sein vorläufiges Fazit: Wir müssen uns besser digitalisieren! Alle Beiträge

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