CDU Demokratie
Die Welt des Friedrich Merz
Vom „Genderwahn“ bis zum Lob für Besserverdienende: Wofür steht der Kanzlerkandidat der CDU?
„Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht’s“ – mit diesen Worten schickte CSU-Chef Markus Söder den Vorsitzenden der großen Schwesterpartei CDU vor wenigen Wochen ins Rennen um den Posten des Bundeskanzlers. Merz will seit Jahren an die Spitze der Politik. Nach zwei gescheiterten Versuchen ist der Jurist seit Dezember 2021 Chef der CDU. Die Bundestagswahl wird sein großer Augenblick.
Doch wofür steht der als konservative und wirtschaftsliberal geltende Kandidat? Welche Positionen vertritt er? Anbei eine Übersicht über zentrale Botschaften aus Merz’ Karriere.
Merz leugnet Brandmauer
Bislang fährt der CDU-Vorsitzende vor allem einen Kurs: Um die Stimmen der AfD zu minimieren, übernimmt er deren rechtspopulistische Rhetorik. Die Brandmauer zur AfD, die er 2021 ankündigte, verleugnet er mittlerweile: „Das Wort Brandmauer hat nie zu unserem Sprachgebrauch gehört.”
Dass Merz gerade jetzt, wo die Rechtsextremen erstmals stärkste Kraft in einem Landtag sind, das CDU-Bekenntnis zur Brandmauer leugnet, ist ein fatales Signal für unsere Demokratie. Und Teile der Partei greifen diese Linie bereitwillig auf: In Sachsen-Anhalt hat eine Mehrheit aus CDU und AfD beschlossen, eine Veranstaltung zur Würdigung Ehrenamtlicher abzusagen. Und das in einer Zeit, in der Initiativen, Vereine und Verbände für eine gelebte Demokratie eine tragende Bedeutung haben.
Die Nähe zwischen Union und AfD zeigt sich jüngst auch im EU-Parlament. Abgeordnete der CDU/CSU haben erstmals für einen AfD-geführten Antrag gestimmt. Im Antrag geht es um die Finanzierung von Grenzzäunen. Union und AfD verschieben damit gemeinsam die europäische Migrationspolitik weiter nach Rechtsaußen. Ihr Motto: Abschottung statt Menschenrechte.
Merz ist empört über Vorstoß zu Schwangerschaftsabbrüchen
Schwangerschaftsabbrüche werden in Deutschland noch immer als Straftat behandelt. Diese Unrechtslage muss sich ändern! Deshalb gibt es nun einen Antrag auf Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz unterstützt diesen nicht und behauptet, eine Legalisierung sei ein „Affront gegen den Großteil der Bevölkerung“. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache: Drei von vier Deutschen befürworten legale Abtreibungen.
Merz stellt sich damit auch gegen den Willen seiner Wähler*innen: 77,5 Prozent der CDU-Wähler*innen unterstützen das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und befürworten die Legalisierung.
Übrigens: Schon 1995 stimmte Merz gegen eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts.
Gegen Geschlechterparität
Für den Fall eines Wahlsieges will sich der CDU-Chef Merz nicht auf eine Geschlechterparität in einer CDU-geführten Bundesregierung festlegen. „Wir tun damit auch Frauen keinen Gefallen“, sagte er in einem Interview mit den Sendern RTL und ntv. Als Begründung führte er das Scheitern der SPD-Politikerin Christine Lambrecht an, die Anfang 2023 nach diversen Pannen als Verteidigungsministerin zurückgetreten ist.
Das Problem: Merz stellt damit alle Frauen unter Generalverdacht. Die diversen Fehlbesetzungen männlicher Politiker spielen für ihn offenbar keine Rolle. 2006 stimmte er zudem als einer von nur 17 Unionsabgeordneten gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das vor allem im Berufsleben vor Diskriminierung wegen Alter, Herkunft, Religion oder Geschlecht schützen sollte.
Auch gendergerechte Sprache hat Merz auf dem Kieker. Im Juni 2023 behauptete er auf seinem X-Account, dass Gendern schuld am Zuwachs der AfD sei. Damit macht der CDU-Chef – genau wie die AfD, geschlechtergerechte Sprache zum Wahlkampfthema.
Merz wettert gegen Klimaschutz
Merz’ Herz schlägt schon lange für fossile Energien, das wird er als Kanzler sicher nicht ändern. Zwischen 2016 und 2020 arbeitete er als Lobbyist und Aufsichtsratsvorsitzender für den US-Finanzriesen Blackrock, der massiv in fossile Energien investiert.
Im April 2023 sagte der CDU-Chef: „Es ist eben nicht so, dass morgen die Welt untergeht.“ Klimaschutz in der Politik hält Merz für überbewertet. Passend dazu forderte er auch knapp ein Jahr später, das 2023 von der EU beschlossene Verbrennerverbot zurückzunehmen. Dabei wird gerade im Verkehrssektor immer noch viel zu viel CO₂ ausgestoßen – vor allem durch Autos mit Verbrennungsmotor.
Mehr Respekt für Besserverdienende
Geld war in Merz’ Karriere schon oft Thema. Wie viel er außerhalb seines Amtes als Bundestagsabgeordneter verdiente, wollte er beispielsweise 2006 keinesfalls zugeben: Gemeinsam mit acht Kollegen klagte Merz in Karlsruhe gegen ein Gesetz, das mehr Transparenz bei den Einkünften der Abgeordneten forderte.
Das Bundesverfassungsgericht wies die Anträge zurück. Seit 2007 müssen Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte offenlegen; die Regeln zur Offenlegung wurden seitdem mehrfach verschärft.
Auch in seiner Rolle als CDU-Chef und Kanzlerkandidat forderte Merz jüngst mehr „Wertschätzung für finanziellen Erfolg“ und verteidigte dabei seinen früheren Millionenverdienst in der freien Wirtschaft. Seine Begründung: Er habe einfach viel gearbeitet. Klar.
Auf die Steuerpläne der SPD, mit der 95 (!) Prozent der Steuerzahler entlasten werden sollen, behauptete Merz, die Reformen seien eine Belastung für den Mittelstand. Dabei plant die SPD, nur das einkommensstärkste Prozent stärker zu besteuern – also Einkommen ab 15.000 pro Monat. Das Durchschnittsnettoeinkommen in Deutschland liegt bei knapp 2.400 Euro. Von Mittelstand kann also keine Rede sein.
Merz steht für Politik des Rückschritts
Wird Merz bei der nächsten Bundestagswahl Kanzler, dann müssen wir uns auf eine Politik des Rückschritts vorbereiten. Auf eine Politik, die Abschottung vor Menschenrechte stellt. Eine Politik für Reiche und für weiße Männer. Eine Politik gegen den Klimaschutz und damit auch gegen Menschenschutz. Eine Politik, die im Zweifel auch mit der Hilfe von Rechtsextremen durchgedrückt wird.
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Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Beitrages haben wir behauptet, Friedrich Merz habe 1997 gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe gestimmt. Durch den fehlenden Kontext, der mittlerweile durch das Recherchenetzwerk Correctiv aufgearbeitet wurde, war die Aussage verzerrt. Wir haben dies daher nachträglich korrigiert.