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Hitzewellen: Was tun gegen die heißen Temperaturen?

Eine Hitzewelle hält Deutschland fest in der Hand, bis in den Herbst hinein, wie auch schon so oft in den vergangenen Jahren. Wie wir uns jetzt, aber auch in Zukunft, gut gegen die Hitze wappnen können – und was Deutschland dabei von Spanien lernen kann.

Eine junge Frau trinkt Wasser aus einer Flasche in Sevilla, Spanien. Im Hintergrund ist eine große Temperatur-Anzeige zu sehen, die 42 Grad Celsius anzeigt.
Spanien begegnet Hitzewellen ganz anders als Deutschland. Wir können und sollten davon lernen. Foto: IMAGO / ABACAPRESS

Anfang September, der Sommer findet seinen Ausklang, der Herbst kommt bald – sollte man zumindest meinen. Die Realität ist, dass eine Hitzewelle Deutschland fest im Griff hat und kaum Abkühlung in Sicht ist. Und wenn, dann in Form von Extremwetterlagen mit heftigen Regen, Gewittern und Sturm. Das ist ein Trend, der sich bereits seit einigen Jahren in Mitteleuropa zeigt. Dazu gibt es immer wieder neue Hitzerekorde. Und wir als Menschen sind dem schutzlos ausgeliefert … oder nicht?

Extremwetterlagen, das heißt Hitze, Stürme oder Unwetter, sind Symptome der Klimakrise. Verkürzt könnte man also sagen: Wenn wir uns um Klima kümmern, tun wir auch was gegen die Hitze. Jetzt ist das aber nicht ganz so einfach mit dem Klima. Was also können wir – als Gesellschaft, einzelne Personen, oder Staat – gegen die Hitze tun; wie können wir besser mit ihr umgehen? Ein Blick nach Spanien und zu europäischen Nachbarn verspricht einige gute Ideen, mit denen sich auch Deutschland über kurz oder lang beschäftigen sollte.

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1. Kostenloses Trinkwasser für alle – verpflichtend!

In Spanien gibt es seit 2022 ein Gesetz, das alle Hotel- und Restaurantbetriebe dazu verpflichtet, Leitungswasser kostenlos anzubieten. Die spanische Regierung hat das Gesetz ursprünglich eingeführt, um Plastikmüll zu verhindern. Denn Wasser wird dort – so wie hier auch – oft in Plastikflaschen verkauft. Es gibt allerdings kein Pfandsystem für Einwegflaschen, weshalb diese oft in der Umwelt landen. Mit dem Trinkwasser-Gesetz will die Regierung gewährleisten, dass der Verbrauch von Plastikflaschen zurückgeht. Mit dem Gesetz setzt Spanien eine EU-Richtlinie zur Abfallwirtschaft und der Verringerung von Plastik um, die seit April 2022 in Kraft ist. Deutschland erfüllt diese unter anderem mit dem Pfand auf Plastikflaschen.

Ein positiver, fast wichtigerer Nebeneffekt des Gesetzes: Die komplette Bevölkerung hat in den heißen, spanischen Sommern überall Zugang zu kostenlosem Trinkwasser! Auch in Frankreich oder Italien ist es bereits üblich, Gästen in der Gastronomie Leitungswasser kostenlos anzubieten. In Deutschland sind gastronomische Betriebe nicht dazu verpflichtet, manche Restaurants tun dies inzwischen aber trotzdem freiwillig. Außerdem gibt es immer mehr sogenannte „Refill“-Stationen in Deutschland, 7.000 mittlerweile. Geschäfte und Betriebe markieren ihr Geschäft mit einem Wassertropfen-Aufkleber, damit erkennbar ist: Hier bekommst Du kostenloses Leitungswasser für Deine Trinkflasche. Refill Deutschland geht auf eine soziale Bewegung zurück, kommt also aus der Zivilgesellschaft. Bei immer mehr Hitzewellen in Deutschland wäre aber auch ein Vorstoß aus der Regierung nicht verkehrt, nach spanischem Vorbild frei zugängliches, kostenloses Trinkwasser verpflichtend zu machen.

