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Die Welt des Kanzlerkandidaten Friedrich Merz 

Vom „Genderwahn“ bis zum Lob für Besserverdienende: Wofür steht der Kanzlerkandidat der CDU?

Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU und Kanzlerkandidat, hält auf dem Deutschlandtag der Jungen Union eine Rede.
Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU und Kanzlerkandidat, hält auf dem Deutschlandtag der Jungen Union eine Rede. Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen

„Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht’s“ – mit diesen Worten schickte CSU-Chef Markus Söder den Vorsitzenden der großen Schwesterpartei CDU im September 2024 ins Rennen um den Posten des Bundeskanzlers. Merz will seit Jahren an die Spitze der Politik. Nach zwei gescheiterten Versuchen ist der Jurist seit Dezember 2021 Chef der CDU. Seine Kanzlerkandidatur ist sein großer Augenblick. 

Doch wofür steht der als konservative und wirtschaftsliberal geltende Kandidat? Welche Positionen vertritt er? Anbei eine Übersicht über zentrale Botschaften aus Merz’ Karriere. 

Bundeskanzler ohne Brandmauer 

Bislang fuhr der CDU-Vorsitzende vor allem einen Kurs: Um die Stimmen der AfD zu minimieren, übernimmt er deren rechtspopulistische Rhetorik. Die Brandmauer zur AfD, die er 2021 ankündigte, verleugnete er wenige Tage nachdem die AfD bei der Landtagswahl in Thüringen stärkste Kraft geworden ist: „Das Wort Brandmauer hat nie zu unserem Sprachgebrauch gehört.“ 

Dann folgte der Tabubruch: Ende Januar organisierte Friedrich Merz im Bundestag erstmals eine gemeinsame Mehrheit mit der AfD. Und das, obwohl der CDU-Kanzlerkandidat noch kurz davor beteuerte: „Es wird eine Zusammenarbeit von uns mit der AfD in Deutschland nicht geben.” 

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Die Zusammenarbeit von CDU und AfD auf Bundesebene ist ein fatales Signal für unsere Demokratie – und es besteht Wiederholungsgefahr. Teile der Partei greifen diese Linie längst bereitwillig auf: In Sachsen-Anhalt hat eine Mehrheit aus CDU und AfD beschlossen, eine Veranstaltung zur Würdigung Ehrenamtlicher abzusagen. Und das in einer Zeit, in der Initiativen, Vereine und Verbände für eine gelebte Demokratie eine tragende Bedeutung haben. Die Nähe zwischen Union und AfD zeigte sich auch schon im EU-Parlament, wo Abgeordnete der CDU/CSU erstmals für einen AfD-geführten Antrag gestimmt haben. Im Antrag geht es um die Finanzierung von Grenzzäunen. Union und AfD verschieben damit gemeinsam die europäische Migrationspolitik weiter nach Rechtsaußen. Ihr Motto: Abschottung statt Menschenrechte. 

Merz ist empört über Vorstoß zu Schwangerschaftsabbrüchen 

Schwangerschaftsabbrüche werden in Deutschland noch immer als Straftat behandelt. Diese Unrechtslage muss sich ändern! Deshalb gibt es nun einen Antrag auf Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz unterstützt diesen nicht und behauptet, eine Legalisierung sei ein „Affront gegen den Großteil der Bevölkerung“. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache: Drei von vier Deutschen befürworten legale Abtreibungen.

Merz stellt sich damit auch gegen den Willen seiner Wähler*innen: 77,5 Prozent der CDU-Wähler*innen unterstützen das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und befürworten die Legalisierung. 

Übrigens: Schon 1995 stimmte Merz gegen eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts und damit gegen die Initiative seiner eigenen Partei.

Keine Geschlechterparität mit Merz als Kanzler

Für den Fall eines Wahlsieges will sich der Kanzlerkandidat Merz nicht auf eine Geschlechterparität in einer CDU-geführten Bundesregierung festlegen. „Wir tun damit auch Frauen keinen Gefallen“, sagte er in einem Interview mit den Sendern RTL und ntv. Als Begründung führte er das Scheitern der SPD-Politikerin Christine Lambrecht an, die Anfang 2023 nach diversen Pannen als Verteidigungsministerin zurückgetreten ist. 

