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Was ist eigentlich Adultismus? 

Ob im Straßenverkehr, beim Einkaufen oder bei der Wohnungssuche – Adultismus trifft Kinder und Eltern überall. Über eine vermeintlich akzeptierte Form der Diskriminierung und was Kinderrechte im Grundgesetz daran ändern können.

Ein Kind hält ein Schild in der Hand, auf dem steht: Kinder gegen Adultismus
Foto: IMAGO / Depositphotos

Das schreiende Kind an der Supermarktkasse. Was ein Klischee. Wir sind dieses Klischee. Wie oft saß ich schon bei Rewe, Netto, Denn’s – oder einem anderen beliebigen Supermarkt Deiner Wahl – auf dem Boden und habe gewartet, bis diese elendig langen Minuten vorbei waren. Habe versucht, den Blick in die genervten Gesichter zu vermeiden und das Getuschel zu überhören, um dann voller Scham, Blick Richtung Boden, aus dem Laden zu marschieren. 

Einkaufen mit Kindern kann kräftezehrend sein. Die Ungeduld, die vielen Reize, die unausgesprochene Regeln im Supermarkt. Das Problem sind dabei nicht mal die Süßigkeiten direkt auf Kinderhöhe an der Supermarktkasse (auch wenn sie super nervig sind). Das Problem ist auch nicht die Wut der Kinder; Gefühle zu regulieren, muss eben erst gelernt werden. Das Problem heißt Adultismus. 

Was ist Adultismus?

Adultismus ist für viele Kinder die erste erlebte Diskriminierungsform überhaupt. Der Begriff setzt sich zusammen aus dem englischen Wort „adult“ für Erwachsene und „ismus“ als Kennzeichnung eines verankerten Machtsystems. Adultismus beschreibt das Machtungleichgewicht zwischen Kindern und Erwachsenen aufgrund des Alters. Adultismus trifft Kinder und Eltern überall: im Straßenverkehr, beim Einkaufen oder bei der Wohnungssuche. Wir leben in einem kinderfeindlichen Land. Kinder sollen bitte leise sein, ruhig sitzen bleiben, am besten man merkt nicht mal, dass sie da sind.

Kinderrechte auf Instagram wahren

Auf Instagram werden die Persönlichkeitsrechte von Kinder oftmals verletzt und die Privatsphäre ist irreparabel geschädigt. 

Adultistische Verhaltenszüge werden in unserer Gesellschaft oftmals toleriert. Fremde belehren, unterbrechen oder beschämen Kinder in der Öffentlichkeit. Oft trifft es auch die Eltern – im Sinne von: „Die heutigen Kinder tanzen den Eltern auf der Nase herum. Das hätte es bei uns nicht gegeben.“ 

Geburtenrate auf neuem Tiefstand

Das Paradox: Diese kinderfeindliche Gesellschaft beklagt gleichzeitig die niedrige Geburtenrate. Frauen in Deutschland bekommen im Schnitt nur noch 1,36 Kinder – ein neuer Tiefstand. 

UN-Kinderrechtskonvention 

Deutschland hat 1989 die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet und drei Jahre später ratifiziert – setzt sie jedoch nicht alle konsequent um. Wichtige Kinderrechte sind unter anderem: 

  • Das Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung. 
  • Das Recht auf Gesundheit. 
  • Das Recht auf Bildung und Ausbildung.
  • Das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung.
  • Das Recht, sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört zu werden und sich zu versammeln.
  • Das Recht auf Privatsphäre und gewaltfreie Erziehung

Fachleute machen die weltweiten Krisen dafür verantwortlich: erst Corona, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, außerdem die Klimakrise. Dazu kommt der extreme Fachkräftemangel in Kitas – über 400.000 Kitaplätze fehlen in Deutschland. Das macht es für viele Menschen extrem schwierig, Familie und Beruf zu vereinbaren. Gerade mit Blick auf die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit, also der Pflege- und Sorgearbeit, die nach wie vor mehrheitlich von Müttern geleistet wird. 

Doch Deutschland braucht Kinder. Sie sind unsere Zukunft. Das betont auch Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Christina Wehleit. Sie betont auch, warum es so wichtig ist, dass Kinder gleichwertig behandelt werden.

„Um Demokratie zu leben, brauchen wir von Anfang an Werte wie Respekt, Achtsamkeit und Wertschätzung. Es braucht eine Teilhabe aller Mitglieder und eine Kommunikation auf Augenhöhe.“

Christina Wehleit

Kinderrechte ins Grundgesetz

Immer mehr Eltern verstehen das inzwischen und versuchen dies auch zu leben. Andere belächeln die Rechte von Kindern auf Gleichbehandlung und den Schutz vor Diskriminierung noch immer. Und auch für unseren Rechtsstaat spielen die Rechte von Kindern keine Rolle: Kinderrechte haben es auch nach 75 Jahren noch immer nicht ins Grundgesetz geschafft. 

Dabei würden Kinderrechte im Grundgesetz Kinder als Rechtsträger anerkennen. Ihre Belange müssten dann berücksichtigt werden, und der Staat wäre verpflichtet, kindgerechte Lebensverhältnisse zu schaffen. Die Autorin Nathalie Klüver schreibt dazu: 

„Was das bedeutet, sehen wir in der Umweltpolitik, ein Bereich, der die Zukunft der Kinder massiv beeinflusst. Oder nehmen wir die Verkehrspolitik: Soll in einer Spielstraße Platz für Parkplätze geschaffen werden oder für Kinder zum Ballspielen?”

Die Belange der Kleinsten anerkennen: Das geht bei den großen Fragen und bei den kleinen. Das heißt nicht, dass man bei jedem Wutanfall an der Supermarktkasse wegen nicht gekaufter Süßigkeit nachgeben muss; aber es heißt, die Gefühle des Kindes – die Wut und Traurigkeit – ernst zu nehmen und zu begleiten. Und es heißt auch, sie zu respektieren und sie nicht wegen ihres Alters zu diskriminieren. 

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Autor*innen

Vera Kuchler arbeitet seit 2017 als Redakteurin bei Campact. Die ausgebildete Soziologin und gelernte Journalistin beschäftigt sich im Blog vor allem mit dem Thema „Arbeit und Geschlecht“. Alle Beiträge

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