Auf TikTok hat Campact drei Videos gepostet, die sich ebenfalls mit den Themen dieses Beitrags beschäftigen. Schau sie Dir hier an!

2. Arbeitsschutz: Einfach mal Siesta machen

Wer in Spanien oder Italien als Tourist*in unterwegs ist, kennt das: Gerade im Sommer sind viele Geschäfte um die Mittagszeit geschlossen. Die Bevölkerung macht eine kollektive Pause und schützt sich vor der Hitze des Mittags. Zu Recht: Anhaltende Hitze am Arbeitsplatz führt zu Stress und Streitereien und letztendlich auch zu gesundheitlichen Gefahren, von Erschöpfung bis zum Hitzschlag; das Risiko für Arbeitsunfälle steigt.

Die Belastung unterscheidet sich dabei je nach Arbeitsplatz; natürlich lässt es sich in einem klimatisierten Büro besser aushalten als beim Straßenbau in praller Sonne. Es gibt keine Vorschrift, die ab bestimmten Temperaturen hitzefrei am Arbeitsplatz gewährleistet. Regeln für hohe Temperaturen am Arbeitsplatz lassen sich jedoch ableiten aus dem Arbeitsschutzrecht und der Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers. In Deutschland gibt es zum Beispiel Temperatur-Höchstwerte für Arbeitsplätze, ab denen die Arbeitgeber „regulierende Maßnahmen“ ergreifen müssen.

Angesichts der immer länger andauernden Hitzewellen macht sich der Europäische Gewerkschaftsbund schon seit 2022 für ein Gesetz stark, das europaweit eine Höchsttemperatur am Arbeitsplatz festlegt. Bisher haben nur sechs europäische Länder ein Gesetz zu den maximalen Temperaturen am Arbeitsplatz: Belgien, Spanien, Ungarn, Lettland, Montenegro und Slowenien.

Dazu kommt die gesellschaftliche Anpassung in vielen Ländern: In Spanien, Italien oder Griechenland haben Geschäfte einfach geschlossen, die Bevölkerung legt eine kollektive Ruhepause ein. In Lyon hat die Stadtverwaltung in diesem Jahr kostenlose Kinotickets verteilt, damit sich die Bürger*innen in klimatisierten Räumen abkühlen konnten. Statt sich durch die Hitze zu quälen oder auf andere herabzuschauen, die sich vor der Hitze schützen, verlagert sich das Leben in den Abend hinein, wenn es wieder kühler wird. Daran sollten wir uns als Gesellschaft ein Beispiel nehmen – und einfach mal eine Siesta einlegen.

3. Ernährungssicherheit: Landwirtschaft anpassen

Um auch in Zukunft gegen die Auswirkungen der Klimakrise – dazu gehören auch Hitzewellen – gewappnet zu sein, brauchen wir eine stabile und resistente Landwirtschaft. Denn die Folgen treffen die Landwirtschaft jetzt schon mit voller Wucht: vertrocknende Ernten, unterdurchschnittliche Erträge und staubige Felder, die Steppen gleichen. Eine gestresste Landwirtschaft wirkt sich direkt auf die Ernährungssicherheit unserer Bevölkerung aus. Klimaschutz ist deshalb auch ein Schutz unserer Ernten.

Unser Nachbar Dänemark ist hier einen Schritt weiter als wir. Als erstes Land weltweit hat es sich darauf verständigt, eine CO2-Besteuerung im Agrarsektor einzuführen und 15 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Wälder, wilde Weiden und Agroforstsysteme umzuwandeln. Das ist nicht nur aktiver Klimaschutz, sondern sorgt auch dafür, dass die Flächen selbst widerstandsfähiger vor Extremwettern werden. Wie Dänemark das im Detail geschafft hat und wie die Bevölkerung davon profitiert, erklärt Christoph Bautz in diesem Beitrag.