Das Problem: Merz stellt damit alle Frauen unter Generalverdacht. Die diversen Fehlbesetzungen männlicher Politiker spielen für ihn offenbar keine Rolle. 2006 stimmte er zudem als einer von nur 17 Unionsabgeordneten gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das vor allem im Berufsleben vor Diskriminierung wegen Alter, Herkunft, Religion oder Geschlecht schützen sollte.

Auch gendergerechte Sprache hat Merz auf dem Kieker. Im Juni 2023 behauptete er auf seinem X-Account, dass Gendern schuld am Zuwachs der AfD sei. Damit macht der CDU-Chef – genau wie die AfD, geschlechtergerechte Sprache zum Wahlkampfthema. 

Merz stimmt gegen Schutz vor Vergewaltigung in der Ehe

1997 stimmte Merz gegen ein Gesetz, das Frauen vor Vergewaltigungen durch ihren Ehemann schützen sollte. Die CDU/CSU hatte zuvor einen eigenen Entwurf eingebracht, der vorsah, den Täter nicht zu bestrafen, wenn das Opfer es so wünschte. Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und Norbert Lammert stimmten alle für den Schutz der Frauen. Merz jedoch enthielt sich nicht nur, sondern stimmte mit „Nein”.  

Friedrich Merz wettert gegen Klimaschutz 

Merz’ Herz schlägt schon lange für fossile Energien, das wird er als Kanzler sicher nicht ändern. Zwischen 2016 und 2020 arbeitete er als Lobbyist und Aufsichtsratsvorsitzender für den US-Finanzriesen Blackrock, der massiv in fossile Energien investiert.   

Im April 2023 sagte der CDU-Chef: „Es ist eben nicht so, dass morgen die Welt untergeht.“ Klimaschutz in der Politik hält Merz für überbewertet. Passend dazu forderte er auch knapp ein Jahr später, das 2023 von der EU beschlossene Verbrennerverbot zurückzunehmen. Dabei wird gerade im Verkehrssektor immer noch viel zu viel CO₂ ausgestoßen – vor allem durch Autos mit Verbrennungsmotor

Windräder will Merz am liebsten wieder abbauen, „weil sie hässlich sind“. Stattdessen setzt der CDU-Kanzlerkandidat auf Atomenergie – dabei sind die Betreiber selbst dagegen. 

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Grafik: Jenny Harbauer/ Campact e.V.

Mehr Respekt für Besserverdienende 

Geld war in Merz’ Karriere schon oft Thema. Wie viel er außerhalb seines Amtes als Bundestagsabgeordneter verdiente, wollte er beispielsweise 2006 keinesfalls zugeben: Gemeinsam mit acht Kollegen klagte Merz in Karlsruhe gegen ein Gesetz, das mehr Transparenz bei den Einkünften der Abgeordneten forderte. 

Das Bundesverfassungsgericht wies die Anträge zurück. Seit 2007 müssen Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte offenlegen; die Regeln zur Offenlegung wurden seitdem mehrfach verschärft. 

Auch in seiner Rolle als CDU-Chef und Kanzlerkandidat forderte Merz jüngst mehr „Wertschätzung für finanziellen Erfolg“ und verteidigte dabei seinen früheren Millionenverdienst in der freien Wirtschaft. Seine Begründung: Er habe einfach viel gearbeitet.

Am Ende sind es auch die Topverdiener*innen, die laut CDU-Wahlprogramm stärksten entlastet werden sollen: Die CDU will den Solidaritätszuschlag auch für Spitzenverdiener abschaffen, die Grenze für den Spitzensteuersatz anheben, auf eine Vermögenssteuer verzichten und Erbschaftssteuer erleichtern.

Merz steht für Politik des Rückschritts

Wird Merz bei der nächsten Bundestagswahl Kanzler, dann müssen wir uns auf eine Politik des Rückschritts vorbereiten. Auf eine Politik, die Abschottung vor Menschenrechte stellt. Eine Politik für Reiche und für weiße Männer. Eine Politik gegen den Klimaschutz und damit auch gegen Menschenschutz. Eine Politik, die im Zweifel auch mit der Hilfe von Rechtsextremen durchgedrückt wird. 



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Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist zuerst im November 2024 erschienen. Nachdem Friedrich Merz Ende Januar im Bundestag erstmals eine gemeinsame Mehrheit mit der AfD organisiert hat, haben wir ihn aktualisiert und erneut veröffentlicht.

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