4. Paris: Städte abkühlen durch Begrünung

Dass versiegelte Oberflächen in Städten und Ballungszentren Wärme speichern und zu extrem hohen Temperaturen führen können, ist längst bekannt. Mit Beton und Asphalt versiegelte Böden absorbieren Sonneneinstrahlung und leiten die Wärme auch in tiefere Schichten weiter, wo sie länger gespeichert bleibt. Bauten aus Beton und Abgase verstärken diesen Effekt noch. Hitzewellen werden zunehmend zu einer Belastung für die Stadtbevölkerungen, auch in Mittel- und Nordeuropa.

Immer mehr Städte greifen deshalb zu städtebaulichen Maßnahmen, um die Hitze erträglich zu machen: Mehr Stadtbäume, begrünte Dächer und Fassaden und bauliche Korridore, die den Luftaustausch fördern, werden immer wichtiger. Ein einziger, gesunder Stadtbaum spendet mehr Schatten als eine Handvoll Sonnenschirme und kann durch Verdunstung die direkte Umgebung um bis zu acht Grad Celsius abkühlen. Städtegrün statt Straßen- und Parkplatz-Bau!

In Paris gibt es schon seit 2014 ein Begrünungsprogramm. Straßen werden verkleinert, Bürgersteige vergrößert. Diesel- und Benzinautos sollen langsam aus der Stadt verschwinden. Zusätzlich entstehen mehr Grünflächen. Die Bevölkerung von Paris wird dabei aktiv eingebunden: Sie kann Vorschläge einreichen, wo Grün fehlt und welche Maßnahmen sie sich noch wünschen.

Stadtbegrünung liegt mit in unseren Händen

Die Stadt Freiburg geht hier mit einem positiven Beispiel voran und hat bereits ein Planungskonzept entworfen, das alle Bereiche berücksichtigt: Emissionen durch Abgase, Stadtgrün, Rückzugsorte für die Bevölkerung und vieles mehr. Dieses Klimaanpassungskonzept soll so schnell wie möglich vollständig umgesetzt werden. Auch andere Städte orientieren sich an diesem Beispiel und rüsten sich besser gegen Hitzewellen. Eine Übersicht über alle Städte, in denen es Konzepte gibt, findest Du auf der Seite des Deutschen Städtetages.

Solche Klimaanpassungen sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Bundesregierung könnte – und sollte – mehr Anreize für Klimaanpassungen setzen. Bund und Länder stellen jedes Jahr Fördermittel für die Stadtentwicklung zur Verfügung. Ein Fördercheck erleichtert es den Kommunen, das passende Förderprogramm für ihre Grünprojekte zu finden. Damit auch in Zukunft Städte lebenswert bleiben und nicht zu einem Gesundheitsrisiko werden.


Du möchtest Deine Stadt oder Kommune dazu motivieren, sich mehr für den Klimaschutz, Klimaanpassung oder Flächenbegrünungen einzusetzen? Oder Du hast ein anderes lokales Thema, dass Dich schon ewig nervt und aufregt? Dann könnte eine Petition auf WeAct, der Petitionsplattform von Campact, der richtige Weg für Dich sein. Bei WeAct kannst Du in wenigen Schritten Deine Petition starten. Langjährige Erfahrung, Expertise rund um Strategie, Kommunikation und Aktionsplanung: Bei WeAct teilen erfahrene Campaigner*innen dieses Wissen mit Dir und unterstützen Dich dabei, Deine Petition zum Erfolg zu bringen.

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Autor*innen

Linda Hopius hat Wissenschaftsjournalismus, Politikwissenschaft und Philosophie studiert. Als freie Journalistin schreibt sie zu den Themen Umwelt und Naturschutz. Dazu arbeitet sie als Naturmentorin in der Natur- und Erlebnispädagogik und berichtet darüber auf ihrem Instagram-Kanal @lindasnaturgeschichten. Für Campact arbeitet sie seit 2024 als freie Redakteurin. Alle Beiträge

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